Meine Damen und Herren, zum Thema der Nutzung offener Standards und freier Software gibt es einen regelrechten Glaubenskrieg. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, dort, wo es technisch möglich und wirtschaftlich ist, freie Software einzusetzen. Nicht nur Deutschland als Staat, sondern auch die ganze EU muss die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern reduzieren. Thüringen als kleines, finanzschwaches Bundesland hat nur geringe Möglichkeiten, sich dem Mainstream zu widersetzen. Aber die wenigen Möglichkeiten, die es gibt, sollten genutzt werden. Der neue § 4, den wir eingefügt haben, schafft hierzu die rechtliche Grundlage.
Die Verpflichtung zur Errichtung eines zentralen EGovernment-Portals ist im Online-Zugangsgesetz des Bundes bis spätestens Ende 2022 vorgesehen. Die Portale sollen dann gemeinsam über einen Portalverbund miteinander verknüpft werden. Die Koalitionsfraktionen präzisieren mit ihrem Änderungsantrag zu § 5 des Gesetzes den gewünschten Funktionsumfang des zentralen E-Government-Portals. Um die Nutzerfreundlichkeit immer weiter zu erhöhen und Fehler schnell erkennen und ausmerzen zu können, wird eine niedrigschwellige Feedbackfunktion vorgeschlagen. Dadurch können Infos der Nutzer schnell und unkompliziert an den Mann gebracht werden.
Meine Damen und Herren, mit dem E-GovernmentGesetz werden die Thüringer Behörden verpflichtet, bis zum 1. Januar 2019 einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente zu eröffnen. Nur in Ausnahmefällen kann darauf aufgrund von Unwirtschaftlichkeit verzichtet werden, wofür die Koalitionsfraktionen die periodische Überprüfung vorschlagen. Bei der Übermittlung der Daten muss mindestens ein gängiges Verschlüsselungsverfahren angeboten werden. Diese von den Koalitionsfraktionen gewählte Formulierung gibt hierbei mehr Spielraum als die Formulierung im ursprünglichen Gesetzentwurf. Die Koalitionsfraktionen schlagen mit der Einführung des neuen § 24 vor, den Thüringer Behörden die Möglichkeit für elektronische Beteiligung zu eröffnen. Damit ist eine informelle und freiwillige Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsfindungen möglich. Ich bin gespannt, wie diese Möglichkeit in Zukunft genutzt wird.
Zum Schluss möchte ich noch auf eine Änderung eingehen, mit der die Koalitionsfraktionen einem Wunsch der kommunalen Spitzenverbände nachkommen. Beide Verbände hatten in den Anhörungen beklagt, dass die Finanzierungsregelungen in § 28 – jetzt neu § 29 – zu unbestimmt sind. Zwar wurde mit dem Haushalt 2018/2019 über Deckungsmöglichkeiten bereits eine finanzielle Vorsorge getroffen, um die Kommunen bei der Schaffung einer einheitlichen E-Government- und ITStruktur unterstützen zu können. Die Koalitionsfraktionen haben sich dafür entschieden, dem Anliegen der Kommunen nachzukommen und die Kommu
nen nicht nur nach Maßgabe des Haushalts hierbei finanziell zu unterstützen, sondern im Jahr 2018 mit 10 Millionen Euro, 2019 bis 2021 mit jeweils 20 Millionen Euro und im Jahr 2022 noch einmal mit 10 Millionen Euro. Insgesamt fließen also außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs 80 Millionen Euro an die Kommunen, damit auch dort endlich effektive, tragfähige und zum Land kompatible IT-Strukturen entstehen.
Das kann sich wirklich sehen lassen und zeigt, wie wichtig den Koalitionsfraktionen die Zusammenarbeit mit der kommunalen Familie ist.
Wir haben noch einen Änderungsantrag des Abgeordneten Krumpe vorliegen, der im Haushalts- und Finanzausschuss nicht mehr behandelt worden ist. Hier sind Punkte enthalten, die Sinn machen, die vielleicht auch diskutiert werden müssen, andere, die wir nicht übernehmen würden. Uns scheint besonders sinnvoll der Punkt unter Ziffer I.10, der die Kommunen betrifft. Ich würde beantragen, dass wir diesen Punkt getrennt von den anderen Punkten abstimmen.
