Protocol of the Session on December 13, 2017

her hier im Landtag die parlamentarische Initiative ergriffen, um den in unserer Verfassung vorgesehenen direktdemokratischen Instrumenten und Verfahren eine bessere Wirksamkeit zu verschaffen. So begrüßen wir es, wenn ernsthaft und vernünftig an einer Verbesserung der direkten Demokratie in Thüringen gearbeitet wird, für unsere Bürger hier in diesem Land. Aber dieser Vorschlag, den wir heute hier auf dem Tisch haben, ist definitiv nicht wirklich vernünftig.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, ich will es gleich vorwegnehmen, der hier zur Debatte stehende Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ist aufs Ganze gesehen leider kein vernünftiger Vorschlag zur Stärkung der Demokratie – ganz im Gegenteil. Richtig ist zwar, dass einzelne Aspekte des rot-rotgrünen Gesetzentwurfs der Sache nach richtig sind – dabei denke ich insbesondere an die Vorschläge zur Einschränkung des sogenannten Finanzvorbehalts nach Artikel 82 Abs. 2 der Landesverfassung. In der Tat ist die jetzige Regelung in ihrer verfassungsgerichtlichen Interpretation eher dazu angetan, direktdemokratischen Initiativen das Wasser abzugraben.

(Beifall AfD)

Wie das funktioniert, konnte man in diesem Jahr bereits sehen. Es war nämlich die rot-rot-grüne Landesregierung von Herrn Ramelow, die den Finanzvorbehalt der Verfassung vorgeschoben hat, um gegen das Volksbegehren zu klagen, das sich gegen die Gebietsreform richtete und das im Freistaat bei den Bürgern eine große Unterstützung gefunden hatte. Da kam es der Regierung Ramelow ganz recht, dass es diesen Finanzvorbehalt der Verfassung gibt. So viel zur Glaubwürdigkeit dieser Regierungskoalition, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Immerhin liegt jetzt der Vorschlag vor, den Finanzvorbehalt zu begrenzen, und das können wir durchaus gutheißen. Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass wir das abschaffen wollen, aber Sie hatten dagegen gestimmt. Das gilt tendenziell auch für die Vorschläge zur Absenkung der Quoren bei Volksbegehren und Volksentscheid. Hierzu hat die AfD-Fraktion bereits in ihrem Antrag in Drucksache 6/986 Vorschläge unterbreitet, die allerdings über den vorliegenden rot-rot-grünen Entwurf hinausgehen und mehr Vertrauen in die Mündigkeit der Bürger hatten. Wir sind nämlich der Auffassung, dass es etwa für Volksentscheide über einfache Gesetze gar keiner Quoren bedarf. Das wollen die rot-rot-grünen Koalitionäre dann doch nicht, so viel „positive Modernisierung“, wie es in einer Floskel im Gesetzentwurf heißt, ist dann doch nicht erwünscht. Daran kann man wohl ersehen, wie ernst es der Koalition mit der direkten Demo

kratie am Ende wirklich ist. Immerhin: Über Quoren und Finanzvorbehalte könnte man diskutieren, wenn Rot-Rot-Grün nicht wieder ein ideologisches Lieblingsprojekt in den Gesetzentwurf eingebaut hätte. Und dieses ideologische Lieblingsprojekt lautet: Erzwingung einer multikulturellen Gesellschaft, Zerstörung des politischen Souveräns und letztendlich Auflösung Deutschlands, so wie es ja gerade der Herr Schulz von der SPD mit seinen Visionen vom europäischen Superstaat wieder proklamiert hat.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, das machen wir von der AfD nicht mit. Und wir machen es auch nicht mit, weil es verfassungswidrig ist und weil die Menschen in diesem Land es eben auch nicht wollen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie kommen Sie denn auf diese Behauptung?)

