Das war dann ausgesetzt bis zum Sommer 2018. Noch mal: Bis Sommer 2018 hat Thüringen keinerlei Möglichkeiten gehabt, ob wir das wollten oder nicht, weil die Bundesregierung entschieden hat, keine Flüge mehr in den Nordirak durchzuführen, wir müssen unsere Bundespolizei schützen. Seit Sommer 2018 hat die Bundesregierung wieder angefangen, in Einzelfällen, in wenigen Fällen pro Monat Flüge in den Nordirak durchzuführen. Was allerdings auch klar ist, das wurde auch den Ausländerbehörden so mitgeteilt: Davon sollen zunächst auch schwere Straftäter betroffen sein, also Straftäter, die zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden sind. Das heißt schlicht und ergreifend: Die Situation für unseren zur Bewährung verurteilten Mann aus dem Nordirak ist so, dass bei den ganz weni
gen Fällen, die überhaupt pro Monat stattfinden, im Moment nicht absehbar ist, wann überhaupt eine Möglichkeit bestünde, ihn dorthin abzuschieben. Und noch mal: Die drei rechtskräftigen Verurteilungen, die er hat, und die Tatsache, dass er abgelehnt ist, ist ein Fall, dass wir ihn grundsätzlich abschieben könnten, aber das muss faktisch möglich sein. Im Moment ist es faktisch nicht möglich.
Trotzdem will ich zum Schluss auch einen Satz noch mal ganz deutlich sagen, den ich immer wieder sage und von dem ich natürlich weiß, dass er Ihre Zustimmung nicht findet, aber mir wichtig ist. Für mich bleibt der Grundsatz, dass die freiwillige Ausreise Vorrang vor einer Abschiebung hat. Ich sage aber auch: Wenn jemand sich nicht an bestehende Gesetze hier hält und die Gesetzeslage tatsächlich so ist, der Asylantrag ist abgelehnt, er ist vollziehbar ausreisepflichtig und dann kommen noch Straftaten dazu, dann ist es natürlich so, dass Thüringen entsprechend der Gesetzeslage handelt und, wenn das möglich ist, Menschen dann auch in ihre Heimatländer zurückführt. Das heißt im Umkehrschluss: Thüringen verhält sich an dieser Stelle absolut entsprechend den Gesetzen, die es dazu gibt. Nur wenn es möglich ist und der Bund diese Rückführungsflüge durchführt, kann es auch zu Abschiebungen in diese Länder kommen. Trotzdem – und an dieser Stelle noch mal ganz deutlich betont: Für den aktuellen Fall in Weimar gilt für alle Betroffenen tatsächlich bis zu ihrer Verurteilung auch die Unschuldsvermutung.
Dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren, werde ich mich als Justizminister immer einsetzen, völlig unabhängig davon, wer der Betroffene ist. Der Versuch der CDU, mit diesem Antrag irgendwelche rechtsstaatlichen Defizite zu konstruieren, geht einfach fehl. Was Behörden, Polizei und Staatsanwaltschaft exemplarisch an diesem Beispiel von Weimar deutlich machen, ist, sich genau so zu verhalten, wie es der Rechtsstaat vorschreibt. Wenn man sich dieses Beispiel nimmt, dann ist es ein Paradebeispiel dafür, wie Rechtsstaat zu funktionieren hat und wie er funktioniert. Daraus tatsächlich irgendwelche Sachen zu konstruieren, dass der Rechtsstaat Defizite hat, damit wird in meinen Augen wirklich nur mit Ängsten der Bevölkerung gespielt und das hat mit der Realität nichts zu tun. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, aufgrund der längeren Redezeit der Landesregierung stehen jetzt jeder Fraktion noch 2 Minuten Redezeit zur Verfügung.
b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Südharzer Gipskarstlandschaft für Mensch und Natur sichern“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/6364
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Kobelt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir, am Anfang auch die Besuchergruppen auf den Rängen zu begrüßen. Das ist die Jenaplanschule aus Weimar. Herzlich willkommen! Ich freue mich sehr, dass zu dem Thema viele junge Leute da sind.
