Protocol of the Session on February 1, 2019

das hier in Thüringen heute schon zu großen Schäden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Temperaturen in Thüringen haben sich jetzt schon im Durchschnitt um 1 Grad Celsius erhöht. Was sich erst einmal vielleicht für andere Produkte, zum Anpflanzen und Ernten gut anhört, hat für den Wald dramatische Folgen. Das Wettersystem kommt immer mehr durcheinander. Stürme werden stärker. Schon dieses 1 Grad Celsius gibt Stürmen 7 Prozent mehr Energie. Noch schlimmer ist jedoch, dass die Höhenwinde, die sogenannten Jetstreams, sich abschwächen, weil sich die Temperaturunterschiede zwischen Nordpol und Tropen abschwächen. Das führt dazu, dass das Wetter nicht mehr von der Stelle kommt. Letztes Jahr hieß es, die Tiefdruckgebiete schafften es nicht mehr nach Deutschland. Ich kann mich gut an die letzte Beiratssitzung von ThüringenForst erinnern, wo gesagt wurde, das ist ein extrem schlechter Sommer gewesen für den Wald, aber wir hoffen mal, dass der Herbst jetzt regenreich wird und dass der Boden wieder durchfeuchtet und die Widerstandsfähigkeit erhöht wird. Wenn Sie den Herbst gesehen haben, haben Sie genau gemerkt, dass gerade das nicht passiert ist. Wir sind jetzt gerade so an einem Scheideweg, wo sich entscheidet, wird 2019 noch extrem schlimmer als 2018 oder reicht die Feuchtigkeit, die jetzt im Winter gekommen ist, aus, um noch größere Schäden zu vermeiden. Aber wir können uns nicht jedes Jahr in ein Roulettespiel begeben, wie die Zukunft mit unserem Wald aussieht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt haben bei diesen Wetterbedingungen Kupferstecher und Buchdrucker leichtes Spiel. Drei volle Generationen konnten Sie letztes Jahr aufgrund der lang anhaltenden Wärme ausbrüten. Die Fichten hatten kein Wasser, um sie mit Harz zu bekämpfen – und das flächendeckend auf den 100.000 Hektar Fichte allein von ThüringenForst. Im Privatwald ist es noch schlimmer, weil dort die Maßnahmen gar nicht so konzentriert erfolgen konnten, wie es ThüringenForst noch gerade so tun kann. Ich stimme vollkommen Herrn Staatssekretär Sühl zu, dass die Entnahme der Kieferbäume jetzt erst einmal kurzfristig höchste Priorität haben sollte. Wir waren uns einig, dass die Holzernte darauf konzentriert werden sollte und dass in anderen Bereichen, zum Beispiel in Buchen- oder in Mischwäldern, reduziert werden sollte, weil wir gerade auch erleben, dass durch die großen Schäden ein wirtschaftliches Risiko entsteht. Die Preise für das Holz sinken. In dieser Situation wollen wir als Bündnis 90/Die Grünen, dass wir mehr Bäume im Wald lassen und auf bessere Marktbedingungen warten. Wir wollen aber auch darauf warten, dass der Wald sich mehr stabilisiert.

Ein naturnaher, artenreicher Wald kann sich am besten auf widrige Witterung und Klimaveränderung einstellen. Er schafft so sein eigenes Mikroklima, das die Extreme abpuffern kann.

Doch der Wald kann mehr, er kann auch das Klima schützen. Ein gesunder Hektar Wald speichert zum Beispiel im Jahr 12 Tonnen Kohlendioxid in Form von Holz. Bei 500.000 Hektar allein in Thüringen sind das 6 Millionen Tonnen pro Jahr. Das ist ein großes Pfund, mit dem wir als baumreiches Land Thüringen wuchern können. Nun ist es aber so, dass wir den Waldumbau nicht so schnell hinbekommen, wie wir es müssten. Deswegen unterstützen wir als Grüne jede Initiative, die darauf abzielt, den Waldumbau zu beschleunigen.

