Protocol of the Session on September 30, 2015

Was die davor gehaltenen Redebeiträge angeht, kann ich mich im Prinzip nur anschließen, aber ich sage Ihnen auch ganz deutlich, dass ich über manche Selbstverständlichkeiten nicht reden mag.

(Beifall CDU)

Zähneputzen ist eine Selbstverständlichkeit und es ist für mich auch eine Selbstverständlichkeit, dass Zähneputzen von den Eltern an die Kinder weitergegeben wird.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Deswegen haben Eltern hier eine hervorragende Aufgabe zu leisten. Selbstverständlich gehört dazu auch, dass dann in den Kindergärten und auch in der Grundschule dieses weiter begleitet wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zitieren, was der Präsident der Landeszahnärztekammer hier in Thüringen gesagt hat: „Mindestens zweimal am Tag sollten die Zähne geputzt werden. Besser ist jedoch dreimal täglich. Deshalb fordern wir Thüringer Zahnärzte auch das regelmäßige Zähneputzen in der Grundschule.“ Ich kann mich an diesem Punkt nur anschließen und würde mir auch wünschen, dass es zunehmend weitere Kooperationen gibt, zum Beispiel von der Landeszahnärztekammer mit Kindertagesstätten und auch mit Grundschulen. Dieses könnte natürlich auch von den Krankenkassen begleitet werden, die, um die Ergänzung zu Herrn Kubitzki hinzubekommen, in der Angelegenheit der gesunden Ernährung natürlich auch eine ganze Menge schon auf den Weg gebracht haben. Aber der Zusammenhang zwischen gesunden Zähnen und gesunder Ernährung ist offenkundig.

Ich wünsche mir, dass weiterhin nicht nur am Tag der Zahngesundheit, sondern insgesamt die Wichtigkeit der Zahnpflege in den Familien zum einen und zum anderen auch in den Grundschulen und in den Kindertageseinrichtungen deutlich gemacht wird. Wie gesagt, die Verantwortung der Eltern bleibt einfach bestehen. Es gab ein schönes lustiges Beispiel von Herrn Kubitzki, ob gegendert oder nicht, es war ein schönes Beispiel. Es ist nun mal so, dass wir leider, auch wenn das mittlerweile schon wissenschaftlich erprobt wird, noch nicht so weit sind, dass wir wie beim Haifisch ständig den ausgefallenen Zahn wieder nachwachsen lassen können. Vielleicht wird das irgendwann mal Realität. Aber bis dahin sollte jeder und insbesondere die Kinder natürlich auf die Zähne achten.

(Abg. Herold)

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz dazu sagen. Wenn man Kinder davon überzeugen will, wie wichtig Zähneputzen ist, dann sollte man das auch auf angenehme und kindgemäße Weise versuchen weiterzugeben. Auch da lassen Sie mich noch mal zitieren, was im Rahmen der Landesgartenschau in Schmalkalden von den Thüringer Zahnärzten dargeboten wurde. Es gab da Köche, die gesund kochen, die wurden von den Zahnärzten eingeladen. Die beiden Köche haben erzählt, wie sie auf der Suche nach gesunden und leckeren Köstlichkeiten mit ihrem Piratenschiff die Welt bereisten. Gemeinsam mit Kindern wollen sie schmackhafte und gesunde Schätze zubereiten. Vorher jedoch müssen die Helfer wichtige Prüfungen bestehen, zum Beispiel mit verbundenen Augen frisches Obst, Gemüse und exotische Früchte aus einer Schatztruhe herausfinden. Wenn das begleitend für die Eltern weiter angeboten werden kann, dann, denke ich, können wir die im Moment schlechten Werte vielleicht verbessern. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr schön. Vielen Dank, Frau Pelke. Das Wort hat nun Frau Ministerin Werner.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Gäste, zunächst herzlichen Dank an die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für diese wichtige Debatte, denn die Bedeutung gesunder Zähne ist immens für die gesamte Gesundheit des menschlichen Körpers. Die Erhaltung der Mundgesundheit ist daher sowohl eine wichtige individuelle als auch gesellschaftliche Aufgabe.

