Protocol of the Session on February 1, 2019

den heute hier vorliegenden Gesetzentwurf maßgeblich auch unser Datenschutzbeauftragter, denke ich mir, mit unterstützt hat und mit verfolgt hat. Das sieht man schon allein in den §§ 18 bis 20 dieses Gesetzentwurfs, dass die Aufwertung der Rechtsstellung des Datenschutzbeauftragten hier letztendlich eine große Rolle spielt und auch dort ein Stück weit dokumentiert ist. Da sieht man schon, dass erheblich mitgewirkt wurde. Aber das versteht sich, denke ich, auch von selbst und ist für uns keine Überraschung.

Meine Fraktion lehnt diesen Gesetzentwurf jedenfalls in Gänze ab. Wir werden auch keine Überweisung an den Innenausschuss beantragen bzw. keiner zustimmen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Marx, Fraktion der SPD, das Wort.

(Zwischenruf Abg. Dr. Hartung, SPD: Aber jetzt!)

Einen wunderschönen guten Tag! Jetzt müssen wir mal ein bisschen lebendiger werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben nämlich hier eigentlich eine Sternstunde des Parlamentarismus. Und Parlament und Regierung sind nicht immer einig, selbst wenn wir hier die Mehrheitsregierung stellen. Wir mussten hier unsere eigenen Leute ein bisschen zum Jagen tragen. Das hat man auch gemerkt – darf ich jetzt hier mal so sagen. Das hat ein bisschen gedauert.

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollten als Parlament eigentlich schon im März 2017 hier über den Gesetzentwurf diskutieren. Es ist jetzt 2019, 22 Monate später. Aber das ist am Ende vielleicht gar nicht so schlecht, denn manche Dinge erledigen sich auch durch Zeitablauf – also natürlich nicht das nicht vorhandene Gesetz. Wir sind froh, dass das jetzt kommt, aber vielleicht auch so die Kritik, die doch in sehr gruseliger Form – Entschuldigung, Herr Kollege Kellner – jetzt hier von Ihnen und auch sehr lustlos ausgebreitet wurde.

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Worum geht es beim Transparenzgesetz? Es geht darum, dass – das ist auch wichtig für unsere Zuschauerinnen und Zuschauer, gerade auch die Jüngeren hier auf der Tribüne – die Verwaltung ein Dienstleistungsbetrieb für die Bürger ist und alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Deswegen möchte das Volk auch immer mal gern wissen, was die da eigentlich machen. Bisher ist es so, dass man bei berechtigtem Interesse und wenn man einen besonderen Anlass hat, in die Amtsstube hingehen und sagen kann, ich hätte gern mal dieses oder jenes hier gesehen, eingesehen oder auch eine Kopie am besten mitgenommen. Dann freut sich derjenige, der in der Amtsstube sitzt, nicht immer darüber, denn es bedeutet auch eine Unterbrechung seines Tätigwerdens – da steht jetzt ein Bürger, er hat einen zusätzlichen Aufwand. Deswegen gibt es schon sehr lange und auch in anderen Bundesländern erfolgreich den Gedanken, wie es denn wäre, wenn wir das Internet nicht auch dazu benutzen könnten, dass wir ein Transparenzportal errichten – das wollen wir auch hier –, in dem solche Vorgänge, die von allgemeinem Interesse sind, Gesetze, Regelungen, Beschlüsse, besonders interessante Verträge, natürlich immer unter Beachtung von Datenschutz und Geheimhaltungsbedürfnissen, ein

(Abg. Kellner)

fach ins Netz eingestellt werden, und Sie und ich und ihr können dann einfach per Mausklick im Netz diese Informationen abrufen und alle haben weniger Stress. Der Bürger kann gucken, was macht meine Verwaltung, und freut sich, wenn er sieht, wie viel da passiert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das funktioniert auch gut in anderen Ländern. Wenn ich heute oder auch gestern erklärt habe, was wir heute hier mit dem Transparenzgesetz machen, dann bin ich mehrfach gefragt worden: Warum gibt es denn das nicht schon längst? Um das Ganze jetzt hier mal zu entdämonisieren, empfehle ich Ihnen allen – vielleicht kommen wir ja auch mal so weit, dass wir hier Dinge visualisieren dürfen im Parlament, aber das ist wahrscheinlich auch noch Zukunftsmusik –: Es gibt zwei einfache Internetadressen. Die erste heißt tpp.rlp.de, das ist die Abkürzung für Transparenzportal in Rheinland-Pfalz. Schauen Sie sich einfach mal diese wunderbare Seite an. Am Anfang erklärt Ihnen die Ministerpräsidentin Malu Dreyer, warum sie es für eine Freude und eine Ehre hält, den Bürgern ihre Informationen über das Verwaltungshandeln zur Verfügung zu stellen. Dann kriegen Sie bebildert verschiedene Abschnitte und Suchmasken. Dann können Sie sich heraussuchen, was Sie schon immer mal wissen wollten.

