Lieber Herr Geibert, da haben wir also Murks, Obermurks hingelegt. Das war aber sehr erfolgreicher Obermurks, denn immerhin hat es dazu geführt, dass Sie – nachdem Sie sich 20 Jahre über dieses Thema gestritten und viele Absichtserklärungen abgegeben haben – heute mal wirklich über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge sprechen.
Ich sage es mal ganz offen, Herr Geibert: Die Position der CDU ist natürlich höchst komfortabel. Sie waren unglaublich fleißig. Sie haben die Landesregierung mit Kleinen Anfragen traktiert und ansonsten viel Kritik geübt. Aber einen konstruktiven Vorschlag, wie man mit diesem Thema gerecht umgeht, habe ich von Ihnen bis heute nicht gehört.
Wer sich sehr auf dem theoretischen Gebiet der Anfragen betätigt, der sollte eine gewisse Toleranz auch für die anderen Fraktionen übrig haben. Das betrifft nicht nur meine Fraktion, sondern auch die Koalitionsfraktionen, wenn die einen Vorschlag vorlegen, der mag durchaus den einen oder anderen Fehler haben oder den einen oder anderen Diskussionspunkt, aber immerhin sind die mutiger gewesen, als es Ihre Fraktion war.
Da hilft es auch nicht, wenn Sie aus einem Gesetzentwurf eine bestimmte Regelung herausnehmen, die explizit auch noch sagt, dass sie in einem sehr überschaubaren Bereich möglicherweise Deckungslücken für die Gemeinden bei der Rückerstattung bereits vorausgezahlter Straßenausbaubeiträge verursacht. Solche Deckungslücken werden Sie in jedem Gesetzentwurf finden, der diese Materie regelt.
Das ist gar nicht vermeidbar. Schauen Sie sich zum Beispiel den Gesetzentwurf an, über den wir heute reden. Da werden pauschale Erstattungsbeträge für bestimmte Straßen angesetzt. Was wird denn da geschehen? Das wird auch im Einzelfall nicht immer matchen. Im Allgemeinen – die Sachverständi
gen werden es klären, die Anhörungen werden es klären – ist es entweder eine tragbare Lösung oder es muss eben noch entsprechend angepasst werden. Aber dem Anspruch, dass in jedem Einzelfall Deckungslücken vermieden werden können, können Sie nicht gerecht werden. Sie regeln keine Einzelfälle im Gesetz, Sie regeln pauschale Sachverhalte auf der Grundlage von Gesetzen.
Das sollten Sie eigentlich als langjähriger Parlamentarier wissen. Das wissen Sie auch, aber Sie mussten halt irgendwie noch mal ein bisschen Kritik gegen die AfD rausschießen. Im Großen und Ganzen, denke ich, haben wir hier gemeinsam ein gutes Werk abgeliefert. Wir sind positiv gestimmt, was diesen Prozess weiter angeht in den Ausschüssen. Ich denke, dabei kommt auch etwas Gutes für das Land raus. Danke schön.
Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen seitens der Abgeordneten? Frau Scheerschmidt, SPDFraktion, bitte schön. Sie haben noch 2 Minuten und 40 Sekunden.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ganz kurz – dann ist es vielleicht verkehrt angekommen –: Es sollte keine Kritik am Gemeinde- und Städtebund sein, wirklich nicht. Es sollte nur darstellen, wie schwierig die Gemengelage ist und wie schwierig es auch für den Gemeinde- und Städtebund ist, weil auch dort in der kommunalen Familie keine Einigkeit besteht.
Herr Möller, Sie übertreffen sich hier selbst. Machen Sie sich mal nicht so wichtig, dass aufgrund der AfD heute das Gesetz hier vorliegt.
Denn das war kein konstruktiver Vorschlag – es wurde schon gesagt –, das war populistisch, das war schlecht abgeschrieben.
Und in Ihrem Kostenzitat, das habe ich damals schon bei Ihrem Gesetzentwurf erwähnt, haben Sie auch noch falsch abgeschrieben. Sie haben nämlich gerade das, wo die Kosten geregelt werden, ganz einfach vergessen abzuschreiben. Und deswegen – also bei aller Liebe – hängen Sie sich mal nicht so hoch an, Ihr schlechter Gesetzentwurf war nicht der Grund dafür, dass wir heute hier über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge reden.
Vielen Dank. Sie möchten auch noch mal reden? Bitte schön, wir haben noch 1 Minute für die SPDFraktion. Herr Abgeordneter Hey, bitte.
Das reicht, Frau Präsidentin, vielen Dank. Herr Geibert, ärgern Sie sich bitte nicht und auch alle Fachpolitiker, wenn Herr Möller hier vorgeht und behauptet, wir würden das alles nur tun, weil sie vorher schon mal einen derart miesen und teilweise peinlichen Gesetzentwurf eingebracht haben.
