Diese totalitäre Logik, die er vertreten hat – alles Böse kommt von draußen –, kannte ich bislang aus totalitären Systemen. In der DDR hieß es gern, dass alles Schlechte aus dem Westen kam. Aber weil Sie ja von Algeriern gesprochen haben, möchte auch ich dieser Rede ein bisschen Geschichtserinnerung voranstellen: Im August 1975 herrschte in Erfurt eine Art Pogromstimmung. Es gab neulich einen MDR-Bericht dazu, wo Forscher umfangreich die Unterlagen der Staatssicherheit ausgewertet haben.
durch die Stadt und die Algerier flohen aus Angst um ihr Leben. Schauen Sie sich die Dokumentation an, das ist sehr spannend. Man war erschrocken über den Alltagsrassismus, den es auch in der DDR gegeben hat. Uns erschreckt heute hier höchstens noch die Kaltschnäuzigkeit, mit der Sie hier am Pult
den Mord in Chemnitz für Ihre Zwecke instrumentalisieren und auch noch am 1. September Ihren Fraktionsvorsitzenden dort hinschicken und dann von Patrioten faseln.
Sie haben mich ja blockiert auf Twitter, Herr Möller. Aber ich habe Ihren Tweet natürlich trotzdem gelesen.
Überlegen Sie mal, was Sie so gesagt haben, was Sie geäußert haben und was Sie hier tun. Da war das übrigens noch harmlos, was meine Kollegin Sabine Berninger für Worte gefunden hat. Und wenn Sie sich mit Ihrem Antrag schon eine differenzierte Betrachtung wünschen: Noch mehr ins KleinKlein gehen, wie Sabine Berninger das mit den Zahlen aus der Statistik gemacht hat, kann man kaum. Aber Sie wollen es ja nicht wissen. Sobald jemand die Fakten auf den Tisch legt, fangen Sie wieder an zu diskreditieren, das ist Ihre Strategie.
Sie fordern mit Ihrem Antrag – ich muss es noch einmal sagen – ein Konzept, um – Zitat –: straffällig gewordene und ‚gewaltbereite‘ Asylsuchende bzw. Flüchtlinge in gesonderten Einrichtungen außerhalb von Ortschaften unterzubringen und diese zu überwachen. – Und dann erinnert mein Kollege Hartung an historische Parallelen.
An und für sich sollte man vielleicht bei solch einem rassistisch orientierten Antrag gar nicht sprechen. Aber klar wird mit dem Antrag, um was es Ihnen als Rechtspopulisten hier geht. Sie suchen eine Bühne für Ihren Ausländerhass – ich kann es leider nicht anders sagen – und Sie missbrauchen damit das parlamentarische Haus für Ihre Menschenverachtung und nutzen das Plenum für die Geringschät
Lassen Sie mich klarstellen: Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat und da gibt es Recht und Gesetz, das einzuhalten ist. Es gibt eine unabhängige Strafverfolgung durch öffentliche Sicherheitsbehörden, eine unabhängige Justiz und den gesetzlichen Strafvollzug. Und das ist auch gut so. Der AfD-Antrag zielt inhaltlich daher voll ins Leere. Aber darum geht es Ihnen ja überhaupt nicht. Allein die Formulierung „gesonderte […] Einrichtungen außerhalb von Ortschaften“, ein Zitat aus Ihrem Antrag, erinnert – und das müssen Sie schon so hinnehmen – ganz stark an die Zeit des Nationalsozialismus. Ich bin mir auch sicher, dass Sie das genauso gewollt haben. Das sind Ihre Signale in eine ganz bestimmte Richtung und das müssen Sie verantworten.
Lassen Sie mich ganz klar sagen, und das hat Sabine Berninger auch ausgeführt: Nicht jeder Mensch verhält sich korrekt. Und es gibt natürlich auch Asylsuchende, auch Geflüchtete, die Straftaten begehen. Aber Sabine Berninger hat es zutreffend auf den Punkt gebracht: Eine Straftat – von wem auch immer begangen – bleibt eine Straftat.