Wie denken sich das die Regierungsfraktionen? Der Türöffner oder auch das Einfallstor soll eine Änderung der Regelung zum Bürgerantrag nach Artikel 68 der Thüringer Verfassung sein. Demnach haben wahl- und stimmberechtigte Bürger das Recht, dem Landtag „bestimmte Gegenstände der politischen Willensbildung“ zu unterbreiten. Das war jetzt ein Zitat aus dem Gesetzentwurf, Artikel 68 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Verfassung. Diese Regelung soll nach dem Willen von Rot-Rot-Grün zu einem Einwohnerantrag umgebaut werden, wie es in dem Entwurf heißt. Mit anderen Worten: Nicht mehr die Bürger sollen die politische Agenda bestimmen, sondern das können dann alle tun – Herr Adams hat es ja noch mal ausgeführt –, alle, die in Thüringen mal eben sechs Monate da sind, also beispielsweise nicht nur EU-Ausländer, sondern alle Ausländer, seien es legale oder illegale Ausländer hier in diesem Land,

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: So ein Blödsinn, den Sie hier erzählen!)

und das vor allem mit Vollendung des 14. Lebensjahres. Ich frage mich, Sie kriegen es noch nicht mal hin, bei den minderjährigen Flüchtlingen das 18. Lebensjahr zu bestimmen,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Genau!)

jetzt wollen Sie mir erklären, dass Sie das hier mit den 14-Jährigen hinkriegen.

(Beifall AfD)

Also Theorie und Praxis – geht gar nicht.

Alle sollen nach dem Willen von Rot-Rot-Grün im Landtag hier die Agenda vorschreiben können, auch gegen den Willen der Bürger. Da die Sache verfassungswidrig ist, versucht die Koalition somit, uns hinters Licht zu führen, zum Beispiel mit dem

Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31.10.1990, bei dem es um dieses Wahlrecht für Ausländer im Land Schleswig-Holstein ging. Das Bundesverfassungsgericht stellte damals unmissverständlich fest, dass die Ausübung der deutschen Staatsgewalt durch das deutsche Volk zwingend an die deutsche Staatsangehörigkeit gekoppelt ist.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht aber nicht um die Staatsgewalt!)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Hier geht es nicht um die Staatsgewalt!)

Die Thüringer Koalitionsfraktionen meinen nun, der vorgeschlagene Einwohnerantrag wäre von dem Urteil gar nicht berührt, so wie wir es gerade im Zwischenruf hören, weil es beim Einwohnerantrag im Unterschied etwa zum Volksbegehren gar nicht um Wahl- oder Entscheidungsprozesse geht.

Meine Damen und Herren, all das hat wenig mit Logik und viel mit Ideologie zu tun. Es ist schlicht nicht kohärent, dass Personen, die sich mehr oder weniger zufällig in Thüringen aufhalten, die Agenda eines Staatsorgans bestimmen können sollen, zu dessen Wahl sie ausdrücklich nicht berechtigt sind. Und das gilt umso mehr, als der rot-rot-grüne Gesetzentwurf vorsieht, dass Gegenstände – so bezeichnen Sie das hier – eines solchen Einwohnerantrags auch Gesetzentwürfe sein dürfen, die hier im Landtag zur Beratung und Beschlussfassung vorgetragen werden. Es geht also sehr wohl um parlamentarische Entscheidungen und letzten Endes um Ausübung von Staatsgewalt, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren, nach den Regeln nicht nur der Thüringer Verfassung, sondern unseres Grundgesetzes gibt es keine Demokratie ohne Volkssouveränität, und das bedeutet auch, dass es keine Demokratie jenseits der Volkssouveränität gibt. Daher hat der Gesetzentwurf der Koalition mit Blick auf die Regelung zum Einwohnerantrag keineswegs die Stärkung der direkten Demokratie zum Ziel – so wie wir es immer wollten –, sondern genau das Gegenteil.

(Beifall AfD)

Wenn die Verfassungsänderung tatsächlich die erforderliche Zweidrittelmehrheit bekäme, dann wäre das der Einstieg in den Ausstieg aus der Demokratie, also der politischen Selbstbestimmung des Volkes. Dann hätten wir hier nämlich das Trojanische Pferd. Selbstredend wollen die Bürger des Freistaats das nicht. Um es auf CDU-Deutsch mal zu sagen: Die schon länger hier Lebenden wollen dies eben nicht. In der Präambel unserer Verfassung steht, dass sich – ich zitiere – „das Volk des Frei

staats Thüringen“ die Verfassung gegeben hat. Sich selbst haben die Thüringer die Verfassung gegeben, um ihre Angelegenheiten selbstbestimmend zu regeln. Sie wollen das jetzt aufweichen. Das schließt schlichtweg aus, dass ausländische Menschen hier mitbestimmen, und sei es die Agenda des Landtags.