Ja, junge Leute, das ist natürlich ein wichtiges Thema, denn wir reden über ein Thema, das nicht nur heute Auswirkungen hat, sondern für die nächsten 25, 30, 35, 50 Jahre. Wir reden darüber, uns zu entscheiden: Wollen wir in dem Bereich von Nordhausen im Südharz eine Gipskarstlandschaft? Wollen wir dort Natur zerstören oder Natur erhalten oder Umwelt zerstören, Umwelt erhalten oder auch, kurz gesagt, die Heimat der Menschen, die dort leben, zerstören oder erhalten? Und wir fragen uns natürlich: Warum wird dies momentan schon getan? Der Grund ist ganz einfach: Es werden dort Rohstoffe abgebaut. Gips wird abgebaut. Jeder kennt vielleicht von zu Hause oder von Baugeschäften zum Beispiel Gipskartonplatten, wo das zur Anwendung kommt. Das ist auch vollkommen richtig, dass man Rohstoffe nutzt und diese im Bau verwendet. Aber an so einer Stelle stellen sich schon grundsätzliche, auch gesellschaftliche Fragen. Denn wie funktioniert so eine Anwendung von so einem Baustoff? Wollen wir das wirklich in einem gewissen Rahmen anwenden oder zu welchem Preis? Und zu welchem Preis meine ich jetzt nicht nur den Preis, den man im Baumarkt bezahlt, denn da geht es letztendlich um wenige Cent pro Kilogramm oder pro Platte, was dort einen Unterschied macht, neue Materialien abzubauen oder bestehende Materialien zu recyceln. Das wird zum Beispiel viel zu wenig gemacht, weil der Preis im Prozentsatz 5 oder 10 Prozent teurer ist. Da sagen wir, es
sollte ein Schwerpunkt gelegt werden zu solchen Verfahren und dann sensibel mit neuen Abbaugebieten umgegangen werden. Denn der Preis ist ein viel größerer, der Preis ist die Landschaft, die dort vor Ort zerstört wird. Und wir haben momentan dort Abbaugebiete; ungefähr 70, 80 Hektar sind schon abgebaut, weitere 200 Hektar sind in Bearbeitung. Momentan diskutieren wir über einen Plan, den sogenannten Regionalplan, der dort in der Region ausliegt, der insgesamt 670 Hektar vorsieht, die weiter an Gips abgebaut werden können.
An manchen Stellen sagen wir auch, es ist in Ordnung, es ist zum Beispiel eine Ackerfläche, die schon genehmigt ist, die abgebaut wird, aber es gibt dann Probleme, wo wertvolle Natur zerstört wird. Da gibt es einige Beispiele, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir wollen sehr sensibel mit dem Abbau umgehen und eben die Natur, die in so einer Region sehr wertvoll ist, die für die Menschen sehr wichtig ist, um sich zu erholen, aber auch für die Natur...
Ja, natürlich, Frau Tasch, es ist für die Menschen sehr wichtig, denn die lieben ihre Landschaft und wollen sowohl für sich als auch die Gäste, die dort als Touristen zum Beispiel sind, eine wertvolle Landschaft erhalten. Deswegen ist es für uns sehr wichtig, dass wir dem Naturschutz eine hohe Priorität geben. Und ich möchte auch Frau Ministerin Siegesmund danken, dass sie mit dem Gesetz das Naturschutzgebiet am Winkelberg vorangebracht hat und das erst vor wenigen Wochen als Naturschutzgebiet bestätigt wurde und das unabdingbar auch einen wichtigen Teil in der Gipskarstlandschaft schützt.
Aber mein Dank geht vor allem auch in die Region, und zwar an die Bürgerinnen und Bürger, die sich seit mehreren Jahrzehnten für ihre Region, für ihre Natur einsetzen. Exemplarisch möchte ich meine Kollegin Dagmar Becker von der SPD nennen, die seit 25 Jahren dort in der Region aktiv ist und versucht, an jedem Abbaugebiet sozusagen auch zu protestieren mit dem BUND zusammen, aber auch mit Bürgerinitiativen. Ich finde, das ist auch mal einen Applaus für unsere Kollegin wert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wollen wir als Bündnis 90/Die Grünen konkret tun? Wir wollen einmal die Bedingungen verbessern, dass Gipsrecycling dort angewendet wird, dass nicht mehr so viel abgebaut werden muss. Und wenn in so eine Zukunftstechnologie – denn Recycling ist
ein Zukunftsthema – investiert wird, schafft das auch Arbeitsplätze vor Ort. Des Weiteren wollen wir ein Biosphärenreservat nicht nur mit einer Größe von 600 Hektar, sondern in ganz anderen Dimensionen mit 30.000 Hektar ein Biosphärenreservat errichten, wo gerade gesichert ist, dass sanfter Tourismus, Naturschutz, aber auch Entwicklungsmöglichkeiten in der Region gegeben sind und dass nicht in diesem Maße der Gips abgebaut wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein wichtiger Punkt: Was können wir konkret noch tun? Sie haben bis morgen noch Zeit. Nutzen Sie die Möglichkeit, Stellung zu nehmen, sich als Bürgerinnen und Bürger, als Bürgerinitiative zu äußern. Wer sich unsicher ist, wie das funktioniert, guckt mal auf die Webseite von unserem Kollegen Dirk Adams, da sind ein paar Muster vorgelegt, auch ein paar Fakten diskutiert.