Eine ähnlich hübsche Seite, allerdings noch mit theoretischem Unterbau, ist transparenz.hamburg.de. Das kann man sich auch leicht merken und kann leicht reinschauen. Dort findet sich dann auch – Herr Kellner, Sie haben gerade von Studien geredet, aber nicht gesagt, welche – der Evaluationsbericht für das Hamburger Transparenzgesetz, das ja das erste gewesen ist. Dort finden Sie, dass es in dem untersuchten Zeitraum, der sich auf ungefähr drei Jahre belaufen hat, nicht nur 22,7 Millionen Abfragen gegeben hat, also allein im Hamburger Transparenzregister, sondern dort finden Sie dann auch – man höre und staune –, dass 630.000 Zugriffe von Behörden stammten, denn auch denen nützt das, wenn sie sich gegenseitig informieren wollen. Auch sie müssen nicht mehr ihren Kollegen im Amt x und in der Behörde y nerven, auch sie können einfach hineinschauen oder sich sogar Anregungen im Rahmen von Best Practice holen, wie man vielleicht einen Stadtratsbeschluss auch mal anders formulieren könnte – also eigentlich eine wunderbare Sache.

Aber hier in Thüringen gehen die Uhren bisher leider etwas langsam. Da wollen wir heute mal mit einem großen Ruck an der Uhr drehen. Die 22 Monate holen wir nicht mehr rein, aber wir werden selbstverständlich in den Ausschüssen darüber diskutie

ren und das auch dorthin überweisen. Es findet ja nicht nur eine Transparenz für die Bürger statt, die diese Dienstleistung schon bezahlt haben. Ich finde, man muss umgekehrt argumentieren: Warum darf eine Verwaltung etwas, was für Bürgergeld gemacht worden ist, einschließen? Natürlich gibt es viele Gründe, dass sie das tun kann und muss. Da finden sich zahlreiche Bereichsausnahmen im Gesetz. Natürlich muss der böse Datenschützer, der sich auf die viele künftige Arbeit schon freut, weil er ja auch sonst gar nichts zu tun hat, zum Beispiel auch gucken, dass personenbezogene Daten nicht im Internet auftauchen. Das sollen und werden sie auch nicht. Deswegen ist es sinnvoll – das ist auch in den anderen Ländern so, die ein Transparenzgesetz haben –, die Informationsfreiheit gleichzeitig auch beim Datenschutz anzusiedeln.

In dem Gesetz sind viele Details, viele Kataloge und Veröffentlichungspflichten enthalten. Man kann dann im Gesetzgebungsverfahren noch mal darüber nachdenken, ob zwischen Veröffentlichungspflicht und Einstellungsverpflichtung ins Transparenzregister so weit zu unterscheiden ist, wie das jetzt hier gemacht wird. Die Evaluation in Hamburg hat ergeben, dass die Benutzerinnen und Benutzer, aber auch diejenigen, die dort Informationen einstellen, gesagt haben: Das Gesetz in seinen ganzen juristischen Formulierungen verstehen wir an vielen Stellen nicht so richtig, das könnte man noch ein bisschen handhabbarer und lesbarer machen. Es gibt, wie gesagt, auch dann noch die Frage: Sind die Bereichsausnahmen, die wir bisher dort haben, alle in der Form gerechtfertigt? Wie gesagt, die Verwaltung ist Dienstleister für die Bürgerin, für den Bürger, die mit ihren Steuergeldern diese Dienstleistungen bezahlen. Deswegen wollen wir so viel Offenheit wie möglich herstellen. Wir belasten damit nicht die Verwaltung, sondern wir entlasten sie. Ich habe es schon gesagt: Wenn ich sie nicht mehr als Bittsteller, dem ich mühselig irgendwas raussuchen muss, vor dem Schreibtisch stehen habe, wenn derjenige oder diejenige zu Hause einfach nur per Mausklick ins Netz geht und die Information findet, dann ist doch alles prima. Deswegen verstehe ich diese Traurigkeit nicht, die sich hier über die Reihen gelegt hat, als die Regierung – etwas widerwillig muss ich leider so sagen, aber es ist ja sowieso jedem aufgefallen – in das Thema eingeführt hat.