Ich konzentriere meine Ausführungen auf zwei zentrale Problemkreise: die Mundgesundheit von Kindern und die Mundgesundheit von pflegebedürftigen Menschen. Beides sind wichtige Aufgaben der gesellschaftlichen Gesundheitsvorsorge. Karies ist derzeit die häufigste chronische bakteriell bedingte Erkrankung im Vorschulalter. Daraus resultiert die Notwendigkeit der Vorsorge und Befassung mit Mundgesundheit vom frühesten Kindesalter an. In Thüringen beginnt die Aufklärung der Eltern und Ausreichung eines zahnärztlichen Kinderpasses seit 2012 gleich nach der Geburt. Auf Grundlage des § 21 SGB V finanzieren die gesetzlichen Krankenkassen gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium die Gruppenprophylaxe für Kinder bis elf Jahre in Kita und Grundschule. Zur Umsetzung des Auftrags wurde die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege gegründet. Mein Ministerium ist im Vorstand vertreten und leistet einen jährlichen

Beitrag von 6.900 Euro. Die Landesarbeitsgemeinschaft führt die Gruppenprophylaxe in Kindertagesstätten durch. Über diese Gemeinschaftseinrichtungen hinaus werden seit 2012 auch Tagesmütter und Hebammen sowie seit 2013 die Strukturen der frühen Hilfen erreicht. Die Gruppenprophylaxe in Schulen realisieren wiederum die Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft. Weiterhin finanziert der Freistaat über den Mehrbelastungsausgleich auch die übertragenen Aufgaben der Kommunen im Öffentlichen Gesundheitsdienst und somit die dort angesiedelten kinder- und jugendzahnärztlichen Dienste.

Sehr geehrte Damen und Herren, derzeit ist die Mundgesundheit der Thüringer Kinder insgesamt als gut zu bewerten, aber problembehaftet ist nach wie vor die Entwicklung frühkindlicher Karies im Milchgebiss. Bei den Schulkindern bis ins Jugendalter sind leichte Verbesserungstendenzen zu verzeichnen, jedoch auch partielle Karieserhöhungen bei den Siebenjährigen. Beide Auffälligkeiten betreffen häufig Kinder aus sozial benachteiligten Familien, zum Beispiel bei geringen Einkommen oder niedrigen Bildungsabschlüssen. Immer da aber, wo Eltern nicht in der Lage sind, müssen wir mit entsprechenden Informations- und Aufklärungsangeboten versuchen gegenzusteuern, das betrifft zum einen die Sensibilisierung der Eltern für die Mundhygiene in Beratungsgesprächen beim Arzt und in der Schule. Zum anderen müssen wir das Thema Mundhygiene noch stärker in die alltäglichen Abläufe in Kitas und Grundschulen integrieren. Zu dieser Frage gab es heute auch ein Gespräch der Landesarbeitsgemeinschaft „Jugendzahnpflege“ mit dem Bildungsministerium, bei dem auch mein Haus vertreten war. Gemeinsam streben wir an, das Zähneputzen in Kitas und Grundschulen wieder deutlicher im Thüringer Bildungsplan als notwendige und sinnvolle Maßnahme zu kennzeichnen.

Sehr geehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren stand neben der Kinderzahnpflege vor allem die zahnmedizinische Versorgung von Pflegebedürftigen im Mittelpunkt der Diskussion. Aus dem Pflegereport der Barmer GEK geht dazu hervor, dass Pflegebedürftige regelmäßige zahnärztliche Leistungen in geringerem Umfang in Anspruch nehmen als Nichtpflegebedürftige. Das Verhältnis ist 26 Prozent zu 34 Prozent, eine Auswertung aus dem Jahr 2012. Die Gründe dafür liegen unter anderem im Bereich der pflegerischen Versorgung, der eingeschränkten Fähigkeiten und Fertigkeiten der Pflegebedürftigen und deren fehlenden Mobilität. Der Bundesgesetzgeber hat durch gesetzliche Regelungen über Leistungsverbesserungen und Vergütungsanreize Voraussetzungen geschaffen, um die zahnärztliche Versorgung von Pflegebedürftigen sicherzustellen bzw. zu verbessern. Dies begrüße ich ausdrücklich. Die Neuregelungen über

