Protocol of the Session on February 1, 2019

Herr Krumpe, Sie haben zugestimmt? Dann möchte ich das so verkünden. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung seine Zustimmung gibt, den bitte ich, sich jetzt von den Plätzen zu erheben. Das ist der fraktionslose Abgeordnete Krumpe, das sind die Fraktionen der CDU, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer enthält sich? Das sind die fraktionslosen Abgeordneten Rietschel und Gentele. Wer ist dagegen? Dagegen ist die Fraktion der AfD. Damit ist der Gesetzentwurf auch in der Schlussabstimmung angenommen.

(Abg. Hausold)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12

Thüringer Transparenzgesetz (ThürTG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6684 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Begriff Transparenz beschäftigt die öffentliche Verwaltung schon seit einiger Zeit. Allein im aktuellen Plenum stehen zwei Gesetzentwürfe zum Thema auf der Tagesordnung. Ausgehend von der allgemeinen Bedeutung des Begriffs als die Durchsichtigkeit eines Materials, eines Verfahrens oder eines Zustands, zielt die Forderung nach Transparenz auf die Kenntnis von Fakten und die Erkennbarkeit von Zusammenhängen, vor allem in den Bereichen Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Zumeist wird die Forderung mit dem Gedanken begründet, dass Transparenz mehr Vertrauen schaffe. Nur selten wird darauf hingewiesen, dass es Vertrauen nur in dem Bereich zwischen Wissen und Nichtwissen braucht. Wo hingegen alles gewusst wird, braucht es kein Vertrauen mehr. Transparenz wird gerade da gefördert, wo kein Vertrauen mehr besteht und fehlendes Vertrauen durch Kontrolle ersetzt werden soll. Dabei ist die Forderung nach Wissen und Nachvollziehbarkeit legitim. Sich über Sachverhalte Klarheit zu verschaffen ist der Inbegriff des Zeitalters der Aufklärung, deren Errungenschaften und Einsichten tragende Säulen unserer Gesellschaft sind. Im Zeitalter der Informationsgesellschaft ist Wissen mehr denn je zuvor Voraussetzung für die Teilhabe am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Geschehen. Daher beabsichtigt die Landesregierung, ein Mehr an Wissen zu generieren, und hat vor diesem Hintergrund den Entwurf eines Thüringer Transparenzgesetzes eingebracht, welches das bestehende Thüringer Informationsfreiheitsgesetz ablösen soll. Damit entspricht die Landesregierung auch einem entsprechenden Beschluss des Thüringer Landtags. Dass es einiger Zeit bedurfte, den Entwurf eines Thüringer Transparenzgesetzes vorzulegen, ist vor allem auf den erheblichen Abstimmungsbedarf zurückzuführen. Denn Transparenz kann es nicht ohne Grenzen geben und sowohl Transparenz als auch die Beachtung ihrer Grenzen verursachen Aufwand. Entsprechend bestand die Herausforderung in dem Gesetzesvorha

ben vor allem darin, bei einem verfassungsrechtlich ausgewogenen Verhältnis von Transparenz und Geheimhaltung einen akzeptablen Kosten-NutzenAusgleich zu finden.

Lassen Sie mich diesen Aspekt an einigen Beispielen verdeutlichen. Das bedeutend Neue am vorliegenden Gesetzentwurf ist die ausführliche Normierung der proaktiven Informationsbereitstellung. Damit ist die Bereitstellung von Informationen seitens der öffentlichen Stellen von Amts wegen gemeint. Das heißt, es soll nicht erst eines Antrags und eines Verwaltungsverfahrens bedürfen, damit Informationen zugänglich sind. Informationen sollen vielmehr von vornherein für die Allgemeinheit frei zugänglich bereitgestellt werden. Um dies zu erreichen, sieht der Gesetzentwurf Veröffentlichungsund Transparenzpflichten vor. Insbesondere in den durchgeführten Anhörungen wurde deutlich, dass diese Pflichten zum Teil als nicht weit genug beurteilt werden. Unberücksichtigt bleibt dann jedoch zumeist, welche Folgen eine weitgehende Verpflichtung hätte.

