Protocol of the Session on September 10, 2015

Wir haben auch ein wichtiges Signal in Richtung mehr Gerechtigkeit zwischen den Lehrkräften im staatlichen Schulbereich und den freien Trägern erreicht. Die CDU, Herr Tischner, hat in ihrem Ge

setzesvorschlag eine Quote von 10 Prozent eingebracht, welche für die Lehrkräfte der freien Schulen für Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen am ThILLM reserviert sein soll. Die Begründung ist recht simpel: Wir haben in etwa 10 Prozent der Kinder an den freien Schulen, also sollten wir dies auch hier so regeln mit einer 10-Prozent-Quote.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das war eine Forderung bei der Anhörung!)

Nein, es ist nicht nur eine Forderung; Sie haben das in Ihrem Gesetzesvorhaben stehen.

Inhaltlich begründet es sich damit, dass Fortbildungsveranstaltungen am ThILLM in der Vergangenheit auch schon abgesagt worden sind – das wissen wir, denke ich, alle –, wenn die erforderliche Anzahl durch staatliche Lehrkräfte nicht voll ausgeschöpft worden ist, obwohl genügend Nachfragen auch aus den freien Schulen vorhanden waren. Dies und das berechtigte Argument, dass es gerade auch der Austausch, der Mix in den Kursen mit Lehrkräften unterschiedlicher Erfahrungen und Hintergründe ist, was die Fortbildungsveranstaltungen bereichern kann, haben uns überzeugt, hier eine Änderung ins Gesetz zu bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, da wir eine Regelung mit aufgenommen haben, sehen Sie, dass wir Ihrem Anliegen auch entsprechen und dies dem Grundsatz nach teilen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Abschrei- ben!)

Lieber Herr Tischner, hören Sie doch erst einmal bis zum Ende zu.

Aber, was mich dann doch erstaunt hat, war: Seit wann können sich denn Christdemokraten für Quotenregelungen erwärmen? Wir alle haben doch noch die quälenden und lähmenden Diskussionen im Kopf, die die CDU uns lieferte, wenn es um Quoten zur Gleichstellung von Frauen ging, zuletzt in den Aufsichtsräten. Ich war dann doch erstaunt, als ich diese Quote bei der CDU im Gesetzesvorschlag las. Nun ist erstens die Begründung dafür recht dünn, denn es sind 10 Prozent der Schüler, aber knapp 14 Prozent der Lehrkräfte, welche an den freien Schulen unterrichten, aber vor allem kann die Quotierung mit „ist vorzuhalten“ in der Praxis ein Problem werden, denn ab welchem Punkt vergibt das ThILLM die Plätze an staatliche Lehrkräfte, wenn aus den freien Schulen nicht genügend Nachfrage besteht? Ich denke, mit dem Richtwert, wie wir das jetzt gemacht haben – 10 Prozent – und der Regelung, dass die Lehrer aus freien Schulen „in der Regel“ in diesem Umfang Berücksichtigung finden, also auch offen nach oben, ist eine praktikable Formulierung gefunden, die auch Ihrem Anspruch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, gerecht wird.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das habe ich doch gesagt!)

Wir konnten mit unseren Änderungen den Gesetzesvorschlag verbessern und sind uns sicher, dass damit die Grundlage für gute Bildung und gute Bedingungen in der Bildung auch wieder an den freien Schulen gelegt wurde. Herr Eberl hat heute in Bezug auf die heutige Debatte und dann den Beschluss des Gesetzes auf Facebook geschrieben: „Es war ein langer und teilweise steiniger Weg.“ Herr Eberl, da meinen Sie bestimmt die Zeit zwischen 2009 und 2014. Ich sage hier mal auch als Fußballer: Es war ein Arbeitssieg, ein echter Arbeitssieg, so wie Deutschland gegen Schottland 3 : 2.

