Protocol of the Session on February 1, 2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, da will ich mir mal Mühe geben, die Erwartungen von Frau Marx nicht zu enttäuschen, mehr Geist und Bildung in die Debatte einzubringen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da müssen Sie selbst la- chen!)

Ja, dass Ihre Erwartungshaltung eine andere ist, Frau Henfling, das ist mir schon klar.

„Nachhaltigkeit“, „globale nachhaltige Entwicklung“, also allein schon dieses Wortgeklingel, was hier Herr Krückels gerade vortragen musste – es tut mir leid, Herr Krückels, Sie wissen es wahrscheinlich nicht und können es gar nicht nachempfinden –, aber ich habe mich wirklich zurückversetzt gefühlt

in meine Kindheit, der kleine Jungpionier Stefan Möller stand vor dem Ordnungsappell und vorn erzählte der Pionierleiter etwas von Völkerfreundschaft, Frieden und Sozialismus.

(Beifall AfD)

Also genau in dem Duktus haben Sie das hier durchgezogen. Daran erkennt man schon die Ideologiegeneigtheit dieses ganzen politischen Konzepts, was ja ein sehr, sehr umfassendes ist.

Um Nachhaltigkeit im Sinne eines ressourcenschonenden Wirtschaftens, was man vielleicht dann auch in anderen, in Entwicklungsländern implementiert, um Nachhaltigkeit in diesem Sinne geht es leider eben nicht. Das wird beispielhaft klar, wenn man sich mal so einzelne Aspekte Ihres Antrags herauszieht, herausliest, zum Beispiel den Fokus auf die Förderung des gesellschaftlichen Bewusstseins für entwicklungspolitische Herausforderungen legt. Da muss man einfach mal schauen, was Sie mit entwicklungspolitischen Herausforderungen meinen. Schlau wird man da, wenn man sich die UN-Agenda 2030 anschaut, auf die Sie ja immer wieder hier Rückgriff nehmen. Da steht im Grunde alles drin, was das links-grüne Herz begehrt. Das wird da alles zusammengewürfelt: Weltbürgerschaft, Menschenrechte, Frieden, Chancengleichheit, kulturelle Vielfalt, Migration, Klimawandel. Der totale Umgang, den die rot-rot-grüne Koalition damit pflegt, bei der Umsetzung der Konzepte, die sie dahinter sozusagen im Schlepptau mitführt, das wird dann klar, wenn man sich die Entwicklungspolitischen Leitlinien der Landesregierung durchliest. Da steht dann zum Beispiel drin, dass besonderer Wert darauf gelegt wird, im Sinne der Agenda 2030 die Entwicklungspolitischen Leitlinien kohärent zur Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie und zu weiteren Konzepten und Strategien des Freistaats wie dem Integrationskonzept und dem Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre zu gestalten. Also, Sie bauen alles mit ein. Die gesamte Gesellschaft wird da in Mithaftung genommen. Auch die Schule, auch die Kinder sollen schon indoktriniert werden, wobei ich ja schon gar nicht mehr wage, danach zu fragen, ob das nicht vielleicht auch ein Neutralitätsverstoß ist, weil die Sicht, die Sie hier haben, doch eine ziemlich einseitig politisch geprägte ist.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das steht im Schulgesetz § 2! Lesen Sie es mal nach!)

Die Neutralität, ja, aber nicht das, was Sie daraus machen. Vor allem, wenn ich dann weiter in Ihrem Antrag etwas lese vom gesellschaftlichen Bewusstsein, was Sie schaffen möchten, dieser Begriff des gesellschaftlichen Bewusstseins, der stammt be

(Abg. Marx)

kannterweise aus dem ideologischen Formelkasten des Marxismus. Denn das gesellschaftliche Bewusstsein, das galt es im Marxismus,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie haben so was von null Ahnung!)

das galt es im Kommunismus, das galt es ja sogar im Nationalsozialismus immer richtig zu prägen. Auch das fordert Ihr Antrag, allerdings natürlich in seiner ganz speziellen Ausrichtung, heute nicht im Sinne eines sozialistischen Klassenbewusstseins, sondern Ihres links-grünen Scheinheiligenbewusstseins.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Sie müssen echt gelitten haben!)

Ja, genauso ist das.

(Beifall AfD)

Daran merkt man schon, an diesen Beschwörungsformeln, die Sie hier unterbringen, dass es sich hier nicht wirklich um sachliche Politik handelt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach nein!)

Hier handelt es sich um so etwas wie eine pseudoreligiös legitimierte Magie: Wir retten von Thüringen aus die Welt. Denn unter diesem globalen Ansatz können Sie es einfach nicht machen. Und das klingt dann, meine Damen und Herren vom rot-rot-grünen Lager, doch irgendwie auch ein kleines bisschen danach, wie nach dem deutschen Wesen, nach dem die Welt genesen soll. Also Sie haben sich da schon so ein paar Vorbilder herausgegriffen für Ihren Antrag. Dabei behandeln Sie dann diese UNResolution, die Agenda 2030, wie ein Dokument von höherer moralischer Dignität. Da kann man sehen, da kann man beispielhaft sehen, auch mal abseits vom Migrationspakt, wie unter Berufung auf übergeordnete UN-Dokumente Politik in Deutschland und in Thüringen gemacht wird, wie man im Grunde genommen die UN als moralische Instanz heranzieht, als höhere moralische Instanz heranzieht, obwohl sie dazu gar nicht geeignet ist. Denn die UN ist nichts anderes als eine Vertragsgemeinschaft souveräner Staaten mit vielen Einzelinteressen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Na und? Das ist doch gut!)

Die klugen Einzelinteressen, die gut verhandeln, setzen sich gegen die dummen Einzelinteressen, die schlecht verhandelt werden, durch. Ich habe den großen Eindruck, viele Entwicklungsländer – deren Werte wir bei Weitem nicht teilen, die ich jedenfalls nie teilen werde, wie zum Beispiel Nordkorea, Saudi-Arabien, Venezuela, Cuba, die alle auch

zur UN gehören und die wesentlichen Einfluss nehmen auf solche Dokumente –, verhandeln sehr gut und die kommen leider recht gut an bei Ihnen, die mit ihrer Ideologie vom Weltbürgertum, von Frieden, Freude, Eiapopeia dann entsprechend natürlich auf eine offene Flanke treffen. Sie setzen die Agenda dieser totalitären Staaten mit um.

(Beifall AfD)

Sie schauen gar nicht danach, was denn die Gründe sind, warum es bei denen nicht zur wirtschaftlichen Entwicklung kommt, warum die Leute dort auf einem Analphabetenniveau verharren, warum es dort Korruption gibt und keine wirtschaftliche Entwicklung. All das hinterfragen Sie nicht, sondern Sie nutzen im Grunde genommen Ihr Wortgeklingel, um nichts anderes als Klientelpolitik zu machen, um Ihre fehlgeleitete Energiepolitik und sogenannte Klimapolitik zu rechtfertigen, um Verbote zu rechtfertigen, wie dann irgendwann mal das Dieselfahrverbot, um die Landschaftszerstörung in unserem Land zu rechtfertigen. All das wird gerechtfertigt durch dieses Wortgeklingel, was Sie hier anführen.

Ein weiterer wichtiger Punkt – das kann man auch Ihrem Antrag entnehmen – ist die Unterstützung von Akteuren – Herr Emde hat es auch schon gesagt, man kann auch nachlesen, wen das betrifft. Das sind eben die Truppen, die auch schon bei der Ausarbeitung Ihrer Entwicklungspolitischen Leitlinien mitgearbeitet haben. Das Eine Welt Netzwerk ist schon genannt worden, es sind aber noch ein paar andere dabei: Radio F.R.E.I., der Weltladen-Dachverband e. V. Wenn man mal im Konkreten herausfinden möchte, was eigentlich konkret von Ihnen bezweckt wird, wer da konkret gefördert wird, da ist der Weltladen-Dachverband wirklich ein wunderbares Beispiel. Ich habe mir das mal angeguckt, habe da mal draufgeklickt, habe mal geschaut, was da für Angebote vorhanden sind. Die meisten Angebote sind so stümperhaft aufgebaut, dass man erkennt, der Verkauf von Produkten ist dort absolutes Nebeninteresse. Es geht vorrangig um eine politische Haltung, die da gesponsert wird und für die man eben Förderung einwirbt und von der man wahrscheinlich auch lebt. Denn von den Läden, die da im Internet existieren, kann kein Mensch leben, so schlecht, wie die gemacht sind.

(Beifall AfD)

Ich hatte allerdings ein Beispiel gefunden, da konnte man durchaus einige Sachen kaufen. Und zwar zählt zu diesem Weltladen-Dachverband e. V. – da sieht man mal, was Sie fördern wollen – auch das Café „Libertad Kollektiv“. Unter der Überschrift „Der Kaffee für den täglichen Aufstand“ können Sie dort

also tolle Produkte erwerben, wie zum Beispiel den Biokaffee „Libertad“. Der wird dann unter anderem angepriesen mit dem Werbespruch, dass er von zapatistischen und widerständischen Kooperativen stammt. Zapatistisch – Wissen Sie, was das ist? Das ist so eine Art Indianer-Steinzeit-Sozialismus – alle müssen sie ihre privaten Felderchen zusammenlegen, es gibt kein Geld mehr, es wird alles vergemeinschaftet. Und dann lese ich noch mal die Überschrift Ihres Antrags: „Global nachhaltige Entwicklung in Thüringen stärken“.