Auch für die Landesregierung wäre es einfacher gewesen, eine Transparenzpflicht in der Weise zu formulieren, dass, soweit schutzwürdige Belange nicht entgegenstehen, alles zu veröffentlichen und in ein Transparenzportal einzustellen ist. Ein kurzer Satz statt zweier umfänglicher Paragrafen.

Rechtlich spräche dem Grunde nach auch nichts gegen eine solche Bestimmung. Was gegen eine solche Bestimmung spricht, ist der enorme Aufwand, der derzeit damit verursacht würde.

Ich möchte dies kurz skizzieren: Betroffen wären alle Informationen, auch, soweit sie noch nicht elektronisch vorliegen. Das heißt, Informationen müssten digitalisiert werden. Aktuell liegen Informationen nicht in elektronischen Akten vor, aus denen sie zumindest teilautomatisiert in ein Transparenzportal eingestellt werden können. Das heißt, die Einstellung müsste händisch vorgenommen werden. Alle Informationen müssten in diesem Prozess darauf geprüft werden, ob und inwiefern sie veröffentlicht werden können. Unkenntlichmachungen sind im erforderlichen Umfang vorzunehmen und Lizenzen zu bestimmen sowie weitere Daten anzugeben, um die Informationen auffindbar und nutzbar zu machen. Das alles müsste in allen Landesbehörden, aber auch in der gesamten mittelbaren Landesverwaltung, also insbesondere auch in den Kommunen geschehen. Ein solcher hier nur in Ansätzen skizzierter Aufwand ist mit den vorhandenen Mitteln nicht zu decken. Daher sieht der Gesetzentwurf einen abgestuften Pflichtenkanon vor. Danach sind alle öffentlichen Stellen gehalten, Informationen, die von allgemeinem Interesse für die Öffentlichkeit

(Präsidentin Diezel)

sind und nach Inkrafttreten des Gesetzes entstehen bzw. entstanden, zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt im Internet, soweit nicht rechtliche oder tatsächliche Gründe entgegenstehen. Diese Einschränkung nimmt zum Beispiel Rücksicht darauf, dass eine Veröffentlichung im Internet im Einzelfall unverhältnismäßig sein kann oder technische Gerätschaften und Software nicht an allen Stellen, die vom Gesetz erfasst werden, vorhanden sind, mit denen etwa großflächige Pläne digitalisiert oder sinnvoll bereitgestellt werden können.

Über die Veröffentlichungspflicht hinaus geht die Transparenzpflicht. Danach ist die Information nicht nur irgendwo im Internet zu veröffentlichen, sondern sie ist im Transparenzportal einzustellen. Damit ist die Information über einen zentralen Zugangspunkt recherchierbar. Zudem sind die Informationen mit weiteren, sie beschreibenden Informationen zu versehen, den sogenannten Metadaten. Dieser Metadatensatz entspricht einem internationalen Standard und erleichtert das Auffinden und die Weiterverwendung der Informationen. Die Erfüllung der Transparenzpflicht verursacht daher ein Mehr an Aufwand im Vergleich zur Veröffentlichungspflicht. Sie ist daher für alle öffentlichen Stellen in geringerem Umfang vorgesehen. Dies sind die Fälle, in denen eine Rechtsvorschrift außerhalb des Transparenzgesetzes eine Veröffentlichung im Internet vorsieht. In diesen Fällen bedarf es nämlich keiner Prüfung mehr, ob mit einer Veröffentlichung im Internet entgegenstehende Belange verletzt werden könnten. Diese Prüfung hat der Normgeber der die Veröffentlichung vorsehenden Bestimmung bereits vorgenommen. Der Aufwand beschränkt sich in diesen Fällen auf die Einstellung der Informationen auch im Transparenzportal und die Angabe der Metadaten. Weitergehende Transparenzpflichten treffen dann nicht mehr alle öffentlichen Stellen, sondern sollen nur noch die des Landes und die der Landesregierung betreffen. Hier soll der Mehraufwand für die zusätzlich erfassten Informationen insbesondere auch dadurch aufgefangen werden, dass die Transparenzpflicht erst greift, wenn die betroffenen Informationen in einer bestimmten elektronischen Akte vorgehalten werden. Denn dann ist es möglich, einen elektronischen Arbeitsablauf zu installieren, der den Aufwand reduziert. Das Transparenzportal selbst baut auf dem bestehenden zentralen Informationsregister Thüringen auf. Dieses wird sukzessive technisch weiterentwickelt, um den Aufwand bei der Einstellung und Pflege der Informationen zu minimieren. Gerade mit Blick auf das Vorbringen der kommunalen Spitzenverbände im Rahmen der Anhörung sei jedoch darauf hingewiesen, dass es auch in Zukunft keiner weiteren technischen Vo