Meine Damen und Herren, am Ende meines Redebeitrags möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen bedanken, bei den Abgeordneten, die konstruktiv mitgearbeitet haben, bei der Verwaltung, bei den Behörden und Institutionen, die an der Anhörung teilgenommen haben und damit unseren Findungsprozess bereichert haben.
Der Gesetzentwurf, der uns vorliegt und jetzt durch die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses ergänzt und abgeändert wird, sorgt dafür, dass Thüringen ein modernes E-Government-Gesetz als Grundlage für die Fortentwicklung der elektronischen Verwaltung im Freistaat bekommt. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Danke schön. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Henfling für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass sich hinter dem Titel „Thüringer Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften“ das Gesetz – für den, sagen wir mal, Nichtpoli
tiker oder die Nichtpolitikerin – des E-Government verbirgt. Noch mal zur Erinnerung: E-Government, also die elektronische Verwaltung, beschreibt die Kommunikation und das Verwaltungshandeln sowohl zwischen behördlichen Institutionen als auch zwischen Behörden und den Bürgerinnen und Bürgern auf einem digitalen Weg. So weit so gut.
In meiner letzten Rede zur ersten Lesung des Gesetzes habe ich bereits ausgeführt, welche Möglichkeiten – und Werner Pidde hat es hier teilweise auch beschrieben – sich für Thüringen aus der Digitalisierung der Verwaltung ergeben können. Beispielsweise die Um- und Anmeldung von Kraftfahrzeugen bzw. die Beantragung von Reisepässen oder Anwohnerparkausweisen könnten damit Thüringer Bürgerinnen und Bürger zum großen Teil online regeln. Das schafft kurze Wege und das ermöglicht mehr Teilhabe.
Der vorgelegte Gesetzentwurf hat bereits in vielen Bereichen positive Vorgaben und Lösungen aufgezeigt. Die guten Errungenschaften haben wir bereits bei der letzten Lesung angesprochen. Auch die Anhörung belegt aus unserer Sicht die tragfähige Ausgangslage. Es gibt einen Rückkanal, es gibt elektronische Bezahlmöglichkeiten; die Einreichoption von elektronischen Rechnungen, die E-Akte und die Bürgerkonten wurden als sehr positiv aufgefasst.
Wir als Grüne haben bereits im Februar 2017 einen Fraktionsbeschluss zur Digitalen Gesellschaft gefasst. In der Auswertung unserer Gespräche im letzten Sommer haben wir auch da immer wieder mitbekommen, dass es dringend notwendig ist, so einen Beschluss zu haben, denn wir müssen in Thüringen leider immer noch feststellen, dass es definitiv an einem digitalen Habitus fehlt und dass wir hier noch ganz viel Luft nach oben haben.
Während einige Teilnehmerinnen bei der Anhörung von Schnittstellenkompatibilität, Verschlüsselung und Public-Key-Verfahren sowie offenen Standards reden, verweisen andere in Stellungnahmen – und das sollte uns zu denken geben – auf die technische Unmöglichkeit der Bearbeitung einer PDF-Datei. Das heißt, wir haben hier ein sehr breites Spektrum von Menschen, die sich einerseits eigentlich mit solchen elektronischen Sachen tagtäglich beschäftigen müssen, denen andererseits aber schlicht und ergreifend die digitale Kompetenz fehlt.
Das ist ein Flickenteppich in Thüringen. Wir müssen leider sagen: An vielen Stellen ist es leider immer noch eine IT-Wüste. Es zeigt aber umso mehr, dass hier eine Entwicklung brachliegt und dass andere Länder uns da weit voraus sind und dort das digitalisierte Verwaltungshandeln schon lange gang und gäbe ist.
Wir wollen in Thüringen die Weiterentwicklung einer digitalen Gesellschaft forcieren. Dazu bedarf es eben eines echten Habitus des Digitalen, der dies fördert, was auch ein Umdenken in vielen Bereichen erfordert. Wir müssen von den bestehenden handelnden Strukturen zukünftig mehr Engagement und Mut erwarten und weniger Bedenken und Ablehnung. Das wäre uns ein großes Anliegen, auch gerade an diejenigen, die auf der kommunalen und auf der Verwaltungsebene handeln, denn für uns Grüne ist Bürgerbeteiligung ein zentraler Baustein unserer Politik. Wir folgen dem Grundsatz: Die Digitalisierung darf nicht um ihrer selbst willen geschehen, sondern muss den Menschen im Land nutzen.