Es ist bei Ihnen, Herr Möller, und bei vielen Mitgliedern Ihrer Partei und Ihrer Fraktion so, wie wenn man mit einer Taube Schach spielen wollte. Das will ich hier nur mal sagen. Das ist nämlich so, dass Sie die Regeln nicht verstehen, alle Figuren umschmeißen, zum Schluss aufs Brett kacken und noch behaupten, Sie hätten gewonnen. Und genau das sehen wir heute auch wieder hier. Vielen Dank.
Danke schön, Herr Abgeordneter Hey. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Für die Landesregierung hat das Wort der Herr Innenminister Maier. Bitte schön, Herr Minister.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wenn ich das jetzt richtig sehe und ich rede länger als 20 Minuten,
Ich kann Sie beruhigen; ich werde das wahrscheinlich nicht schaffen. Es ist wahrlich kein leichtes Thema und es ist vielleicht auch nicht das span
nendste Thema, insbesondere für die Schülerinnen und Schüler, die ich auf den Rängen sehe. Aber ich kann euch sagen: Auch wenn es ein bisschen trocken daherkommt, es ist ein sehr, sehr wichtiges Thema, denn nicht nur wir hier in Thüringen beschäftigen uns damit, sondern in vielen anderen Parlamenten in Deutschland wird aktuell über dieses Thema gesprochen oder es wurde darüber gesprochen, zum Beispiel in Bayern, in Hessen, in Mecklenburg-Vorpommern, in Brandenburg – nicht in Baden-Württemberg, denn die Glücklichen haben die Straßenausbaubeiträge nie eingeführt und müssen sie also auch nicht abschaffen.
Auch wir sind jetzt hier aufgerufen, für die Bürgerinnen und Bürger eine gute Lösung zu entwickeln. Es wurde vieles schon gesagt, was ich nicht wiederholen möchte. Aber auch mir hat sich eben, als die AfD geredet hat, der Eindruck ergeben, dass man sich hier ordentlich selbst überschätzt, dass Sie also tatsächlich glauben, vier demokratische Fraktionen würden sich jetzt hier intensiv mit dem Thema beschäftigen,
um Ihnen ein Thema wegzunehmen. Und das ist typisch für populistische Parteien. Sie glauben wirklich, die Welt dreht sich um Sie.
Gut. Also, wir sind aufgerufen, hier eine gute Lösung zu entwickeln und wir haben in diesem Parlament schon mehrfach das kommunale Abgabengesetz novelliert, zuletzt 2017. Die Lösung, die damals entwickelt wurde, hat sich jetzt im Praxistest als nicht die beste herausgestellt und deswegen ist es recht und billig, dass wir jetzt an der Stelle noch mal an die Sache rangehen, denn viele Menschen in Thüringen, viele Bürgerinnen und Bürger, haben diese Lösung als ungerecht empfunden. Das ist letztendlich das, was bei dem, was wir jetzt tun wollen, die wichtigste Rolle spielt: Wir wollen eine gerechte Lösung. Das ist für uns handlungsleitend.
Aber wer hier hingeht und sagt, es wird eine Lösung geben, die 100 Prozent Gerechtigkeit herstellt, der gaukelt den Leuten etwas vor. Das wird es nicht geben. Sondern – das hat auch der Gutachter geschrieben – wir sind aufgerufen, eine Lösung zu entwickeln, die am wenigsten ungerecht ist. Ich glaube, das, was wir jetzt vorhaben, kommt dem sehr nahe, insbesondere wenn man eben auch auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht als Stichtag abstellt. Das ist aus unserer Sicht der am wenigsten ungerechte Zeitpunkt.
Der zweite Punkt neben der möglichst hohen Gerechtigkeit ist möglichst hohe Rechtssicherheit. Auch das ist mit diesem Vorschlag aus unserer Sicht gewährleistet, denn wenn wir zurückgehen würden in die Jahre 2015 oder auch andere, würden wir ein Fass aufmachen, dessen Rückwirkung gegebenenfalls vor Gericht nicht standhält. Das hätte auch ungeahnte Folgen für unseren Haushalt. Das wollen wir nicht.
Was mir persönlich noch ganz wichtig ist, dann komme ich auch schon zum Ende: Ich möchte einen dritten Punkt hier hervorheben, das ist eine unbürokratische Lösung, insbesondere wenn es darum geht, die Kommunen natürlich dafür zu kompensieren, dass sie durch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge Beiträge verlieren, und diese Kompensation sollte möglichst unbürokratisch sein. Was wir jetzt in Bayern gesehen haben, dass das Modell einer pauschalen Kompensation auch wiederum sehr viele Tücken aufweist, sollte uns dazu führen, dass wir uns ein anderes Modell überlegen und eben auch aus den vermeintlichen Fehlern anderer hier unsere Schlüsse ziehen.
Ich glaube, es wird eine sehr fruchtbare Diskussion im Ausschuss werden. Ich nehme das hier im Parlament zumindest von den vier demokratischen Fraktionen wahr, dass hier konstruktiv nach vorn geschaut wird. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.