Ein zweiter Punkt, der uns aufgefallen ist: Ein Wald, der nicht zu sehr durch Wege oder Rückegassen unterbrochen wurde, ist stabiler, zum Beispiel bei Windereignissen. Es sind auch keine besonders produktiven Flächen, wenn es zum Beispiel alle 20 Meter Rückegassen gibt, die windanfällig sind, wo sich aber auch der Wald nicht entwickeln kann. Wir haben das als Grüne-Fraktion etwas näher untersucht und an einem Musterbeispiel zusammen mit SPD und Linken erreicht, dass das auch praktisch ausprobiert wird. Am Kleinen Ettersberg haben wir auch aufgrund der Bürgerinitiative erreicht, dass dort gerade getestet wird, was passiert, wenn man Rückegassen von 20 auf 40 Meter erweitert, wenn die zusammenhängenden Flächen größer werden, ist das überhaupt wirtschaftlich möglich, welche Techniken müssen wir einsetzen. Ich bin sehr froh, dass ThüringenForst dort nach den letzten Haushaltsbeschlüssen die Anregungen aufgenommen hat und an einem konkreten Beispiel neue Verfahren testet, mit mehr Einsatz von Pferden, aber auch mit Kettenfahrzeugen, die eine Chance haben, sich zu etablieren, die den Boden gerade nicht so sehr zerstören und somit auch das Biotop Wald stärker unterstützen.

Wir haben auch mal gerechnet, was das für die Fläche bedeutet. Durch den Einsatz, nur noch alle 40 Meter Rückegassen anzulegen, sinkt logischerweise der Flächenverbrauch von 20 auf 10 Prozent – das ist eine einfache mathematische Rechnung. Natürlich werden dafür Mehrkosten entstehen, weil die Maschinen oder – besser gesagt – teilweise mehr Handarbeit oder auch Pferde tiefer in den Wald hineinmüssen und das auf 40 Meter suchen. Die Kosten, die sich dabei etwa ergeben, waren jetzt nach den ersten Untersuchungen im Praxistest bei etwa 10 Euro pro Festmeter. Das ist natürlich eine Summe, über die man reden muss, die dann für Rückepferde oder bodenschonende Maschinen eingesetzt werden kann.

Wir sehen auch ganz eindeutig, dass ThüringenForst das nicht einfach so mal nebenbei auf der ganzen Fläche machen kann, sondern es braucht dort Unterstützung von der Landespolitik. Aber wir sagen auch eindeutig: Der Wald ist wertvoll, und wenn der Wald in einer größeren Fläche mit geringeren Rückegassen erhalten werden kann, dann sollte es uns das auch in den Haushaltsdebatten finanziell wert sein. Es ist eine nachhaltige Investition, was ich gern noch erläutern möchte.

Zum Beispiel für die Kohlendioxidbindung bedeutet das: Wenn wir auf 100.000 Hektar Wald 10 Prozent mehr Waldboden und Bäume schützen, dann binden wir darauf etwa 120.000 Tonnen mehr Kohlendioxid pro Jahr. Bei diesen Tonnen können sich viele Menschen nicht vorstellen, was das konkret bedeutet. Nur bei den Maßnahmen von ThüringenForst würde die CO2-Einsparung einer Leistung von 120.000 Solaranlagen entsprechen. Wir sind natürlich auch dafür, mehr Solaranlagen zu bauen, aber Sie sehen, dass ein einfacher Waldbewirtschaftungseffekt sehr groß ist. Das entspricht ungefähr einem CO2-Ausstoß von einem Braunkohlekraftwerk.

Wenn wir mit einer relativ einfachen Maßnahme – was übrigens in allen FSC-zertifizierten Wäldern schon gang und gäbe ist, in Baden-Württemberg zum Beispiel – von 20 auf 40 Meter Rückegasse gehen, spart uns das CO2 von einem Braunkohlekraftwerk ein. Ich glaube, es ist wert, darüber intensiv zu diskutieren und auch dafür Finanzen bereitzustellen. Gleichzeitig wird nicht nur Kohlendioxid eingespart, sondern es entsteht auch mehr Fläche, mehr wertvolles Holz, und zwar ungefähr 100.000 zusätzliche Festmeter Holz pro Jahr.

