Protocol of the Session on April 27, 2018

wenn gleichzeitig die von Ihnen hier vorne gelobten Stellungnahmen des Landkreistags bzw. Gemeinde- und Städtebundes ebenso wenig in der Lage sind, das zu tun. Das vielleicht nur mal zur Erklärung.

Und Sie könnten beachten, dass im Änderungsantrag von Rot-Rot-Grün mittlerweile sehr wohl aufgrund der Vorschläge, aufgrund der Hinweise der beiden Kommunalen darauf eingegangen wurde – Herr Werner Pidde hat es ja hier vorne schon entsprechend verlesen und zitiert –, dass wir in den kommenden Jahren 80 Millionen Euro dafür zur Verfügung stellen. Das wird aber von Ihnen nicht gewürdigt, sondern Sie stellen sich hier vorne hin und tun so, als ob es durch Rot-Rot-Grün sozusagen nur die heutige Umsetzung und Beschlussfassung des Gesetzes gebe, ohne gleichzeitig entsprechende Mittel für die Kommunen zur Verfügung zu stellen.

Was komplett ignoriert wird und was ich auch – ehrlich gesagt – ein bisschen schwierig finde, wenn Sie auf der einen Seite sagen, Sie finden so etwas ja gut, aber Sie können da heute hier nicht zustimmen.

Frau Abgeordnete Floßmann hat eine Nachfrage und sie ist offensichtlich zugelassen.

Nein, im Moment nicht.

Nein?

Ich würde gern erst mal meine Rede halten. Vielleicht erschließt sich dann für Frau Floßmann auch einiges aus der Rede. Relativ einfach.

Sich hier vorne hinzustellen und zu sagen, dass Sie diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, dass Sie es aber generell gut finden, ist irgendwie ein Widerspruch in sich, denn das ist ein zukunftsweisender Gesetzentwurf. Das ist ein Gesetzentwurf, der Thüringen modern gestaltet, der es er

(Abg. Krumpe)

möglicht, dass endlich bürgerfreundliche Verfahren auch im Digitalbereich möglich sind. Die Wirtschaft hat das schon über Jahre gefordert, dass es entsprechende Umsetzungen in Thüringen gibt.

Ich will darauf verweisen, wenn Sie sagen, es kann nicht sein, dass das drei Jahre dauert, bis so ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, bzw. so lange daran gearbeitet wird – der Staatssekretär hatte das, glaube ich, in der letzten Debatte hier schon dargestellt –: Einer der Gründe dafür ist, dass es keinerlei Vorbereitungen im Finanzministerium – das bis zur vergangenen Legislatur ja von der CDU geführt wurde – für den Bereich „E-Government“, für den Bereich „Umsetzung“, für den Bereich „Wir müssen Thüringen in der Digitalisierung fit machen“ gab. Dann muss ich ehrlich sagen, ein bisschen mehr Fairness an der einen oder anderen Stelle wäre sinnvoll. Vor allem: Wenn Sie so viele Änderungswünsche haben, dann machen Sie doch Änderungsanträge.

(Beifall SPD)

Rot-Rot-Grün hat bewiesen, dass wir in der Lage sind, wenn Änderungsanträge sinnvoll sind, wenn wir die für gut erachten, diesen dann auch zuzustimmen.

Frau Henfling hatte schon darauf hingewiesen, was sozusagen die großen Schritte auch im E-Government-Gesetz und insbesondere in dem von uns vorgelegten Änderungsantrag sind. Das eine ist § 4 im Änderungsantrag, nämlich dass wir uns dafür einsetzen, dass es quelloffene Software gibt.

