Protocol of the Session on September 10, 2015

Wir waren nämlich wieder mal eher da, nämlich schon vor der Sommerpause.

(Beifall CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zur Hauptkritik. Auch die im Gesetzentwurf der Landesregierung enthaltene Progression stellt keinesfalls eine jährliche Steigerung und Anpassung an tatsächliche Tarif- und Kostenentwicklungen dar. Zum einen erfolgt sie nicht jährlich, denn die erste Steigerung wird erstmals nach zwei Jahren erfolgen und die zweite Steigerung nach eineinhalb Jahren, also nichts von jährlichen Steigerungen. Das bedeutet ganz konkret, dass mit diesem Gesetzentwurf der Landesregierung Lehrer von freien Schulen von der Gehaltsentwicklung ihrer Kollegen an staatlichen Schulen vollständig abgekoppelt werden. Sie geben den freien Schulen jetzt einmal mehr Geld und koppeln sie im Verlauf der Wahlperiode von den Gehältern der Lehrer ab. Sie gefährden gerade in Zeiten des kommenden Lehrermangels damit die Qualität an den freien Schulen und verschärfen mit Ihrer Politik bewusst die Gewinnung neuer Lehrer. Man kann jetzt schon die Tarifabschlüsse für die Lehrer an staatlichen Schulen nachlesen. Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst 2015 umfasste eine lineare Entgelterhöhung in zwei Stufen: zum 1. März 2015 plus 2,1 Prozent und im kommenden Jahr am 1. März 2,3 Prozent. Personalkosten machen bei den freien Schulen circa 80 Prozent der Ausgaben aus. Hinzu kommt noch der Inflationsausgleich bei den Sachkosten. Laut Landesamt für Statistik betrug die Inflationsrate in Thüringen im vergangenen Jahr 0,8 Prozent. Insofern ist die Forderung im CDU-Gesetzentwurf von einer jährlichen Steigerung von 3 Prozent durchaus realistisch und sie vermeidet eine zusätzliche Konkurrenz um die Lehrer in unserem Freistaat.

(Beifall CDU)

Mit dem Gesetzentwurf der CDU wäre also sichergestellt, dass die Lehrer an Schulen in freier Trägerschaft nicht schlechtergestellt werden als die Kollegen an den staatlichen Schulen.

Wenn Sie schon nicht auf uns hören, dann doch wenigstens auf die GEW. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat im Rahmen der mündlichen Anhörungen ganz klar mehrfach formuliert, ich zitiere: „Gute Bildung für alle, gute Bedingungen für alle.“ Für alle Schüler und für alle Lehrer, heißt das für uns. Und die Ihnen nahestehende GEW hat auch formuliert, ich zitiere nochmals: „Man müsste die Gehaltssteigerungen im Gesetz festschreiben.“ Der DGB hat sich ausdrücklich in seiner schriftlichen Stellungnahme der GEW angeschlossen. Ich mache Ihnen gern das Angebot: Setzen wir uns noch mal zusammen, übernehmen wir das Steigerungsmodell aus unserem Gesetzesentwurf, so können wir die Forderungen der Gewerkschaften erfüllen, dass die Lehrer an freien Schulen jenen an staatlichen Schulen nicht nachstehen werden.

(Beifall CDU)

Nun noch etwas zum Vorwurf, die CDU handele als Oppositionspartei: Völliger Quatsch. Wir haben das Schulsystem aufgebaut, wir haben in der vergangenen Wahlperiode in der Koalition immer wieder auf eine Evaluation und dann nötige Änderungen gedrängt. Wie schwer es ist, sich in dieser Frage mit Sozialdemokraten und Sozialisten einig zu werden, haben die Grünen ja erfahren.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, vor allem die CDU!)

Aber – jetzt gucken wir mal zur CDU, genau – vielleicht schauen wir mal nach Sachsen zur CDU-Landesregierung, die vor der Sommerpause in eigener Verantwortung dort mit vernünftigen Sozialdemokraten ein eigenes Gesetz für Schulen in freier Trägerschaft vorgelegt hat.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sozialdemo- kraten sind immer vernünftig!)

