Protocol of the Session on June 17, 2015

Das alles kann man auch in Zeitungen nachlesen, da sind die Sachzusammenhänge dargestellt. Man

kann aber auch in Zeitungen nachlesen, in den Kommentierungen und eben auch in den Reden der AfD hören, dass es da einen Zusammenhang gäbe zwischen der Kriminalität und aufgenommenen Flüchtlingen oder Menschen nicht deutscher Staatsangehörigkeit oder Herkunft. Für Sie ist das ja – oder am liebsten sollte es zumindest aus Ihrer Sicht so sein – dasselbe. Da muss ich wirklich einmal mein Entsetzen über diesen Redebeitrag zum Ausdruck bringen, nicht, dass er von der AfD geäußert wird, sondern Entsetzen darüber, dass so etwas überhaupt gedacht und in einem Parlament gesagt werden kann.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wer angesichts von mehr als 250 Toten an der innerdeutschen Grenze, wer angesichts von fast 50.000 Toten am europäischen Grenzregime durch FRONTEX von einer wohltuenden Funktion von Grenzen spricht, der hat überhaupt nichts verstanden

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und der stellt Menschenrechte grundsätzlich infrage, so wie es die AfD an dieser Stelle hier getan hat. Das bezeichnen wir, meine Damen und Herren, als rassistisch motiviert. Die AfD versucht an dieser Stelle, rassistische Stereotype in der Gesellschaft zu manifestieren.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Mein Gott, das kann man nicht mit anhören!)

Die Folge dabei ist etwas sehr Gefährliches, nämlich die Verstetigung und Vermehrung rassistischer Einstellungen.

Herr Dittes, für den Vorwurf des Rassismus erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall AfD)

Ich habe es jetzt akustisch nicht verstanden, aber ich hätte es wahrscheinlich auch inhaltlich nicht verstanden, wofür der Ordnungsruf ist. Aber ich akzeptiere ihn natürlich von Ihnen.

Meine Damen und Herren, man kann natürlich über tatbegünstigende Bedingungen reden und dann reden wir in der Tat über Orte, an denen sich viele Menschen anonym zusammenfinden. Man kann auch über tatbegünstigende Zusammenhänge zur persönlichen Situation von Menschen selbst reden. Es stellt sich nur kein Zusammenhang dar zwischen der Herkunft oder der Staatsangehörigkeit, es stellt sich maximal ein Zusammenhang dar zwischen der sozialen Situation, zwischen der Partizi

pation von Menschen am gesellschaftlichen Reichtum, und das führt auf sehr unterschiedliche Art zu unterschiedlichen Straftaten. Da ist sicherlich das Eigentumsdelikt die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille sind Wirtschaftskriminalität und Steuerbetrug. Das sind die tatsächlichen Zusammenhänge, aber nicht die Herkunft und schon gar nicht die Staatsangehörigkeit von Menschen. Meine Damen und Herren, das Strafrecht lässt genau diese Faktoren auch völlig unbeachtet.

Ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Es berücksichtigt aber natürlich bei der Strafzumessung genau diese sozialen Indikatoren. Ich denke, Politik ist gut geraten, auf dieser Ebene auch sachliche Debatten zu führen, auch zur Prävention von Kriminalität.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Sie haben doch keinen sachlichen Redebeitrag!)

Der Beitrag der AfD war kein Beitrag zur sachlichen Debatte.

Herr Dittes, Ihre Rede ist nun auch zu Ende.

(Beifall DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort erhält nun Kollege Fiedler von der CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, ich weiß, dass ich jetzt etwas mache, was nicht von allen gebilligt wird. Meine Damen und Herren, wir sind heute am Tag des 17. Juni. Ich möchte Sie einfach bitten, wer sich freiwillig mit erhebt, in einer Gedenkminute der Toten des 17. Juni zu gedenken.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Dass Sie das da oben haben durchgehen lassen!)

Ich habe hier gar nichts durchgehen lassen. Wir sind mitten in der Debatte. Herr Kollege Fiedler, ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf.

Herr Präsident, ich sehe das ein. Aber ich danke denen, die sich freiwillig erhoben haben. Bei so einem Tag kann man nicht, trotz der Rede des Präsidenten, einfach so darüber hinweggehen. Vielen Dank an die, die sich freiwillig erhoben haben.

(Beifall CDU, AfD)

Meine Damen und Herren, das Thema „Einbruchskriminalität entlang der Thüringer Autobahnen“, ich will gar nicht groß dazu etwas sagen. Nummer 1 ist: Es ist leider wahr. Nummer 2 ist: Wir brauchen mehr aufmerksame Bevölkerung. Nummer 3: Wir brauchen Polizisten.

(Beifall AfD)

Wir brauchen, dass der Staat überhaupt seine Aufgabe wahrnehmen kann. Deswegen ist das A und das O, das Gewaltmonopol muss und darf nur der Staat wahrnehmen. Wir brauchen keine schwarzen Sheriffs, wir brauchen Polizei, Polizei und noch mal Polizei und Prävention.

(Beifall CDU, AfD)

Wir möchten den Innenminister unterstützen, dass das auch passieren kann.