(Beifall DIE LINKE)

Aber Grundlage eines Arbeitssiegs ist ja dann immer, dass diejenigen, die daran teilgenommen haben, zu einem Team geworden sind, noch stärker zu einem Team geworden sind, danach noch ein Bier trinken gehen und sich danach definitiv besser verstehen als davor, denn man hat ein gutes Stück – und hier im Bereich der Europameisterschaft ein gutes Stück zur Qualifikation –, bei uns ein gutes Stück des Wegs für gerechte Bildung, für bessere Bedingungen in der Bildung, geschafft für alle Kinder, egal welcher Trägerschaft sie unterliegen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wolf. Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das kann ich derzeit nicht erkennen. Dann übergebe ich das Wort an Frau Ministerin Dr. Klaubert.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich hätte mir eigentlich gewünscht, dass die verbale Zustimmung zu der Debatte sich auch in Anwesenheit niedergeschlagen hätte, insbesondere in den Reihen der größten Oppositionsfraktion.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte nur an den Debattenbeginn anschließen, als Sie, Herr Tischner, so sinngemäß damit begannen, dass diese Regierung aus Rot-Rot-Grün Vorbehalte gegen die freie Entfaltung im Bildungssystem und gegen die freien Schulen hätte. Dann haben Sie Bündnis 90/Die Grünen ausgenommen und haben insbesondere in Richtung der Fraktionen Die Linke und der SPD diese Vorwürfe erhär

tet. Ich sage Ihnen: Das ist falsch. Ich werde an der einen oder anderen Stelle darauf eingehen.

Zum Ersten möchte ich anmerken, dass die freie Entfaltung jedes Menschen und insbesondere der Kinder im Bildungssystem ein Grundkonsens im politisch-parlamentarischen Handeln sein sollte. Ich schließe Sie da insbesondere mit ein, sehr geehrte Damen und Herren aus der CDU-Fraktion. Ich sage auch, Rot-Rot-Grün trägt Verantwortung für das gesamte Bildungsland, sowohl für die Kinder an den freien Schulen als auch für die Kinder an den staatlichen Schulen,

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das ist so richtig!)

sowohl für die 10 Prozent Kinder an den freien Schulen als auch die 90 Prozent Kinder an den staatlichen Schulen. Wir sind auch sehr froh darüber, dass wir eine solch vielgestaltige Bildungslandschaft in Thüringen haben. Ich habe es schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfs gesagt: Die freien Schulen bringen sehr viel Farbe in das Bildungsland, sie bringen Anregungen, sie bringen neue Möglichkeiten und ihre Arbeit wird von uns allen außerordentlich hoch geschätzt – Herr Eberl und Herr Weinrich sind immer noch auf der Zuschauertribüne. Weil vorhin die Anregung kam, dass wir uns insbesondere mit der Landesarbeitsgemeinschaft auch um das Thema Integration von Kindern aus Flüchtlingsfamilien kümmern mögen, kann ich sagen: Da sind wir seit geraumer Zeit informell und formell im Gespräch. Das Angebot ist unterbreitet worden, wie wir damit umgehen, weil wir alle wissen: Der Bildungsanspruch in diesem Land gilt für jedes Kind, egal wo es herkommt und wie es aussieht. Wenn es bei uns ist, hat es ein Recht auf gute Bildung.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Völkische Ausgrenzungsversuche, bekenne ich, tun mir körperlich und seelisch weh.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nun ist auch darauf eingegangen worden, dass sich in der Auseinandersetzung die drei Koalitionsfraktionen in einem längeren Arbeitsprozess befunden haben, den Herr Eberl, glaube ich, mit „lang und steinig“ bezeichnet und den Torsten Wolf noch einmal beschrieben hat. Auch darauf bin ich bei der Einbringung des Gesetzentwurfs eingegangen. Ja, aber dieser Weg war keiner, der sich darum drehte, ob wir die freien Schulen mit einem Gesetz ausrüsten, damit sie Transparenz und Planungssicherheit auch im Gesetz erkennen können, dass wir dem Verfassungsgerichtsanspruch gerecht werden und dass wir die freien Schulen in die Lage versetzen, ihren Bildungsanspruch in dem Gesamtsystem der Bildungslandschaft in Thüringen zu verwirklichen.

(Abg. Wolf)

Um das Ob ist es nie gegangen. Es ist richtig: Manchmal ist es um das Wie gegangen, um das Wie des Ausfinanzierens eines Anspruchs. Sie wissen sehr gut, dass wir uns auch Gedanken darüber gemacht haben, wie wir mit den Kolleginnen und Kollegen und ihren Ansprüchen an eine gerechte Entlohnung in den freien Schulen umgehen.