Jetzt hören Sie zu, vielleicht kommen Ihnen gleich die Tränen, wenn Sie das hören.

Die Berechnung der Schülerausgabensätze orientiert sich hier an den Kosten der staatlichen Schulen. Dieser Schülerausgabensatz besteht aus einem Personalausgaben- und einem Sachkostenanteil. Jetzt kommt der entscheidende und existenzielle Unterschied und damit auch ein markanter christdemokratischer Kern unserer Bildungspolitik: Der Personalkostenanteil koppelt sich in Sachsen eben nicht vom öffentlichen Dienst ab, sondern unter Berücksichtigung der Gehaltsentwicklungen bei Lehrern im Dienst des Freistaats Sachsen und des sächsischen Verbraucherindex werden die Schülerausgaben jährlich angepasst und als Pro-Kopf-Be

trag an die Schulen ausgezahlt. Es fließen somit als dynamisches Element die Brutto-Jahresgehälter der Lehrer im sächsischen Staatsdienst einschließlich der Arbeitgeberanteile in das Berechnungsmodell ein. Sollen die Lehrer wie an öffentlichen Schulen bezahlt werden, so ist es in Sachsen entsprechend des Drei-Säulen-Modells so geregelt, dass sie lediglich 10 Prozent Eigenanteil aufbringen müssten.

Ich möchte es somit noch einmal ganz deutlich formulieren, insbesondere für die Grünen möchte ich es sagen: Mit Christdemokraten würde es keine Schere in der Einkommensentwicklung von Lehrern an freien Schulen und staatlichen Schulen geben.

(Beifall CDU)

Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die Sie jetzt produzieren und die haben Sie auch ganz allein zu verantworten. Sie werden mit den Folgen dieser Entscheidung umgehen müssen und Sie werden auch mögliche Schulschließungen, gerade im berufsbildenden Bereich, rechtfertigen müssen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben jahrelang nichts gemacht!)

Die mündliche Anhörung – nicht so aufgeregt, Frau Ministerin, Sie müssen sich dahin setzen als Abgeordnete, dann dürfen Sie auch zwischenrufen. Doch – nein, dürfen Sie nicht.

(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Aber ich kann es!)

Die mündliche Anhörung zahlreicher Vertreter der Schulen …

Frau Ministerin, das dürfen Sie nicht!

(Beifall CDU)

Ich darf ja die Präsidentin nicht kommentieren. – Die mündliche Anhörung zahlreicher Vertreter der Schulen in freier Trägerschaft in der vorletzten Woche hat insgesamt gezeigt, dass der eingereichte CDU-Gesetzentwurf deutlich näher an den Erfordernissen der Praxis und dem tatsächlichen Bedarf der Schulen in freier Trägerschaft ist. Fast jeder Angehörte machte deutlich, wie wichtig es ist, in einem unabhängigen Gutachten die Kosten eines Schülers an einer staatlichen Schule zu ermitteln und damit langfristig ein Auseinanderdriften beider Schulsysteme zu verhindern.

Man muss sich das nur einmal vorstellen: Wir wissen in Thüringen tatsächlich nicht, was uns ein staatlicher Schüler im Durchschnitt und in den ein

