Protocol of the Session on April 27, 2018

(Beifall CDU)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir begrüßen auch ausdrücklich die Intention des Entwurfs, das haben wir auch bereits in der ersten Lesung betont und das haben wir auch im Ausschuss betont, aber wir dürfen den Kommunen nicht zusätzliche Aufgaben geben, ohne letztendlich die finanziellen Möglichkeiten an die Hand zu geben.

(Beifall CDU)

Die Landesregierung schiebt hier Projekte an, ohne die Folgen für die Gemeinden im Blick zu haben. Darauf hatten wir auch schon hingewiesen. Die Kommunen sollen zum 1. Januar 2019 Servicekon

(Abg. Rudy)

ten einführen, elektronische Zahlungsabwicklungsmöglichkeiten anbieten und den Zugang zum digitalen E-Government-Portal – und das ist eben ein sehr ambitioniertes Ziel zum 1. Januar 2019. Davon abgesehen, dass der Zeitrahmen sehr begrenzt ist, sollen die Kommunen dabei auf das landeseigene Angebot migrieren oder ihr bestehendes kompatibel zum landeseigenen umstellen. Dieser Prozess kostet Zeit und er kostet Geld und das ist auch das, worauf der Thüringische Landkreistag hingewiesen hat, Herr Dr. Pidde. Anders als Sie kann der Thüringische Landkreistag das nämlich beziffern und hat hier mit Investitionskosten in dreistelliger Millionenhöhe gerechnet. Sie haben hier ein bisschen was von mal 10 Millionen Euro da, mal 10 Millionen Euro hier dargelegt

(Unruhe SPD)

und haben über deren Deckungsfähigkeit im KFA gesprochen. Aber letztlich sieht der Gesamt-KFA nicht die bezifferten Kosten vor, die die Kommunen doch schon recht gut abschätzen können.

Es gibt viele Kommunen, die sich schon heute auf den Weg zu einer digitalen Verwaltung gemacht und investiert haben. Auch die sind in den Stellungnahmen dargelegt. Die Stadt Jena beispielsweise hat auf diese Problematik aufmerksam gemacht, dass sie bereits sehr weit fortgeschritten ist. Hier ist aber auch keine Lösung durch die Landesregierung angeboten worden, wie man das Ganze finanziert und dann

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie haben das immer noch nicht richtig verstanden!)

mit den landeseigenen Schnittstellen kompatibel macht. Wir als CDU-Fraktion haben von der Landesregierung eine Übersicht erbeten, die aufzeigen soll, welche Projekte bereits angegangen wurden und in welcher zeitlichen Dimension sich diese befinden. Diese Übersicht haben wir bis heute nicht bekommen. Die Zusage war, dass wir diese in der nächsten Ausschusssitzung erhalten. Das ist schön, aber da ist der Gesetzentwurf bereits verabschiedet. Was soll das also im Gesetzgebungsverfahren noch bringen? Und dann werfen Sie uns vor, wir würden uns nicht richtig einbringen.

(Beifall CDU)

Nicht ausgeräumt werden konnte auch im Rahmen der Ausschussbehandlung ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Die Ministerin und der Staatssekretär hatten darauf hingewiesen, dass es sich bei der Bereitstellung durch das Land um eine freiwillige Leistung handelt, die zu nutzen jeder Kommune freisteht. Natürlich ist es sinnvoll, eine gemeinsame Infrastruktur auf den Weg zu bringen, aber wenn hier Strukturen angepasst werden müssen und Kommunen gesetzlich dazu verpflichtet werden sollen, muss man doch mal schauen, inwie

weit hier ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung vorliegt – und da bin ich erneut bei der Anpassung der Fachverfahren, bei den Personal- und Sachkosten. Hier dürfen die Kommunen nicht alleingelassen werden, hier muss wirklich für eine auskömmliche Finanzierung gesorgt werden. Sie haben Kosten im übertragenen Wirkungskreis, im Mehrbelastungsausgleich und im eigenen Wirkungskreis, im KFA und die sind nicht vollumfänglich abgebildet.

(Beifall CDU)

Und wenn wir das heute schon mit Verabschiedung des Gesetzentwurfs wissen, da muss man sich doch fragen, inwieweit wir die verfassungsgemäßen Grundlagen der auskömmlichen Finanzausstattung einhalten oder inwieweit hier Klagen gegen den KFA und den Mehrbelastungsausgleich bereits heute vorprogrammiert sind.

(Beifall CDU)

Wenn dann gleich das Argument der Kostenersparnis kommt: Das stimmt, irgendwann wird es eine Kostenersparnis geben, nur nicht am Anfang, denn die Etablierung dieser Systeme wird erst einmal Kosten verursachen und die sind so nicht abgebildet. Darauf haben die kommunalen Spitzenverbände mehrfach hingewiesen. Diese Anmerkungen, Herr Dr. Pidde, sollten auch ernst genommen werden, aber die bilden sich in Ihrer Gesetzeslage und Ihrer Finanzierung KFA eben nicht ab.

