Protocol of the Session on January 25, 2018

(Beifall DIE LINKE)

Schlimmer wird es nur, wenn man sich die Änderungsanträge der AfD ansieht. Jetzt hat Frau Muhsal das hier eigentlich selbst relativ gut dargestellt und ich glaube, der eine oder andere Zuhörer versteht auch, was passiert. Die AfD will 2018 – und ich will das noch mal in Zahlen sagen – in der Kinder- und Jugendhilfe 70 Millionen Euro sparen, über die Streichung des Landesprogramms für die Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit, über die Kürzung der örtlichen Jugendförderung und damit der Jugendarbeit in den Kommunen, die Streichung der Jugendpolitik zum Beispiel. Und das zeigt auch, dass Sie gar nicht wollen, das junge Menschen zu aufgeklärten Bürgerinnen und Bürgern werden, ganz im Gegenteil, davor haben Sie Angst und deswegen streichen Sie auch in diesen zentralen und wichtigen Bereichen. Der größte Teil dieser Kürzungsorgie betrifft aber tatsächlich die Mittel für die unbegleiteten Minderjährigen. Hier wollen Sie 80 Prozent der eingestellten Mittel streichen. Das ist irreführend, denn auch für unbegleitete Minderjährige gilt das SGB VIII, das ist eine Pflichtaufgabe, sie zu versorgen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Dies gilt nicht für die Volljährigen!)

Hier gibt es keine Möglichkeit zu sparen und hier ist auch jeder Mensch das Gleiche wert. Darum bitte ich um Zustimmung zum vorgelegten Haushalt und zur Ablehnung der Änderungsanträge der Oppositionsparteien. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Vonseiten der Abgeordneten liegen mir momentan keine weiteren Wortmeldungen vor. Herr Minister Holter, dann würde ich Ihnen für die Landesregierung das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich habe mit großem Interesse die Debatte verfolgt und stelle als Erstes fest: Alle Rednerinnen und Redner reden über Zukunft, so wie überhaupt über Zukunft in Thüringen gerne geredet wird. Aber nicht alle haben die gleiche Vorstellung von der Zukunft des Freistaats und dem Zusammenleben der Menschen in diesem Freistaat. Wenn ich mir Frau Muhsal so angehört habe, dann stellt sie sich ein Thüringen vor, das deutsch-national geprägt ist. Die rot-rotgrüne Koalition stellt sich ein Thüringen vor, welches offen, demokratisch und tolerant ist, multikulturell. Das unterscheidet uns.

(Abg. Lehmann)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und genau das kommt im Haushalt im Einzelplan 04 meines Ministeriums zum Ausdruck.

Herr Tischner, bevor wir Zukunft anpacken, müssen wir, Rot-Rot-Grün, die historischen Fehler der CDU abräumen. Dann können wir all die Dinge anfassen, die Sie hier eingefordert haben. Ich möchte nennen: Bei den Lehrerinnen und Lehrern gab es einen Personalüberhang, da hieß es in allen Ländern, auch in Thüringen, es soll keine betriebsbedingten Entlassungen geben. Ja, richtig! Wenn wir uns aber heute anschauen, dass 67 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat über 50 Jahre alt sind, dann frage ich mich: Wo ist denn die Ausbildungsinitiative der CDU gewesen, weil ja zu erkennen war, dass die Alterspyramide im Bereich der Lehrerschaft so aussehen wird?

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie fordern heute ein, was Sie damals hätten längst machen müssen. Stellen Sie sich also die Frage, warum das so ist. Ich komme nachher im Einzelnen darauf zurück.

(Unruhe CDU)

Nun stellen Sie sich mal vor – Sie haben das Sondierungspapier der Unionsparteien und der SPD auf Bundesebene gelesen –, dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsschulbetreuung im Grundschulbereich dann eingeführt wird. Ist Thüringen da nicht Vorreiter, indem die Hortnerinnen und Hortner in den Landesdienst übernommen wurden und wir damit die Grundlage geschaffen haben für das, was der Bund möglicherweise – und ich wünsche mir das sogar – in Form der Ganztagsschulbetreuung als Rechtsanspruch umsetzt?

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind in dieser Frage tatsächlich Vorreiter. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass das, was Sie gemacht haben, dass die Hortnerinnen und Hortner bis 50 Prozent beschäftigt werden, auch eine historische Fehlleistung war. Wir räumen diese Fehler ab und bringen sie zumindest auf 60 Prozent, aber die Mehrzahl ist bei 80 Prozent.