Danke schön. Für die Fraktion der CDU stehen hier jetzt zwei Redner. Frau Abgeordnete Tasch, Sie beginnen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, derzeit wird der regionale Raumordnungsplan Nordthüringen fortgeschrieben. Dabei sind die Forderungen des Landesentwicklungsplans 2025 zu beachten. Darin ist auch die Frage der Rohstoffsicherung definiert und ein entsprechendes Gutachten hat gezeigt, dass die für 25 Jahre bereitzustellende Menge an Gips durch den vorhandenen Abbau nicht zu erreichen ist. Deshalb müssen nun durch die Regionalplanung auch neue Vorranggebiete ausgewiesen werden, um die Vorgaben des Landesentwicklungsplans zu erfüllen.
ja, ich sehe Sie –, und auch der Herr Kobelt eben noch mal, aufgerufen: Die Bürger können bis morgen Stellungnahmen zum Regionalplan äußern und sich auch in ihren Stellungnahmen für den grund
Natürlich ist das sehr positiv, wenn Sie sagen, die Bürgerbeteiligung soll steigen, und noch mal heute die Aktuelle Stunde dazu nutzen, um auf den letzten Metern noch Menschen zu akquirieren, sich zu beteiligen. Aber dass Sie ihnen nun gleich vorschreiben, was sie schreiben sollen, das ist Ihre Sache.
Auch ich werbe noch mal dafür, sich den Regionalplan genau anzuschauen, er liegt ja auch in den Gemeinden aus. Eine hohe Bürgerbeteiligung wäre sehr wünschenswert.
Aber ich muss natürlich sagen, weil Sie gerade sagen, wir wollen die Natur im Südharz erhalten: Jeder von uns kommt aus einem anderen Naturraum und generell ist die Natur zu schützen, egal wo man wohnt. Ich hoffe natürlich, die Bürgerbeteiligung zielt auch darauf ab, sich auch mit den Windvorranggebieten auseinanderzusetzen. Und ich hoffe, dass Sie jetzt die Bürgerbeteiligung nicht nur für die Problematik des Gipsabbaus gelten lassen, sondern auch für die vielen Bürgerinitiativen, die sich zurzeit aufmachen, Stellung zu nehmen. Ich kann das jetzt nur aus dem Eichsfeld sagen: Aus Weißenborn-Lüderode, aus Kaltohmfeld und aus Silberhausen gibt es Bürgerinitiativen, die sich auch mit dem Regionalplan beschäftigen und hier auch Stellungnahmen abgeben. Der Naturschutzgedanke – Flächenminimierung, Schutz unserer Heimat – gilt für das eine und für das andere. Ich hoffe, dass Sie sich auch diese Einwände genau ansehen.
Ihr Thema heute war von Ihnen ja bereits 2015 in einer Aktuellen Stunde angesprochen worden und ich will nochmals deutlich machen: Eine ungeregelte Neuverritzung im Südharz darf es nicht geben und die Regionalplanung wird und muss sich natürlich jetzt auch dazu äußern, zum LEP und auch zu den Stellungnahmen, und das wird sie auch tun. Die Gipsindustrie gehört ja zum Südharz mit dazu und wir hoffen, dass alle Beteiligten vor Ort sich hier auch einbringen und das Für und Wider ausloten.
Ich freue mich auf eine hoffentlich große Bürgerbeteiligung mit Stellungnahmen zum Regionalplan Nordthüringen für die Interessen und Belange der Menschen vor Ort. Ich denke, da sehen wir auch positiv möglichen Veränderungen im Regionalplan, Anpassungen entgegen. Das ist der Prozess, der jetzt in Gang gekommen ist. Dann gibt es die Auswertung und dann wird es gegebenenfalls eine zweite Anhörung geben, eine zweite Auslegung – davon gehe ich aus – und dann werden wir uns weiter sprechen. Ich will noch mal sagen: Jeder, der sich dazu äußern möchte, kann das bis morgen
tun. Es gibt Informationen auf der Internetseite der Planungsgemeinschaft. Dort kann man schreiben, was einem wichtig ist. Danke schön!
Ja, Frau Präsidentin, ich werde mich bemühen. Es wird nicht helfen, den Winkelberg als Naturschutzgebiet auszuweisen. Es führt nur dazu, dass die Gipsindustrie klagen wird. Am Ende ist das eine Verhinderungskonzeption der Gesetzgebung, die keinen Bestand hat. Wir haben das schon so viele Male vor Gericht erlebt, dass das nicht funktioniert. Viel besser wäre es, wenn man sich vor Ort – so wie es gewünscht wird – auch vernünftig einigt. Aber das funktioniert nicht, weil Grundstücke vom BUND blockiert werden. Deshalb gibt es keine vernünftige Lösung. Das wäre gescheiter. Dann bräuchte man am Winkelberg nicht neu zu verritzen. Die Naturschutzbehörde hat vor 20 Jahren schon erklärt: Dieser Winkelberg ist naturschutzfachlich so wie vieles andere, was es schon gibt. Da ist nichts Besonderes. Deswegen wird die Ausweisung dieses Naturschutzgebiets keinen Bestand haben. Das wird vor Gericht scheitern. Noch einmal: Wir würden uns wünschen, dass man einen vernünftigen Kompromiss findet und nicht in eine Diskussion darüber verfällt, dass Arbeitsplätze nichts wert sind. „Jeder Quadratmeter“, hat Frau Becker in einer Pressemitteilung geschrieben, „der in die Fänge der Gipsindustrie gelangt, ist [...] einer zu viel.“