zelnen Schularten im Detail kostet. Wir haben vorgeschlagen, eine eigene Evaluation vorzunehmen, die Schülerkostensätze zu erheben. Wir möchten Sie bitten, stimmen Sie wenigstens unserem Initiativantrag zu, um auch hier eine rechtliche Sicherheit zu schaffen. Denn an dieser Stelle, so möchte ich formulieren, hat das Gesetz eine unheimliche verfassungsrechtliche Grauzone.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, unser Gesetzentwurf bleibt näher an den Erfordernissen der freien Schulen und bringt Planbarkeit und Berechenbarkeit für Schulen und Landeshaushalt. Lassen Sie es uns richtig machen, gerade mit Blick auf unseren Erschließungsantrag – ich wiederhole mich noch mal – sollten Sie alle Mauern umwerfen und eine Entscheidung im Sinne der Zukunft unserer Thüringer Bildungslandschaft treffen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordnete Rosin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Hohen Hause liegen heute zwei Gesetzentwürfe zur Abstimmung vor. Eine Bewertung des Regierungsentwurfs habe ich bereits in der ersten Lesung ausführlich vorgenommen. Viel wichtiger erscheint es mir, noch einmal den Grundgedanken dieser Gesetzesnovellierung hervorzuheben, nämlich Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Das betrifft zum einen die freien Träger. Diese erhalten künftig ein neues, einfach strukturiertes und leicht nachvollziehbares Festbetragsmodell, also genau das, was das Verfassungsgericht im Mai 2014 vom Land eingefordert hat. Dieses Festbetragsmodell sieht die Zahlung von Finanzpauschalen je Schüler vor, und zwar differenziert nach Schularten, nach unterschiedlichen Bildungsgängen an diesen Schularten und nach Schulstufen. Die Berechnungen der Höhe der jeweiligen Finanzpauschalen sind im Gesetzestext selbst und im Begründungsteil für jeden ersichtlich und einsehbar. Es bedarf keiner großen mathematischen Kompetenz, um die Berechnungen des Bildungsministeriums an dieser Stelle problemlos nachzuvollziehen. So entsteht für die freien Träger, aber auch für uns als Gesetzgeber ein Maximum an Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Mit diesem neuen Festbetragsmodell erweist sich der Freistaat als fairer, verlässlicher Partner des freien Schulwesens.

Verlässlichkeit und Planbarkeit bietet auch der zweite Schwerpunkt des Gesetzentwurfs: die Umsetzung der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen jährlichen Steigerungsraten bei der Landesförde

(Abg. Tischner)

rung. Erstmals ab Februar 2017 und danach jeweils am 1. August der beiden Folgejahre wird es zu einer Anhebung der Landeszuschüsse um jeweils 1,9 Prozent kommen. Mit dieser Steigerungsrate bilden wir die durchschnittlichen Personal- und Sachkostenaufwüchse der letzten drei Jahre ab und greifen ein weiteres wichtiges Anliegen der freien Schulträger auf, nämlich die Berücksichtigung der realen Lohn- und Preisentwicklung bei der Feststellung der Landeszuschüsse. Und weil es die jährliche 1,9-prozentige Steigerung bis 2020 geben wird, erhalten die freien Schulen zum ersten Mal überhaupt in Thüringen für einen längeren Zeitraum Planungssicherheit. Der Grundgedanke der Novellierung kommt also auch hier zum Tragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch den bewussten Verzicht der Aufnahme der bewährten Trägerregelung in den Gesetzentwurf erhalten neue Schulprojekte freier Träger auch künftig in der Regel erst nach Absolvieren einer Wartefrist von drei Jahren staatliche Zuwendungen. Dies erleichtert den Kommunen die Schulnetzplanung in erheblichem Maße und sorgt gleichzeitig dafür, dass sich die Kostenaufwüchse bei der Landesförderung in den nächsten Jahren in einem für den Freistaat finanziell vertretbaren Rahmen bewegen. Dennoch müssen wir in den kommenden Jahren Aufwüchse bei den Zuschüssen für die freien Schulen im Umfang von fast 50 Millionen Euro schultern. Das ist für das Land wahrlich keine leichte Aufgabe. Dass wir uns dieser Aufgabe trotzdem stellen, zeigt, welche Wertschätzung wir den freien Schulen als ergänzendem und unverzichtbarem Teil unseres Bildungswesens zollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass die Grundausrichtung des Regierungsentwurfs stimmt. Daher haben die Koalitionsfraktionen nach unserer Anhörung auch nur geringen Korrekturbedarf ausmachen können. Unsere Änderungsanträge betreffen zum einen das Festhalten am Kalenderjahr als Finanzjahr, um vor allem kleinere freie Träger mit einem Wechsel zu einer schuljahresbezogenen Ausreichung der staatlichen Finanzhilfen nicht organisatorisch und finanztechnisch zu überfordern. Zum anderen geht es um ein Umdenken bei bürokratischen Hürden in Bezug auf die Verwendungsnachweisprüfung, indem wir summarische Angaben zum jeweiligen Personal- und Schulaufwand zulassen. Das war uns Sozialdemokraten in dem Fall wichtig. Wir wollen, dass den Lehrerinnen und Lehrern an freien Schulen ein festes Kontingent an Plätzen für Fortbildungsangebote im ThILLM eingeräumt wird, denn wir sind davon überzeugt, dass der Austausch der Lehrkräfte hier einen großen Gewinn auch für die Schulentwicklung staatlicher Schulen mit sich bringen kann. Ebenfalls geprüft haben wir, inwieweit sich die Landesförderung für die Berufsschulen mit den Ausbildungsgängen der Sozial- und Pflege