Und dann, wenn es um die Einstellung von Lehrerinnen und Lehrer geht, kann ich Ihnen sagen, dass von denen, die 2017 eingestellt wurden, 55 Prozent aus dem Vorbereitungsdienst in Thüringen selbst gekommen sind. Die anderen 45 Prozent kamen von anderswo, aus anderen Bundesländern. Normale Wanderung könnte man sagen, ist ja auch nicht verkehrt, dass Menschen gehen und wiederkommen. Der Punkt ist doch, was Zukunft Schule betrifft, dass wir darüber reden, wie wir den Lehrermangel und den Bedarf an Lehrerinnen und Leh

rern tatsächlich decken. Bevor ich dazu komme, will ich Ihnen sagen, ich bin am 17. August, meine Damen und Herren, hier Bildungsminister in Thüringen geworden. Was ist in den letzten fünf Monaten an Entscheidungen gelaufen und was haben wir ganz konkret auch im Bildungsbereich verändert? 2.100 Männer und Frauen, Lehrerinnen und Lehrer wurden verbeamtet. Die Horterzieherinnen und Horterzieher – das war noch vor meiner Zeit – sind in den Landesdienst übernommen worden. Das waren zwei Kraftakte, die hier in Thüringen von der Verwaltung ausgeübt wurden und durchgehalten wurden.

(Beifall DIE LINKE)

Meinen herzlichen Dank an diejenigen, die hier mitgewirkt haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Aber Herr Ramelow hatte den Fehler eingesehen!)

Welchen Fehler?

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Genau das Rückdrehen von Erziehern im kommunalen Dienst hat Herr Ramelow...!)

Herr Ramelow hat das nicht als Fehler eingesehen, Herr Ramelow hat hinterfragt, ob das eine richtige Entscheidung war. Ich sage Ihnen angesichts dessen,

(Unruhe CDU)

wenn ich mir das anschaue, was Ihre Parteien auf Bundesebene wollen, dass wir hier richtig gehandelt haben und wir zu dieser Entscheidung stehen. Es wäre auch ein Fehler, dort zurückzugehen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben das Besoldungsgesetz in Angriff genommen – darüber haben die Rednerinnen und Redner der Koalition gesprochen – und werden dafür sorgen, dass Schulleiterinnen und Schulleiter amtsangemessen besoldet werden. Dass Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer mit der A 12 plus besser entlohnt werden, darauf muss ich im Einzelnen nicht eingehen. Wir haben die Nachqualifizierungsverordnung für die Seiteneinsteiger auf den Weg gebracht und, Herr Tischner, ich kann Ihnen mitteilen, wir werden den Seiteneinsteigern vor ihrer Einstellung auch einen Kurs anbieten und nicht nur anbieten, sondern sie werden auch aufgenommen. Wir nehmen Ihre Vorschläge durchaus ernst und wir sind auch selbst darauf gekommen. Und, meine Damen und Herren, wir sorgen dafür, dass Gymnasiallehrerinnen und -lehrer auch an den Regelschulen eingesetzt werden können, vielleicht sogar an den Grundschulen, ohne dass sie dann den Anspruch auf Verbeamtung verlieren. Es geht nämlich

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

darum, flexibel zu sein. Wir eröffnen den Weg der Verbeamtung in der Regelschule, aber auch die Rückkehr in die Laufbahn in das Gymnasium.

(Beifall DIE LINKE)