Ich möchte den ganzen Weg zurück in dieser Legislaturperiode nicht noch einmal aufzeichnen, aber einen kurzen Rückblick auf die Gesetzesentstehung und die Verabschiedung des alten Gesetzes, welches berechtigt vor dem Verfassungsgericht beklagt wurde, möchte ich noch einmal vornehmen. Auch darauf ist Torsten Wolf eingegangen. Wir haben damals als Fraktion Die Linke gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen die Kritik an dem Gesetzentwurf deutlich ausgesprochen. Ich erinnere mich auch an die zahlreichen Demonstrationen in diesem Zusammenhang. Ich bin für diesen Weg, den wir jetzt gegangen sind, sehr froh, dass die Demonstration vor der Staatskanzlei gleich geöffnet worden ist und ich dort an die Schülerinnen und Schüler und an die Beschäftigten in den Schulen meine Worte richten konnte. Wir haben uns sofort danach in einen Beratungsraum in der Staatskanzlei gesetzt und gesagt, wie wir den weiteren Weg gehen werden. Wenn ein solcher Weg gegangen wird, dann ist der auch manchmal lang, das ist richtig, aber wir haben ein Ergebnis erzielt. Dieses Ergebnis führt zu einem Gesetz, von dem ich sage, es ist ein gutes Gesetz für die freien Schulen in Thüringen, es ist ein gutes Gesetz für die Thüringer Bildungslandschaft. Wir haben für die freien Träger mehr Planungssicherheit gewährleisten können und insbesondere die Transparenz bei der Berechnung der Finanzhilfen. Der Gesetzentwurf sichert den Schulen in freier Trägerschaft einen Aufwuchs bei der Finanzierung bereits in diesem Jahr zu. Wir werden – und das ist im Haushaltsplan bereits beschlossen – ein Gesamtvolumen von plus 12,4 Millionen Euro für die Finanzierung der freien Schulen einsetzen. Gegenüber dem Vorjahr, sprich gegenüber dem Gesetz der alten Koalition, ist das ein Aufwuchs von 9,3 Prozent. In Zeiten knapper Kassen – und auch darauf ist mehrfach eingegangen worden – ist das vor dem Hintergrund von Gestaltung von Bildungslandschaft und Augenmaß für den Haushalt eine ungeheure Kraftanstrengung und ich danke allen dafür, die sich genau für diesen Weg eingesetzt haben. Und da sage ich auch herzlichen Dank für die ständige Kooperation mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Träger freier Schulen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir wissen, worum es geht.

Bis zum Jahr 2018, darauf ist Frau Abgeordnete Rosin eingegangen, werden wir auf einen Betrag

von etwa 180 Millionen Euro Finanzierungsvolumen für die freien Schulen kommen. Das ist geplant. Der Anspruch steht, wenn dieses Gesetz beschlossen wird, im Gesetz. Die Schülerkostenjahresbeiträge sind keine Parteierfindungen, sondern sie sind das Ergebnis eines Arbeitsprozesses, welcher übrigens schon unter der Leitung von Christoph Matschie im Bildungsministerium begonnen worden ist und den ich fortgesetzt habe.

Schulen in freier Trägerschaft leisten einen unverzichtbaren Beitrag für unser Bildungssystem. Ich habe es eingangs bemerkt, sie machen unsere Bildungslandschaft farbiger.

Am 9. Juli habe ich den Gesetzentwurf aus dem Kabinett heraus in den Landtag eingebracht und am 25. August war die Anhörung. 40 Einrichtungen waren angeschrieben, 15 sind gekommen. In sehr kurzer Zeit wurden die mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen der Vertreter der freien Schulen und anderer Institutionen aufgenommen und ausgewertet und in sehr kurzer Zeit haben sich die Regierungsfraktionen auf wesentliche Änderungen verständigt. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, dass ich mit der Einbringung des Gesetzentwurfs auch auf einige Fragestellungen eingegangen bin, die ich dem Parlament in seine Beratung übergeben habe. Nach dem Anhörungsverfahren gab es auch die Änderungsanträge zu dem Gesetz, die heute vorliegen und von denen ich hoffe, dass sie abgestimmt werden und dann in das Gesetz einfließen und wir einen noch besseren Gesetzentwurf zur Verfügung haben.

Im Interesse der freien Schulträger haben wir natürlich – trotz Sommerpause und vieler anderer Aufgaben, die anstanden – den Prozess sehr zügig gestaltet. Ich möchte an dieser Stelle auch für die Schnelligkeit der Verfahren noch einmal meinen ganz herzlichen Dank sagen.