(Abg. Pelke)

die Leistungsverbesserung treten in diesem Jahr in Kraft. In der Regel erfolgt die Behandlung Pflegebedürftiger in der Praxis des Zahnarzts. Maßnahmen der Vorsorge können aber auch im häuslichen Umfeld erbracht werden, zum Beispiel die Erhebung des Mundgesundheitsstatus.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Thema „Mundgesundheit in Pflegeeinrichtungen“ ist seit eineinhalb Jahren auch Gegenstand von Beratungen und Aktionen, die im Rahmen des Thüringer Gesundheitsziels „Gesundheitsförderung in der zweiten Lebenshälfte“ durchgeführt werden. Auch dies trägt zur Verbesserung der zahnärztlichen Versorgung pflegebedürftiger Menschen bei.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Akteure in Thüringen, die Kassen, die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege Thüringen, die Partnerschaftszahnärzte, der öffentliche Gesundheitsdienst und die Politik gemeinsam auf einem guten Weg sind, die Mundgesundheit der Thüringer Bevölkerung zu sichern und bei noch vorhandenen Defiziten steuernd einzugreifen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Nachdem wir jetzt diesen schwierigen Teil der Aktuellen Stunde beendet haben, rufe ich auf den zweiten Teil

b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Klassenfahrten in Thüringen – fester Teil des Schulalltags“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/1121

Das Wort hat Abgeordneter Wolf für die Fraktion Die Linke.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne, insbesondere Kollege Busch und Kollege Sommer vom Thüringer Lehrerverband, die uns heute hier ihre Aufmerksamkeit schenken! Die Klassenfahrten bzw. das Lernen am anderen Ort gehören zum ganzheitlichen Lernen dazu und sind und bleiben unverzichtbarer Bestandteil des Bildungsbegriffs in Thüringen. Die „Thüringer Allgemeine“ titelte am 11.09.: „Thüringer Schüler, Lehrer und Eltern fürchten um ihre Klassenfahrten“ und meinte, dass aufgrund des Rückgangs der im Haushalt 2015 eingestellten und zur Verfügung stehenden Mittel für Klassenfahrten um

600.000 Euro, 150 Jahre, nachdem der Jenaer Reformpädagoge Karl Volkmar Stoy die Klassenfahrten als Lernen an einem anderen Ort vorschlug und praktizierte, was an sich schon eine Verkürzung ist, da Stoy es um den möglichst hohen Praxisbezug in der pädagogischen Ausrichtung der Schule und in der Lehrerbildung ging, Rot-Rot-Grün die Klassenfahrten abschaffen würde. So mutmaßte die TA. Das ist zwar eine zulässige journalistische Zuspitzung, die jedoch sachlich völlig falsch ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber in den Thüringer Redaktionen sitzen eben keine Juristen und versierte Haushälter oder gar Bildungsexperten, sondern Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, mittels ihrer sprachlichen, journalistischen Möglichkeiten auf Entwicklungen hinzuweisen, und das ist auch gut so. Wichtig ist, zu wissen, dass die Haushaltsmittel für Klassenfahrten von 1,4 Millionen Euro 2014 auf 800.000 Euro 2015 zurückgefahren wurden. Warum haben wir uns dazu schweren Herzens und in Abwägung anderer Möglichkeiten entschieden? Ich möchte dazu aus dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zitieren, der sich auf Grundlage eines Antrags meiner Kolleginnen und Kollegen der CDU zuletzt damit beschäftigte. Im Jahr 2013 wurden von den eingestellten etwa 1,447 Millionen Euro gerade mal 546.000 Euro abgerufen, also 900.000 Euro nicht gebraucht. Im Jahr 2014 wurden von den eingestellten 1,45 Millionen Euro gerade mal 563.000 Euro abgerufen, also wieder gut 900.000 weniger abgerufen als eingestellt oder – anders gesagt – knapp 40 Prozent wurden über mehrere Jahre hinweg lediglich abgerufen und dies wohlgemerkt unter der Planungssicherheit eines Doppelhaushalts. Deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, haben wir die Verkürzung des Titels „Klassenfahrten“ im Jahr 2015 gewählt.