Das sind alles Fragen, die wir angepackt haben und die wir auf den Weg gebracht haben. Das KitaGesetz steht für sich. Ich will hier deutlich machen, das sind alles Dinge, die bereits auf der Habenseite sind und die dazu beitragen, Schule in Thüringen zu verändern und zu verbessern. Und wenn Herr Tischner davon spricht, wir haben keinen Plan in Thüringen, da möchte ich mal fragen, was ist denn eigentlich mit dem Bildungsplan 0 bis 18? Was ist mit der Inklusionsstrategie, die ja auch im Landtag diskutiert wurde? Und was ist mit dem Jugendförderplan, der auf den Weg gebracht wurde? Das sind Dokumente, die hier selten genannt wurden, aber wir haben strategische Grundlagen für all das, was tatsächlich in Thüringen auf den Weg gebracht werden muss. Nun wissen Sie, dass Vögel im Herbst und im Frühjahr von Nord nach Süd bzw. von Süd nach Nord fliegen und auch immer eine Punktlandung machen, aber Bildungspolitik ist doch kein Vogelschwarm, wo ich im Frühjahr mal dahin fliege und im Herbst dorthin fliege, sondern wir halten Kurs, weil wir eine Verabredung haben, eine Strategie haben,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie wir in Jugendfragen, in Bildungsfragen, in Sportfragen agieren wollen. Hier kommt es tatsächlich darauf an, mal zu benennen, was denn die Herausforderungen in der Bildungspolitik sind. Klar, die haben wir jetzt mehrfach diskutiert. Das ist der Unterrichtsausfall. Es bleibt dabei, Frau Muhsal, wir wollen die Unterrichtsgarantie einlösen. Herr Hoff hat hier nicht versprochen, dass am 1. Juni oder am 2. Juni die Unterrichtsgarantie besteht, sondern er hat uns aufgefordert, genau das zu tun, alle Maßnahmen zu ergreifen, dass täglich bester Unterricht und jede Stunde damit auch gegeben wird. Also, das packen wir an und wir arbeiten daran. Nach wie vor ist der Unterrichtsausfall zu hoch und jede Stunde, die ausfällt, ist eine Stunde zu viel, das ist mir genauso klar. Aber Sie wissen genau, es kann nicht den Urknall geben. Egal, wer hier regiert, würde das nicht mit einem Schlag auf den Weg bringen. Aber wir leiten Maßnahmen ein, um genau das zu erreichen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir handeln operativ, um den Lehrermangel in den bestimmten Fächern und Regionen abzubauen. Wir investieren in Kita und wir investieren in Schulneubau, in Schulsanierungen, weil hier erheblicher Bedarf ist. Inklusion, Integration von Kindern mit Migrationshintergrund – alles Herausforderungen, die

Lehrerinnen und Lehrer täglich meistern müssen. Mehr als das, was vor zehn Jahren noch in Schule geleistet werden musste. Wir reden über Entbürokratisierung, wir reden über die Ganztagsbetreuung und Digitalisierung. Da gebe ich Frau Merkel recht, die gestern in Davos gesagt hat: Die Pause in der Schule, da ist die Digitalisierung am weitesten fortgeschritten. – Wenn aber der Bund nicht aus den Puschen kommt, dann wird es auch mit der Digitalisierung der Schule im Freistaat nichts werden.

(Beifall SPD)

Wir brauchen eine Bundesregierung, die Entscheidungen trifft und den Digitalpakt tatsächlich auch einlöst.

Mit dem Haushalt, den wir auf den Weg bringen und der heute garantiert verabschiedet wird, stellt der Freistaat in den nächsten zwei Jahren 2.150 Lehrerinnen und Lehrer ein – 2.150 und nicht 1.000 und die 500, wie Frau Muhsal berichtet hat. Da, Frau Muhsal, kennen Sie den Haushalt nicht – 2.150. Da sind befristete dabei, aber die Mehrzahl sind auch entfristete Stellen.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Ich habe meine eigenen Anträge zitiert!)

Hier geht es darum, deutlich zu machen, dass wir sehr wohl eine Entscheidung treffen und auch abweichen von einem Personalentwicklungskonzept der Vergangenheit, dass jeder Lehrer und jede Lehrerin, die in diesen Jahren aus dem aktiven Schuldienst ausscheidet, wieder ersetzt wird, jede Stelle wird neu besetzt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Alles andere sind Märchen, die hier erzählt werden. Jeder, der ausscheidet, wird ersetzt, das tun wir. Was passieren kann, ist, dass die Stelle nicht an der Schule sein wird, wo die Kollegin oder der Kollege heute tätig ist, weil der Bedarf an einer anderen Schule viel größer ist. Das ist aber operatives Handeln, ist auch verantwortungsbewusstes Handeln eines Ministeriums, einer Regierung und der Schulämter gegenüber den Kindern und den Lehrerinnen und Lehrern im Freistaat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, und natürlich führen wir das Schulbudget ein. Herr Wolf hat darüber gesprochen; 9,2 Millionen Euro sind das. Ein Schulbudget eröffnet Möglichkeiten an den Schulen, um im schulischen Bereich und auch im außerschulischen Bereich mehr Angebote zu machen. Ja, und wenn es um Demokratiebildung geht, das ist mein Schwerpunkt als KMKPräsident, dann bin ich der Überzeugung, dass es richtig ist, dass wir 2,4 Millionen Euro jährlich in Klassenfahrten und Lernen am anderen Ort investieren, weil ich auf Emotionalität setze.

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

(Beifall CDU, DIE LINKE)