Protocol of the Session on November 7, 2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Primas, Sie haben ja so ein bisschen suggeriert, dass die Gipsindustrie dann auch nicht genügend Raum hat und dann auf die wertvollen Flächen zum Beispiel des Winkelbergs zurückgreifen muss, weil sie gar keine anderen Möglichkeiten hat, sich zu entwickeln.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Na, aber so sinngemäß. – Aber Sie haben auch gesagt, Sie werden dagegen klagen und werden Erfolg haben, und das hat damit zu tun, dass man Ihnen – sinngemäß – nicht genug andere Flächen angeboten hat und da nicht irgendwie einen Deal gemacht hat. So ist es schon bei uns angekommen.

Um diesen Vorrang noch mal zu quantifizieren, also den Bedarf, gab es ein Gutachten vom Sachverständigenbüro Reyer und ich möchte noch mal zwei, drei Sachen daraus zitieren, es sind ganz einfache Sätze. Das hat nämlich drei Gipsarten untersucht, das Erste ist der Anhydritstein, und kommt zu dem Schluss: auf die nächsten 25 Jahre Anhydritstein ausreichend berücksichtigt; zusätzliche Vorranggebiete werden hierfür nicht benötigt. – Dann hat er Gipsgestein untersucht: Gipsgestein ausreichend berücksichtigt; zusätzliche Vorranggebiete werden hierfür nicht benötigt. – Also selbst das Gutachten der Industrie sagt: In den maßgeblichen Gipsarten ist kein weiterer Ausbau nötig. – Und der dritte Punkt ist: Bei hochwertigen Gipsqualitäten wird empfohlen – der Empfehlung muss man

ja auch nicht absolut folgen –, noch ein Defizit von 25 Hektar zu finden.

Jetzt müssen wir aber feststellen, in dem neuen Regionalplan sind bei diesen hochwertigen Gipsen insgesamt an den Ellricher Klippen und an den Ellricher Klippen-Süd neue Gebiete entstanden und im Rüsselsee und „Hohe Schleife“ hochwertige. Statt 25 neuen Hektar sind es insgesamt 87. Das finden wir einfach zu viel, das sagt auch kein Gutachter der Gipsindustrie. Das müssten Sie auch unterstützen, Herr Primas.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist um.

Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke. Frau Abgeordnete Becker, Sie haben erneut das Wort.

Ich habe ja immer gesagt, 5 Minuten sind zu wenig, und deshalb möchte ich jetzt meinen Kolleginnen und Kollegen vor Ort ganz herzlich danken und allen voran Rainer Große, den habe ich jetzt das erste Mal wieder gesehen, der ist krank. Beim Winkelberg-Ausweisen war er bei der kleinen Pressekonferenz dabei, die wir gemacht haben. Ganz besonders danken möchte ich Elke Blanke und Gisela Hartmann, die sich über die vielen Jahre hinweg dafür einsetzen, dass der Südharz so bleibt,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und viel auch aus persönlichen Anlässen in Kauf nehmen und vielmals auch ihre Kraft da voll einsetzen. Gabriela Sennecke aus Niedersachswerfen, die jetzt mit Herrn Klante da sicherlich kämpfen muss, Barbara Rinke, Herr Kerwitz und Dr. Marx,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das sind diejenigen, die zurzeit die führenden Köpfe da oben sind. Das ist ein breites Spektrum aus der Gesellschaft. Das sind ja keine grünen Spinner, Herr Primas, das sind Menschen, die ihre Region lieben und die die Gipskarstlandschaft für die nächste Generation erhalten wollen. Das geht nicht mit Kompromissen mit der Gipsindustrie. Das geht einfach nicht. Das haben wir über die letzten Jahre immer wieder gesehen, dass sie dazu nicht bereit sind. Wir müssen nur sehen: Für den Regionalplan

