Protocol of the Session on March 21, 2018

aber es erklärt, warum Sie da so eine sehr, sehr restriktive Meinung vertreten. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als Nächster hat Abgeordneter Adams für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste hier im Thüringer Landtag, liebe Thüringerinnen und Thüringer, eine kleine Vorbemerkung kann ich mir natürlich nicht verkneifen. Mehrfach ist schon die Einleitung der AfD zu diesem Alkoholverbotsgesetz zitiert worden, in der sie im ersten Satz darauf hinweist, dass es durch eine – wie Sie, glaube ich, geschrieben haben – massenhaft illegale Einwanderung zu Problemen gekommen ist. In dem Zusammenhang mit massenhafter Einwanderung, wie Sie es immer nennen, haben Sie oft auch schon vor der Islamisierung unserer Gesellschaft gewarnt. Wenn man jetzt beides zusammennimmt und ganz kurz nachdenkt, dann müsste Ihnen auffallen, dass das eigentlich eher etwas ist, was Ihnen hier zur Hilfe kommen würde, weil gerade Menschen muslimischen Glaubens natürlich dem Alkohol aus theologischer Begründetheit eben gar nicht, nicht in der Öffentlichkeit und auch nicht im Privaten, zusprechen. Insofern würde das im Prinzip Ihren Reglungsbedürfnissen zuwiderlaufen und natürlich auch das Problem minimieren, das Sie mit Ihrem harten Gesetz hier voranbringen wollen.

Verzeihung, Herr Abgeordneter Möller hat eine Frage und Sie, Herr Adams, lassen sie offensichtlich zu?

Klar doch.

Bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege Adams. Was mich interessieren würde: Ist Ihnen denn bekannt, dass das Alkoholverbot für Muslime im Koran sogar relativ häufig von Muslimen verletzt wird, dass sich also auch Muslime nicht immer hundertprozentig an den Wortlaut des Korans halten?

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Du hältst dich auch nicht ans Grundgesetz!)

Da haben Sie vollkommen recht. Mir sind sogar Katholiken bekannt, die

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: … die Fastenzeit nicht einhal- ten!)

die Fastenzeit nicht ordnungsgemäß halten und

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Außerehelicher Sex bei Katholiken!)

auch im Oktober Rosenkranzandachten eben nicht in der gebotenen Form halten. Das soll es geben. Aber die klare Aussage, dass es bei Menschen muslimischen Glaubens eine gewisse Sperre gibt, zum Alkohol zu greifen, das werden selbst Sie nicht verneinen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann es aber ganz kurz machen: Diesen Gesetzentwurf werde ich ablehnen und ich werde ihn auch nicht an einen Ausschuss überweisen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit spreche ich für die gesamte Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Wir haben im Verlauf der Debatte hier schon viele gute juristische Darlegungen dazu gehört, warum dieses Gesetz nicht nötig ist und warum dieses Gesetz auch das Kind mit dem Bade ausschüttet, es also überflüssig ist. Ich will versuchen, das noch mal mit ganz einfachen Gedanken zu unterstreichen. Die erste Frage ist und bleibt – und das hat ja die Debatte auch gezeigt –: Was wollen Sie denn verbieten? Ich frage Sie wirklich: Wollen Sie dem Liebespaar, das den Sonnenuntergang genießend in einem Thüringer Park auf einer Bank sitzt und ein Piccolöchen trinkt, das verbieten? Ich glaube, wohl nein. Aber was ist, wenn dieses gleiche Liebespaar knutschend dann doch ein wenig mehr aufeinanderliegt? Dann wollen Sie es wieder verbieten, weil es nämlich eine alkoholbedingte Störung der öffentlichen Ordnung ist. Das ist doch absurd.

