Protocol of the Session on May 25, 2018

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Herr Staatssekretär von Ammon, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Berninger beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Ja, im Rahmen des seitens der Betroffenen gegen den ablehnenden Asylbescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge geführten Klageverfahrens wurde ein Attest der behandelnden Frauenärztin eingereicht, wonach eine Risikoschwangerschaft vorliege. Dieses Attest erfüllte nach Einschätzung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge nicht die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an ein qualifiziertes ärztliches Gutachten. Gleichwohl hat das Bundesamt die Bitte geäußert, die Überstellung durch einen Arzt begleiten zu lassen. Das zuständige Verwaltungsgericht Gera hat ebenfalls im Rahmen des Klageverfahrens das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes geprüft und unter Berücksichtigung der bestehenden Schwangerschaft im Ergebnis verneint.

Zu Frage 2: Über einen Selbsteintritt entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Ausländerbehörden werden lediglich in Amtshilfe für das Bundesamt tätig. Aufgabe der Ausländerbehörden ist es deswegen nicht, das Bundesamt auf einen Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland hinzuweisen.

Zu Frage 3: Zuständig für das Einholen konkreter Zusagen von Zielstaaten im Rahmen von Überstellungen nach der Dublin-III-Verordnung ist ausschließlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Von italienischer Seite wurde im konkreten Fall für die Überstellung im Rahmen der Dublin-III-Verordnung eine Ankunftszeit der Betroffenen bis spätestens 14.00 Uhr vorgegeben.

Zu Frage 4: Aufgabe eines begleitenden Arztes ist es, Betroffene während der Rückführungsmaßnahme medizinisch zu betreuen. Bei auftretenden Komplikationen können die begleitenden Ärzte notfallmedizinisch tätig werden. Die medizinische Begleitung der Betroffenen war durch einen Arzt bis zur Übergabe der Betroffenen an die italienischen Behörden am Zielflughafen Neapel veranlasst. Eine medizinische Betreuung während der gesamten Maßnahme wäre damit sichergestellt gewesen.

(Vizepräsidentin Marx)

Zu einer Nachfrage erhält Kollegin Berninger noch mal das Wort.

Ich würde gleich zwei Nachfragen stellen, wenn Sie das erlauben, Frau Präsidentin.

Ja.

Danke. Erstens: Wann endete denn die Überstellungsfrist nach der Dublin-Verordnung für die betroffene Person?

Zweitens: Es war also weder dem BAMF noch der Ausländerbehörde bekannt, ob die Frau und dann später gegebenenfalls ihr neugeborenes Kind in Italien in menschenwürdige Unterkunfts- und Versorgungsbedingungen kommt?

Zu dem Ende der Überstellungsfrist habe ich keine Angaben. Das obliegt auch allein dem Bundesamt.

Die Frage, ob in Italien eine menschenwürdige Behandlung sowohl der Mutter als auch das Wohl des Kindes/des ungeborenen Lebens geschützt ist, das haben sowohl das BAMF wie auch das Gericht geprüft und im Ergebnis bejaht.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Können Sie die Überstellungsfrist nachrei- chen?)

Das war eben noch ein persönlicher Zuruf – die Überstellungsfrist wird nachgeliefert – und der Staatssekretär hat mit Nicken geantwortet, was man nicht protokollieren kann und deswegen hier von mir verbalisiert zu Protokoll gegeben wird.

Wir kommen zur nächsten Frage in der Drucksache 6/5707 und der Kollege Dittes ist der Fragesteller. Und die Frage wird von Ihnen übernommen, Frau Berninger? Bitte.

Versuchte Abschiebung aus dem Krankenhaus

Die in der Nacht zum 9. Mai 2018 durch Klinikpersonal in einem Krankenhaus in Arnstadt verhinderte Abschiebung betraf eine sich in stationärer Behandlung befindliche schwangere Frau aus Nigeria, der eine Risikoschwangerschaft diagnostiziert war. Nach vorliegenden Informationen wurde im Kran

kenhaus durch die Beteiligten versucht, die Frau zum Mitkommen zu überreden.

Steffen Dittes fragt die Landesregierung:

1. War der Ausländerbehörde zum Zeitpunkt der Einleitung bzw. des Beginns der aufenthaltsbeendenden Maßnahme bekannt, dass sich die Betroffene in stationärer Behandlung im Krankenhaus befindet?

2. Wie wird begründet, dass trotz stationärer medizinischer Behandlung der geflüchteten Frau eine Abschiebung aus dem Krankenhaus heraus und ohne vorherige ärztliche Feststellung der Reisefähigkeit erfolgen sollte?

3. Wer traf entgegen etwaiger Initiativen vonseiten der Beteiligten, zum Beispiel Polizei, Ausländerbehörde, die die Abschiebung begleitende Ärztin, die aufenthaltsbeendende Maßnahme abzubrechen, als offenbar wurde, dass sich die Frau in stationärer medizinischer Behandlung befand, die Entscheidung, den Abschiebeversuch aus dem Krankenhaus fortzusetzen?

4. Wie wird durch die Landesregierung der in der Einleitung geschilderte Umstand des versuchten gezielten Einwirkens auf eine stationär untergebrachte Krankenhauspatientin rechtlich beurteilt und bewertet?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Herr Staatssekretär von Ammon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dittes beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nein, die Betroffene hat sich erst circa zwei bis drei Stunden vor der geplanten Rückführung auf eigene Initiative wegen Rückenschmerzen in ein Krankenhaus begeben. Dies wurde den beteiligten Behörden erst beim Eintreffen in der Gemeinschaftsunterkunft bekannt.