(Beifall AfD)

Also, meine Damen und Herren, wenn Sie das hier einführen wollen, dann Gnade unserem Vaterland und unserer Heimat, dem Freistaat Thüringen, Gott.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Zapatismus?)

Ich kann nur hoffen, dass uns der Wähler im Oktober 2019 vor solchen zapatistischen Anschlägen der rot-rot-grünen Koalition bewahrt.

(Beifall AfD)

Deswegen sage ich jetzt klipp und klar und einfach: So einen Antrag lehnen wir natürlich ab.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Henfling das Wort.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Bierernst, Frau Kollegin!)

Wissen Sie, Herr Höcke, bierernst geht bei Ihnen sowieso nicht, also es tut mir leid, nicht im Ansatz. Das ist einfach nur noch lächerlich, was Sie hier abziehen. Schade ist nur, dass da die CDU mitmacht. Aber, Herr Emde – Ist er überhaupt noch da? Nein er ist schon wieder weg, aber ist ja auch egal, das kann man ja trotzdem noch mal sagen. Ich meinte es ziemlich ernst, als ich dazwischengerufen habe, haben Sie sich das Skript von Herrn Höcke ausgeliehen, weil – ganz ehrlich – das war reiner AfDSprech, den Sie hier abgelassen haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das finde ich wirklich schwierig, dass Sie das tun. Aber, wie gesagt, das ist ja das, was ich hier schon

immer orakele: Wer die CDU in diesem Herbst wählt, der wird mit der AfD aufwachen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt die Annäherung in der Sprache doch ziemlich deutlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein ziemlich ernstes Thema, das wir hier aufgerufen haben. Es hat eigentlich auch verdient, so ernst behandelt zu werden. Ich hatte gehofft, dass es auch die CDU ernst nimmt. Immerhin sind wir ja nicht die Ersten, die Entwicklungspolitische Leitlinien in Thüringen machen, sondern die Entwicklungspolitischen Leitlinien bestehen schon länger und wir entwickeln sie entsprechend weiter. Ich finde es – ehrlich gesagt – tragisch, dass Sie sich hier so herablassend damit auseinandersetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weltweit leben 1,3 Milliarden Menschen in absoluter Armut. Die Mehrzahl davon sind im Übrigen Frauen und Kinder. Fast 800 Millionen Menschen leiden weltweit an Hunger und alle 10 Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Mangel- und Unterernährung. Und jeder fünfte Mensch auf der Welt muss mit weniger als 1 Dollar am Tag auskommen. Nur mal zum Vergleich: In Deutschland geben die Menschen im Durchschnitt 30 Euro am Tag aus, beispielsweise für Miete, Essen, Mobilität, Fitnessstudio, Kinobesuche, Kleidung und Nahrungsmittel. Dieses berichtet die „Wirtschaftswoche“ bereits in ihrer Ausgabe 2016. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Einkommensgefälle zwischen den reichsten und ärmsten Ländern der Erde deutlich vergrößert. Die globale Ungleichheit nimmt zu. Trotz anhaltenden Wirtschaftswachstums in den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der armen Menschen in Afrika um 50 Millionen Menschen gestiegen. Mit 68,5 Millionen Geflüchteten weltweit sind so viele Menschen wie nie zuvor gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Die Klimakrise verstärkt noch Hunger und Flucht. So ist beispielsweise Ostafrika immer wieder von starken Dürren und Klimaphänomenen betroffen, sodass Ernten vernichtet und Lebensmittel dadurch knapp und teuer werden. Klimakrise, Kriege, Hunger und Finanzkrisen zeigen, unsere globale Wirtschaftsweise muss sich grundlegend ändern, damit alle Menschen faire Chancen erhalten. Mit dem Pariser Klimaabkommen und den globalen Nachhaltigkeitszielen ist dafür der Rahmen gesetzt.

Auch wir in Thüringen und die rot-rot-grüne Landesregierung wollen das tun. Wir erneuern mit unserem Beschluss am 20. Februar 2018 die Entwicklungspolitischen Leitlinien des Freistaats Thüringen,

(Abg. Möller)

worin sich die Landesregierung zu einer entwicklungspolitischen Verantwortung bekennt und beabsichtigt, Politik im Sinne global nachhaltiger Entwicklung zu gestalten. Mit dem vorliegenden Antrag von Rot-Rot-Grün sollen nun Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die zur Umsetzung der Entwicklungspolitischen Leitlinien in vielen unserer Lebensbereiche führen könnten. Der Kollege Krückels hat ja hier auch einige, die schon laufen und im Haushalt 2020 ausgebaut werden sollen, angesprochen. Das begrüßen wir ganz ausdrücklich.