Ich will § 4 dann doch schon mal verlesen, weil ich den sehr richtungsweisend finde und dieser vielleicht auch für andere Bundesländer, die sich noch auf dem Weg befinden, als ein Vorbild dienen kann: „§ 4 Offene Standards und freie Software“, Absatz 1: „Zur Gewährleistung einer weitreichenden Interoperabilität sind neue Anwendungen und Technologien mit offenen Schnittstellen sowie Standards auszustatten und hierüber nutzbar zu machen. Neue Anwendungen und Technologien sollen möglichst abwärts-kompatibel sein.“ Absatz 2: „Dort wo es technisch möglich und wirtschaftlich ist, soll der Einsatz von Open-Source-Software vorrangig vor solcher Software erfolgen, deren Quellcode nicht öffentlich zugänglich ist und deren Lizenz die Verwendung, Weitergabe und Veränderung einschränkt.“ Absatz 3: „Bei neuer Software, die von der öffentlichen Verwaltung oder speziell für diese entwickelt wird, ist der Quellcode unter eine geeignete Freie-Software- und Open-Source-Lizenz zu stellen und zu veröffentlichen, soweit keine sicherheitsrelevanten Aufgaben damit erfüllt werden.“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist wirklich richtungsweisend. Das mag für den einen oder die andere nicht verständlich sein. Aber Frau Henfling und auch Herr Pidde haben vollkom

men richtig darauf hingewiesen, dass es das für den Nutzer sicherer macht, es aber auch für die Kommunen sicherer macht und es am Ende auch das Sinnvollere ist. Wir hatten schon mehrfach in den vergangenen Jahren über die Nutzung von quelloffener Software gesprochen.

Wenn dann an der Stelle der Gemeinde- und Städtebund bzw. der Thüringische Landkreistag – ich weiß gerade nicht, wer von beiden es formuliert hatte – darauf verweist – ah, es war der Gemeindeund Städtebund –, dass es so viel Kritik an OpenSource-Produkten gibt, und dann noch erklärt, dass unter anderem große Städte wie München nach einem Versuch mit Linux wieder zu Windows und damit zu Microsoft zurückgekehrt sind, dann muss man an der Stelle auch mal sagen: Lieber Gemeinde- und Städtebund, München hat zehn Jahre sehr erfolgreich mit Open-Source-Produkten gearbeitet. Als eine kleine Information: Vielleicht finden Sie es ja auch merkwürdig, dass im Oktober 2016 Microsoft entscheidet, die Deutschlandzentrale in München aufzumachen bzw. nach München zu verlegen, und dann nicht mal vier Monate später der Stadtrat in München beschließt, wir wenden uns jetzt von der Open-Source-Software ab und gehen wieder zurück zum Monopolisten Microsoft. Ich finde, das sollte zumindest mal mitbedacht werden, was möglicherweise ursächlich für den Wechsel bzw. für die Änderung gewesen ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Unterstel- lung!)

Zuletzt: Was wir zumindest sehr lange auch versucht haben zu erkämpfen – übrigens schon in der vergangenen Legislatur –, nämlich die Einführung von wirklicher End-to-end-Verschlüsselung, heißt PGP-Mails und eben nicht De-Mail, wie es Frau Henfling hier schon gesagt hat, wird jetzt endlich umgesetzt. Und das „jetzt endlich“ betone ich deswegen, weil es in der vergangenen Legislatur, glaube ich, nur zwei Beschlüsse gab, die von der Opposition sozusagen dann eingebracht und durch die Koalition mit befürwortet wurden, und einer dieser Änderungsanträge war die Einführung von PGPverschlüsselter, das heißt, wirklich sicherer E-MailKommunikation zwischen Ministerien und Bürgerinnen und Bürgern. Das hat Ihr damaliges Finanzministerium in dem Zeitraum, in dem Sie es hätten umsetzen können, nicht getan. Das spricht dafür, wie ernst Sie an der Stelle zumindest datenschutzrechtliche oder auch sicherheitsrelevante Interessen von Bürgerinnen und Bürgern nehmen.

Dann noch ein Hinweis, Frau Floßmann: Sie verweisen darauf, dass es Städte gibt, die schon eigene Systeme aufgebaut haben. Ja, das haben sie, wie beispielsweise Jena. Dann verweisen Sie darauf, dass jetzt das Gesetz erfordern würde und

müsste, dass man sozusagen alles neu machen würde. Nein, dem ist nicht so. Worum es geht, ist, dass es Schnittstellen gibt. Die sind übrigens nicht nur durch das Thüringer Gesetz vorgeschrieben, was wir heute hier beschließen werden, sondern das ist eine bundesgesetzliche Vorgabe. Und wenn ich mich richtig erinnere, war sowohl in der letzten Legislatur als auch in der jetzigen Legislatur die CDU in irgendeiner Form mit an der Regierung beteiligt. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Prof. Dr. Voigt hat für die CDU-Fraktion um das Wort gebeten.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Katharina König-Preuss, die Darstellung war ja jetzt: Die Union lehnt das ab

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, das haben Sie doch gera- de gesagt!)

nein! –, weil wir das irgendwie rechtlich oder finanziell nicht würdigen können. Das stimmt nicht, nein!