Sie wollen – das haben Sie hier gesagt – ja offensichtlich nicht das Biertrinken in Biergärten und in Freisitzen verbieten. Auch dort changiert Alkoholgenuss vom Genießen alkoholischer Getränke als geschmackliches Erlebnis bis hin zum kräftigen Bechern. Das ist doch – egal, ob es im öffentlichen Raum oder in der Gaststätte stattfindet – immer ein fließender Wechsel. Und Sie wollen sich hinstellen und irgendwann sagen, hier ist genug und da dürfen wir es nicht? Sie wollen im Biergarten das Trinken erlauben und es den Menschen auf der Mauer

(Abg. Möller)

nebenan mit der Flasche Bier in der Hand verbieten.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ganz genau!)

Wie fies. Das ist doch einfach nur fies, wenn man so was macht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einfach nur fies. Das wollen wir auf keinen Fall machen.

(Unruhe AfD)

Sie sind damit verdammt nah an einer Sittenpolizei. Das ist, glaube ich, auch der tiefere Gedanke, den Sie bei diesem Gesetz haben. Sie sagen ja immer wieder, das machen ja dann nicht wir, das machen wir ja nicht im Landtag, das macht ja die Ordnungsbehörde. Da machen Sie sich die Hände nicht schmutzig. Da machen sich die Damen und Herren der AfD-Fraktion die Hände nicht schmutzig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dem Punker die Pulle Bier verbieten wollen, aber selbst beim Picknicken Prosecco trinken. Das ist Ihre Politik und das machen wir nicht mit, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das Einzige, was gegen Alkoholmissbrauch – und darüber sind wir uns sicherlich einig – wirklich hilft, ist erstens eine Zukunftsperspektive für Menschen. Für denjenigen, für den es am Morgen immer wieder weitergeht mit neuen interessanten Aufgaben, mit Herausforderungen, ist klar, wo es am Abend mit dem Alkohol aufhören muss. Aber für denjenigen, auf den am Morgen nichts wartet und am nächsten Morgen auch keine Aufgabe wartet, der in der Gesellschaft das Gefühl bekommt, nicht gebraucht zu werden, für den liegt der Alkoholkonsum dann auch bis hin zum Missbrauch natürlich näher. Da müssen wir ran, Zukunftsperspektiven für alle Menschen, die bei uns leben.

Dann kommt noch Prävention und Aufklärung dazu. Weil die AfD immer so sagt, Aufklärung und Prävention, was bringt das schon, mal eine wunderbare Zahl der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Und zwar haben die eine Studie gemacht zu Prävention und Aufklärung zum Thema „Alkohol“: Von 2001 bis 2016 ist der Anteil von männlichen Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren, die noch nie Alkohol getrunken haben, von 10 Prozent auf 35 Prozent gestiegen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Präventions- und Aufklärungserfolg von erheblichem Maße. Das ist der richtige Weg, um Alkoholmissbrauch zu verhindern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Deshalb ist es natürlich immer richtig, dass es auch im Thüringer Landtag eine lange Debatte um Alkoholverbote gibt. Die CDU-Fraktion hat das immer gefordert auch in unterschiedlicher Form, es hat auch ein Staatssekretär hier im Haus in einer früheren Verwendung das in Erfurt energisch betrieben. Das Ergebnis war dann die Öffnungsklausel im Ordnungsbehördengesetz, so wie sie jetzt besteht, die ein solches Alkoholverbot für bestimmte Plätze, für das Umfeld von Kindergärten und Kinderspielplätzen ermöglicht.