(Beifall CDU)

Ich möchte an der Stelle auch noch mal auf die Gebiets-, Verwaltungs- und Funktionalreform eingehen. Eigentlich sollte man diese abwarten, bevor man solche weitreichenden Lösungen etabliert, denn eine Nachbesserung im Nachgang wird zu unnötigem Aufwand und zu unnötigen Kosten führen.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Treffen wir uns in 15 Jahren wieder!)

Bis zum heutigen Zeitpunkt kennen wir noch nicht Ihren Verwaltungsaufbau, Frau Henfling. Wir wissen noch nicht, wie Sie die Verwaltung strukturieren wollen. Hier hätte man im Vorfeld – darauf haben auch die kommunalen Spitzenverbände hingewiesen – vielleicht eher Rücksicht nehmen sollen.

Abschließend möchte ich noch mal betonen, dass die CDU das Ansinnen unterstützt, in der Verwaltung die Chance der Digitalisierung wahrzunehmen und erste Schritte in diese Richtung zu gehen. Wir hätten uns aber gewünscht, dass der Diskussion im Ausschuss mehr Sorgfalt entgegengebracht worden wäre, anstatt so einen ambitionierten Zeitplan durchzudrücken.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das Gesetz liegt seit Mona- ten vor!)

Die Kommunen müssen umfassend begleitet werden und vor allem finanziell. Deshalb wird Ihr Gesetzentwurf oder Ihr Gesetz auch keine Aussicht auf Erfolg haben. Wir können dem Gesetzentwurf, auch nicht in der Form der Beschlussempfehlung, heute nicht zustimmen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Als Nächster hat Abgeordneter Krumpe das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, zunächst möchte ich meine Freude bekunden, dass nach 20 mehr oder minder zielführenden Debattenjahren um das Thema „E-Government“ die Regierung des Landes Thüringen ein Gesetz vorgelegt hat, welches nun endlich Landes- und Kommunalbehörden verpflichtet, Bürgeranliegen zukünftig elektronisch entgegenzunehmen und sie auch zu bearbeiten.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Die Landesregierung setzt damit den richtigen Impuls, um das umständliche, träge und zuweilen realitätsferne Verwaltungshandeln der Lebenswirklichkeit der Thüringer Bürger anzupassen.

Wo sich der Gesetzgeber 20 Jahre lang Zeit für einen Gesetzentwurf gelassen hat, dort sollen die Kommunen in einem Viertel der Zeit dieses Gesetz umsetzen, welches umfangreiche technische und organisatorische Restrukturierungen in nahezu allen Verwaltungsabteilungen hervorruft. Meine lieben Kollegen Abgeordneten, die Durchführung dieser Restrukturierungen, insbesondere in den unteren Verwaltungsebenen, macht sich aber nicht allein. Dafür braucht es williges und motiviertes Fachpersonal mit Durchsetzungskraft und Spezialwissen. Genau dieses gibt es eben zu wenig in den Kommunalbehörden. Und die paar Leistungsträger, die diese Eigenschaften mitbringen, thronen lieber in ihren Elfenbeintürmen, abgeschieden und weit weg von der Wirklichkeit, anstatt sich nach unten zu bewegen und genau das zu tun, was die Bürger erwarten, nämlich historisch gewachsene Strukturen aufzubrechen, um die Verwaltung schlanker, digitaler, mit einem klaren, ergebnisorientierten Fokus zu gestalten.

Wie also kann die Veränderungsbereitschaft und der Willen in den Kommunen derart stimuliert werden, dass bis zum Jahr 2022 landes- und bundesweit ein gleiches Niveau an digitalen Verwaltungsleistungen besteht? Idee Nummer 1: Die Dachverbände der Städte und Gemeinden sowie Landkrei

se wirken derart positiv beeinflussend, dass die unteren Verwaltungsebenen aus eigener Kraft die Umsetzung des E-Governments wuppen. Nachdem jedoch der Chef vom Deutschen Städte- und Gemeindebund ernsthaft auf die Idee kommt, offenes Regierungshandeln zu verwerfen, indem er Open Government Data eine Absage erteilt, und der Deutsche Landkreistag im Behördenspiegel darüber sinniert, dass die Kommunen vom OZG nicht betroffen wären, muss man feststellen, dass die Dachverbände kommunaler Gebietskörperschaften keine geeigneten Partner sind, um das E-Government in den untersten Verwaltungsebenen umzusetzen.

Idee Nummer 2: Die Landesregierung schafft sogenannte Basiskomponenten zur Nachnutzung in den kommunalen Gebietskörperschaften. Dadurch verringern sich die Investitionskosten auf kommunaler Ebene und dies wirkt sich positiv auf den Veränderungswillen kommunaler Behörden aus. Aber auch die Idee Nummer 2 funktioniert nicht ohne Begleitmaßnahmen, denn das Land Thüringen verfügt bereits über Erfahrungen, in denen landesseitig bereitgestellte technische Komponenten keine kommunale Nachnutzung erfahren haben – und zwar im Zusammenhang mit dem Aufbau der Geodateninfrastruktur.