Unsere Botschaft ist ganz einfach: Lassen Sie jetzt, gerade wo die Preise am Boden sind, mehr Bäume im Wald. Der Preis wird wieder steigen und wir haben dann groß gewachsene Bäume, die unsere nächste Generation vielleicht oder wir auch schon in zehn Jahren zu besseren Preisen verkaufen können, und haben zusätzlich etwas für einen besseren, widerstandsfähigeren Wald getan.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Beispiel zeigt: Wir können unser Geld im Wald also doppelt sinnvoll anlegen. Darauf wollen wir jetzt nicht nur theoretisch in Zusammenarbeit mit ThüringenForst hinarbeiten, sondern wollen im Haushalt 2020 auch höhere Mittel, wie wir sie schon im Doppelhaushalt haben, dafür bereitstellen und uns mit ThüringenForst zusammen auf den Weg machen, in Thüringen noch stärker einen resistenten, klimafreundlichen Wald zu entwickeln. Dafür bitte ich um

Ihre Unterstützung und freue mich auf die Debatte. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächstem Redner erteile ich Abgeordneten Kießling von der Fraktion der AfD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuhörer, Konsequenzen aus der aktuellen dramatischen Lage im Forst ziehen: Es geht heute um unser grünes Herz, unseren grünen Thüringer Wald. Leider ist das grüne Herz gesundheitlich stark angeschlagen – vielen Dank auch an Herrn Staatssekretär Sühl für den Sofortbericht. Dieser hat ja nun doch gezeigt, dass einiges im Argen ist, gerade was die Gesundheit des Waldes angeht. Wir haben daher nun als Landesparlament die Aufgabe, den Patienten Wald vernünftig zu untersuchen und die richtige Medizin zu verabreichen, damit es unserem Wald bald wieder gut geht. Doch bis dahin ist noch einiges zu tun. Wir haben gehört, welche Maßnahmen angedacht sind. Ob die ausreichen werden, werden wir sehen. Ich denke, wir werden sicherlich auch im Ausschuss das Thema noch etwas begleiten, denn die Landesregierung ist aufgerufen, ihren Teil hierzu zu tun und nicht mit weiteren Maßnahmen die Situation unseres Waldes und unserer Forstleute zu verschlechtern. Ich komme darauf gleich noch mal zurück.

Der Wald ist für Thüringen sehr wichtig, sei es als grüne Lunge für unser Klima – mehr als wichtig – oder auch als Wirtschaftsfaktor und als Wirtschaftsmotor oder als Erholungs- und Freizeitgebiet für unsere Bürger. Unser Wald braucht unsere Hilfe, denn er wurde durch den Winter und Frühjahrsstürme leider geschwächt. Auch sind nun die Borkenkäfer wieder vermehrt im Einsatz, um den Wald, also das Holz, als Wirtschaftsfaktor zu schwächen und zu zerstören. Wir haben gerade die Ausführungen dazu gehört. Mit dieser Schwächung müssen unsere Forstleute umgehen und brauchen daher unsere Unterstützung. Da bin ich nicht ganz Ihrer Meinung, Herr Staatssekretär Sühl, dass dort die Forstleute genügend an Personal haben, denn auch unser ThüringenForst als Landesforstanstalt ist auf unsere Unterstützung angewiesen. Der Wintersturm, der keinen Namen hatte, hatte im südwestlichen Thüringer Wald große Schäden angerichtet. Die Forstleute waren noch dabei, unter Hochdruck das Bruchholz vom Sturm „Friederike“ aufzuarbeiten,

(Abg. Kobelt)

schon fällte der nächste Sturm die nächsten Bäume. Nun droht auch noch der Borkenkäfer es sich dort sehr gemütlich zu machen. Da kommt sicherlich auch der Gedanke mit dem Urwald nicht gerade sehr gut daher, denn dort kann es sich der Borkenkäfer richtig gemütlich machen.