(Ministerin Siegesmund)

endet morgen die Auslegungszeit. Aber dann müssen wir auch schauen, ob wir den LEP nicht überarbeiten müssen. Wenn das die Grundlage dafür ist, dass wir weitere Gipsgebiete im Südharz ausweisen müssen, müssen wir darüber nachdenken, gemeinsam eine Lösung zu finden. Das werden wir in der nächsten Zeit als Rot-Rot-Grün angehen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe damit den zweiten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den dritten Teil

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Die aktuelle Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ist ein Schritt in die richtige Richtung, notwendig wären für die Thüringerinnen und Thüringer aber zwölf Euro“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/6365

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Leukefeld, Fraktion Die Linke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie haben gerade die Überschrift der Aktuellen Stunde genannt: Ein Schritt in die richtige Richtung, aber notwendig wären 12 Euro mindestens. Das ist für uns Botschaft und Forderung zugleich. Aber Forderung ist eben das eine – das sagen wir ja nicht das erste Mal hier – und Realität das andere.

Warum ist das so aktuell und warum diskutieren wir das hier und sagen „12 Euro“? Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag hat die Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage gefragt, wie ein Mindestlohn aussehen müsste, damit man nach 45 Arbeitsjahren nicht in Grundsicherung im Alter fällt. Die Antwort der Bundesregierung: 12,63 Euro. Und das muss aus unserer Sicht der Maßstab sein.

Nun hat es in der letzten Woche andere Entscheidungen gegeben. Ich will noch einmal ganz kurz zusammenfassen, wie der Stand der Dinge ist. Sie wissen, seit 01.01.2015 gilt auch in Deutschland der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn. Los ging es mit 8,50 Euro. Dann wurde er erhöht, wie gesetzlich durch eine Mindestlohnkommission festgelegt. Zum 01.01.2017 beträgt er 8,84 Euro. Jetzt hat die Mindestlohnkommission planmäßig wieder getagt und im Juni 2018 empfohlen, den gesetzli

chen Mindestlohn in zwei Schritten zu erhöhen, nämlich zum 01.01.2019 auf 9,19 Euro und zum 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro. Die Bundesregierung ist diesem Vorschlag per Verordnung gefolgt. Und just in dem Moment, als die Bundesregierung das beschlossen hatte, schrieb der Finanzminister Olaf Scholz, gleichzeitig Mitglied im Bundesvorstand der SPD, dass er 12 Euro für sehr angemessen hält. Stefan Körzell vom DGB-Bundesvorstand sagt als Reaktion darauf: Warum spitzt der Vizekanzler nur die Lippen und pfeift nicht – 12 Euro hätte er ja durchsetzen können? Nun ist Stefan Körzell allerdings auch Mitglied der Mindestlohnkommission und da sucht die Katze sozusagen den Schwanz. Entschuldigen Sie, verehrte Damen und Herren, ich wundere mich nicht, dass viele Menschen in Deutschland, auch in Thüringen, ihr Vertrauen in Politik nicht mehr so gewahrt sehen. Wir werden zwar morgen über Akzeptanz und Vertrauen in Parteien reden, das muss ich jetzt hier nicht machen zu diesem Thema, aber ich glaube, dass es nottut, das immer wieder zu diskutieren. Denn wenn wir wissen, dass es Menschen gibt, die an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland kaum partizipieren – bei den Erhöhungen geht es um Cent und nicht um Euro –, dann ist das aus meiner Sicht auf der einen Seite eine Entwertung von Arbeit. Das ist demütigend für die Menschen, die es betrifft, und das schürt Angst. Wir alle machen uns Gedanken, wie bestimmte Entwicklungen hier in Deutschland ablaufen.

Dennoch ist es gut, dass sich die Stimmen für einen höheren Mindestlohn mehren. Ich glaube, wir müssen da mehr Gemeinsamkeit und mehr Kraft, damit wir diesem Ziel eher gerecht werden, in den Mittelpunkt stellen. Denn die Anhebung des Mindestlohns ist aus unserer Sicht unerlässlich, nicht nur, damit die Leute sofort mehr in der Tasche haben, es hilft auch, das Lohnniveau insgesamt anzuheben. Das haben wir ja erlebt, als der Mindestlohn eingeführt wurde, dass dort ein Niedriglohn auch aktiv bekämpft wird. Die Menschen brauchen eine bessere Entlohnung, denn das wirkt sich auch auf die Stärkung der Kaufkraft und der Konsumnachfrage und letztlich auch auf ein positiveres Wirtschaftswachstum aus.