Herr Kellner, dass Sie sagen, wir machen da überhaupt nicht mit, ist wirklich vorvorgestrig. Sorry, das tut mir jetzt ein bisschen leid für Sie. In Hamburg hat man dann in der Zeit von September 2014 bis Frühjahr 2017 66.000 Dateien eingestellt. Natürlich ist in unserem Gesetzentwurf, den wir jetzt hier beraten werden, selbstverständlich eine Übergangs

frist vorgesehen. Es ist nicht so, dass alle, die in Amtsstuben sitzen, alles digitalisieren sollen, was sie sich dort möglicherweise schon an ab jetzt veröffentlichungspflichtigen Informationen erschaffen haben. Die Veröffentlichungspflicht im Transparenzregister gilt erst mal nur für das, was neu erarbeitet wird. Dann – da musste ich ein bisschen staunen – gab es tatsächlich sinngemäß den Satz, es gebe auch Behörden, die gar keinen Computer hätten. Die müssten dann auch nichts einstellen. Ich hoffe, dass es im Jahr 2019 in Thüringen keine Behörde mehr gibt, die an Informationen bzw. an Verwaltungsakten arbeitet, die an Bürger geschickt werden, und keinen PC hat.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielleicht einen PC, aber ohne Internetanschluss!)

Wir freuen uns darauf, dass man dann – wie es in Hamburg auch gemacht wird – für alle veröffentlichungspflichtigen und für das Transparenzportal geeigneten Informationen einfach noch mal einen Zusatzbefehl ausführen muss, wenn man das Teil veröffentlicht bzw. an den Antragsteller schickt oder an den Stadtratsprotokollausschuss. Man macht dann einfach nur einen Klick und zack, ist es im Transparenzportal.

So ist am Ende der Verwaltungsmehraufwand ein Verwaltungsminderaufwand. Deswegen machen wir hier etwas Sinnvolles. Wir tun es gern und mit Freude. Wir freuen uns auf die Beratung in den zuständigen Ausschüssen und werden dann hoffentlich auch bald in Thüringen ein Transparenzgesetz haben, mit dem man zum Beispiel in Hamburg, aber auch im Flächenland Rheinland-Pfalz beste Erfahrungen gemacht hat. Wiederholung macht den Eindruck. Ich wiederhole noch mal die Internetadressen: tpp.rlp.de, das ist die eine, transparenz.hamburg.de ist die zweite. Wenn Sie einmal da hineingeschaut haben, werden Sie denken: Ach, das ist ja schick. Weil das schick ist, wollen wir das auch in Thüringen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Dittes das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren und auch liebe Gäste! Herr Kellner, Sie enttäuschen mich hier selten mit Ihren Redebeiträgen,

weil sie überraschungsfrei sind. In dem Fall haben Sie mich aber wirklich enttäuscht, weil ich von der CDU nach dem 22. Januar eigentlich in Sachen Transparenz mehr erwartet hatte. Da hat nämlich Ihre Pressestelle, die sich offensichtlich nicht mit Ihnen abgestimmt hat, getwittert, dass die CDU den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Transparenzgesetz kritisiert, und zwar mit den Worten: „Dampfplauderei wird heiße Luft.“ Dann zitierte sie Martin Debes: Das ist nicht transparent, das ist zu wenig. Da hatte ich eigentlich gedacht, dass Sie hier ein Feuerwerk für Transparenz im Parlament anzünden. Aber stattdessen haben Sie im Prinzip der alten Verschlossenheit der Verwaltung auch im Umgang mit Informationen gegenüber der Öffentlichkeit das Wort geredet. Das fand ich dann schon überraschend. Vielleicht sollten Sie Ihre Öffentlichkeitsarbeit stringenter an Ihren tatsächlichen Positionen ausrichten und nicht populistische Fehdekritik an der Landesregierung aufbringen, egal was der Inhalt ist. Es fällt auf Sie zurück.

Natürlich haben Sie recht, Herr Kellner, wenn Sie sagen, das Informationsfreiheitsgesetz in Thüringen hat in der Praxis kaum eine Relevanz gehabt. Da will ich Ihnen gar nicht widersprechen. Das zeigt zum Teil auch die Berichterstattung des Informationsfreiheitsbeauftragten. Nun kann man daraus zwei Schlüsse ziehen: Erstens: Es gibt überhaupt keinen Bedarf an Transparenz und Informationszugang. Zweitens: Das Informationsfreiheitsgesetz ist überhaupt nicht geeignet, Informationsfreiheit zu schaffen, und wird dadurch im Prinzip auch dem Bedarf, der vorhanden ist, nicht gerecht und wird auch durch Bürgerinnen und Bürger in diesem Land nicht angenommen.