Auf dem Aschberg bei Bad Liebenstein zum Beispiel sind Fichten umgestürzt, die Wurzelteller aufgeklappt, und das über eine riesige Fläche, mehr als 8 Hektar schätzt der Bad Salzunger Forstamtsleiter Jörn Uth. Die Bäume sind dort älter als 80 Jahre. Drei Generationen Förster haben dort den Wald gepflegt. Auch bei Waldfisch oder zwischen Etterwinden und Kupfersuhl gibt es größere Schäden. Im Forstamt Oberhof beträgt der Schaden 10.000 bis 20.000 Kubikmeter. Auch das Forstamt Marksuhl ist wieder betroffen, der Wald in Eisenach, Apolda und viele andere Waldstücke in Thüringen auch.

Der Wald muss künftig durch Mischwälder sturmsicher werden. Da gehen wir auf alle Fälle konform. Auch hier müssen wir gemeinsame Lösungen finden, damit die Forstämter mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden. Zu begrüßen ist schon mal hier das Programm, dass dort entsprechende Gelder für die Aufforstung zur Verfügung gestellt werden. Es sind hier große Investitionen nötig und wir brauchen Ausdauer, um diesen Waldumbau vernünftig und flächendeckend machen zu können. Da ist es kontraproduktiv, wenn die Landesregierung die finanziellen Mittel weiter kürzt, und zwar im Bereich Landesforstanstalt – wir haben ja diesen Abbaupfad –, und künftig weiter kürzen will. Der Gesamtpersonalrat bei ThüringenForst hat bereits in seiner zweiten Gehrener Erklärung Alarm geschlagen und fordert, diesen Abbau der finanziellen Mittel wenigstens für drei Jahre zu stoppen; im Gegenteil, es müssen sogar die Mittel aufgestockt werden, um die Unmengen an Waldbruch aufzuarbeiten und Neuanpflanzungen durchführen zu können. Laut dem Gesamtpersonalrat werden 80 zusätzliche Forstleute und 40 Beschäftigte im forstlichen Außendienst benötigt, um diese Aufgaben bewältigen zu können. Das geht nicht gerade konform mit den Aussagen von Ihnen, Herr Staatssekretär Sühl.

Eine weitere Aufgabe ist auch die Beseitigung der Dürreschäden in unseren Wäldern. Diese Schäden werden uns noch etwas länger als die Sturmschäden beschäftigen, da die Bäume durch die Dürre im Sommer langsam abgestorben sind und immer noch absterben werden durch den Wassermangel. Um diese zusätzlichen Arbeitskräfte zu gewinnen, müssen auch gewisse Anstrengungen vonseiten der Landesregierung unternommen werden, um die Attraktivität dieser Arbeitsplätze so zu gestalten,

dass sich auch kurzfristig dieses Personal finden lässt. Dass die Landesregierung hier in der Pflicht steht, ergibt sich auch schon aus ihrer Fürsorgepflicht als indirekter Arbeitgeber, als Arbeitgeber einer Forstanstalt des öffentlichen Rechts. Die Angestellten bei ThüringenForst arbeiten derzeit am Limit und sind somit an ihrer Belastungsgrenze angekommen. Sie hatten es hier auch schon angedeutet. Hier muss eingegriffen werden, um die Gesundheit der derzeitigen Angestellten nicht weiter zu gefährden. Die Maßnahme, einfach mal eine Rückegasse wegzulassen, um den Abstand zu vergrößern, würde – das haben wir auch oft genug schon, Herr Kobelt, debattiert – weitere Gesundheitsschäden des Personals mit sich bringen. Auch die Balance zwischen Arbeit und Familie ist zu berücksichtigen. Familien sind uns als AfD-Familien- oder Heimatpartei auch sehr wichtig, da diese die Keimzelle unserer Gesellschaft sind. Hier wachsen auch unsere zukünftigen Arbeitnehmer auf, liebe AfD.