raussetzungen außer eines Internetzugangs bedarf, um Informationen in das Transparenzportal einzustellen. Dies ist mit Blick auf die Einbindung der gesamten mittelbaren Verwaltung und der dort vorhandenen unterschiedlichen Informationstechnik und der vielgestaltigen Informationen, die für eine Einstellung in das Transparenzportal in Betracht kommen, von nicht unmaßgeblicher Bedeutung. Der Aufwandsminimierung dient auch die Einbindung bereits bestehender Informationssammlungen in das Transparenzportal. Als Beispiel nennt das Gesetz unter anderem das Landesrecht Thüringen, die Rechtsprechungsdatenbanken der Thüringer Gerichte und das Thüringer Umweltportal. Der Anspruch auf Informationszugang auf Antrag, seine Grenzen und die entsprechenden Verfahrensvorgaben wurden weitgehend aus dem Thüringer Informationsfreiheitsgesetz übernommen. Sie haben sich bewährt. Ergänzt wurden die Regelungen jedoch um eine Abwägungsklausel, die zugleich sicherstellt, dass die vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf die betroffenen Rechtsgüter getroffenen Abwägungsentscheidungen im Transparenzgesetz nicht der freien Disposition ausgesetzt sind. Es wurde bewusst davon abgesehen, das Thüringer Umweltinformationsgesetz in das Transparenzgesetz zu inkorporieren. Denn dies hätte weder eine Rechtsvereinfachung für die Bürger noch für die Verwaltung bedeutet.

Bei dem Umweltinformationsgesetz handelt es sich um europäisches Recht, das in nationales Recht umgesetzt wurde. Das heißt, seine Auslegung und Anwendung hat auch zukünftig nach Maßgabe europäischer Vorgaben und hierzu ergehender Rechtsprechung zu erfolgen. Die Spezialität der Regelungen kann nicht dadurch aufgehoben werden, dass die Bestimmungen formal in ein Transparenzgesetz mit aufgenommen werden. Entsprechend sind in den Gesetzen, in denen einige Länder eine formale Zusammenführung der Rechtsmaterien unternommen haben, vielfache Ausnahmeund Sonderregelungen für den Bereich der Umweltinformationen vorgesehen. Das erhöht weder die Rechtssicherheit, noch trägt es zur Rechtsklarheit bei. Auf die Geltendmachung des Anspruchs hat es zudem keinen Einfluss, ob die Gesetze formal zusammengefasst werden. Denn eine Rechtsgrundlage müssen die Bürgerinnen und Bürger für ihr Begehren nicht angeben, vielmehr reicht es, wenn sie angeben, welche Informationen sie begehren. Es ist dann Sache der Verwaltung, die Rechtsgrundlage für das Begehren zu ermitteln und bei mehreren in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen die für die antragstellende Person günstigste zu wählen. Die Landesregierung hat deshalb vorgesehen, die Umweltinformationen nur so weit den Regulari

(Staatssekretär Götze)

en des Transparenzgesetzes zu unterwerfen, als dies tatsächlich zu einem Mehr an Transparenz führt und sachlich bzw. fachlich sinnvoll ist. Das heißt konkret, dass Umweltinformationen von der proaktiven Informationsbereitstellung mit umfasst werden und auch das Anrufungsrecht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit auf Fälle nach dem Thüringer Umweltinformationsgesetz erweitert wurde.