(Beifall CDU, AfD)

Für die Landesregierung sehe ich jetzt keine Wortmeldung – doch, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich will zu Beginn deutlich sagen, dass ich es als absurd und infam empfunden habe, Herr Höcke,

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

den Begriff der Willkommenskultur im Zusammenhang mit Einbrüchen zu nennen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich will zur Situation in Thüringen einiges sagen: Wenn man die Kriminalgeografie Thüringens anschaut, so kann man feststellen, dass wir in der Tat eine Besonderheit aufweisen: Wir sind ein Land der kurzen Wege und wir haben eine sehr gute Erreichbarkeit der Autobahnen. Dies bedeutet für die Thüringer Bürgerinnen und Bürger einen großen Vorteil gegenüber anderen Bundesländern, weil nämlich fast alle Thüringerinnen und Thüringer heute binnen 15 Minuten eine Autobahn erreichen können. Auf der anderen Seite bedeutet dies auch Nachteile, weil diese gut ausgebaute Infrastruktur natürlich auch für kriminelle Handlungen genutzt werden

(Abg. Dittes)

kann. Vor diesem Hintergrund ist die Fragestellung in ihrer Pauschalität auch nicht einfach beantwortbar, sondern bedarf einer Eingrenzung.

Deshalb will ich mich exemplarisch auf die Bundesautobahn 4 beziehen. Es ist eine historisch gewachsene Handelsstraße mit einer Vielzahl von Städten. Allgemein lässt sich hierzu feststellen: Städtische Kommunen mit einer guten Infrastruktur und einem dicht ausgebauten Netz von Autobahnen sind durchweg stärker von Einbruchskriminalität belastet als der ländliche Raum. Insbesondere die Ballungsräume bieten natürlich Tätern neben Anfahrts- und Fluchtwegen auch verstärkt Tatanreize. Konkret lässt sich feststellen: Im Bereich des Einbruchsdiebstahls stieg in den Städten Gotha, Eisenach und Erfurt die Zahl der erfassten Fälle 2014 im Vergleich zum Vorjahr in geringem Umfang an. In Jena, Weimar und Gera konnten hingegen erfreulicherweise Rückgänge der Fallzahlen verzeichnet werden.

Es ergibt sich also überhaupt kein einheitliches Bild in diesem Zusammenhang. Aber ich will an dieser Stelle ausdrücklich festhalten: Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Thüringen fällt deutlich geringer aus als in allen anderen Bundesländern. Wenn immer das Hohelied von Bayern gesungen wird, dann will ich noch mal festhalten, dass Bayern in der Tat auf Platz 2 der Einbruchsstatistik liegt, aber auf Platz 1 liegt der Freistaat Thüringen. Wir haben ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik 2014 45,3 Fälle auf 100.000 Einwohner und damit deutlich weniger Fälle als zum Beispiel in Bayern mit 65,1 Fällen oder in Sachsen mit 95,6 Fällen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, da Einbruchsdiebstahl das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung natürlich stark beeinflusst, hält die Landesregierung an den intensiven Bemühungen zu dessen Bekämpfung fest. Zur Optimierung polizeilicher Maßnahmen wurde im Rahmen der Polizeistrukturreform explizit eine Autobahnpolizeiinspektion mit eigener Fahndungsgruppe eingerichtet. Mehrere Einsatzkonzeptionen der Thüringer Polizei zielen auf die Bekämpfung verschiedener Phänomene im Bereich der Einbruchskriminalität ab, so zum Beispiel die „Rahmenkonzeption zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls im Freistaat Thüringen“ oder die „Konzeption zur Bekämpfung des Kriminalitätsgeschehens im Bereich der Bundesautobahnen des Freistaats Thüringen“, die sich zum Beispiel mit dem Phänomenbereich der sogenannten Planenschlitzer befasst. Insbesondere durch Verstärkung des Kontrolldrucks und Steigerung der polizeilichen Präsenz soll und muss dieser Verfolgungsdruck auf Täter erhöht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Thüringer Polizei beteiligt sich intensiv an länder- und staatenübergreifenden Aktionen im Bereich der grenzüberschreitenden Kriminalität. Ak

tuell setzt die Thüringer Polizei die durch eine Koordinierungsgruppe des Arbeitskreises II – Innere Sicherheit – vorgelegten Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität um. Diese beinhalten zum Beispiel die Gewährleistung eines europaweiten polizeilichen Datenaustauschs, den Aufbau einer Expertenstruktur und zielgruppenorientierte Fortbildung. Neben diesen repressiven Maßnahmen nehmen in diesem Deliktsfeld einen besonderen Stellenwert auch die kriminalpräventiven Maßnahmen ein.

Die Thüringer Polizei leistet daher auf dem Gebiet der technischen Sicherung und der verhaltensorientierten Aufklärung umfangreiche Präventionsarbeit. Sie bietet darüber hinaus Informationen im Internet und anderen Medien sowie die persönliche Beratung in den polizeilichen Beratungsstellen an, um die Thüringer Bürgerinnen und Bürger auch in diesem Bereich zu sensibilisieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales und die Thüringer Polizei messen der Bekämpfung der Einbruchskriminalität, insbesondere des Wohnungseinbruchsdiebstahls eine hohe Priorität zu und werden in ihren Bemühungen, diese besonders verwerfliche Form der Kriminalität zurückzudrängen, nicht nachlassen. Denn wir wissen sehr wohl, dass Wohnungseinbrüche das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung stark beeinträchtigen und für die Betroffenen sehr häufig eine erhebliche und oftmals lang andauernde Belastung darstellen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich den zweiten Teil der Aktuellen Stunde.