Da kann ich Ihnen aus meiner persönlichen Erfahrung ein Beispiel nennen, wie in der Thüringer Verwaltung auch mit Informationsfreiheit nach dem Informationsfreiheitsgesetz umgegangen wird. Wenn Sie nämlich einen Antrag bei einer Versammlungsbehörde stellen, noch vor einer Versammlung einen Auflagenbescheid einsehen zu können, sagt Ihnen die Versammlungsbehörde, das ist unzulässig. Sie verweist auf das Informationsfreiheitsgesetz, weil im Prinzip mit diesem Auflagenbescheid – wenn er denn bekannt werden würde – die öffentliche Sicherheit gefährdet wäre. Das muss mir mal einer erklären, dass eine Auflage, von der die Versammlungsbehörde denkt, dass sie Sicherheit schafft und ja gerade darauf ausgerichtet ist, dass die Öffentlichkeit sie praktisch bei der Teilnahme an einer Versammlung befolgt, dass, wenn die Öffentlichkeit Kenntnis von dieser sicherheitsschaffenden Auflage bekommt, die öffentliche Sicherheit gefährdet wäre. Das beim besten Willen nicht, das ist absurd, das kann ich nicht nachvollziehen. Aber das begründen

(Abg. Marx)

Thüringer Behörden mit dem Hinweis auf das bestehende Informationsfreiheitsgesetz.

Nun können Sie ja sagen, das sind alles Geschichten, die der Dittes hier erzählt, der erzählt uns ja ohnehin immer irgendwas vom Mond, deswegen will ich mich vielleicht auf einen anderen Verein stützen, der sehr viel fundierter auch das Informationsfreiheitsgesetz in Thüringen unter die Lupe genommen hat, nämlich der Verein Mehr Demokratie, der im März 2017 ein Transparenzranking der Bundesländer erstellt hat. Herr Kellner, hören Sie zu! Thüringen war auf dem letzten Platz. Ich will Ihnen die Gründe kurz nennen – die sind schnell zusammengefasst –: unzureichende Informationsrechte, mangelhafte Veröffentlichungspflichten, fehlendes zentrales Portal, fehlende kommunale Anbindung, keine einfachen Beantragungswege, hohe Gebühren, schlechte Kontrollrechte des Informationsfreiheitsbeauftragten. Genau diese qualitative Bewertung war es, die SPD, Grüne und Linke veranlasst hat, 2014 im Koalitionsvertrag das Transparenzgesetz als Zielstellung zu verankern, und es ist ein guter Tag, dass wir heute über den Gesetzentwurf reden. Das ist auch kein schlechter Gesetzentwurf, sondern eine gute Grundlage. Dem vorausgegangen ist ja auch eine lange Diskussion. Sie haben es angesprochen, Frau Marx ist darauf eingegangen: Wir haben im Jahr 2015, glaube ich, die ersten Beratungen geführt, 2016 hier auch im Landtag die Landesregierung aufgefordert, einen Entwurf einzubringen und dem Landtag bis März – Moment, ich muss nachgucken; ich glaube es war 2017 – vorzulegen. Herr Krumpe, wir hatten uns Mühe gegeben, das ungefähr zu Ihrem Geburtstag zu synchronisieren, weil Ihnen das ja auch wichtig ist. Das ist nicht ganz gelungen, wir waren dann praktisch gezwungen, auf den nächsten Geburtstag und dann auf den nächsten Geburtstag zu warten, und dieses Jahr ist es gelungen. Ich denke, dass Sie das auch in Ihrem Beitrag honorieren können.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber das begründet möglicherweise eben auch nur einen Aspekt.

Also, wir haben lange Zeit diskutiert. Der Staatssekretär hat es in seiner Rede angesprochen, es gibt einen Abstimmungsbedarf.

(Beifall DIE LINKE)

Ich glaube, Herr Götze, das ist ein bisschen untertrieben. Als Koalitionsabgeordneter – und das wissen Sie, Herr Kellner – ist man ja auch nah an den Diskussionsprozessen innerhalb der Regierung dran, auch zwischen den Ministerien. Es war nämlich ein Kampf auch zwischen Verwaltungsebene,

politischen Hausführungen, den politischen Akteuren, in den Fraktionen, in der Koalition, in welche Richtung, mit welchen großen Schritten, mit welcher Schrittgeschwindigkeit nähern wir uns denn der Transparenz. Denn es ist eben nicht so, wie sie versucht haben, hier den Eindruck zu erwecken, das ist ein Gesetz zur Korruptionsbegrenzung, zur stärkeren Kontrolle. Nein. Das steht auch im Übrigen nicht im Gesetzentwurf als Gesetzeszweck drin. Da steht nämlich was ganz anderes drin und das will ich ihnen mal vorlesen, aus § 1 zur Begründung des Gesetzeszwecks: „Mit dem Thüringer Transparenzgesetz wird Transparenz und Offenheit zu einer Leitlinie der Verwaltung bestimmt. Im Interesse einer lebendigen Demokratie, die geprägt ist von einer aktiven Teilhabe der Bürger am öffentlichen Leben, ist mit der Einführung des Thüringer Informationsfreiheitsgesetzes ein Paradigmenwechsel erfolgt.“ – der jetzt inhaltlich erst zu Ende geführt wird, darum geht es.

(Beifall SPD)

Das ist ein Streitpunkt zwischen der Verwaltung, die bislang nach anderen Paradigmen gearbeitet hat, nach dem Über-/Unterordnungsverhältnis, der Bürger als Antragsteller gegenüber der Verwaltung. Das diskutieren wir auf der politischen wie auf der Verwaltungsebene und das hat dazu geführt, dass es eben auch so lange dauert. Das ist nichts, worauf man stolz sein kann, Frau Marx, weder die Landesregierung noch die Koalition, aber es ist zumindest erklärbar und zeigt, dass es doch etwas mehr ist als nur ein technischer Vorgang, sondern dass es da wirklich auch um Transparenz geht.

Ich will auch sagen, warum uns das so wichtig ist und warum dieser Paradigmenwechsel – Frau Marx, Sie hatten es kurz angesprochen. Bürgerinnen und Bürger werden durch den Gesetzgeber verpflichtet, Steuern zu zahlen in der Erwartung, dass Parlamente wie wir mit den Steuergeldern vernünftig umgehen und eine Struktur aufbauen, die Leistungen für den Bürger anbieten. Dann ist es natürlich auch selbstverständlich, dass diejenigen, die die Verwaltung finanzieren, gegenüber der Verwaltung ein Stück weit Offenheit und Transparenz verlangen können

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und eben nicht als Bittsteller gegenüber der Verwaltung auftreten und um Informationen, was die Verwaltung mit ihren Geldern tatsächlich macht, auch in Umsetzung der Gesetze macht, zu bitten oder diese zu beantragen, und dann die Verwaltung aus sich heraus entscheidet und prüft, ob der Bürger hierauf überhaupt ein Anrecht hat. Ich glaube, das ist wirklich im Mittelpunkt unserer Argumentation.

Wir sagen, diese Partizipationsmöglichkeiten, die sich dann in der Folge eröffnen, schaffen natürlich auch mehr Vertrauen in politische Entscheidungen, in Verwaltungsentscheidungen und schaffen damit auch die Möglichkeit zur Teilhabe, weil Menschen durch Informationen befähigt werden, oft an Diskussionen teilzunehmen und ihre Position mit hineinzubringen.

Nun will ich auch einen Satz in Richtung des Redebeitrags des Staatsekretärs sagen. Ich halte es natürlich für notwendig, in der Debatte auch Probleme anzusprechen, die mit Transparenz verbunden sind. Aber wir dürfen diese Probleme natürlich auch nicht überbetonen und wir müssen, wenn Probleme bestehen, diese im Abwägungsprozess genau gegenüber diesem Transparenzanspruch der Bürger bewerten und sagen, ja, diese Probleme sind vorhanden, auch in der Verwaltungspraxis, keine Frage, aber der Anspruch auf Transparenz ist so gewichtig, dass wir Wege und Lösungen finden, diese Probleme zu lösen. Wenn wir dafür noch ein Jahr mehr Zeit brauchen, dann ist das halt so, aber wir müssen sie angehen. Diese Probleme stehen tatsächlich nicht als Hinderungsgrund im Weg.