Neu ist auch, dass nunmehr ein Beirat beim Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit bestehen soll, der den Landesbeauftragten bei seiner Arbeit unterstützen soll. Neben weiteren Maßnahmen zur Förderung und Gewährleistung des Rechts auf Informationszugang ist unter anderem ein Modellprojekt mit Kommunen vorgesehen. Ziel dieses Projekts ist es, Fragestellungen, die sich bei einer umfassenden Transparenzpflicht der Kommunen ergeben würden, zu identifizieren und gemeinsam mit den Kommunen Antworten zu finden und Lösungswege zu ermitteln.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich habe einige grundlegende Überlegungen dargestellt, die maßgebend für den Entwurf des Thüringer Transparenzgesetzes waren. Ich freue mich nun auf die Behandlung des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Beratung. Das Wort hat Abgeordneter Kellner, Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Zuhörer auf der Tribüne, Thüringen hat den Zugang zu behördlichen Informationen im Jahr 2012 im Thüringer Informationsfreiheitsgesetz geregelt. Damit ist Thüringen im Bundesvergleich mit zehn anderen Ländern auf etwa gleicher Höhe und damit zugleich in einer guten Gesellschaft im Hinblick auf den Themenkomplex „Transparenz und Zugang zu behördlichen Dokumenten“. Thüringen ist mit seinem Informationsfreiheitsgesetz sogar weiter als Bayern, Sachsen und Rheinland-Pfalz, die weder ein Informationsfreiheitsgesetz noch ein Transparenzgesetz haben.

Nun hat sich Rot-Rot-Grün im Koalitionsvertrag auf die Verabschiedung eines Transparenzgesetzes verständigt, welches das Informationsfreiheitsgesetz nach meiner Kenntnis – und das hat ja auch der Staatssekretär soeben bestätigt – ablösen soll.

Die von Rot-Rot-Grün immer wieder gern herangezogenen Argumente und damit auch die erhofften Folgen für ein solches Transparenzgesetz sind zumeist Korruptionsbekämpfung, behördliche Kontrollen sowie Stärkung des Vertrauens der Bürger in die Politik und Verwaltung. Das klingt natürlich zunächst erst mal vielversprechend und hört sich auch gut an. Aber das klingt natürlich auch ein Stück weit so, als wenn man der Verwaltung nicht so richtig über den Weg traut, dass man ihr etwas unterstellt. Das sagen ja schon die Begriffe „Korruptionsbekämpfung“, „behördliche Kontrolle“ sowie „Stärkung des Vertrauens der Bürger in die Politik und die Verwaltung“. Das suggeriert das.

An dieser Stelle möchte ich ganz deutlich sagen, auch im Namen meiner Fraktion, dass wir zunächst den Beamten und Angestellten in den Verwaltungen und Behörden für ihre tagtäglich geleistete Arbeit recht herzlich danken.

(Beifall CDU)

