Protocol of the Session on February 23, 2018

(Zwischenruf Hoppe, Staatssekretär: Ja, die heißen ja auch so!)

Ja, die heißen in der Tat so, Herr Staatssekretär.

Jetzt habe ich mir angeschaut, denn ich will Sie ja auch mit aktuellen Zahlen versehen: Es gibt eine aktuelle Umfrage des Thüringer Studentenwerks aus dem Jahr 2017, wo insgesamt 4.777 Studenten befragt worden sind im Hinblick auf die Frage, wie sie ihr Studium finanzieren. Und auch dort ist es so, dass die 18- bis 22-Jährigen zu 39 Prozent über BAföG ihr Studium finanzieren. In der Summe geben 56 Prozent von allen Befragten an, dass das Elternhaus ihre erste Finanzquelle ist. Ich finde, das ist doch eine bemerkenswerte Kontinuität zwischen der Sonderauswertung der 20. Sozialerhebung und den aktuellen Zahlen 2017.

Und das, was wir als Union machen werden, ist: Wir werden das, was wir hier vorschlagen, nämlich die 1 Milliarde Euro mehr in Ausbildungsförderung zu stecken, machen. Aber wir werden es nicht mit einem gesellschaftlichen Bild machen, dass der Mensch erst dann beginnt, wenn er Abitur und ein Hochschulstudium hat, sondern wir werden es machen, indem wir bewusst sagen: Wir wollen Studenten die Chance geben, wenn sie aus sozial schwierigen Verhältnissen kommen oder nicht so viel Geld in der Tasche haben, zu studieren. Aber wir wollen gleichzeitig auch diejenigen, die über die duale Ausbildung sagen, dass sie über Meister-BAföG oder andere Bereiche Unterstützungsleistung erfahren wollen, unterstützen. Ich finde, das ist ein gesellschaftliches Leitbild, dass jeder basierend auf seiner eigenen Begabung den Ausbildungsweg bis zum Schluss gehen kann, mit großem Erfolg für die Gesellschaft. Das ist letztlich was, wofür wir streiten.

Und um das ganzheitliche Konzept von Frau Mühlbauer mal zur Abrundung zu bringen: Mein Ein

druck ist, dass solche Anträge wie dieser hier letztlich nur Nebelkerzen sind, um davon abzulenken, dass Sie in der Wissenschaftspolitik im Freistaat eigentlich gescheitert sind. Das kann man jetzt schon sagen. Bevor wir das Hochschulgesetz hier in diesem Rund durch die Mehrheit von Rot-Rot-Grün beschlossen sehen werden, ist doch eines klar: Sie haben die katastrophalste Anhörung, die es jemals zu einem Gesetz gegeben hat, im Wissenschaftsausschuss erlebt, wo Ihnen quasi unisono alle Betroffenen gesagt haben, Sie produzieren Chaos, Sie produzieren Wettbewerbsfeindlichkeit

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist doch falsch! Das ist vollkommen falsch, was Sie behaupten!)

für den Hochschulstandort. Sie benennen das Studentenwerk um, investieren Geld – vollkommener Nonsens. Sie ruinieren die Thüringer Bibliothekslandschaft, indem Sie aufspalten, was eigentlich gut zusammen gewesen ist. Ich könnte die Latte an hochschulpolitischen Verfehlungen weiter fortsetzen. Und dann bringen Sie so einen Antrag. Da kann ich Ihnen nur sagen: Wir werden das im Bund machen, wir werden weiter konsequent in Forschung und Hochschulen investieren. Und dass wir Ihnen jetzt, sage ich mal, als CDU-geführte Bundesregierung durch eine 100-Prozent-Finanzierung sogar noch zusätzliches Geld für die Hochschulen geben, sollte Ihnen eigentlich Ansporn sein, darin zu investieren und nicht weiter Geld von anderen Leuten zu fordern, aber das Geld, was Sie haben, nicht adäquat einzusetzen. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Als Nächster hat Abgeordneter Schaft das Wort.