Was ist am Gesetzentwurf gut: Ich habe gesagt, es ist kein schlechter Gesetzentwurf und natürlich werden wir sehr umfangreich im Plenum darüber diskutieren. Wir schaffen in Thüringen endgültig die Zweistufigkeit des Informationszugangs, einmal durch das Antragsverfahren des alten Informationsfreiheitsgesetzes, das wir weiter erleichtern, und andererseits aber auch durch die proaktive Veröffentlichung von Informationen, wodurch der Bürger ohne Antragstellung zukünftig zu einer Reihe von Informationen, beispielsweise Zuwendungen, Pläne, Vertragsinhalte, Beschlüsse des Regierungskabinetts, Protokolle, Aktenpläne, Sponsoringleistungen usw., Zugang erhält. Wir hoffen, durch eine Regelung, die wir im Transparenzgesetz vorgenommen haben, dass dann, wenn der Bürger überdurchschnittlich Informationen im Antragsverfahren begehrt, die Verwaltungen im Ergebnis entscheiden müssen, diese Informationen sind von so großem Interesse, dass sie dann proaktiv für alle zur Verfügung gestellt werden. Das ist der richtige Ansatz, die Zweistufigkeit, mit dem Ziel, die Antragsverfahren aber so weit zu minimieren, dass, wenn ein wirklich öffentliches Interesse vorliegt, man die Informationen vom Antragsverfahren hin in die proaktive Veröffentlichungspflicht holt. Das ist Transparenz, wie wir sie uns vorstellen.

Wir finden es im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kellner, auch richtig, dass Behörden durch das Gesetz aktiv aufgefordert werden, Informationsfreiheit transparent zu befördern, indem beispielsweise Internetzu

gänge in Behörden zur Verfügung gestellt werden. Wir finden es auch richtig, dass wir einen Beirat schaffen, in dem Vereine, Initiativen, die sich genau dieser Fragestellung zuwenden, mitarbeiten sollen. Wir finden es richtig, wichtig und auch einmalig, dass wir in diesem Gesetz eine Evaluierungspflicht haben – wie wir sie auch in vielen anderen Gesetzen haben –, aber diese darum erweitert haben – wenn Sie die Begründung lesen –, dass die Zivilgesellschaft, die Öffentlichkeit an dieser Evaluierung teilhat und nicht nur wir selbst und nicht nur die Verwaltung die Wirksamkeit dieses Gesetzes nach einigem Zeitraum überprüft, sondern Bürgerinnen und Bürger selbst an dieser Überprüfung aktiv teilhaben können. Wir finden es auch richtig, Herr Kellner – und da will ich Sie in einem Teil Ihrer Ausführung gleich mal korrigieren –, dass wir zwar zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Kommunen nicht gesetzlich verpflichten, in das Transparenzportal integriert zu werden – dadurch entstehen in diesem Fall überhaupt keine Kosten –, sondern das Modellprojekt eröffnen, um Kommunen die Möglichkeit zu geben, sich zu integrieren, weil damit auch positive Signale in die kommunale Ebene ausgesendet werden. Ich will mal sagen – da muss man auch ehrlich sein, Herr Harzer, vielleicht kennen Sie das auch aus Ihrer Arbeit –, die Kommunen sind doch zu großen Teilen, zumindest die großen, bei Transparenz schon viel weiter als das Land. Schauen Sie sich mal die Informationsportale, die Ratsinformationssysteme einiger Städte, wie beispielsweise der Stadt Erfurt, an. Das ist doch bürgernahe Transparenz, das ist doch Information. Ich glaube, die Abwehrhaltung auf kommunaler Ebene wird wesentlich geringer sein als das, was Sie hier suggerieren wollen.

Aber es gibt natürlich auch Sachen, über die wir diskutieren wollen, die wir für diskussions- und verbesserungswürdig halten. Ich glaube, wir müssen uns die Liste der proaktiv veröffentlichten Sachverhalte und Informationen noch mal genauer anschauen. Ich glaube, wir müssen über die Bereiche der erstellten Studien und Gutachten reden, die ja auch mit öffentlichen Geldern finanziert worden sind. Wir müssen über Dienstvorschriften reden, weil damit erst transparent wird, nach welchen Kriterien die Verwaltung entscheidet. Wir müssen uns in einigen Fällen mal mit Ausschlussgründen beschäftigen, ob die richtig abgewogen sind, und wir müssen uns natürlich auch noch mal mit der Frage der Verwaltungskosten beschäftigen. Dort sind viele Regelungen enthalten, die ich erst mal richtig finde, nämlich bei unerheblichen Aufwendungen, dass diese bei einfachen Verwaltungsauskünften erst mal kostenfrei sind. Ich finde den gesetzgeberischen Leitsatz, der darin steht, auch richtig: Eine