Wir haben daher bereits im letzten Jahr Kriterien für eine gelingende Digitalisierung aufgestellt. Ein Hauptpunkt bleibt dabei die digitale Resilienz – auch das hat der Kollege Pidde hier schon angesprochen – als die eigene Widerstandsfähigkeit in der digitalen Alltagswelt, also eben nicht die Abhängigkeit von Großunternehmen wie Microsoft zu schaffen. Ich finde, das haben wir im E-Government-Gesetz hier gut geregelt. Mit der Prüfung offener Softwares, denke ich, sind wir da auf einem sehr guten Weg.
Aktuell können wir leider in München sehen, welche Folgen die politische Entscheidung hat, sich wieder den großen Konzernen anzubieten. Finanziell zahlt man wieder horrende Lizenzgebühren und muss seine Verwaltungsprozesse der Technik anpassen. Man vergibt die Chance, Herren über die eigene Soft- und Hardware zu sein und zu bleiben. Auch das wurde uns in diesen Stellungnahmen mitgegeben. Wir wollen die Methode der Open-Source-Lösungen tatsächlich anwenden und uns nicht zu 100 Prozent den Herstellerlaunen von Großkonzernen ausliefern.
Die Open-Source-Lösungen bieten vielfältige Vorteile: Sie erhöhen aus unserer Sicht die Sicherheit, sie senken die Kosten, sie erleichtern den Wissenstransfer und dienen durch eine stetige Weiterentwicklung und Rückmeldung durch die Nutzer dem Gemeinwohl. Diesen Gedanken haben wir aufgenommen und in vielfältiger Weise im Gesetz verankert. So schaffen wir einen neuen Paragrafen zu offenen Standards, geben dem E-Government-Portal eine Rückmeldefunktion und fördern mit Landesmitteln einheitliche E-Government- und IT-Infrastrukturen sowie IT-Koordinierungs- und Standardisierungsmaßnahmen, die einer gemeinsamen Nutzung aller Gemeinden dienen.
All das sind konkrete und praxistaugliche Maßnahmen, welche die Nutzer in den Mittelpunkt stellen. Nutzerfreundlichkeit und medienbruchfreie Kompatibilität sollen die Hürden für eine Akzeptanz elektronischen Verwaltungshandelns möglichst gering
halten. Gleichzeitig ist die Umstellung der Verwaltung auf ein funktionierendes E-Government ein Leuchtturmprojekt. Den Bürgern muss dabei gezeigt werden, dass ihre Grundrechte auch im digitalen staatlichen Handeln verantwortungsbewusst gestärkt und gewahrt werden.
So ist es nur folgerichtig, neben der De-Mail weitere Verschlüsselungsverfahren zuzulassen, denn selbst der Verein Nationales E-Government Kompetenzzentrum kommt in seiner Stellungnahme zu dem Schluss, ich zitiere: „De-Mail ist ein deutscher Sonderweg, der mutmaßlich zukünftig abgelöst wird.“ Das 2011 gesetzlich verankerte Mailsystem ist also ein totes Pferd der damaligen Bundesregierung, auf das man nicht mehr setzen sollte. Auch das haben wir in dem Gesetz geöffnet.
Des Weiteren haben wir die besondere Stellung des Landtags aufgenommen. Im Landtag gehen sowohl Verwaltungshandeln als auch parlamentarische Praxis zusammen. Dabei kommt den Abgeordneten eine besondere Schutzfunktion zu. Dies haben wir angemessen im Gesetzestext berücksichtigt. Ebenfalls berücksichtigt haben wir das große Potenzial, welches die Digitalisierung bietet. Dieses Potenzial wollen wir noch stärker nutzen und haben daher die Möglichkeit der Beteiligung der Öffentlichkeit durch elektronische Informationssysteme in einen neuen Paragrafen aufgenommen.
