Auch von unserer Seite gibt es als Erstes sehr viel Respekt und Lob dafür, dass jetzt erstmals überhaupt ein E-Government-Gesetz auf dem Tisch liegt und wir im parlamentarischen Gang damit arbeiten können. Auch wir sehen einiges an Änderungsbedarf. Ich will das nur an zwei Punkten festmachen: Das eine ist definitiv Datensparsamkeit, Datenschutz und überhaupt, wie konkret die ganze Datenübermittlung stattfinden soll. Da kommt sozusagen der zweite Kritikpunkt: Es wird immer von sicherer Übertragung, sicherer Verschlüsselung und Ähnlichem mehr geredet. Zumindest aus unserer Auffassung heraus ist das angebotene und im Gesetzentwurf mitverankerte Konzept von De-Mail nicht das wirklich sichere, sondern wir plädieren weiterhin zumindest für die Einführung der Möglichkeit einer sicheren wirklichen End-to-End-Verschlüsselung, wie es beispielsweise die OpenSource-Software PGP oder auch andere ermöglichen. Nichtsdestotrotz ist auch uns bewusst, dass es im Verwaltungsverfahren sehr schwer ist, wenn bundesweit auf das Konzept von De-Mail gesetzt wird und wir aus Thüringen als einzige ausscheren. Darum geht es uns nicht. Wir sagen, es muss eben auch die Möglichkeit geben, andere sichere Verschlüsselungsmöglichkeiten mit anzubieten.
Ein weiterer Punkt, den wir als sehr positiv erachten und wozu ich mich auch auf die Debatte im Fachausschuss freue: In der zu erwartenden Anhörung ist unter anderem die Errichtung von entsprechenden Servicebüros Thema. Wir halten die Serviceorientierung für sehr notwendig, weil nicht jeder Mensch zu Hause über entsprechende Technik verfügt bzw. entsprechende Hardware hat oder möglicherweise auch die Kenntnisse dazu noch nicht in der Form vorhanden sind, wie es notwendig ist, um in fünf oder zehn Jahren diese komplette Kommunikation mit Verwaltung über Internet und Rechner zu gewährleisten. Daher denke ich, wir werden uns höchstwahrscheinlich an der einen oder anderen Stelle über die Kommunal- und Gebietsreform streiten. Vielleicht sickert dann auch bei den Gegnern der Kommunal- und Gebietsreform die Erkenntnis durch, dass wir uns mitten in der Digitalisierung befinden. Die Digitalisierung wird sowieso dazu beitragen, dass in zehn bis fünfzehn Jahren sehr wahrscheinlich niemand mehr in klassische Bürgerbüros geht, sondern alles per E-Mail bzw. mit entsprechenden Online-Anwendungen erledigt wird. Allein aus diesem Grund müssen wir entsprechend darauf reagieren und können und sollten uns der Modernisierung eben nicht verschließen.
Insofern danke ich nochmals für den vorliegenden Gesetzentwurf. Von uns wird es definitiv Änderungen geben, dazu haben wir zum Teil schon kommuniziert. Ich freue mich auf die Debatte mit Herrn Krumpe, der sich hier äußerst kompetent dazu ge
äußert hat, und auch mit Prof. Dr. Mario Voigt und hoffe, dass insbesondere die Fachpolitiker sich dann auch entsprechend in den Ausschüssen einbringen und wir am Ende in Thüringen auf einem guten Weg sind hin zu einem digitalen Thüringen, das den Namen auch verdient. Danke schön.
Werte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Pidde sagte, wir gehen da jetzt zügig heran, wir steuern konsequent um. Frau König sagt, in zehn Jahren Digitalisierung braucht es diese Kleinststrukturen nicht mehr.
Sehen Sie, das ist das, was uns unterscheidet. Wir als Union sagen, Digitalisierung braucht keine großen zentralen Einheiten mehr, sondern Digitalisierung ist genau der Ansatz, der unser Argument stärkt, dass in kleinen Einheiten auch die Probleme gelöst werden können, weil Digitalisierung uns helfen wird und der Bürger dort viel besser angesiedelt ist, als in irgendwelchen anonymen Großstrukturen. Das ist der Punkt, den Frau Floßmann deutlich gemacht hat. Ich finde, das hat sie zu Recht getan.
Ich will vielleicht auf zwei, drei Punkte eingehen, die Sie gesagt haben. Wissen Sie, Herr Schubert, ich nehme es Ihnen nicht übel. Sie haben das hier mit einer Verve vorgetragen, da muss ich sagen: Jawohl, Sie stecken in E-Government viel Zeit hinein. Hier geht es aber nicht nur um die Frage, dass wir Bürokratie online bringen wollen. Hier geht es doch um die Frage, wie wir Verwaltungshandeln vielleicht sogar reduzieren, vielleicht auch klüger machen, aber vor allem antizipieren, dass es jetzt nicht nur darum geht, irgendwie eine PDF-Datei digital eintragbar oder über eine App steuerbar zu machen oder eine E-Akte vorzuführen. Es geht doch um eine ganze simple Frage: Was bringt Digitalisierung an Veränderung für den Umgang des Bürgers mit dem Staat? Und wie organisieren wir das in Thüringen so, dass es klug funktioniert? Deswegen kann ich Ihnen nur sagen, dass diese digitale Servicewüste, die durch die Landesregierung vorgelebt wird, aber auch in mancher Thüringer Amtsstube existiert, nicht mehr zukunftsfähig ist. Das können Sie jetzt nicht der CDU und den vorherigen Regierungen so allein in die Schuhe schieben. Ich führe nur
ein banales Beispiel an, damit Sie sehen, wie lange oder wie langwierig Sie teilweise da auch handeln bzw. nicht handeln. Schauen Sie sich das BAföGGesetz an. Da gibt es mittlerweile eine Anpassung, die sagt, dass nach dem BAföG-Gesetz die BAföGAnträge auch in einer elektronischen Antragstellung bis zum August 2016 stattzufinden haben. Da können Sie jetzt nicht da herüber zeigen, sondern Sie müssen sagen: Ich bin doch die Landesregierung hier und will das machen. Bis August 2016 hätten Sie es machen sollen. Thüringen bietet bis heute, Oktober 2017, kein Tool an, womit wir elektronisch eine Antragstellung machen können. Andere Bundesländer machen das. Da kann ich Ihnen nur sagen: Wissen Sie, ich kann schöne Gesetze aufschreiben, aber wenn Sie in den kleinen praktischen Dingen schon scheitern, dann will ich gar nicht die Frage stellen, wie Sie E-Government eigentlich im Großen machen wollen.
Das kann ich Ihnen nicht vorenthalten. Es gibt genügend Statistiken. Der Staatsekretär hat eine referiert, ich habe mir nur ein Zitat des nationalen Normenkontrollrats rausgegriffen, der in seinem letztjährigen Gutachten gesagt hat: E-Government in Deutschland gibt es nicht, nicht mal 50 Prozent der Kommunen haben mehr als zwei Online-Dienste. Das ist die Situation und ich will es mal umkehren. In jedem Problem stecken auch eine Chance und eine Möglichkeit. Deswegen haben wir eine Riesenchance, diesen Standard zu definieren. Jetzt sage ich Ihnen: Da springt Ihr Gesetzentwurf meiner Meinung nach zu kurz. Sie haben zwar gesagt, das sei das modernste Gesetz, was es in Deutschland gibt. Das würde ich sogar anzweifeln, ich kenne auch ein paar E-Government-Gesetze. Ich habe auch gelesen, was Sie dazu gesagt haben. Aber mit Verlaub: Ist das unser Maßstab? Wissen Sie, es gibt Länder in der Europäischen Union, die sind nicht super groß, aber die sind super smart in der Anwendung von Digitalisierung. Schauen Sie ins kleine Estland. Was macht das kleine Estland? Das hat mittlerweile eine X-Road, eine dezentrale Angebotsstruktur, quasi wie ein digitales Rückgrat, wo mehrere Dienste angedockt werden. Und jetzt sage ich Ihnen, wo der konzeptionelle Unterschied ist. Sie denken quasi: Staat im Staat, wie organisiere ich die Prozesse der Kommune zu der Landesregierung? Was macht Estland? Estland sagt: Wir wollen mit dieser X-Road möglich machen, dass sich sowohl Kommunen als auch Unternehmen und andere Angebotsstrukturen wie zum Beispiel Ärzte andocken können über fest definierte Standards und dann mit einer Authentifizierung diese Dienstleistung abrufen können. Das sind in Estland mittlerweile 530 Millionen Datenaufrufe, die jedes Jahr stattfinden. Es sind insgesamt 2.000 Dienstleistungen, die da abgeführt werden können. Wenn das ein Maßstab von einem Land ist, das 1,2 Millionen
Einwohner hat, dann muss ein Land wie Thüringen mit 2,2 Millionen Einwohnern den Anspruch haben, so etwas mindestens genauso gut hinzukriegen.
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Dabei vergessen Sie komplett die föderalen Strukturen!)
Noch etwas. Schauen Sie sich andere internationale Beispiele an. Da ist das, was die Kollegin Floßmann gesagt hat, nämlich die Fragestellung: Wie können wir dazu kommen, dass nicht nur einfach Bürokratie digital wird, sondern dass wir vielleicht auch bestimmte Dinge fallen lassen. Wenn Sie sich das anschauen mit den Adaptionsmöglichkeiten, das Ganze schnell zu machen, dann sehen Sie sich Österreich an. In Österreich ist es so, dass sie 40 Prozent weniger bezahlen, wenn sie eine digitale Dienstleistung machen und keine analoge, was dazu geführt hat, dass die Adaption sehr schnell stattgefunden hat.
Ich finde es spannend, was Sie hier mit den Konten vorgeschlagen haben. Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die europaweit genutzt werden, angefangen vom SIM-Karten-Verfahren in Estland bis zu TAN-Verfahren in Österreich oder in Schweden privatrechtlich organisierte Themen. All das gilt es zu diskutieren. Aber wenn Sie der Union vorwerfen, dass wir uns mit den Themen angeblich nicht so beschäftigen würden, dann kann ich Ihnen nur sagen: Jegliche Form von E-Government funktioniert nur, wenn Sie eine konsistente Strategie haben, wenn Sie klare Zuständigkeiten haben und wenn Sie eine effektive Koordination haben. Konsistente Strategie, mit Verlaub: Es gibt keine Digitalisierungsstrategie des Landes – und dazu würde auch die E-Government-Strategie gehören, die wir schon mal beschlossen haben.
Die Digitalisierungsstrategie gibt es nicht. Nein, die Strategie gibt es nicht, es gibt keine Digitalisierungsstrategie des Landes.
Zweitens, klare Zuständigkeiten. Mit Verlaub: Verwaltung 4.0 – Innenministerium; E-Government und IT – Finanzministerium; Digitalisierungsstrategie koordiniert in der Staatskanzlei. Wissen Sie, ich kann es durchgehen. Das heißt, Sie haben gar keine klare Koordination und Zuständigkeit geregelt und da kann man auch nicht von effektiver Koordination reden. Deswegen, wissen Sie was: Wir als Union gehen ran. Wir haben einen Parteitagsbeschluss gefasst, wo wir ganz klar aufgelistet haben, dass Digitalisierung in Thüringen mehr ist, als einfach nur die Bürokratie online zu bringen. Wir sagen, wir wollen unsere Schulen, wir wollen auch die Frage von
Smart Mobility, von Smart Switch als eine Vision ausbauen. Und das, was Sie hier vorlegen, ist etwas, das kann man in der Sache diskutieren und wir werden Sie an den Punkten, die wir für sinnvoll halten, auch unterstützen. Aber eines kann ich Ihnen nicht vorenthalten: Das ist, dass Sie drei Jahre gebraucht haben, um so etwas zu produzieren und uns jetzt vorschlagen, dass Sie ein Jahr länger brauchen, um nur eine neue Abteilung in Ihrem Ministerium zu gründen. Da kann ich sagen: Wenn das Ihr Verve und Ihr Engagement ist, dann gute Nacht Thüringen.
Meine Damen und Herren, nur weil einer in der CDU eine Idee hat und ihm die Welt schon zu klein ist, dass er in den Weltraum rein muss, wie das mal ein altes Lied gesagt hat, heißt das ja noch nicht, dass die CDU eine Strategie hat, Herr Voigt. Mal ganz ehrlich!
Und was Sie hinterlassen haben: Es ist ein CDUgeführtes Finanzministerium gewesen. Ich schätze meinen Kollegen in vielem, aber da ist eine Wüste hinterlassen worden – Wüste ist noch geschmeichelt. Es sind alle Ministerien mit Forderungen verschreckt worden, die nicht erfüllbar waren. Wir haben also an dieser Stelle einen Scherbenhaufen gehabt und niemand in der CDU-Fraktion – auch offensichtlich Sie nicht – haben diesen Minister damals überreden können, etwas anderes zu tun. Und das ist eine sehr freundliche Umschreibung dessen, was da überhaupt passiert ist.
Nein, das ist keine Entschuldigung. Wir haben es ja angepackt, Herr Voigt. Im Gegensatz zum Parteitagsbeschluss der CDU haben wir es angepackt – ganz deutlich gesagt.
Wir haben es im Koalitionsvertrag vereinbart – es ist schon mal darauf hingewiesen worden. Wir haben einen Verantwortlichen und der ist nicht einfach nur verantwortlich und macht schöne Termine, sondern der macht Kennerarbeit. Sie können sich davon überzeugen, weil mittlerweile die kommunale
Ich will mal sagen und noch unterstützen: Seit 2013 eine Bundesregierung dieses Gesetz beschlossen hat – ja, was ist denn in dieser Zeit passiert? Man sieht, es ist in Thüringen an der Stelle gar nichts passiert, außer Angst und Schrecken verbreitet worden.
Meine Damen und Herren, wir haben mittlerweile eine gute Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene, aber auch da will ich mal sagen: Die CDU sagt ja immer, sie hat die meisten Bürgermeister und Landräte. Und was ist da passiert? Ich habe schon in den 90er-Jahren, als ich noch beim Landkreis gearbeitet habe, mit dem Landkreistag darum gestritten, dass wir uns stärker vernetzen. Es hat nichts geholfen. Wir haben grünumrandete Papiere bekommen, die hundertmal ausgedruckt worden sind, obwohl der Gemeinde- und Städtebund schon eine Plattform hatte. Also das Thema „IT“ hat zwar in den einzelnen Verwaltungen unterschiedliche Bedeutung und es gibt auch Verwaltungen, die sehr fortschrittlich sind – das will ich gar nicht bestreiten. Aber die kommunale Familie hat sich nie aufgemacht, im Rahmen einer kommunalen Zusammenarbeit dieses Thema überhaupt zu beleuchten. Erst diese Landesregierung und Herr Schubert haben es vollbracht, dass man darüber jetzt ernsthaft redet. Dass das dringend notwendig ist, das sieht ja nun wohl jeder und selbst Sie haben das ja bestätigt.
Jetzt will ich auch noch mal auf Estland kommen. Wir setzen das um, Herr Voigt, ich bin bei Ihnen, wir machen das sofort. Und wer macht mit? Na ja, mit den Nachbarn zusammenzuarbeiten – all diese Worte sind schon gefallen. Das heißt, wir haben ganz andere Voraussetzungen, wir müssen alle gemeinsam mitnehmen und deswegen hat der Prozess eben auch diese Zeit gedauert. Ich sage: Man kann es ja aus buchhalterischer Sicht sehen, Frau Floßmann, ich will Ihnen das auch nicht übel nehmen, aber Ihre Kolleginnen und Kollegen hätten Sie schon aufklären können, was da alles nicht passiert ist. Man kann nicht buchhalterisch an dieses Thema rangehen. Da stimme ich Ihnen zu, Herr Voigt, vollständig.
Recht herzlichen Dank, Frau Ministerin. Eine Frage: Nehmen wir mal Ihr Argument so mit, dass das 2013 auf Bundesebene beschlossen wurde. Es gibt andere Bundesländer, die haben da früher angefangen. Aber nehmen wir mal eine konkrete Sache: BAföG-Antragstellung, elektronisches Antragsverfahren. Thüringen ist quasi ein Bundesland, was es nicht geschafft hat, das bis zum August 2016 zu machen. Damit sind wir das einzige – oder zwei sind es. Wie erklären Sie sich das denn, wenn Ihnen E-Government so wichtig ist: Warum hat es Thüringen nicht geschafft, da einen Tool zur Verfügung zu stellen?
Ich bin gern bereit, Herrn Schubert noch mal was dazu sagen zu lassen, weil er es inhaltlich weiß. Aber wir haben natürlich auch eine Verwaltung, die E-Government nicht liebt. Das heißt, wir brauchen auch intern einen Prozess, um langsam an diese Themen heranzuführen. Das Finanzministerium führt jetzt zum Beispiel das Datenmanagementsystem ein. Wir haben eine Abteilung, die hat sich sehr forsch daran gemacht und hat auch eigene Regularien gefunden, wie man da mit dem Prozess gut umgeht. Und wir haben andere Abteilungen, denen muss sehr geholfen werden, um das einfach auch im Kopf zu verarbeiten. Das wird sicherlich ein Grund sein.
Also, Herr Voigt, wenn das so ist, dann sagt Herr Schubert da gern noch was. Das haben wir nicht geschafft und das ist völlig richtig und ist auch ärgerlich, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich sehe das nicht nur aus buchhalterischer Sicht, sondern auch aus der Sicht der Prozesse, was hier schon ein paar Mal angesprochen wurde, Prozessoptimierung. Geben Sie mir recht, dass, wenn ich von Prozessoptimierung rede, vorerst mal Prozesse definiert sein müssen, die dann auch in die Umsetzung kommen, und dass das auch für den kommunalen Bereich bis Anfang 2019 zu ambitioniert ist?
Frau Floßmann, ich habe ja gerade versucht zu sagen, dass wir den Kommunen jetzt sehr intensiv helfen wollen, den Prozess, den sie offensichtlich selber nicht gesehen haben – ich will da auch gar niemanden schimpfen –, wo sie vielleicht möglicherweise auch die Fachleute nicht dazu haben, weil sie sehr kleinteilig sind, sie zu unterstützen und sie auch in ihrer kommunalen Selbstverwaltung überhaupt nicht einzuschränken. Das wollen wir gern tun.