Der Gesetzentwurf von Rot-Rot-Grün umfasst noch andere Regelungen, insbesondere – wen überrascht es – die Herabsetzung des Alters für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre. Warum man dann aber im Gegenzug das passive Wahlrecht konsequenterweise nicht auch herabsetzen will, bleibt unklar und ist auch widersprüchlich. Die AfD hat an dieser Stelle schon mehrfach betont, dass das aktive Wahlrecht sinnvollerweise an die Volljährigkeit gebunden ist und auch bleiben soll.

(Beifall AfD)

Dies haben auch Schülergruppen auf diese Frage entsprechend geantwortet. Selbst die haben gesagt, dass sie gern erst ab 18 wählen wollen. Dem gibt es auch nichts mehr hinzuzufügen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist aber keine Wahlpflicht! Das ist ein Ange- bot!)

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Koalition ist eine Mogelpackung, Herr Kuschel.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Das ist keine Mogelpackung!)

Nur auf den ersten Blick geht es um die Stärkung einer lebendigen Demokratie, tatsächlich aber geht es darum, die Demokratie als Selbstbestimmung des Volkes, wie sie in der Verfassung festgelegt ist, auszuhöhlen, indem im Prinzip allen Personen, die sich gerade einmal in Thüringen aufhalten, Mitbestimmungsrechte eingeräumt werden sollen. Es wäre das Gegenteil von demokratischer Selbstbestimmung. Diesen verfassungswidrigen und ideologischen Unfug lehnt die AfD-Fraktion entschieden ab. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordnete Marx das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, so viel Angst vor Bürgerinnen und Bürgern, wie hier zum Ausdruck kommt, verstehe ich überhaupt nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

(Abg. Kießling)

Mit unserem Paket legen wir Ihnen Vorschläge vor, Anträge zur Einführung direktdemokratischerer Werkzeuge, die wirklich ausgewogen sind, sich verfassungsrechtlich in der Werteordnung unserer Verfassung bewegen und natürlich auch nicht zur Umvolkung von Thüringen führen. Wenn Sie, Herr Kießling – ich komme auf den Einwohnerantrag am Schluss meiner Ausführungen noch einmal zurück –, eben gesagt haben, das Thüringer Volk hat sich eine Verfassung gegeben, die wir nicht so einfach ändern könnten: Zum Thüringer Volk von 1990 haben von Ihrer Fraktion auch die Wenigsten dazugehört, also müssten wir schon dort anfangen zu sagen, wir sind hier überfremdet. Das tun wir selbstverständlich nicht – bevor Sie mich jetzt wieder in Halbsätzen in Ihren YouTube-Kanal einstellen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das schnei- den wir raus!)

Fangen wir noch einmal beim Finanzvorbehalt an: Sie finden hier eine sehr ausgewogene Regelung. Herr Scherer, Sie haben gesagt, das wäre eine Verkomplizierung der bisherigen Rechtslage und es würde immer noch eine Einzelfallprüfung in jedem einzelnen Fall nötig werden, wenn jemand ein Volksbegehren oder ähnliche Dinge anstoßen möchte. Es ist aber nicht gut, wenn wir den Bürgerinnen und Bürgern keine klaren Richtlinien geben, wann ein Volksbegehren zulässig und wann es nicht zulässig ist. Hier haben wir jetzt eine konkrete Formulierung vorgeschlagen, die auch Ausnahmen streng festlegt und die auch bedeutet, dass wir nicht zu einer vollkommenen Übernahme der Haushaltssouveränität etwa durch Volksbegehren kommen können, sondern dass wir natürlich die Grenzen dessen, was mit haushaltswirksamen Auswirkungen beantragt werden darf, ganz klar abstecken. Wir haben gesagt – es wurde schon darauf hingewiesen: Das laufende Landeshaushaltsgesetz darf nicht angetastet werden. Es ist auch weiterhin nicht zulässig, Dienst- und Versorgungsbezüge, Abgaben- und Personalentscheidungen zu konterkarieren. Das würde im Übrigen auch mit den direkten Mitwirkungsrechten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Konfrontation geraten. Bei den Vorschlägen zu künftigen Haushalten haben wir dann auch noch einmal Formulierungen, aus denen relativ klar ersichtlich wird, was zulässig und was nicht zulässig ist.