Ohne diese Menschen wären eine funktionierende Verwaltung, ein Verwaltungsablauf und damit auch die Existenz unseres Freistaats ganz schnell am Ende, das kann man so festhalten. Ohne vernünftige und funktionierende Verwaltung geht das nicht. An dieser Stelle noch mal meinen herzlichen Dank an die Verwaltung und auch der Hinweis, dass doch hier ein gewisses Misstrauen mitschwingt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ungeachtet meiner bisherigen Ausführungen wird meine Fraktion den Gesetzentwurf und dessen Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss aber noch aus anderen Gründen ablehnen. Lassen Sie mich zuerst auf die prognostizierten Kosten, die der Staatssekretär hier schon angesprochen hatte, eingehen. Die im Gesetzentwurf enthaltenen Ausführungen sind aus unserer Sicht nicht ausreichend. Insbesondere die Aussage, dass den Gemeinden keine haushaltswirksamen Kosten entstehen, erachten wir als unzutreffend und geradezu irreführend. Das kennen wir ja auch aus anderen Gesetzen, mit denen letztendlich Aufgaben verteilt und – ich sage mal – Aufgaben verschärft und Standards erhöht werden und dann immer im Gesetzentwurf mitgeteilt wird, das kostet jetzt alles nichts. Auch hier haben wir doch erhebliche Bedenken. So sollen nach dem in § 2 definierten Anwendungsbereich auch Gemeinden behördliche Dokumente öffentlich zugänglich machen. Es kann mir keiner erzählen, dass dies nicht mit Kosten für EDV und Personal verbunden ist. Also ich unterstelle mal, das wird so nicht funktionieren, ohne dass man zusätzliche Aufwendungen hat. An der Stelle halten wir die Aussage, dass keine Kosten für die Kommunen entstehen, für mehr als fragwürdig, auch weil

(Staatssekretär Götze)

zusätzliche Standards geschaffen werden. Auch das wird letztendlich zeigen, dass es nicht ohne Kosten abgehen wird. Wir gehen fest davon aus, dass mit ganz erheblichen Mehrkosten zu rechnen ist, und wir werden ja letztendlich auch sehen, was die Kommunen dazu sagen.

Zu dieser Einschätzung ist übrigens auch eine Studie des Instituts für Informationsmanagement in Bremen im Jahr 2016 gelangt, dass es erhebliche Mehrkosten verursacht. Darüber hinaus spricht auch aus unserer Sicht noch ein weiterer ganz wesentlicher Aspekt gegen das Gesetz: Bisher konnte wissenschaftlich nicht hinreichend belegt werden, ob und wie die mit dem Gesetz beabsichtigte Vergrößerung der Transparenz durch die Veröffentlichung und Information generell und speziell in maschinenlesbarer Form erreicht werden kann. Bekannt und durch Studien belegt ist bislang lediglich Folgendes: In Bezug auf das angestrebte Transparenzziel wurde ursprünglich vermutet, dass sich die Bürger durch die Bereitstellung der Daten selbst besser informieren und qualifizierte Entscheidungen treffen. Tatsächlich gab in verschiedenen Meinungsumfragen ein relativ hoher Anteil der Befragten an, dass sie sich mehr Transparenz von der Politik/Verwaltung wünschen und gerne einen Zugang zu entsprechenden Daten von der Verwaltung hätten. Das bezog sich in erster Linie auf Lebensmittel- und Hygienekontrolle, Umweltbelastungen sowie Veröffentlichungen von Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung.

Inzwischen ist aber deutlich geworden, dass es nicht in erster Linie Bürger sind, die Verwaltungsdokumente online nutzen, um Regierungshandeln besser zu verstehen und zu kontrollieren. Es sind vielmehr und vor allem Nichtregierungsorganisationen, Journalisten, Wissenschaftler, die zum Beispiel Aussagen in amtlichen Umwelt- und Bildungsberichten anhand der Originaldaten überprüfen. Ich habe zum Informationsfreiheitsgesetz, das wir 2012 verabschiedet und auf den Weg gebracht haben, auch mit den Verwaltungen gesprochen und gefragt, wie denn die Resonanz ist, wie die Bürger das nutzen, wie oft es in Verwaltungsabläufen vorkommt. Ich habe mit Großen kreisangehörigen Städten gesprochen, aber auch mit kleineren Verwaltungs- und Landgemeinden bis hin zu Verwaltungsgemeinschaften. Es war sehr überschaubar, wo man sich auf das Informationsfreiheitsgesetz bezogen und berufen hat, wenn man Informationen wollte. Jetzt suggeriert man, dass wir noch mehr Transparenz reinhaben wollen, weil die Bürger noch mehr Informationen benötigen. Ich habe extra noch mal nachgefragt, was da in der Praxis genau passiert. Man hat mir gesagt, es ist mehr oder weniger sehr überschaubar.