Zum Schluss: Wir bekräftigen diese Forderung.

Frau …

Ja, ich habe es gesehen. – Im Grunde genommen geht es darum, das, was erkannt ist, letztendlich umzusetzen. Es genügt nicht zu wollen, man muss auch tun – Johann Wolfgang von Goethe. Danke.

(Abg. Becker)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Mit Goethe sei die Zeitüberschreitung verziehen. Als nächste Rednerin hat die Abgeordnete Holzapfel, Fraktion der CDU, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, in nur 100 Jahren beinhaltet der Monat November viele Schicksalstage für unsere Nation. Nur wenige wissen, dass in den Novembertagen vor 100 Jahren die erste Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern verabredet wurde. Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigten sich am 5. November 1918 darauf, die Arbeitsbeziehungen ohne Einmischung des Staats zu regeln.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Das war mithil- fe der SPD!)

Immer mithilfe der SPD, ohne SPD geht es ja gar nicht.

(Beifall SPD)

Deswegen bin ich ja so traurig über euer Abrutschen.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ich hätte es nicht besser sagen können! Wir sind auch traurig über Ihres!)

Na ja, so doll ist das noch nicht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Heiterkeit DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, Sie haben gemerkt, dass Herr Hey jetzt anwesend ist.

Der Zwischenruf geht aber jetzt nicht von meiner Zeit ab?

Nein, nein.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigten sich also am 5. November 1918 darauf, die Arbeitsbeziehungen ohne Einmischung des Staats zu regeln. Sie haben damit das Prinzip der Tarifautonomie etabliert. Seither handeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung selbst aus und die Politik hält sich da raus. Dieser

Pakt ist ein Meilenstein in unserer Geschichte, natürlich auch mithilfe der SPD, vor allen Dingen war es damals die SPD.

(Beifall SPD)

Das Recht von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, Arbeitsbedingungen, Lohn und Arbeitszeit eigenständig und ohne staatliche Einmischung auszuhandeln, ist heute im Grundgesetz festgelegt. Die Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich geschützt.

Ich verkenne jedoch nicht, dass die hohe Wertschätzung, die Sozialpartnerschaft und Tarifautonomie in unserer Gesellschaft haben, derzeit schwächelt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Es besteht kein Zweifel, dass die Tarifautonomie auch davon lebt, dass die Mitgliedschaften der Tarifparteien einen hohen Organisationsgrad ausweisen. Es gilt zweifelsfrei der Grundsatz von Solidarität mit den Schwachen und dem starken Arm einer Gemeinsamkeit, um die jeweiligen Ziele durchsetzen zu können. Hier sind Mitgliedschaften von Unternehmen in tarifgebundenen Arbeitgeberverbänden ebenso gefordert wie die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern in Gewerkschaften und Verbänden.

Der Ruf nach staatlichen Regelungen ist mir an dieser Stelle eindeutig zu laut. Gerade die auf Freiwilligkeit beruhende Tarifautonomie für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist ein grundlegendes Element unserer sozialen Marktwirtschaft. Letztendlich war es die Schwäche der Sozialpartner, die zu einer schleichenden Aushöhlung der Tarifautonomie führte. Die Forderungen nach Handlungsbedarf durch die Politik waren nicht zu überhören. Dies führte 2015 – wie bekannt – zur Einführung einer Lohnuntergrenze, um die Aushöhlung zu unterbinden.

Damit hat der Staat vermieden, unmittelbar in die Tarifhoheit einzugreifen, um auf die leider zunehmenden weißen Flecken in der Tariflandschaft zu reagieren. Mit Einsetzen einer Mindestlohnkommission ist kein Eingriff in die Tarifautonomie erfolgt. Die Kommission arbeitet unabhängig und ist paritätisch von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt.