Aber ich danke auch ganz herzlich den freien Trägern, die in diesen Diskussionsprozess natürlich ihre Interessen einbrachten, auf der anderen Seite aber auch immer wieder mit konstruktiven Beiträgen zur Versachlichung der Debatte beigetragen haben. Und mein ganz herzlicher Dank gilt – wie gestern beim Bildungsfreistellungsgesetz – den Koalitionsfraktionen. Wenn die Regierung etwas vorlegt, ist es guter Brauch, dass man das auch mit den Fraktionen abstimmt, dass Abgeordnete in diesem Hohen Hause sich nicht als Stimmmasse degradiert fühlen, sondern dass sie den Eindruck haben, an der Entstehung eines Gesetzes mitzuwirken, und dass das, was dann die Regierung auf den Tisch legt, von ihnen nachvollziehbar auch weiter bearbeitet werden kann – also ganz herzlichen Dank.
Was beinhaltet nun der Gesetzentwurf im Einzelnen? Es ist viel gesagt worden, deswegen kann ich mich dazu kurzfassen.
1. Wir haben das Gesetz auch in vielen einzelnen Passagen sorgfältig kontrolliert und an die Anforderungen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs angepasst.
2. Wir haben – und jetzt ist Herr Mohring rausgegangen, ich wollte ihm jetzt das mit dem Schuljahr erklären – die Finanzierung für das Jahr 2015 angepasst, und zwar so, dass zum 9. Februar – das war der Halbjahresbeginn in diesem Jahr – das neue Finanzierungsmodell greifen kann. Wenn das Gesetz vom Landtag beschlossen ist, wird rückwirkend dieser höhere Finanzierungsbeitrag an alle Schulen gezahlt. Das wissen übrigens die Träger und sie sind durchaus mit einer solchen Vorgehensweise einverstanden, noch dazu, weil dieses Hohe Haus auch beschlossen hat, dass der entsprechende Erhöhungsbetrag bereits im Haushalt verankert ist.
Wir haben die Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils in einem sogenannten Festbetragsmodell festgeschrieben. Das bedeutet, dass wir für jeden einzelnen Schüler einer bestimmten Schulart in einer bestimmten Schulform oder eines entsprechenden Förderschwerpunkts einen Betrag ermittelt haben, der sich aus Personalkosten und Sachkosten zusammensetzt und der dann multipliziert wird mit der Zahl der Schülerinnen und Schüler an der entsprechenden Schule. Damit ist für jeden Träger entsprechend seiner Schülerzahl erkennbar und sichtbar, wie die entsprechenden Finanzhilfen ausfallen. Und wir haben die Steigerungsrate von
1,9 Prozent in dieses Gesetz eingefügt. Es ist eine Rate, die sich an der allgemeinen Preisentwicklung und an bestimmten Anforderungen im Aufwuchs des Finanzierungssystems orientiert. Damit kann ab dem 1. Februar 2017 mit einer solchen Steigerungsrate gerechnet werden. Bis dahin erhalten die Schulen aufgrund der Neuberechnung des Festbetragsmodells einen sehr viel höheren Betrag und wir sind in gegenseitiger Übereinkunft davon ausgegangen, dass damit das System freie Schulen in Thüringen außerordentlich sicher finanziert ist.
Um es einmal haushalterisch zu betrachten: Die Steigerungsraten für die einzelnen Schulen liegen zwischen 4 im unteren Bereich und 40 Prozent. Dort, wo es aufgrund der Neuberechnung durch das Festbetragsmodell Veränderungen gab, die die Schulen benachteiligen, haben wir im Gesetz entsprechende Übergangsregelungen eingearbeitet, sodass es auch hier zu keinen Verwerfungen kommen kann.
Und – das ist, glaube ich, nicht ganz unbedeutend, obwohl meistens gar nicht so im Blickpunkt der Öffentlichkeit – wir haben Verwaltungsregelungen vereinfacht, wie zum Beispiel die Regelung über den Einsatz von Lehrkräften. Diese haben wir auf eine Anzeigepflicht ohne ausdrückliche Genehmigung reduziert. Wir haben die Regelung zu den Schulleitungen mit der Möglichkeit eines Schulleitungsgremiums eröffnet und wir haben für alle einen einheitlichen Stichtag festgelegt, das ist der 1. März. Zu diesem werden die Schülerzahlen erfasst und auf dieser Basis erfolgt dann die Berechnung. Und übrigens haben wir auch Regelungen geschaffen, dass Lehrkräfte freier Schulen an der staatlichen Lehrerbildung teilhaben können.
Zu den Kosten kann ich sagen: Mit dem Gesetz haben wir im Jahr 2015 12,4 Millionen Euro Aufwuchs. Im Rahmen der Mittelfristigen Finanzplanung rechnen wir mit einer Steigerung des Mittelbedarfs für die freien Schulen auf bis zu 182,4 Millionen Euro im Jahr 2019. Das ist eine Steigerung und eine Sicherheit, von der ich im Moment sagen kann, die haben wir für keinen anderen Bereich bis jetzt festgeschrieben. Das ist politischer Wille dieser rot-rot-grünen Landesregierung und wir folgen dem Koalitionsvertrag.
Die Landesregierung legt damit einen Gesetzentwurf vor, der sich wahrhaft sehen lassen kann und der auch zeigt – und das sage ich ausdrücklich vor dem Hintergrund der gern zitierten Streitigkeiten in der Koalition –, wir sind in der Lage, uns miteinan
der zu verständigen. Wir sind in der Lage, aus unterschiedlichen Sichten ein gemeinsames Ganzes zu machen und wir sind in der Lage, Themen, die wir uns auf die Tagesordnung gesetzt haben, in einem gemeinsamen Gesetzentwurf vorzulegen.
Ich glaube, ich habe das zum Haushalt schon einmal gesagt: Manche Schlagzeile hat zwar sicher das Interesse der Öffentlichkeit erregt und hat auf uns blicken lassen, wie wir da miteinander einen Gesetzentwurf erarbeitet haben. Aber im Inneren des „arbeitenden Systems“ ging es uns immer darum, dass wir gemeinsam eine Lösung erreichen. Das haben wir geschafft. Vielen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben.
Vielen Dank, Frau Ministerin Klaubert. Ich eröffne damit die Aussprache. Als Erster hat das Wort Abgeordneter Wolf für die Fraktion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne, sehr geehrter Herr Weinrich vom Katholischen Büro! Wir haben es hier mit einem Gesetz zu tun, welches uns als rot-rotgrüne Koalition besonders wichtig ist und welches eine echte Altlast abräumt. Eine Altlast wird allgemein definiert als ein für eine lange Zeit ungelöstes Problem oder eine nicht erledigte Aufgabe. Charakteristisch ist auch, dass es dafür meist keine einfache Lösung gibt und dass die meistens auch sehr teuer ist. Ich denke, so haben wir es hier auch. Erstens, die Vorgaben des Landesverfassungsgerichtshofs auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode im Gesetzestext als Rechtsstaatsprinzip gilt es zu beachten. Zweitens, die Nachholbedarfe und die Planbarkeit haushalterisch und rechtlich abzusichern und drittens – und das natürlich auch im weiteren Verfahren – das entsprechende Verfahren auch selbst gut zu begleiten, unter anderem auch mit der Einbeziehung der Träger über die schriftliche Anhörung.
Wir hatten uns als rot-rot-grüne Koalition vorgenommen, schon zum 01.04. einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Dies ist aufgrund der Altlast schwer möglich gewesen. Ich sage aber, dass wir heute vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf bzw. ein Gesetz hier vorlegen seitens der rot-rotgrünen Landesregierung, beweist nicht nur Handlungsfähigkeit, sondern es beweist auch, dass wir mit all den Partnern, die wir in dem Prozess haben, in einen konstruktiven, manchmal auch streitigen
Dafür möchte ich mich ganz besonders bedanken. Dr. Birgit Klaubert hat es mir schon vorweggenommen, vor allen Dingen auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium, die oftmals an der Leistungsgrenze dessen, was abforderbar war, gearbeitet haben. Ich möchte mich natürlich auch bei unseren Mitarbeitern in der Fraktion bedanken, die auch oftmals an der Leistungsgrenze dessen, was möglich war, gearbeitet haben. Und natürlich auch bei allen beteiligten Ministerien, dass das heute möglich ist. Wir sind mit der Vorlage des Gesetzes ein Stück weiter gekommen bei der Umsetzung des Koalitionsvertrags. Was steht im Koalitionsvertrag?