Dann stellt sich natürlich die Frage, warum es nicht in erster Linie Bürger sind, die Nachfragen haben, wenn wir die Unterlagen – so wie es jetzt vorgesehen ist – vollumfänglich ins Netz bringen: weil behördliche Unterlagen zumeist für den Bürger ohne einen fachlich interessierten Dolmetscher nicht immer wirklich verständlich und damit brauchbar sind. Daher erachten wir die mit dem Gesetzentwurf angestrebte Regulierung – Transparenzeffekt durch Veröffentlichungspflicht – für stark überschätzt. Insoweit existiert inzwischen auch bereits eine Reihe von Studien und Verhaltensuntersuchungen. Danach treffen die meisten Menschen keine rationale Entscheidung und sie haben auch nicht die Zeit und Voraussetzung zur sachgerechten, reflektierenden Interpretation.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die meisten Menschen treffen keine rationale Entscheidung? Das haben Sie gerade gesagt?)

Das sind die Studien, die das letztendlich sagen. Mit anderen Worten, die Online-Bereitstellung von – nennen wir sie – behördlichen Rohdaten bewirkt in Sachen Transparenz für den Bürger weniger bis gar nichts.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Interessantes Menschen- bild!)

Das sind die Studien, die das letztendlich aussagen.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Studie, ja klar!)

Daher sollte man nach unserer Auffassung die hier angestrebten Prozesse und ihre Verkettungen erst einmal genau und möglichst differenziert definieren und vorhandene Praktiken evaluieren. Das hat jetzt nichts damit zu tun, dass man dem Bürger was abspricht. Wir kennen alle Gesetzestexte, wir wissen letztendlich, was veröffentlicht wird und wie schwierig das zu verstehen ist. Die Möglichkeit, nachzufragen, besteht in jeder Verwaltung, immer. Aber so zu suggerieren, dass wir letztendlich, wenn wir alles veröffentlichen – vollumfänglich – für alle Bürger das bedienen, was der Bürger sich erwartet, dann, denke ich mir, überschätzt man das gewaltig.

Ein weiterer Fakt, meine sehr geehrten Damen und Herren, der gegen das Gesetz spricht, ist meiner Kenntnis nach der im Juli 2017 erfolgte Beitritt Thüringens zum sogenannten GovData, Datenportal der Bundesrepublik. Durch den Beitritt hat die Thüringer Verwaltung bereits einen großen Schritt in Richtung Informationsgesellschaft gemacht, da die

Landesregierung damit einen freien Zugang zu Thüringer Verwaltungsdaten eröffnet.

Die hier vom Freistaat zur Verfügung gestellten Daten stellen nach den damaligen Worten des Finanzstaatssekretärs – ich zitiere – „eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Meinungsbildung in unserer Demokratie dar“. Dies reicht Rot-Rot-Grün offenbar nicht.

Ich komme damit zu meinem letzten Punkt. Neben der mantraartig geforderten Transparenz der Verwaltung steht bei der Koalition noch ein anderer Aspekt im Vordergrund, der mit diesem Gesetz umgesetzt werden soll, und zwar die weitere personelle Verstärkung und damit Aufwertung des geschätzten Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Also das war nun mindestens eine Lüge in Ihrer Rede!)

Er freut sich schon.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Jetzt freust du dich; ich sehe es!)

Es ist ja auch kein Geheimnis, denke ich mal, dass

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Ist ja Transparenz!)

den heute hier vorliegenden Gesetzentwurf maßgeblich auch unser Datenschutzbeauftragter, denke ich mir, mit unterstützt hat und mit verfolgt hat. Das sieht man schon allein in den §§ 18 bis 20 dieses Gesetzentwurfs, dass die Aufwertung der Rechtsstellung des Datenschutzbeauftragten hier letztendlich eine große Rolle spielt und auch dort ein Stück weit dokumentiert ist. Da sieht man schon, dass erheblich mitgewirkt wurde. Aber das versteht sich, denke ich, auch von selbst und ist für uns keine Überraschung.