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Zumindest Ihre Kollegin hat es nicht ge- macht!)

Wir als Union lehnen das ab, weil das, was die Regierung hier vorgelegt hat, konzeptionell aus der Vergangenheit kommt, aber nicht fit macht für das, was wir im E-Government in der Zukunft brauchen. Deswegen lehnen wir das ab

(Beifall CDU)

ich will es auch in der Sache begründen –, weil Sie strategisch einen massiven Fehler machen. Und den will ich Ihnen gar nicht vorwerfen, aber der zeugt davon, wie Ihre Regierung aufgestellt ist. Die einen beschäftigen sich – und ich habe das schon einmal bei der Einbringung Ihres Gesetzes gesagt – mit E-Government, die anderen legen eine Digitalisierungsstrategie vor, die das gar nicht beinhaltet. Da will ich Ihnen nur sagen, da können Sie vielleicht nichts dafür, aber Sie sollten sich wenigstens miteinander abstimmen. Denn der entscheidende Punkt einer Digitalisierungsstrategie wäre, doch zu sagen: Wir begreifen endlich, dass wir vom Nutzer aus zu denken haben, vom Bürger aus zu denken haben und eben nicht von den Verwaltungsstrukturen, die wir vorfinden. Deswegen bauen Sie jetzt eine Infrastruktur auf – das kann ich Ihnen garantieren –, die in fünf Jahren absolut nicht mehr zeitge

mäß sein wird. Aber: Das ist ja kein Problem, Sie haben in Ihrem Gesetzentwurf geschrieben, es muss ja eh erst bis 2030 umgesetzt sein, also insofern werden Sie da noch einmal rangehen und es noch einmal verändern. Und das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen. Sie haben keine Strategie, was das Thema angeht.

(Beifall CDU)

Ich kann es Ihnen auch sagen: Da gibt es Ansätze in dem Gesetz, worauf man aufbauen kann – die Frage von Interoperabilität. Aber da geht es nicht um die Frage, wie wir das organisieren; es geht um die Frage, welchen Datenpool wir dahinter anbieten wollen, der sowohl für Kommunen als auch für das Land als auch gegebenenfalls für den Bund gemeinsam nutzbar sein kann, quasi eine Basisinfrastruktur zu legen, an die sowohl private als aber vor allen Dingen auch öffentliche Institutionen andocken können.

Sie glauben doch nicht ernsthafterweise, dass wir in Zukunft über diese Fragestellung nur allein staatlich zu reden haben, sondern wir müssen sicherstellen, dass private Anbieter, die vielleicht auch quasi öffentlich-rechtliche Dienste erbringen, genau an dieser Infrastruktur mit andocken können. Aber das würde voraussetzen, dass wir nicht in den Verwaltungsstrukturen und -ebenen denken, sondern dass wir begreifen, dass wir genau vom Bürger aus das Ganze zu denken haben und eben auch vom Nutzer aus.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber genau das machen Sie selbst!)

Das ist Punkt 1. Dann kommt Punkt 2 hinzu, dann kriegt man vielleicht auch die Kurve, was das Thema „Individuelle Nutzerfreigabe“ angeht, nämlich: Was gibt der Einzelne von seinen Daten preis? Kollegin Floßmann hat es zum Thema „DatenschutzGrundverordnung“ ausgeführt. Ab 25.05. ist die Fragestellung „Was gibt der Einzelne von sich an Daten preis und was ist er gewillt, dem Staat auch gegenüber an Weiterverarbeitung zu gewähren?“ die zentrale Fragestellung innerhalb der Europäischen Union. Wenn wir das ernst nehmen wollen, dann müssen wir letztlich auch dafür Sorge tragen, dass diese individuellen Nutzerfreigaben eine zentrale Rolle spielen in einem E-Government-Konzept, in einer Digitalstrategie.