Die aktuelle Borkenkäferpopulation ist so stark wie seit 75 Jahren nicht. Wir haben es ja gehört, eine Versechzigfachung der Borkenkäferpopulation steht uns bevor. Das ist eine Katastrophe für unseren Wald, welche das Leistungspotenzial der Beschäftigten wie auch die Forstorganisation und Forsttechnik überfordert – wir hatten jetzt zwar anderes gehört. Das Sich-selbst-Überlassen von Wäldern, wie von Rot-Rot-Grün bereits beschlossen, um hier einen sogenannten Urwald errichten zu wollen, ist gerade im Hinblick auf die Ausbreitung der Borkenkäfer kontraproduktiv. Hier muss eine vernünftige Strategie entwickelt werden, um die genannten Probleme und Aufgaben zügig und im Sinne unserer Bürger und Forstleute zu lösen.

Da stimmen wir gern einer Überweisung des CDUAntrags an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz zu, sofern die CDU das möchte, um hier das Thema weiter fachlich zu begleiten. Wir sind aber auch schon sehr gespannt, wie in einem der Berichte dann später fortgeführt werden sollte, denn Sie hatten gesagt, Sie werden uns dann gegebenenfalls bei Neuerungen einen entsprechenden Bericht zur Lage im Thüringer Wald und auch im ThüringenForst abgeben.

Der Alternativantrag von Rot-Rot-Grün ist leider keine Alternative und für die AfD-Fraktion bei der aktuell dramatischen Lage im Forst etwas zu kurz gesprungen. Aber dem Berichtsersuchen im Teil I, dem stimmen wir natürlich auch gern zu, das haben wir auch schon gehört. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Es spricht jetzt zu uns Abgeordneter Kummer von der Fraktion Die Linke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war ein katastrophales Jahr für den Forst in Thüringen im letzten Jahr. Zu den Schilderungen, die es heute hier schon gegeben hat, will ich nur noch eine hinzufügen. Ich habe in meinem Leben zwei extreme Sommer erlebt. Der erste war 2003. Da habe ich zum ersten Mal erlebt, dass in dem Bach bei uns im Dorf kein Wasser mehr floss. Das ist ein Bach, der üblicherweise zehn Fischteiche speist. Es hat bis zum Jahr 2018 gebraucht, um das Niederschlagsdefizit von 2003 wieder aufzufüllen. Im Frühjahr 2018 war das Grundwasser vom Grundwasserstand her das erste Mal wieder auf einem Niveau von vor 2003. Warum sage ich das? Als die Trockenheit 2018 begann, standen unsere Bäume im Wasser. Das war das Glück im Unglück, was wir noch hatten. Ich will mir nicht ausmalen, was passiert, wenn in einem wesentlich schnelleren Abstand noch mal ein so trockener Sommer folgt. Das ist die Situation, vor der wir aktuell stehen und wo mir die Sorge um die Zukunft noch viel näher liegt als die Sorge um das, was wir im letzten Jahr schon an Katastrophe erlebt haben.

Ich will mal Revue passieren lassen, wie es bei vergangenen Katastrophen lief. Es ist vorhin schon die Käferkatastrophe Ende der 40er-Jahre angesprochen worden. Wir hatten damals eine Situation, wo ganze Dörfer auf den Beinen waren, um im Wald die Käferbäume zu entfernen, rauszuholen. Das Holz wurde ihnen nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Händen gerissen, weil man Bauholz gebraucht hat. Es gab damals den Bezug zum Eigentum. Die Leute wussten, das ist mein Wald, die sind regelmäßig rausgegangen, waren jeden Tag draußen. Sobald da etwas Neues war, ist dort gehandelt worden. Trotzdem hat uns das im Thüringer Wald einen Großteil des Fichtenbestands gekostet, der dann aufgeforstet wurde mit Herkünften, die man eben irgendwoher bekommen hat, weil es eine solche Menge an Pflanzgut nicht standortspezifisch gab. Das ist sicherlich eine Situation, worunter der Thüringer Wald heute noch leidet, was die nicht standortgerechten Fichtenbestände angeht.