Die Crux eines solchen Gesetzes ist es, in Zeiten galoppierender technischer Entwicklung einen konkreten Regelungsgehalt formulieren zu müssen. Das, was jetzt wirtschaftlich und technisch unmöglich erscheint, kann in ein paar Jahren schon wieder Normalität sein. Daher wurde die periodische Überprüfung einer möglichen Unwirtschaftlichkeit zu den jeweiligen Paragrafen ergänzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird höchste Zeit, dass wir heute hier dieses Gesetz verabschieden, denn leider hängen wir in Deutschland gerade mit der elektronischen Verwaltung, mit dem elektronischen Regieren hinterher. Dieses Gesetz bietet eine wichtige Grundlage genau dafür. Wir sind bei vielen Fragen vom Bund abhängig und müssen dort auf den Bund warten. Ich glaube aber, dass es in Zukunft vor allem auch aus den Ländern heraus und auch aus den Kommunen heraus mit solch einem Gesetz eine größere Selbstverständlichkeit gibt, mit der man auch dem Bund gegenübertreten kann und dort auch Entscheidungen einfordern kann.
Wir bewegen uns sozusagen mit diesem Gesetz in die Moderne und können damit einige Schieflagen ausgleichen. Ich kann die Zustimmung zu diesem Gesetz nur wärmstens empfehlen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Henfling. Als Nächster hat Abgeordneter Rudy für die AfD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Parlamentspräsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Zuschauer im Saal und am Fernseher, die Landesregierung legt einen Gesetzentwurf vor, der die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit der öffentlichen Verwaltung ermöglichen soll. Effiziente Verfahren und Kosteneinsparungen sollen die Folge sein. Als Begründung dafür führen Sie an, dass die Digitalisierung der Gesellschaft seit Jahren immer schneller voranschreite. Unabhängig von der Frage, ob das, so wie Sie es hier behaupten, überhaupt stattfindet oder ob nicht vielleicht der Wunsch Vater des Gedankens ist, weil Sie mehr und bessere Möglichkeiten der Informationsbereitstellung und Verarbeitung zum Beispiel über das Internet mit der Digitalisierung der Gesellschaft verwechseln, wirft Ihr Entwurf ganz irdische und herkömmliche Probleme auf. Das Scheitern Ihrer Gebietsreform sollte Ihnen aufgezeigt haben, dass zuallererst die gründliche und mit zielorientierten Ergebnissen versehene Analyse der Gegebenheiten und mittelfristig erforderlichen Notwendigkeiten der Landesverwaltung durchgeführt werden müsste. Daraus sollten dann die richtigen – nicht die mit ideologischen Wolkenkuckucksheimen aufgeblasenen – Schlüsse gezogen und mit erreichbaren Zielvorgaben versehene Vorgaben der Organisation gemacht werden. Erst danach wäre zu überlegen, in welchem Umfang, auf welche Art und Weise, in welchen Zeiträumen und mit welchen Kosten die so organisierte Verwaltung eine zunächst parallele und später möglicherweise vollständige elektronische Struktur erhalten kann und soll. Nichts davon haben Sie getan. Die Einzelheiten zur Irrlichterei, welche Behörde bald wofür verantwortlich, nicht oder nur zum Teil verantwortlich, mit wie viel Personen an welchem Ort ausgestattet sein soll, erspare ich uns und Ihnen lieber.
In den Ausschussberatungen wurde angesprochen, dass eine Evaluierung des Gesetzes erforderlich und geboten sei. Auch das haben Sie abgelehnt. Viel wichtiger und bedeutsamer ist jedoch, dass Sie eine wahrhaftige Diskussion darüber verweigern, wie teuer diese ganze Aktion werden kann und werden wird. Kein Wunder, da Sie nicht einmal selbst wissen, was Sie alles zur Umsetzung brauchen werden. Sie behaupten, dass etwa 20 Millionen Euro jährlich für die Ausstattung des Projekts ausreichen werden. Realistische Schätzungen gehen allerdings von bis zu 100 Millionen Euro aus. Was machen Sie, wenn sich diese Schätzungen auch nur teilweise realisieren? Wo werden Sie dann Einsparungen vornehmen? Wie soll etwas funktionie
ren, was nicht genügend ausgestattet ist? Lassen Sie mich zum Ende noch daran erinnern, dass es in Deutschland so gut wie keine größeren IT-Projekte gibt, die im Zeit- und vor allem im Kostenrahmen fertiggestellt worden sind. Ich erinnere an die Katastrophe, die das besondere elektronische Anwaltspostfach gerade darstellt. Geradezu exemplarisch zeigt es auf, wie solche Projekte erfolgreich versenkt werden können. Ersparen Sie das dem Thüringer Steuerzahler. Daher lehnen wir Ihren Entwurf ab. Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter Rudy, für Ihren Beitrag. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Floßmann für die CDU-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne und am Livestream, werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe in der ersten Lesung kritisiert, dass der Gesetzentwurf über drei Jahre Einbringungszeit seit der Bundesgesetzgebung gebraucht hat, um den Thüringer Landtag zu erreichen, also sehr lange. Heute sage ich: Sie legen unnötige Hast an den Tag, weil Sie das Gesetz unbedingt jetzt um jeden Preis verabschieden wollen.