Dann kommt Punkt 3 hinzu, dann geht es um diese Fragestellung: Wie identifiziere ich den Einzelnen in diesem Raum? Deswegen ist die Frage von elektronischer Identifizierung eine ganz wesentliche Fragestellung davon, wie E-Government in Thüringen funktionieren kann. Dann kommt hinzu, dass wir standardisierte Datenformate brauchen. Diese standardisierten Datenformate stellen sicher, dass der Austausch gewährleistet ist, sei es eine App,

(Abg. König-Preuss)

die dann Jena-App heißt und die vielleicht Informationen in ein solches Datenuniversum wieder zurückspielt, interoperabel in diese jeweiligen Datenbanken hinein, und dann natürlich auch wieder als ein gemeinsames Format anerkannt wird und dann eben auch wieder auslesbar ist. Das ist das, was der Kollege mit der Frage angesprochen hat: Was wollen wir dann auch öffentlich transparent an Open Government Data sichtbar machen als aggregierte Daten von Nutzern oder eben auch nicht?

Dann kommt last, but not least eine umfassende Sicherheitsarchitektur hinzu, denn da geht es doch bitte schön nicht nur um E-Mail-Dienste, da geht es doch um die Frage: Wer hackt wo rein? Und wenn wir diese Sicherheitsstrategien nicht im Bereich von Cybersecurity sauber deklinieren können, dann, finde ich, tun wir uns einen Bärendienst.

Also: Ich respektiere – und ich weiß, was als Vorwurf kommen wird: das hätten Sie doch auch alles als Änderungsanträge zu unserem E-GovernmentGesetz bringen können –, ich respektiere, dass Sie das vorlegen und für sich als gut befinden. Aber respektieren Sie bitte schön auch, wenn wir als CDU-Fraktion sagen, dass Sie damit nicht die geeignete Antwort darauf geben, was Thüringen eigentlich braucht. Wir haben immer angeboten, dass wir in diesem Dialog helfend zur Seite stehen wollen, weil wir glauben, dass wir in den nächsten vier/ fünf Jahren allein in Deutschland eine massive Debatte bekommen werden. Der Bund wird, wenn Sie sich den Koalitionsvertrag anschauen, über die Frage „Eigentumsrechte von Daten“ ein eigenes Gesetz entwickeln. Die Fragestellung, welche Standards wir deutschlandweit ausrollen, um zum Beispiel darauf zu reagieren, dass bis zum Jahr 2020 50 Milliarden Dinge miteinander vernetzt sein werden – von Autos, über Uhren bis eben zu Wearables –, das sind alles Fragestellungen, die uns beschäftigen werden. Da brauchen wir nicht zu glauben, dass Thüringen da irgendwie außen vor sein wird.

Deswegen war unser Angebot von Anfang an – und das ist das, was Kollegin Floßmann deutlich gemacht hat –, dass wir Sie da gern mit begleiten wollen, aber auf eine Art und Weise, bei der Augenhöhe gewährt ist und uns nicht vorgeworfen wird, dass unsere Fragenkataloge eine Beschäftigungstherapie sind. Nein, Sie sollten diesen Aspekten auf den Grund gehen, aber offensichtlich war es ja nicht relevant genug. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Es hat sich Abgeordnete KönigPreuss noch mal für die Fraktion Die Linke gemeldet.

Danke schön, Herr Präsident. Ich mag ja diese Nerddebatten und ich mag es, wenn dann auch mal jemand von der CDU vorn steht, bei dem man zumindest davon ausgehen kann, dass es verständlich ist, worum es in diesem Gesetz geht.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Wie frech ist denn das?)

Entschuldigen Sie, dass ich das an der Stelle mal kritisiere: Ihre Kollegin Floßmann hat die ganze Zeit darüber gesprochen, was mit der kommunalen Finanzierung ist, ohne gleichzeitig den Änderungsantrag mit aufzunehmen und mit wahrzunehmen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)