Wie sieht es nun dieses Jahr aus? Wie wir im Ausschuss hören konnten, wurden zwar – das habe ich schon gesagt – 800.000 Euro eingestellt, aber mit Stand 17. September 490.000 Euro noch gar nicht abgerufen. Das heißt, es sind 61 Prozent der Haushaltsmittel für Klassenfahrten, die im Moment noch zur Verfügung stehen. Obwohl es so ist, gibt es natürlich auch immer wieder Schulen, die mit ihrem Budget, mit ihren Planungen nicht hinkommen. Es ist gut, dass Ministerin Dr. Klaubert, der ich von hier aus auch noch mal nachträglich zum Geburtstag gratuliere,

(Beifall CDU, DIE LINKE, AfD)

es sich sofort zur Aufgabe gemacht hat und Planungssicherheit für diejenigen Schulen hergestellt hat, die derzeit nicht genügend Mittel haben, und zwar indem ein Ausgleich zwischen den Schulen über die Schulämter und – wenn das nicht gelingt –

(Ministerin Werner)

über die Schulamtsebene hinweg auf Ministeriumsebene gefunden wird. Ich halte die jetzige Lösung erst mal für hinreichend. Nach meinen Kenntnissen wurden auch bisher alle beantragten und genehmigten Klassenfahrten nachträglich bezahlt, was durch den Haushaltsbeschluss im Juni – der nicht unbedingt früh da war – nicht anders ging, aber im Jahr 2010 war es ja auch nicht anders. Falls dies noch nicht überall passiert ist, stehe ich für die betroffenen Schulen und Lehrer als Ansprechpartner gern zur Verfügung.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nebenbe- ruflich!)

Genau!

(Heiterkeit CDU)

Man kann sich natürlich fragen, was sich nun geändert hat. So viel hat sich gar nicht geändert, denn schon im Jahr 2012 gab es ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, welches besagte, da es ja Dienstfahrten sind, dass Klassenlehrer gar nicht von sich aus auf die Zahlung der Mittel verzichten dürfen. Nun ist es so, dass nicht alle Fahrten – das wissen wir auch – unbedingt reines Lernen am anderen Ort sind. Manche haben auch, ich sage mal, einen leicht touristischen Touch. Aber ich möchte mal auf eines verweisen, was ich letzte Woche auch gesehen habe: In meiner Heimatstadt Jena gab es ein Highlight der Physik. Da waren auf dem Eichplatz viele Zelte aufgebaut, organisiert von der Stadt, von der Uni, von der Firma Zeiss.

Jetzt muss ich Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Ja. 50.000 Menschen haben daran teilgenommen. Das war ein gutes Zeichen für Lernen am anderen Ort.

Ich möchte abschließend das TMBJS auch auffordern, das, was im Ausschuss angekündigt worden ist, nämlich eine zügige Ausarbeitung und Umsetzung einer Richtlinie mit den Gewerkschaften anzugehen.

Jetzt muss ich Sie auffordern, Ihre Rede zu beenden, Herr Wolf. Danke schön, Herr Wolf.

Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Jetzt kommt Abgeordneter Tischner für die CDUFraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen vom TLV, es ist schon spannend, wie sehr Politik gelegentlich dem Verhalten in der Schule ähnelt. Wie ein Schüler, der verschlafen hat und doch der Primus sein will, beantragt Die Linke heute eine Aktuelle Stunde zum Thema „Klassenfahrt“.

(Beifall CDU)

Wenn Sie aber tatsächlich der Primus wären, hätten sie schon seit einem Dreivierteljahr Ihre Hausaufgaben in Bezug auf die Klassenfahrten erledigen müssen. Wir, die CDU-Fraktion, thematisieren seit einem Jahr in Kleinen Anfragen die Notwendigkeit und die Absicherung von Maßnahmen des Lernens am anderen Ort. Lernen am anderen Ort ist kein Luxus, wie uns das Ministerium letzte Woche im Bildungsausschuss mit Verweis auf die vor Jahren noch vielen tätigen Lehrer im Schulsystem erklären wollte, sondern für uns ist das Lernen am anderen Ort ein unverzichtbarer didaktischer und methodischer Bestandteil des Unterrichts und Gott sei Dank auch der Thüringer Lehrpläne.

(Beifall CDU)

Wir, die CDU-Fraktion, haben bereits in den Haushaltsverhandlungen im Mai auf die offenen Fragen und den Widerspruch hingewiesen, dass scheinbar Geld im System ist, aber das Geld in den Schulen nicht ankommt. Und lieber Herr Wolf, vielleicht sollten Sie mehr mit den Schulen vor Ort reden als mit der Ministerialbürokratie.

(Beifall CDU)