Herr Voigt, für die Debatte finde ich es zunächst erst mal ganz ehrlich ein bisschen unter der Gürtellinie, hier Namen von Personen, die noch nicht mal im Parlament sitzen, zu nennen, ohne den Lebenshintergrund oder die Lebenslage dieser Personen zu kennen, hier dann die Person in eine Lächerlichkeit zu ziehen,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

weil sie die Regelstudienzeit überschritten hat, und die dann hier bloßzustellen.

Der andere Punkt: Ich will mal mit einer Sache aufräumen, weil das aus der AfD und von Ihnen kam, die Mähr, dass die Umbenennung des Studentenwerks in Studierendenwerk 200.000 Euro oder mehr gekostet hätte. Auf Ihre Anfrage hin hat das Ministerium mitgeteilt, dass es in zwei Jahren

32.000 Euro gekosten hat, um das hier mal darzustellen.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ach Quatsch, das waren prognostizierte Kosten, nicht falsch verstehen!)

Ja, doch, gucken Sie doch noch mal zurück.

Und der letzte Punkt, weil Sie es auch gerade wieder gesagt haben, dass es ja nicht schaden würde, wenn die Studierenden mal nebenbei ein bisschen kellnern gehen: Wenn auf der einen Seite immer wieder gefordert wird, dass die Studierenden in der Regelstudienzeit ihr Studium abschließen sollen, und wenn man mal guckt, was denn die ECTSPunkte vorschreiben bzw. vorsehen, nämlich eine Regelstudienzeit oder Investitionen in das Studium pro Woche von circa 35 Stunden, und wir auch bei Normalarbeitnehmerinnen und Normalarbeitnehmern von einer Arbeitswoche von 35, 38, 40 Stunden ausgehen, dann sagen Sie mal, wo dann die Person, wenn sie wirklich in der Regelstudienzeit abschließen soll, die 35 Stunden oder mehr pro Woche ins Studium investiert, dann noch arbeiten gehen soll, um sich hier nebenbei noch ein bisschen was zu verdienen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz ehrlich, das hat nicht mehr viel mit Wertschätzung dessen zu tun, was Studierende in ihrem Alltag machen. Das ist ein antiquiertes Bild – ich lasse es dabei.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine weitere Wortmeldung vom Abgeordneten Prof. Dr. Voigt.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ach, Mensch!)

Ich weiß, es ist Freitag. Es tut mir leid. Ich weiß aber, dass das der letzte Tagesordnungspunkt ist. Insofern versuche ich, mich kurzzufassen.

Aber ich will das schon sagen, Kollege Schaft. Zu Herrn Niederstraßer: Wir können auch einen Kaffee dazu trinken, das ist mir vollkommen egal, aber ich kenne Herrn Niederstraßer noch, als ich studiert habe, und das ist eine Weile her.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was hat denn jetzt die Per- son in der Debatte zu suchen? Das ist unter- irdisch!)

Es ist für mich eine Chiffre für das, wie ich glaube, dass es der Gesellschaft guttut, ein gebührenfreies

Studium zu haben. Ich bin ein großer Fan des gebührenfreien Studiums. Aber ich finde, dass die gesellschaftliche Solidarität an einem bestimmten Punkt auch eine Grenze zieht, und die lautet für mich, dass man irgendwann auch mal zum Abschluss kommen muss. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Ich will auf einen Punkt eingehen, weil Sie hier sagen: so ein Student, 35 Stunden. Natürlich. Aber glauben Sie mir – ich habe schon vielfach vor dem Landtag in der Hochschule unterrichtet und mache es jetzt auch wieder –, ernsthafterweise ist es wirklich so: In deutschen Hochschulen stöhnen die Studenten, wenn Sie mal 30 Seiten zu lesen haben.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Studenten stöhnen nicht bei 30 Seiten, was soll die Verallgemei- nerung?)

Ja, doch, ist so. Natürlich ist es so.

(Zwischenruf Abg. Schaft, DIE LINKE: Das ist abwertend und pauschal!)