Zu Frage 2: § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes bestimmt, dass von der Abschiebung eines Ausländers in einen Staat abgesehen werden soll, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nach diesen bundesrechtlichen Vorgaben nicht erforderlich, dass die medizinische Versor

gung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist.

Sowohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch das Verwaltungsgericht Gera, das im Rahmen des Klageverfahrens gegen den ablehnenden Asylbescheid des Bundesamts mit der Angelegenheit befasst war, haben das Vorliegen entsprechender Abschiebungshindernisse geprüft. Im konkreten Fall wurde sowohl durch das Bundesamt als auch durch das Verwaltungsgericht festgestellt, dass auch unter Berücksichtigung der bestehenden Schwangerschaft keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Gleichwohl äußerte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Bitte, die Rückführungsmaßnahme durch einen Arzt begleiten zu lassen. Der neue Umstand der Aufnahme der Betroffenen in ein Krankenhaus aufgrund von Rückenschmerzen wurde vor Ort geprüft und in der Folge die Rückführung sofort abgebrochen.

Zu Frage 3: Aufgrund der Aussage der Betroffenen gegenüber den beteiligten Behördenvertretern, wonach sie sich schwach fühle, wurde die Rückführungsmaßnahme abgebrochen. Als Behördenvertreter vor Ort waren eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde sowie drei Polizeibeamte, wobei lediglich die Vertreterin der Ausländerbehörde sowie ein Polizeibeamter, der bei der Übersetzung Hilfe leistete, tatsächlich im Zimmer der Patientin anwesend waren. Aufgrund der neu eingetretenen Sachlage wurde die Rückführungsmaßnahme durch die Vertreterin der Ausländerbehörde sofort für beendet erklärt. Im Übrigen verweise ich auf die Ausführungen zu Frage 2.

Zu Frage 4: Nach den der Landesregierung vorliegenden Informationen wurde auf die Betroffene nicht eingewirkt. Vielmehr wurde die Maßnahme wie ausgeführt sofort abgebrochen. Der sofortige Abbruch der Maßnahme wird der besonderen Schutzbedürftigkeit von Schwangeren und dem Schutz des ungeborenen Lebens gerecht. Die Landesregierung wertet deswegen den Abbruch der Maßnahme als angemessen und richtig.

Gibt es Nachfragen? Nein, das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur nächsten Frage. Fragesteller ist hier Herr Abgeordneter Kießling von der Fraktion der AfD mit der Drucksache 6/5709.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Unregelmäßigkeiten im Finanzamt Jena?

Am 16. Mai 2018 titelten mehrere Zeitungen, dass es offenbar im Finanzamt Jena zu Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit mutmaßlicher Steu

erhinterziehung gekommen sei. Im Fokus der Ermittlungen soll hierbei vor allem die ehemalige Leiterin des Amtes stehen. Laut dem MDR sollen im Jahr 2007 zwei bekannte SPD-Politiker die Begünstigten dieses Umstands gewesen sein. Obwohl im Jahr 2007 schon der Verdacht der Steuerhinterziehung vorgelegen hatte, sei der Anzeige von der Leiterin des Finanzamts nicht korrekt nachgegangen worden. Ebenso ist in den Pressebeiträgen von einer Art „VIP-Behandlung“ von Politikern und Vertretern der Wirtschaft durch das Finanzamt Jena die Rede.

Ich frage die Landesregierung:

1. Gab es bereits in den Vorjahren Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit mutmaßlichen Steuerhinterziehungen im Finanzamt Jena?

2. Entspricht es den Tatsachen, dass Politiker und Vertreter der Wirtschaft durch die ehemalige Leiterin persönlich endgeprüft wurden, und wenn ja, werden diese Fälle nun erneut geprüft?

3. Wie hoch ist die Anzahl der Prüfungen durch die Leiterin des Finanzamts Jena (in Jahresscheiben ab dem Jahr 2007), die über die in Frage 2 genannten Fälle hinausgehen?

4. Mit welchen Aufgaben sind die betroffenen Beamten des Finanzamts Jena derzeit betraut?

Für die Landesregierung antwortet das Finanzministerium, Frau Ministerin Taubert.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich antworte auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kießling wie folgt:

Zu Frage 1: Dem Thüringer Finanzministerium lagen in den Vorjahren keine Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit mutmaßlichen Steuerhinterziehungen im Finanzamt Jena vor.

Zu Frage 2: Die Zeichnungsrechte und auch grundsätzlich die genannten Zeichnungsrechtsvorbehalte der Finanzamtsvorsteher sind in Abschnitt 4 Punkt 3 der Geschäftsordnung für Finanzämter – da will ich ergänzen: das ist für ganz Deutschland einheitlich – und den Richtlinien über das Zeichnungsrecht in den Finanzämtern Thüringens geregelt. Es entspricht den Tatsachen, dass durch die Vorsteherin des Finanzamts Jena auch Sachverhalte, die Politiker und Vertreter der Wirtschaft betreffen, abschließend gezeichnet wurden. Derzeit erfolgt durch die Innenrevision des Thüringer Finanzministeriums eine Überprüfung von oben genannten Zeichnungsrechtsfällen sowie weiterer Fälle, in

(Staatssekretär von Ammon)

welchen sich die Vorsteherin des Finanzamts die abschließende Zeichnung im Allgemeinen oder im Einzelfall vorbehalten hat.

Zu Frage 3: Über die Anzahl dieser Fälle werden in den Thüringer Finanzämtern keine statistischen Erhebungen vorgehalten.

Zu Frage 4: Unter Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Bediensteten wird diese Frage wie folgt beantwortet: Die Bediensteten wurden innerhalb des Geschäftsbereichs des Thüringer Finanzministeriums an jeweils andere Stellen abgeordnet und auf Dienstposten, die ihrem statusrechtlichen Amt entsprechen, eingesetzt.