Wir haben heute den 27. April. Im Ausschuss haben wir bereits deutlich gemacht, das wir es am 25. Mai, also nicht mal in vier Wochen, mit einer veränderten Rechtslage zu tun haben. Mit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung haben wir eine andere Rechtslage. Natürlich können sich die Rechtslagen immer ändern, aber wenn man das jetzt schon weiß, dann sollte man darauf eigentlich auch reagieren. Obwohl Sie um den Umstand wissen, wollen Sie heute unbedingt diesen Gesetzentwurf verabschieden.
Die Datenschutz-Grundverordnung ist in weiten Teilen unmittelbar geltendes Recht. Erst gestern hat der Landesdatenschutzbeauftragte dazu eine Pressemitteilung versandt und auf Neuerungen durch das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung hingewiesen und auch den entsprechenden Fragebedarf dargelegt. Sollen nun die Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung bei Anwendungsproblemen jedes Mal die Ur-Verordnung neben ihr Gesetz legen und schauen, was gilt? Aufgrund des
umfangreichen Wirkungsgebiets, Herr Dr. Pidde, hatten wir in Bezug auf die Datenschutz-Grundverordnung als Fraktion gefordert, ein Gutachten beim Wissenschaftlichen Dienst der Landtagsverwaltung zu Fragen des Anwendungsvorrangs der EU-Datenschutz-Grundverordnung gegenüber Regelungen dieses Gesetzentwurfs in Auftrag zu geben. Insbesondere sollte hier geschaut werden, welche Thüringer Rechtsgrundlagen in Bezug zum Datenschutz im Anwendungsbereich dieses Gesetzentwurfs einer Änderung bedürfen oder aber auch in anderen entsprechenden Regelwerken. Dieses Gutachten haben Sie abgelehnt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Noch fraglicher ist es für mich, ob Sie die Folgen Ihres Handelns vollumfänglich abschätzen können. Ich glaube nicht, dass Sie alle Fragen, die mit der Datenschutz-Grundverordnung aufgeworfen werden in Bezug auf Thüringer Rechtsgrundlagen und auf Ihr Gesetz, abschätzen können. Schon heute weist der Gesetzentwurf Defizite auf, der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, beispielsweise in Bezug auf die Speicherung von Verkehrsdaten in § 30 hatte er den Widerspruch zum Telekommunikationsgesetz dargelegt. Bis heute ist dieser Widerspruch nicht geklärt.
Ich will auch noch mal auf die Stellungnahmen der kommunalen Familie eingehen. Der Gemeinde- und Städtebund hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen und die Gemeinden hatten das auch in vielen Gesprächen bestätigt – die Kommunen begrüßen ausdrücklich den Gesetzentwurf –, dass es beispielsweise ein Gesetz dazu geben wird und geben soll – hin zu einer elektronischen Verwaltung – aber man muss ihnen auch gestatten, dass Mängel aufgezeigt werden. Das heißt nicht, dass der Gesetzentwurf nicht grundsätzlich begrüßt wird. Ich finde es schon ein bisschen dreist, Frau Henfling, wenn Sie dann hier sagen, dass eine fehlende digitale Kompetenz vorliegt, wenn man hier Mängel aufzeigt. Es ging nicht darum, dass man das nicht umsetzen kann oder will, es ging darum, dass Personalaufwand und Kosten erstattet werden.