Sie haben pauschal geredet, jetzt rede ich auch mal pauschal. Ich weiß doch, was ich dann über Twitter wieder alles von Ihnen erfahre.

Aber ich will doch mal eines sagen. Ich glaube, unser gesellschaftlicher Anspruch sollte sein: Wenn wir ein gebührenfreies Studium anbieten, dann sollte das auch exzellent sein. Dann sollten Studenten auch herausgefordert werden, sollten die Chance haben, ihre eigenen Leistungen zu beweisen.

(Unruhe DIE LINKE)

Das heißt dann trotzdem im Umkehrschluss auch – und daran glaube ich fest –, dass es nicht schlimm sein muss, einen ergänzenden Beitrag zu dem zu leisten, was die eigenen Eltern und der Staat durch BAföG hinzufügen. Ich habe mein gesamtes Studium durchgearbeitet, mein gesamtes Studium durch.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das machen viele!)

Ja, das sage ich doch, das machen viele. Deswegen finde ich es offen gestanden ein Argument, das fehlgeht, Herr Adams, wenn man sagt, das sei nicht zumutbar. Ich finde, es ist einfach zumutbar. Das ist mein Argument hier. Die Frage ist nur, ob bei jemandem, der aus einem sozial schwierigen Haushalt kommt, wo es die Eltern nicht finanzieren können, der Staat dafür eintritt.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat überhaupt nichts mit sozial schwierig zu tun! Manche pflegen ihre Eltern oder Kinder oder so!)

Ja. Wie Sie sicher wissen, Frau Rothe-Beinlich, ist das ein Kriterium, um erstens BAföG länger zu bekommen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn man überhaupt noch welches bekommt!)

nein, das wissen Sie – und zweitens ist es so, dass ich Ihnen sagen kann: Das ist eine staatliche Aufgabe, abzusichern, dass sozial schwierige Situationen für den Einzelnen gemeistert werden können. Aber ich finde es nicht schlimm, wenn ein Student sagt, über die Zeit, die ich meinem Studium gegenüber aufwende, erwerbe ich mir noch zusätzliche Mittel, um mein Studium zu finanzieren. Das finde ich nicht schlimm. Ich finde das eine gesellschaftliche Konzeption. Sie glauben, wir brauchen eine Vollalimentierung der Studenten, um ein Studium zu absolvieren. Das glauben wir persönlich nicht, weil wir sagen: Eltern sind für ihre Kinder mit verantwortlich, Sie sollen zuerst zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn Sie das nicht können – und das ist elternabhängiges BAföG oder einkommensabhängiges BAföG – dann tritt der Staat ein. Wenn der Staat nach festgelegten Kriterien sagt: Du hast eigentlich durch dein Elternhaus genügend zur Verfügung, dann – finde ich – ist das nicht zu viel verlangt. Das ist ein wesentlicher Dissens, auf den wollte ich noch mal hinweisen.

Ansonsten glaube ich, dass wir mit der 1 Milliarde Euro des Bundes in der nächsten Legislaturperiode ziemlich viel Geld dafür reinpacken, dass wir keine soziale Missbalance zulassen. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Ich habe jetzt keine weitere Wortmeldung von den Kollegen. Herr Staatssekretär Hoppe, bitte.

(Zwischenruf Abg. Rietschel, AfD: Hier!)

Herr Staatssekretär, lassen Sie zu, dass Herr Rietschel zunächst spricht? Gut. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Liebe Kollegin Mühlbauer, danke für Ihren impulsiven Beitrag, aber ich brauche nach fast 30 Jahren keine Belehrung, was eine Tarifautonomie ist. Wenn Sie meine Ausführungen gelesen haben – ich habe die Löhne konstatiert.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie haben es nicht gelesen!)

Ich habe sie konstatiert. Ich habe nichts über eine Erhöhung der Löhne oder eine Beeinflussung der Löhne gesagt. Darüber weiß ich genügend Bescheid, ich war in einem Arbeitgeberverband.

(Abg. Prof. Dr. Voigt)