berufe hätte erhöhen lassen können, ohne dass damit das festgelegte Gesamtvolumen der Landeszuschüsse für die freien Schulen überschritten wird. Wie uns das Bildungsministerium nach eingehender Prüfung aber mitgeteilt hat, ist dieser Punkt leider nicht finanzneutral zu realisieren, sodass wir letztlich doch auf ihn verzichtet haben; wenn man so will, der einzige Kritikpunkt, den die freien Träger an uns richten könnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch ganz kurz zum vorliegenden CDU-Gesetzentwurf etwas sagen, den Herr Tischner als Vorredner so vehement in den Vordergrund gebracht hat. Der Novellierungsvorschlag der CDU würde bei Umsetzung, ich sage nur das Stichwort „bewährte Trägerregelung“, unkalkulierbare finanzielle Risiken für das Land und erhebliche Beeinträchtigungen der kommunalen Schulnetzplanung mit sich bringen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Alles durchgerechnet!)

Der Entwurf ist nicht seriös gegenfinanziert, tut mir leid, denn wir haben festgestellt, dass Sie einfach für die Gegenfinanzierung Streichungen vorgenommen haben, nämlich unter anderem in sämtlichen Schularten des staatlichen Bereichs. Das betrifft bei Ihren Streichungen im Haushalt – wir haben es ja gesehen in den Verhandlungen: Der Ausbau der Ganztagsschule wurde gestrichen, für das ThILLM haben Sie Streichungen vorgenommen, für das Thüringenkolleg.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Und was ma- chen Sie? Schulden aufnehmen! Schulden- majore!)

Das könnte man natürlich „neutral“ sagen, wenn man die Streichung vornimmt.

(Unruhe CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, die Diskussion können Sie gern hier vorn als Wortmeldung einbringen – die Präsidentin wird das sicherlich tun.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Abgeordnete Rosin hat das Wort.

Ich glaube, es ist klar geworden, dass die SPDFraktion das Interesse der freien Schulen des Landes und der kommunalen Schulträger sorgsam austariert hat und mit diesem Gesetzentwurf entsprechend auch eine Handschrift hinterlassen hat. Wir bieten damit den freien Trägern Verlässlichkeit und langfristige Planungssicherheit. Und dies erhal

ten wir auch für die Landes- und Kommunalebene. Meine Fraktion wird daher diesem Koalitionsentwurf zustimmen.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eins sagen: Die freien Träger sind auch in der Zukunft stark gefragt, denn wir haben in Thüringen Aufgaben im Schulsystem, wir müssen viele Kinder, neue Kinder integrieren. Da finde ich es sehr positiv, dass die Evangelische Schulstiftung bereits signalisiert hat, sich dieser Aufgabe zu stellen. Wir erwarten natürlich, dass auch andere freie Schulen genau diese Aufgabe mit uns gemeinsam schultern.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat Abgeordnete Muhsal das Wort.

Bevor ich der Abgeordneten das Wort gebe, möchte ich bekannt geben, dass der Präsident für 12.30 Uhr den Ältestenrat zusammengerufen hat. Wir werden zu dem Zeitpunkt die Debatte unterbrechen und in die Mittagspause gehen und nach einer halben Stunde die Debatte fortsetzen. Thema ist das Haus der Abgeordneten.