Aber die Situation heute ist eine andere. In unseren Dörfern haben relativ viele Menschen keinen Bezug mehr zum Wald. Wir haben zu verzeichnen, dass relativ viele Eigentümer gar nicht mehr wissen, wo ihr Eigentum ist. Wir haben etwa 50.000 Hektar Pri

vatwaldeigentum in Thüringen, wo die Eigentümer unbekannt sind. Noch mehr wird nicht bewirtschaftet. All das führt dazu, dass dort die Waldbestände nicht mehr regelmäßig vom Eigentümer kontrolliert werden. Wenn ich mir dann ansehe, wie sich die Entwicklung der Mitarbeiter von ThüringenForst darstellt – wir hatten zu „Kyrill“ noch ein Drittel mehr an Personal. Die Reviergrößen sind seitdem immer weiter gestiegen, und das vor allem im Betreuungswald. Das heißt, in den Bereichen, wo relativ wenig Leute einen Beförsterungsvertrag abgeschlossen haben, wo wir zersplittertes Kleinprivatwaldeigentum haben, sind die Reviergrößen auch noch über die Maßen groß. Da haben wir jetzt die Aufgabe, die Borkenkäfernester zu finden. Das halte ich für das schlimmste Problem, was vor uns liegt. Denn wenn wir sie nicht rechtzeitig finden, nicht erst dann, wenn die Bäume braun und trocken sind und der Borkenkäfer ausgeflogen ist, dann wird sich diese Massenvermehrung des Borkenkäfers wirklich darstellen und sie wird uns in manchen Bereichen des Thüringer Walds die gesamte Baumpopulation kosten, weil wir eben an manchen Stellen noch nichts anderes als Fichte haben.

Meine Damen und Herren, das ist das eine Problem. Das zweite Problem ist: Wir haben keinen Holzmarkt mehr. Das heißt, das, was ich vorhin aus den 40er-Jahren beschrieben habe, dass einem das Holz wenigstens aus den Händen gerissen wurde, wenn das Käferholz von der Qualität nicht schlecht war – und das hatten wir im letzten Jahr, das Käferholz war von der Qualität her so gut wie neu eingeschlagenes Holz, aber es wollte keiner mehr haben –, so gibt es im Moment quasi keinen Holzmarkt für die Fichte mehr. Wir sind gestartet 2017, da hat man noch 90 Euro gekriegt für den Festmeter Sägeschnittholz, heute 30 bis 40 Euro, wenn man noch jemanden findet, der es nimmt. Das ist eine Katastrophe, denn zu den Preisen, die ich gegenwärtig bekomme, kann ich das Holz nicht mehr machen. Das führt dazu, wenn man sich mit Forstbetrieben, mit Forstbetriebsgemeinschaften, mit Waldgenossenschaften unterhält, dass die Finanzvorräte massiv im Abschmelzen begriffen sind und wir bei einigen Unternehmen schon ausrechnen können, wann die Insolvenz kommt. Die Frage ist: Wo findet man hier eine Lösung?

Wenn man die Geschichte noch weiterverfolgt: Ich habe es selbst versucht, ich habe ja auch Kleinprivatwald,. Ich habe versucht, einen Forstunternehmer zu finden, der mir die Käferbäume rausmacht. Ich habe keinen gekriegt. Wenn man sich ansieht, wie es ist mit Unternehmen zum Abtransport des Holzes: ThüringenForst wollte Holz einlagern bei der Firma Pollmeier. Sie haben keine Lkws bekommen, die das Holz dahin fahren. Also wir haben ei

ne Situation auch gerade am Arbeitsmarkt, die in der Hinsicht verheerend ist, dass wir eben auch die Logistikketten nicht mehr schließen können mit frei am Arbeitsmarkt verfügbarem Personal, mit frei am Markt verfügbaren Lkws.