Ganze Gruppen von Menschen pauschal als gewalttätig oder gar integrationsunwillig hinzustellen, ist jedoch lediglich gezielte Stimmungsmache. Das Ziel ist, den Menschen möglichst viel Angst zu machen, um sich dann mit vermeintlich einfachen Lösungen der geschürten Ängste anzunehmen und sich als politischen Akteur zu präsentieren und Demonstrationen wie in Chemnitz anzuführen. Schämen Sie sich!
Ich bin da überhaupt nicht stolz drauf, ich würde hier gerne zu schönen und zu wichtigen Themen reden. Aber ich glaube, es ist wichtig, Ihre Reden hier nicht unwidersprochen stehen zu lassen, weil wer schweigt, zustimmt. Und ich werde nicht schweigen, wenn hier vorne am Pult Rassismus versucht, sich Bahn zu brechen.
Nun zum Alternativantrag der CDU: Die CDU fordert in ihrem Antrag – das kennen wir ja inzwischen schon – unter anderem die Einrichtung von Ankerzentren. Vorbild sollen die bayrischen Ankerzentren sein. Wir wissen ja seit Langem, dass die CDU/ CSU – ich nenne es eher Isolationslager – oder Or
te der Hoffnungslosigkeit oder auch Abschiebelager schaffen will, und auch die Thüringer CDU tut sich immer wieder mit derlei Forderungen hervor, ich meine auch, um gegebenenfalls am rechten Rand zu fischen.
Migrationsexpertinnen und -experten beurteilen die Idee der Ankerzentren übrigens äußerst negativ. Ankerzentren verhindern Teilhabe und schüren Vorurteile, ist die Zusammenfassung einer Kurzstudie, die vom Mediendienst Migration in Auftrag gegeben wurde. Darin haben die Migrationsforscher und Migrationsforscherinnen Sabine Hess, Andreas Pott, Hannes Schammann, Albert Scherr und Werner Schiffauer diese Fragen untersucht. Sie können sich die Kurzstudie gern mal herunterladen. Daraus geht beispielsweise hervor, dass diese Zentren bei den Geflüchteten zu Isolation und Belastung führen, die soziale und berufliche Integration erschweren, und dies hohe Folgekosten hervorrufen wird. Ankerzentren vernachlässigen die Bedeutung lokaler Unterstützungsstrukturen und laufen Gefahr, deren Wissen zu verlieren. Sie werden als Fremdkörper in den Kommunen wahrgenommen. Sie können einen Nährboden für Vorurteile liefern. Ob die Asylverfahren übrigens beschleunigt werden, ist weiter fraglich. Dafür gibt es noch keinerlei Belege. Die bisherige Planung der Ankerzentren berücksichtigt die Situation vulnerabler, also besonders schutzbedürftiger Gruppen wie von Frauen und Kindern nicht ausreichend, aber dazu werde ich auch noch etwas sagen. Ausgerechnet aus den streng überwachten Transitzentren sind etwa ein Drittel aller Bewohner verschwunden, weil das Leben dort genauso schwierig ist. „Obwohl die Anker-Zentren aus einem Wunsch nach mehr Ordnung entstammen, ist zu erwarten, dass sie zu deutlich mehr Unordnung im Asylsystem führen werden“, urteilt beispielsweise Werner Schiffauer als Mitglied im Rat für Migration. Im Übrigen stehen die geplanten Ankerzentren in einem eklatanten Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention. Kinder und Jugendliche über Monate oder gar über Jahre hinweg zu kasernieren, verstößt außerdem ganz klar gegen die UN-Kinderrechtskonvention, auch und gerade bei jungen Geflüchteten ohne Familie.