Erstens, ein Festbetragsmodell ist festzuschreiben mit einer jährlichen Steigerungsrate. Das haben wir gemacht. Wir haben mit 12,3 Millionen Euro – wie schon im Haushalt beschlossen und wie jetzt im Gesetz begleitet – das Festbetragsmodell gesichert und mit einer jährlichen Steigerungsrate von 1,9 Prozent erstmals zum 01.02.2017 und dann nachfolgend zum 01.08.2018 und entsprechend für die Folgejahre diese Steigerungsrate gesichert. Frau Ministerin Klaubert hat schon darauf hingewiesen, dass wir damit über alle Schularten hinweg die freien Schulen in Thüringen so ausstatten, dass sie auf den vordersten Plätzen, in der Regel auf Platz 2 bis 3, landen. Das ist eine deutliche Stärkung. Wir erwarten mit der jährlichen voraussichtlichen Steigerungsrate bis 2019 jedes Jahr einen Aufwuchs von in etwa 7,6 bis 11 Millionen Euro. Und von 135,5 Millionen Euro unter der letzten Landesregierung im Jahr 2014 haben wir voraussichtlich einen Aufwuchs auf 182,4 Millionen Euro im Jahr 2019. Das ist ein starkes Bekenntnis von Rot-Rot-Grün, denn mit knapp 47 Millionen Euro mehr finanzieren wir damit auch gute Bildung und gute Bedingungen in der Bildung, auch und insbesondere an den freien Schulen. Damit haben wir eine auskömmliche Finanzierung gesichert und auch – das ist mir natürlich auch besonders wichtig – die wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte gesichert. Denn viele Träger haben insbesondere in den letzten Jahren Eigenbeiträge von ihren Lehrkräften abgefordert und auch abfordern müssen. Die Lehrkräfte sind da mitgegangen und ich denke, es kann nicht Ausdruck dessen sein, was wir wollen, dass eine Lehrkraft, wenn es um gute Bildung geht, um die freie Konzeptwahl, dann auch noch Geld mitbringen muss. Da sind wir auch in der Pflicht und der haben wir uns gestellt.
Zweitens: Was steht im Koalitionsvertrag? Die Genehmigungspflichten für das pädagogische und das Leitungspersonal sollen abgebaut werden. Die umfassende Änderung des § 5 führt zur Vereinfachung und zur Entbürokratisierung. Der Einsatz von Lehrkräften ist zukünftig nur noch anzuzeigen und nicht
mehr zu genehmigen. Ebenso sind wesentliche Änderungen nur noch anzuzeigen und nicht mehr zu genehmigen. § 5 Abs. 3 regelt die Genehmigung und Stellung der Schulleiter neu. Schulleiter sind zentral für die Umsetzung des Bildungsauftrags, natürlich nicht nur bei den freien Schulen, und für die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen verantwortlich. Bei einer Ein-Personen-Schulleitung muss daher dieser Schulleiter eine vergleichbare Ausbildung von Lehrkräften der Schulart haben, bei einem – und das ist neu – Schulleitergremium oder -kollektiv muss mindestens die Hälfte des Gremiums ein Lehramt innehaben. Dies soll auch den pädagogischen Sachverstand im Gremium weiter gewährleisten.