Weil hier vorn vom Rednerpult erneut die Mär vertreten wurde, die Landesregierung hätte das Volksbegehren zum Vorschaltgesetz beklagt, um es sozusagen unzulässig werden zu lassen: Bisher besteht immer noch eine Rechtspflicht jeder Landesregierung – egal in welcher Zusammensetzung –, die Rechtmäßigkeit von Volksbegehren zu prüfen. Dazu gehört eben auch, ob sie mit dem bisher geltenden Finanzvorbehalt vereinbar sind oder nicht. Diese Prüfung dient nicht dazu, im Vorhinein

irgendwelche Rechte zu beschneiden, sondern vielmehr dazu, Rechtssicherheit zu schaffen. Es wäre doch absurd, wenn ein Volksbegehren dann die bisher erforderlichen Unterstützerunterschriften in der großen Anzahl zusammensammeln müsste, damit man erst hinterher sagen würde: Nein, das reicht alles nicht, das war rechtswidrig. Deswegen ist dieses Vorprüfungsverfahren auch im Interesse derer wichtig, die ein Volksbegehren anzetteln oder durchführen wollen, damit sie nicht umsonst auf der Straße für ihre Unterstützung geworben haben und hinterher heißt es: Nein, das war nichts.

Wahlalter ab 16: Wir haben hier schon sehr viele Debatten darüber geführt. Es geht nicht darum, dass durch die Wahl im direkten Sinne eine Verantwortung im Sinne der Abgeordneten, wie wir hier sitzen, ausgeführt wird. Es geht darum, dass man seine Anliegen, seine Wünsche, seine Erwartungen an die Politik auch als Wahlbürger deutlich macht. Das Wahlrecht ist das konstitutionelle Menschenrecht jeder Demokratie. Weil es ein Menschenrecht ist, brauche ich keine Gründe, um es zu erteilen, sondern ich brauche Gründe, um es nicht zu geben. Dieses Wahlrecht steht jedem wahlberechtigten Bürger bzw. jedem Zugehörigen unserer Gemeinschaft hier zu – grundsätzlich. Dann kann man Gründe finden, warum man das Wahlalter begrenzt bzw. die Teilnahme an der Wahl erst ab einem bestimmten Alter für zulässig halten möchte.

Dass jetzt aber 16-Jährige nicht in der Lage sein sollen, politische Willensbildung auszuführen, das kann man im Ernst nicht mehr behaupten. Ich weiß, Sie sind da vollkommen anderer Meinung. Es wird dann auch immer wieder argumentiert: Ja, es wollen vielleicht gar nicht so viele, wie Sie meinen, oder es kommt gar nichts heraus, was Ihren Parteien dient. Darum geht es nicht. Es geht um ein grundsätzliches Recht für Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, ihre politische Meinung in Wahlen zu dokumentieren – und da sind 16-Jährige absolut reif und verantwortungsbewusst genug. Wir sollten auch, denke ich, das Wahlalter für Landtagswahlen endlich mal absenken, weil wir immer weniger junge Menschen in unserem Land haben, wir aber immer schon die Zukunft bestimmen oder vielleicht auch schon verbauen für die jungen Menschen, die wir haben. Auch deswegen sollte das Wahlalter gesenkt werden. Wir haben schon oft darüber diskutiert; wir werden das auch weiterhin machen. Wir werden diesen Antrag heute hier an den zuständigen Ausschuss überweisen und dann natürlich auch erneut Sachverständige zu all diesen Dingen anhören.

Das Unterstützungsquorum für Volksbegehren soll halbiert werden – auf nur noch 4 Prozent bei der Amtsstubensammlung und auf 5 Prozent bei freier Sammlung. Die Sammlungsfristen von zwei bzw. vier Monaten bleiben unangetastet. Es ist auch schon gesagt worden: Bisher ist die Schwelle un