In Thüringen – das ist Ihnen bekannt – gehen wir einen anderen Weg. Wir setzen weiter auf die gute Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Land bei der Unterbringung der Geflüchteten. Landkreise und kreisfreie Städte haben sich seit Jahren auf den Weg gemacht, effektive Unterbringungs- und Integrationsstrukturen aufzubauen, und vielfach gelingt dies auch. Klar, es gibt auch Probleme und niemand verschweigt diese, aber das Land lässt die Kommunen eben nicht im Stich. Wir unterstützen die Integration vor Ort nach Kräften und das Integrationskonzept und die erheblichen Finanzmittel dafür belegen dies eindrucksvoll. Außerdem sind in der Thüringer Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl be
reits die Zuständigkeiten von Bund, also dem BAMF, und Land gebündelt. Das einzig positive Element aus dem Seehofer‘schen Modell der Ankerzentren – nämlich eine enge behördliche Zusammenarbeit – wird also bei uns in Thüringen in Suhl schon seit Jahren umgesetzt.
Nun zur Forderung nach einem Gewaltschutzkonzept und der staatlichen Leitung in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl: Ein Gewaltschutzkonzept für die Landeserstaufnahmeeinrichtung Suhl-Friedberg ist unumstritten notwendig, ebenso wie die Einrichtung einer staatlichen Leitung vor Ort.
Das Landesverwaltungsamt ist aber bereits mitten in der Umsetzung, es arbeitet an einem solchen Gewaltschutzkonzept – das lässt sich im Übrigen auch nicht aus dem Ärmel schütteln – und auch die Einrichtung der staatlichen Leitung vor Ort ist bereits beschlossene Sache. Das Migrationsministerium legt großes Augenmerk auf die Umsetzung dieser Maßnahmen, daher bedarf es auch keiner weiteren Aufforderungen seitens der CDU.
Abschließend möchte ich noch einmal feststellen, dass wir den rassistisch orientierten Antrag der AfD selbstverständlich ablehnen werden und für den CDU-Antrag sehen wir keinen Bedarf. Isolationslager in Thüringen wird es mit uns jedenfalls nicht geben. Vielen herzlichen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich muss noch mal vorgehen, denn wissen Sie, es ist schon ziemlich perfide, wenn das Mordopfer von Nazis von Herrn Möller in dieser Weise instrumentalisiert wird. Ich glaube, das darf man auch gar nicht so stehen lassen, denn das besonders Zynische an dieser ganzen Geschichte ist: Wäre das Mordopfer nicht dieser junge Mann gewesen, sondern ein anderer, und hätte sich das Mordopfer am nächsten Tag auf der Straße von Chemnitz befunden, der hätte um sein Leben laufen müssen, denn er hatte einen physisch deutlich erkennbaren Migrationshintergrund.
Das ist das Problem. Jetzt wird er instrumentalisiert und die besorgten Bürger, die zur Trauerkundgebung in Chemnitz eingeladen sind, das sind genau dieselben, die ihn gejagt hätten, wäre er nicht tot.
Herr Möller, die Lösungen, die Sie bringen, sage ich Ihnen ganz ehrlich, dass Sie sich darüber beschweren, dass Analogien zum Dritten Reich gezogen werden: Es sind doch Ihre Ideengeber, das ist doch das Problem. Sie holen sich da diese Schutzhaftlager her, nichts anderes ist es, was Sie wollen, und dann brauchen Sie sich nicht wundern, wenn dann am Ende Leute diese Analogie erkennen.
Es sind ja nicht alle Leute so wie diese Menschen, die da in Chemnitz glauben, sie ständen außerhalb der Geschichte. Und zur differenzierten Betrachtungsweise, Herr Möller: Sie sind es, die pauschal Straftäter, insbesondere Gewalttätige, in solche Lager sperren wollen, pauschal, also alle Straftäter. Und insofern ist das das Gegenteil von Differenzierung. Herr Möller, Sie müssen sich nicht aufregen über undifferenzierte Reden, denn Sie werden – und tun es permanent – alle Migranten in einen Topf werfen. Und genau diese undifferenzierte Sichtweise auf diese Menschen ist es, die uns diese Probleme macht. Vielen Dank.
Herr Dr. Hartung, ich beschwere mich überhaupt nicht, wenn Sie Ihrem Hobby frönen und irgendwelche Nazianalogien ziehen. Das können Sie gerne machen, so lange und so oft Sie das wollen.