Meine Damen und Herren, wenn man was wuppen will, dann muss man der Realität ins Auge blicken und konsequent handeln. Um die kommunale Schwäche der kleinteiligen Struktur des Freistaats Thüringen etwas zu kompensieren, schlage ich in meinem Änderungsantrag die Bildung eines Pflichtverbands als Begleitmaßnahme vor. In diesem Verband müssen sich die Kommunen organisieren und profitieren durch kostensenkende Synergien bei gleichzeitiger Anhebung der Qualitätsstandards ihrer Leistungen.

Ein weiterer wichtiger Änderungsvorschlag betrifft § 4, den ich dahin gehend erweitert habe, dass die kontinuierliche Weiterentwicklung des zentralen EGovernment-Portals stets nutzerzentriert erfolgen soll.

Im Weiteren sehe ich keinen Sinn darin, unterschiedliche Standards für die Veröffentlichung behördlicher Daten in öffentlichen Netzen zu schaffen, sondern spreche mich dafür aus, dass festgelegte Kategorien behördlicher Daten in einem Transparenzregister nach einem einheitlichen Standard zu veröffentlichen sind. An dieser Stelle erinnere ich die Landesregierung höflichst, den Parlamentsbeschluss vom Juni 2016 zu respektieren und endlich dem Landtag einen Entwurf für ein Transparenzgesetz vorzulegen.

Ich bitte um Zustimmung zu meinem Antrag. Herzlichen Dank.

(Abg. Floßmann)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Als Nächste hat Frau Abgeordnete König-Preuss für die Fraktion Die Linke um das Wort gebeten.

Danke schön, Herr Präsident. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörer und Zuhörerinnen auf der Tribüne, aber auch diejenigen, die möglicherweise am Livestream zuschauen! Zuerst: Ich glaube, zu dieser inkompetenten Rede des AfDAbgeordneten gibt es nur einen Satz zu sagen: Ich versichere Ihnen eins und das verspreche ich hoch und heilig: Wir werden keine Gebietsreform im Internet umsetzen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Heiterkeit DIE LINKE)

Zu den Ausführungen von Frau Floßmann: Da würde ich mir wünschen, dass Sie sich vielleicht noch mal mit dem Gesetzentwurf befassen – insbesondere auch mit dem Änderungsantrag, den Rot-RotGrün nicht nur eingebracht, sondern auch schon im Haushaltsund Finanzausschuss beschlossen hat – und sich eben nicht hier vorne hinstellen und kritisieren, dass keine Mittel zur Verfügung gestellt werden würden, dass in den Stellungnahmen des Gemeinde- und Städtebunds bzw. des Thüringischen Landkreistags entsprechende Summen angegeben werden würden, was eben auch nicht so konkret der Fall ist. Ich will da mal ganz kurz zitieren: Die Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebunds spricht davon, dass die Kosten im Bereich „E-Government“ und „IT“ für Aufgaben im eigenen und übertragenen Wirkungskreis über die Schlüsselzuweisung im Kommunalen Finanzausgleich respektive den Mehrbelastungsausgleich vollständig zu erstatten sind; das fordern sie – und dann: „Insoweit gehen wir überschlägig von Kosten in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro für die vorgesehenen Umsetzungen in diesem Bereich in Thüringer Gemeinden und Gemeindeverbänden aus.“ Das ist keine Rechnung, die dort dargelegt wird. Da können Sie sich nicht hier vorne hinstellen und sagen: Die und die Kosten entstehen, das fordert der Gemeinde- und Städtebund, das fordert der Thüringische Landkreistag und Rot-Rot-Grün ignoriert das einfach.

(Zwischenruf Abg. Floßmann, CDU: Sie kön- nen ja gar keine Kosten darlegen!)

Um noch mal auf den Thüringischen Landkreistag und dessen Stellungnahme zu verweisen, auf Seite 2 steht: „Aufgrund der vorgenannten Ausführun

gen ist davon auszugehen, dass mindestens ein dreistelliger Millionenbetrag für Investitionen zur Umsetzung von E-Government in Thüringen für die Landkreise bzw. Kommunen erforderlich sein wird!“ Dreistellig – das können jetzt 100 Millionen Euro sein, das können aber auch 999 Millionen Euro sein. An der Stelle können Sie uns nicht den Vorwurf machen, dass es keine präzisen Kostenrechnungen gibt für das, was entsteht,

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wenn gleichzeitig die von Ihnen hier vorne gelobten Stellungnahmen des Landkreistags bzw. Gemeinde- und Städtebundes ebenso wenig in der Lage sind, das zu tun. Das vielleicht nur mal zur Erklärung.