Ich habe die Firma Mercer besucht zu einer Zeit, wo der Preis für gesägtes Holz noch in Ordnung war. Es gab ja eine gravierende Differenz zwischen dem Preisverfall im Frischholz und den konstanten Preisen beim Endprodukt. Das ist inzwischen nicht mehr so. Mercer hätte eine zweite Schicht aufmachen können von der Nachfrage her. Sie haben aber das Personal dafür nicht bekommen. Das zeigt, was im Moment in diesem Land los ist.

Wir müssen also davon ausgehen, dass wir in diesem Jahr massiv Holz aus dem Wald holen müssen, und die Frage ist: Wo tun wir es hin? Was machen wir damit? Wir haben dafür nicht wirklich eine Lösung und dementsprechend wird es ausgesprochen schwer sein, dafür zu sorgen, dass das Holz eben auch wirklich aus dem Wald rauskommt, was aber passieren muss, damit die Käferproblematik nicht noch größer wird.

Meine Damen und Herren, das ist der Punkt, worauf der Alternativantrag der Koalition seinen Schwerpunkt legt ein Stück weit, im Gegensatz zum Antrag der CDU-Fraktion, die sich mehr mit der Frage „Schadensbeseitigung, Flächenberäumung, Bodenvorbereitung für Pflanzen und Säen“ beschäftigt. Ich glaube, bei dem Punkt – auch wenn es wichtig ist, über ihn rechtzeitig nachzudenken – sind wir im Moment noch lange nicht. Wenn ich in der Hinsicht überlege, was die vordringlichsten Maßnahmen sein müssten, dann, denke ich, ist es wirklich die, dass wir klären, wie stellen wir sicher, dass genügend Menschen im Wald die Borkenkäfernester suchen, vom Revierleiter angefangen, wo wir nicht noch weiter abbauen können, wo wir eine Verstärkung brauchen mit Forstwirtschaftsmeistern, wo wir aber auch den Waldeigentümer qualifizieren müssen, dass er die Borkenkäfernester findet, wo wir da zumindest Angebote unterbreiten müssen und sehen müssen, dass so viel wie möglich Leute raus in den Wald gehen, um sich mit der Problematik zu beschäftigen. Und dann müssen wir sehen, wie wir vom Einschlag über die Logistikkette alles am Laufen halten, auch wenn es am Ende des Tages eben nicht genügend Geld fürs Holz gibt. Das sind die Probleme, vor denen wir aktuell stehen.

Dafür braucht es aus meiner Sicht eine Klärung, ob wir am Waldgesetz noch etwas ändern müssen. Denn wenn man sich dort ansieht, dass zum Beispiel der Waldbesitzer vor dem Betreten des Waldes durch den Vertreter der Forstbehörde zu informieren ist oder dass das Eingreifen der Forstbehör

de zum Forstschutz nur begrenzt möglich ist, dann stehen dort ein paar Hürden drin, die in Anbetracht der aktuellen Situation aus meiner Sicht so nicht gehen.

Auch die Vorgabe der Neuanpflanzung, der Wiederaufforstung innerhalb von drei Jahren ist aus meiner Sicht überholt. Wenn man sich anguckt, was nach „Kyrill“ passiert ist, da musste auch nach drei Jahren aufgeforstet werden. Das waren riesige Flächen, das hat sogar ThüringenForst nicht geschafft, da sind Ausnahmeanträge gestellt worden, dass man ein Stückchen hinschieben konnte. Aber es ist im Regelfall gemacht worden. Dann hat man Pflanzen dort in die Bestände reingebracht, die sind zugewuchert worden, und was man dann gesehen hat, war, dass zwei, drei Jahre später die Naturverjüngung die gepflanzten Bäume überholt hat.

Das ist ein Punkt, an dem ich denke, wir müssen uns ein Stück weit mehr Zeit geben, wir müssen die Naturverjüngung stärker betrachten und müssen hier die Möglichkeiten schaffen, dass sich Naturverjüngung entsprechend durchsetzen kann und dass die dann anschließend gepflegt wird, damit wir daraus dann perspektivisch einen ordentlichen Wald kriegen. Wir müssen durch eine vernünftige Jagd auf der Fläche sicherstellen, dass der Verbiss nicht so aussieht, dass ich am Ende nur noch eine Fichte auf der Fläche stehen habe, sondern dass wir hier einen Artenreichtum hochbekommen. Auch das sind Dinge, über die müssen wir reden und da müssen wir klären, wie wir perspektivisch neue Wege beschreiten.