Wenn ich auf die Änderungsanträge und die Vorschläge noch einmal in aller Kürze eingehen darf, halte ich für besonders wichtig, dass künftig die Berechnung und Auszahlung der staatlichen Finanzhilfe nach dem Kalenderjahr erfolgen soll, weil es dort die meiste Zustimmung nach der Modalität dieses Berechnungs- und Auszahlungssystems gab.

(Beifall DIE LINKE)

Wir hatten lange dazu diskutiert. Ich denke, die Form, die wir gewählt haben, ist richtig.

Zweitens: Wir werden mit der Erleichterung bei der Prüfung der Verwendungsnachweise der staatlichen Finanzhilfen sofort beginnen und diese Erleichterung, die immer wieder für das Verwaltungshandeln eingefordert wird, in Gang setzen.

Drittens: Wir haben eine Regelung gefunden – auch darauf ist eingegangen worden, zum Teil sehr ausführlich –, die erlaubt, dass Personen mit gleich

(Ministerin Dr. Klaubert)

wertiger Ausbildung den Lehrern mit Lehramtsbefähigung gleichgestellt werden. Freie Schulen haben eben manche Freiheiten.

Viertens: Wir sorgen in enger Absprache mit dem ThILLM dafür, dass Lehrkräfte der freien Schulen einen besseren Zugang zu den Fortbildungsangeboten haben. Ich erinnere daran – weil immer wieder um diese Frage des einen Zehntels der Angebote gestritten worden ist –, dass wir zugesichert haben, dass das sehr flexibel passiert. Ich denke auch vor der enormen Integrationsleistung, die wir vollbringen wollen, dass wir dort Möglichkeiten erschließen, dass diejenigen Kolleginnen und Kollegen – egal in welcher Schulart sie tätig sind – ihre entsprechende Fortbildung an unserem staatlichen und staatlich finanzierten Fortbildungsinstitut erhalten werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist gut für die rund 100 Träger von Schulen in freier Trägerschaft, welche unser Bildungsland bereichern, und er ist gut für die rund 25.000 Schülerinnen und Schüler in diesen Schulen. Sie wissen alle, die Finanzhilfen werden rückwirkend gezahlt. Ich könnte neben dem Bedrohungsszenarium, dass jetzt Schulen sterben werden, auch wenigstens zwei Beispiele benennen, die mit dieser Finanzhilfe endlich wieder Luft zum Atmen bekommen – es sind insbesondere Schulen von kleinen Trägern.

Jetzt geht es darum, das Gesetz zügig umzusetzen. Wenn wir im Landtag heute dieses Gesetz verabschieden, wovon ich ausgehe, wird in meinem Haus die Ausführungsverordnung, die schon weitestgehend fertig ist, fertiggestellt und den Trägern – insbesondere natürlich den in der Landesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Trägern – zur Anhörung zur Verfügung gestellt.

Das für freie Schulen zuständige Referat hat weitestgehend die Vorarbeiten eingeleitet; es geht jetzt nur darum, auf der Basis des Gesetzes den letzten Arbeitsschritt hierzu zu vollenden.

Ich möchte, dass die Mittel schnell an die Träger und konkret an die Schulen fließen. Ich denke, ein solcher Gesetzentwurf, der gemeinsam durch RotRot-Grün erarbeitet worden ist, der im Inhaltlichen und im Parlamentarischen an unsere Erfahrungen der vergangenen Jahre anschließt, ist auch etwas, was einen guten Tag im Zusammenwirken zwischen Regierung und Parlament in diesem Jahr ausmacht. In diesem Sinne ganz herzlichen Dank für diese fruchtbringende Zusammenarbeit. Ich denke, jetzt kann es an die unmittelbare Umsetzung in diesem Prozess gehen. Das ist etwas, was man bei allen Mühen, die man immer wieder benennen muss, auch einmal freudig zur Kenntnis geben kann. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Gibt es noch Redebedarf seitens der Abgeordneten? Ich sehe eine Wortmeldung des Abgeordneten Möller, AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Klaubert, ich bin jetzt kein Schulpolitiker und trotzdem muss ich hier stehen, weil Sie eben eine Bemerkung gemacht haben, die tut mir weh. Sie haben nämlich gesagt: Völkische Ausgrenzung tut mir weh. Sie haben das in unsere Richtung gesagt.