Das ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine lange Debatte, die wir geführt haben. Und daran will ich auch gar nichts kritisieren. Ich kritisiere Ihre Verschärfung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb ist die Position von Bündnis 90/Die Grünen sehr klar: In Thüringen muss es erlaubt sein, zur Bratwurst auch ein Bier zu trinken, auch im öffentlichen Raum. In Thüringen muss es erlaubt sein, zum Boule auch ein Pastis zu trinken, wenn man es auch im öffentlichen Raum spielt, und es muss auch möglich sein, beim Picknick ein Glas Wein zu trinken, wenn es im öffentlichen Raum ist. Ihrer kleinkarierten Spießigkeit, die sich in diesem Gesetz manifestiert, erteilen wir eine Absage. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Der Abgeordnete Hartung hat noch mal um das Wort gebeten.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Möller, ich erspare mir jetzt, diese ganzen Falschzitate, die Sie mir untergeschoben haben, hier alle richtigzustellen. Das wäre nur ermüdend. Das machen wir dann vielleicht mal, wenn die Protokolle vorliegen, dass man das einfach mal nebeneinander stellt. Aber, was soll es.

(Unruhe AfD)

Ich verwahre mich aber dagegen, dass ich gesagt haben soll, der Schutz des Kindeswohls wäre verfassungswidrig. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, ich halte es für schwierig mit der Verfassung vereinbar bzw. in diesem Sinne, dass man ohne einen Anlass Freiheitsrechte einschränkt. Das habe ich gesagt.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Es gibt doch einen Anlass!)

Nein, da müssen Sie erst einmal den Zusammenhang herstellen. Zu sagen, wenn jemand keinen Alkohol im öffentlichen Raum trinken darf, dann ist das Kinderschutz, das ist schon ziemlich weit hergeholt. Das werden Sie mir mal genauer erklären

(Abg. Adams)

müssen. Deswegen bleiben Sie mal bitte bei der Wahrheit. Wenn Sie behaupten, ich hätte hier gesagt, Kinderschutz wäre verfassungswidrig, ist das eine Lüge und Sie wären ein Lügner. Das habe ich nicht gesagt.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Zweitens finde ich es schon ziemlich heftig, wenn Sie sagen, Sie wollen nicht Alkoholkonzentration im Blut ab einem gewissen Promillegradbereich verbieten, sondern Sie wollen den generellen Genuss von Alkohol an bestimmten Orten verbieten bzw. prophylaktisch verbieten lassen. Da sagen Sie: Das hemmungslose Besäufnis darf nicht geschützt sein.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Was?)

Entschuldigung, wenn sich jemand einen Piccolo mit jemandem teilt, ist das noch kein Besäufnis, denn dann trinkt man ein Glas Sekt. Oder wenn man zur Bratwurst ein Bier trinkt. Beides wird bei mir nicht passieren,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bei mir auch nicht!)

aber wenn, wäre das noch lange kein Besäufnis. Ich verstehe nicht, was Herr Möller für ein Konsumverhalten hat. Es ist aber sehr tiefgründig, wenn jeder Griff zu einem Glas Alkohol gleich in ein Besäufnis ausartet. Aber genau diese sprachliche Unsauberkeit gemeinsam mit dieser sittenpolizeilichen Attitüde ist es, die da einfach immer sehr deutlich herauskommt.

Ich möchte noch was sagen. Sie sagen immer, die Ausländer sind gekommen und jetzt gibt es so viel Kriminalität usw. Wissen Sie, ich bin seit 20 Jahren regelmäßig bei der Polizei, mache Blutentnahmen, gucke mir Opfer von Gewalttaten an. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich habe in den 20 Jahren von damals bis heute noch nie so viele Opfer von Gewalttaten mit Migrationshintergrund gesehen wie jetzt. Oft war Alkohol im Spiel, das ist richtig, aber die Täter sind fast immer Deutsche. Ich habe in dieser gesamten Zeit noch nicht ein einziges Mal einen Gewalttäter gehabt, dem ich Blut abnehmen sollte, der ein Ausländer war, nicht ein einziges Mal in 20 Jahren.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie hier also erzählen – und ich habe mehrere Tausend solcher Blutentnahmen gemacht –, seit dieser massenhaften illegalen Migration wäre das alles so schlimm geworden, dann kann es sein, dass Sie irgendwelche Statistiken bringen, die solche Sachen sagen. Das reale Leben – tut mir leid – sieht ganz anders aus. Vielen Dank.