Was mir bezüglich des Waldumbaus ganz wichtig ist – es ist von Klaus Sühl angesprochen worden, es ist schon relativ viel erreicht worden –: Wir stellen jetzt aber fest, dass die Fichte im letzten Sommer selbst an Standorten abgestorben ist, wo wir es nie gedacht hätten, in den Höhenlagen des Thüringer Schiefgebirges zum Beispiel. Das sind eigentlich Gunststandorte. Aber dadurch, dass es Südhänge waren, dadurch, dass die Bodenauflage dort relativ gering ist, hat es die Fichte bei der Trockenheit eben nicht überlebt. Wenn ich an solchen exponierten Standorten nicht unter der Beschirmung der Altbäume junge Pflanzen hochkriege, werden sie perspektivisch gar keine Zeit mehr haben und gar keine Chancen haben. Das heißt, diese Hänge verlieren die Bewaldung und irgendwann wird die Erosion dort den Erdboden ins Wasser spülen.

Das sind alles Dinge, die wollen wir nicht. Wir haben also nur noch ein sehr kurzes Zeitfenster, um an solchen Standorten unter die Fichte Baumarten zu bringen, die dort perspektivisch dauerhaft auch vor den Maßgaben des heutigen Klimawandels wie

der einen Wald sicherstellen können. Und das muss schnell passieren. Ich denke, die bisherige Geschwindigkeit des Waldumbaus, wo wir uns ein paar hundert Jahre Zeit genommen hätten, geht hier nicht weiter. Hier sollte zumindest an diesen ausgewählten Standorten innerhalb der nächsten zehn Jahre Maßgebliches getan werden.

Und da vielleicht ein kleiner Widerspruch zu Roberto Kobelt, der vorhin gesagt hat, wir sollten jetzt das Holz im Wald lassen. Das ist sicherlich bei starken Buchen richtig, dass wir die noch stärker werden lassen können. Aber in den Fichtenbeständen, in den Fichtenmonokulturen, wo kein Büschel Gras auf dem Boden wächst, weil sie so dicht sind, da muss Licht reingebracht werden, dass der Waldumbau gelingt. Nur dann werden wir dort auch Naturverjüngung haben, die von unten hochwächst. Das muss schnell passieren, und da muss man eben auch wieder klären, wie sichert man das ab vor den Hintergründen des Holzmarkts, die ich vorhin geschildert habe – auch das ist ein Problem, dem wir uns widmen müssen. Und von der Seite denke ich, ist mit den beiden Anträgen, die heute vorliegen, eine gute Beratungsgrundlage vorhanden, auch mit dem Bericht der Landesregierung. Ich danke recht herzlich dafür.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Als Nächster spricht Abgeordneter Primas für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, durch die Stürme der Jahre 2017/2018 sowie durch den Dürresommer 2018 sind die Wälder in Thüringen derzeit dramatischen Belastungen unterworfen. Die Schadensereignisse begünstigen zudem das massenhafte Auftreten des Borkenkäfers.

Diese Schadfaktoren haben den Thüringer Wäldern massiv zugesetzt. Schon jetzt zeigt sich deutlich, dass ein Großteil der Anpflanzungen und Kulturen vertrocknet und durch Schädlinge befallen ist. 2018 war ein dramatisches Jahr für die Land- und für die Forstwirtschaft. Wenn ich von vertrockneten Kulturen rede, dann ist das nicht nur Nadelholz, sondern es betrifft auch den Laubholzanteil, der massiv geschädigt wurde. Die Diskussion, dass Laubholz die Rettung wäre für alle Probleme, ist also deutlich sichtbar nicht der Fall.

Ganz wichtig ist auch, wenn man über die Grenzen hinausschaut, der größte zusammenhängende