Drittens zum Koalitionsvertrag: Es soll verhindert werden, dass die Elternbeiträge sich in einer Weise entwickeln, die den Zugang zu einer Frage der sozialen Segregation macht. Das ist auch ein grundgesetzlicher Anspruch. Ich habe schon ausgeführt, dass das schon im Finanzierungsteil steckt, aber, und das ist auch aufgenommen, auch die Schulträger sind angehalten mit dem Absatz 5, zum Stichtag 1. Juli 2016 die Höhe des zu zahlenden Schulgelds mitzuteilen. Dies ist erforderlich, da wir es hier, das ist ja schon oft genug besprochen worden, mit einem Drei-Säulen-Modell zu tun haben und wir natürlich auch als Land und als Gesetzgeber den Anspruch auf Nichtsegregation überprüfen wollen. Damit sind die wesentlichen Teile des Koalitionsvertrags enthalten und wir werden nun in die Diskussion im Bildungsausschuss eintreten.
Wie waren nun die Reaktionen der Träger? Aus der „Thüringer Allgemeinen“ vom 30.06. ein Zitat von Marco Eberl von der Evangelischen Schulstiftung; er nannte es „eine gute Nachricht, die Planungssicherheit für die kommenden fünf Jahre schafft“. Und Winfried Weinrich vom Katholischen Büro spricht von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Es ist das erste Mal, so sind sich die Träger einig, dass in Thüringen für längere Zeit Planungssicherheit geschaffen worden ist. Und unter anderem können nun auch Schulsanierungen angegangen und Darlehen dafür aufgenommen werden. Die Kritik vom heutigen Tag von Herrn Weinrich in der TLZ werden wir – im gegebenen Kostenrahmen – im parlamentarischen Verfahren natürlich zu wichten wissen.
Ich fasse zusammen: Das vorgelegte Gesetz führt zu einer auskömmlichen Finanzierung und zu Planungssicherheit der Träger, zur Möglichkeit angemessener Elternbeiträge, zur Umsetzung des Urteils des Landesverfassungsgerichtshofs, zu einer Stärkung der Entwicklung und Festigung der Bildungslandschaft in Thüringen.
Ich möchte zum Schluss noch Aristoteles, etwas abgewandelt, zitieren. Aristoteles sagte: „Die Wurzeln der Bildung sind bitter, die Früchte aber süß.“
Ich sage hier mal: Die Wurzeln eines jeden Kompromisses sind bitter, aber ich bin mir sicher, dass die Früchte süß sein werden.
Ich beantrage für meine Fraktion die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste, nach gut einem halben Jahr haben wir nun einen weiteren Gesetzentwurf zur Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft hier im Thüringer Landtag vorliegen. Herr Wolf, man hat an Ihrer Rede schon gemerkt, dass es eher eine Pflichtübung war, was Sie heute hier leisten mussten, als ein Herzensanliegen, aber die Grünen werden ja noch sprechen. Meine Fraktion hat bereits im Februar einen Gesetzentwurf vorgelegt, der für eine sichere, eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung der freien Schulen eintritt.
Anstelle unseren Gesetzentwurf in den Gremien des Landtags weiter zu beraten, hat die Koalition sich in den vergangenen Monaten ein Schauspiel auf offener Bühne geliefert, was in der politischen Kultur Thüringens seinesgleichen sucht.
Wir sind im Februar mit unserem Gesetzentwurf in Vorleistung gegangen, wir haben es als unsere Pflicht gesehen, dem Auftrag des Verfassungsgerichts pünktlich zu entsprechen und Planungssicherheit für die freien Schulen herzustellen.
Hätten Sie unseren Gesetzentwurf beraten und beschlossen, wüssten heute die freien Schulen, wie sie ihre Planungen für das in wenigen Wochen beginnende neue Schuljahr tätigen müssen, und Sie hätten vor allem auch das Urteil des Verfassungsgerichts einhalten können. Stattdessen schicken Sie die Träger der freien Schulen in eine heiße und vor allem ungewisse Sommerpause. Bei all dem Hin und Her der letzten Wochen ist noch lange nicht klar, was ein mögliches Gesetz vielleicht noch
Meine Damen und Herren, Diskussionen, unterschiedliche Meinungen, hartes Ringen um Argumente – das alles gehört zur Politik, richtig, Frau Ministerin. Was die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen aber in den letzten Wochen geboten haben, spottet jeder vernünftigen politischen Streitkultur.