Protocol of the Session on December 12, 2017

(Abg. Kobelt)

Das ist der richtige Weg, meine sehr geehrten Damen und Herren. Lassen Sie uns gemeinsam schädliches Glyphosat stoppen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt die Kollegin Scheringer-Wright von der Fraktion Die Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zeitgleich debattiert gerade der Bundestag zum Thema „Glyphosat“. Es liegen dort verschiedene Anträge dazu vor, unter anderem ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel in Deutschland verbieten“.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist ein weitreichender Antrag, der jedoch darauf fußt, dass nach EU-Recht jene Staaten, die den Gebrauch von Glyphosat auf ihrem Territorium nicht wünschen, das Mittel auch trotz einer Zulassung untersagen können. Im September letzten Jahres habe ich hier an diesem Pult noch beklagt, dass Thüringen keine Bundesratsinitiative bezüglich des Verbots oder wenigstens der Einschränkung des Einsatzes von Glyphosat eingebracht hat. Nun hat Thüringen eine Bundesratsinitiative eingebracht, darüber freue ich mich und ich hoffe, dass diese auch durchgeht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir hatten hier im September 2016 einen Antrag zur Einschränkung des Glyphosat-Einsatzes beschlossen. Jedoch muss ich kritisch feststellen, dass in den Gemeinden, Städten und privaten Freizeitgärten und auch im Zusammenhang mit Solaranlagen der Einsatz von Glyphosat immer noch stattfindet. Hier haben wir ein Umsetzungsdefizit, das von der Verwaltung und von der Fachaufsicht dringend angegangen werden muss.

Meine Damen und Herren, Glyphosat wurde in fast allen Nahrungsmitteln nachgewiesen. Glyphosat und dessen Abbauprodukte kommen auch in Böden, im Grundwasser, in Pflanzen und Tieren vor, das möchte ich hier noch mal betonen. Ich habe das schon letztes Jahr en détail ausgeführt, da kann man meine Rede auch noch mal nachlesen. Glyphosat ist möglicherweise krebserregend und die Beimischungs- und Abbauprodukte in den entsprechenden Herbiziden sind auf jeden Fall nicht gesundheitsfördernd. Wer einerseits beklagt – Herr Primas, hören Sie zu! –, dass zum Beispiel Autoim

munerkrankungen in der Bevölkerung ansteigen, muss doch andererseits zur Kenntnis nehmen, dass das ubiquitäre Vorkommen von Giften in unserer Umwelt und in Lebensmitteln damit etwas zu tun hat. Aus dem Vorsorgeprinzip heraus muss deshalb der Einsatz von Glyphosat, aber auch weiterer chemischer Pestizide beendet werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die letzte, viel beachtete Studie zeigt, wie stark in Deutschland die Insekten zurückgehen. Zum Teil ist das auf den direkten Einsatz von Insektiziden zurückzuführen. Aber auch der Rückgang von Blühpflanzen, zum Beispiel von Ackerunkräutern oder Begleitpflanzen in Gärten, öffentlichen Flächen, Grasflächen usw., stellt einen bedeutenden Faktor dar, weil es vielen Insekten, gerade den Bienen, schlicht und einfach an Futterpflanzen mangelt. Dafür sind glyphosathaltige Mittel maßgeblich verantwortlich. Herr Primas, ich bin gespannt, was Sie dann sagen. Sie sitzen da und schütteln den Kopf. Da bin ich gespannt, was Sie für Argumente ins Feld führen. Allein schon deshalb ist, wenn man Biodiversität erhalten will, der Einsatz von Glyphosat drastisch zu reduzieren.

Kürzlich hat ein hoher Vertreter des Thüringer Bauernverbands öffentlich gesagt, der TBV fordere eine Zulassungsverlängerung, weil Glyphosat für die Thüringer Landwirtschaft systemrelevant sei. Da muss ich als Wissenschaftlerin, die lange Agrarsystemforschung betrieben hat, sagen: Systemrelevant ist es nur, weil sich die Bauern weigern, ihr System zu verändern. Gebraucht werden Veränderungen hin zu einer umweltverträglichen Bewirtschaftung. Natürlich gibt es auch Zielkonflikte. Niemand sagt, dass ein Verbot von Glyphosat für die jetzige konventionelle Landwirtschaft einfach wegzustecken ist. Doch möglich ist auch eine leistungsfähige Landwirtschaft ohne chemischen Pflanzenschutz. Aber leider hat der chemische Pflanzenschutz heute so viele wertvolle Ackerbaumethoden verdrängt.

Lassen Sie mich noch ein Wort zum Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt sagen: Wenn der hingeht nach Brüssel und einfach zustimmt, kommissarisch als Landwirtschaftsminister, im Dissens zum Umweltministerium, obwohl er sich noch nie mit Fachkenntnis ausgezeichnet hat, dann finde ich, ist das ein wirklicher Skandal und nicht zu akzeptieren.

Also: Die Landwirtschaft muss sich vorbereiten, dass dieses Gift über kurz oder lang verboten wird. Sich darauf vorzubereiten in den Betrieben, in der Agrarforschung und der Agrarförderung, ist das Gebot der Stunde. Allen Kleingartenbesitzern, Bürgermeistern und Sonstigen rufe ich zu: Wir brauchen blühende Landschaften für unsere Insekten, für die Bienen und für uns alle. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Als Nächster erhält Abgeordneter Malsch von der CDU-Fraktion das Wort.

Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, aber vor allem werte Abgeordnete der Grünen-Fraktion, vor einigen Tagen haben Sie auf Ihrer Facebook-Seite gefragt – und das sicherlich mit Blick auf die Adventszeit –, worauf die Menschen in diesen Tagen verzichten können. Das sage ich Ihnen: Auf Sie aktuell zu dieser Thematik.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr sachlich!)

Ich will Ihnen das anhand Ihres Antrags zur Aktuellen Stunde auch erläutern. Es ist schier unglaublich, wie man in zwölf Zeilen Text allein drei ganz offensichtliche Unwahrheiten einbauen kann und die Menschen für blöd verkaufen will.

Erstens hat nicht Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt über die Wirkstoffgenehmigung von Glyphosat für weitere fünf Jahre entschieden, sondern eine qualifizierte Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Wo er doch dabei war!)

Die zugrunde liegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich der Unbedenklichkeit des Wirkstoffs ließen auch gar kein anderes Ergebnis zu.

Zweitens: Man kann ja zum Glyphosatz-Einsatz unterschiedlicher Auffassung sein, aber eines ist mit Sicherheit nicht wahr, nämlich dass Glyphosat direkte Auswirkungen auf die Fauna hat. Sie haben immerhin erkannt, dass es sich um ein Herbizid handelt und damit auf Pflanzen wirkt, genau dort, wo es auch wirken soll. Und kommen Sie mir nicht mit Artenvielfalt auf dem Acker. Auf einem Weizenoder Gerstenschlag haben ausschließlich Weizen und Gerste etwas verloren – Unkraut nicht. Und lediglich das wird dort auch bekämpft. Durch seine Wirkung ausschließlich auf die Fotosynthese ist eine Gefahr für tierische Organismen praktisch nicht vorhanden, denn dieser Stoffwechselweg kommt nur in Pflanzen, Pilzen und Bakterien vor.

Werte Kolleginnen und Kollegen, eigentlich kann ich es schon selbst nicht mehr hören und jede Wiederholung ist für Ihre ideologisch verbohrten Ohren vergebene Mühe, aber dennoch noch einmal: Der Einsatz von Glyphosat schont den Boden und erhält dessen Fruchtbarkeit, da auf das Pflügen des Bodens in vielen Fällen verzichtet werden kann und

laut Immissionsschutzverordnung sogar verzichtet werden muss. Zugleich wird damit ein positiver Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität im Boden und des Humusaufbaus geleistet. Der durch Glyphosat erst erfolgreich zu betreibende pfluglose Anbau schützt die Böden vor Erosion und Austrocknung und verringert gleichzeitig die Emission von Treibhausgasen. Und das alles wollen Sie aufgeben?

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Nein, anders!)

Die dritte Unwahrheit, werte Kolleginnen und Kollegen: Es ist ja schon schlimm genug, dass auch politische Akteure ohne jeglichen wissenschaftlichen Hintergrund – den habe ich im Übrigen auch nicht – behaupten dürfen, Glyphosat führt zu einem erhöhten Krebsrisiko. Es wird durch Wiederholung einfach nicht wahrer.

Werte Kolleginnen und Kollegen, keine deutsche Bewertungsbehörde hat sich für ein Verbot von Glyphosat ausgesprochen. Dem ist auch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA gefolgt, ebenso wie die Bewertungsbehörden der übrigen 28 Mitgliedstaaten. Eine wissenschaftliche Risikobewertung für die Zulassung von Wirkstoffen und Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft muss stets das Hauptargument bleiben. Und Sie tun das einfach nicht. Das Wissenschaftsbarometer 2017 hat nachgefragt, wie man der Wissenschaft vertraut. Ich kann Ihnen sagen: Jeder Zweite vertraut der Wissenschaft. Bei der Politik ist es genau andersrum, es misstraut nämlich jeder Zweite der Politik. Politischer Aktionismus ohne wissenschaftliche Basis ist nicht zielführend und hilft weder den Landwirten noch den Verbrauchern.

Sie hatten doch auch Vertreter mit in Brüssel bei der Informationsreise der Ausschüsse. Sachlich ist es dort bei den Gesprächen der Thüringer Abgeordneten mit den Kommissionsvertretern beim Thema „Glyphosat“ zugegangen. Diese haben sehr klar und nachvollziehbar die Grundlagen der Kommissionsbewertung erläutert. Sogleich äußerten aber auch die Kommissionsvertreter ihre Besorgnis darüber, dass in der Debatte die EU-Institutionen wie die EFSA von Glyphosat-Kritikern beständig infrage gestellt worden seien. Wenn eine Entscheidung wie etwa die zu Neonicotinoiden ins Weltbild passt, arbeitet nach der Auffassung von Ihresgleichen die EU-Gesundheitsbehörde korrekt. Fällt eine Entscheidung wie zum Glyphosat anders aus, zweifelt man an ihrer Unabhängigkeit. Das ist grüne Politik. Da muss ich sagen: Da war es das Geld nicht wert, dass Sie mit nach Brüssel gefahren sind. Sie sind sowieso nicht bis zum Schluss geblieben, aber zugehört haben Sie scheinbar auch nicht.

(Beifall CDU, AfD)

Zum Schluss noch drei ganz nüchterne Aussagen, damit Sie nicht rumerzählen, Herr Malsch ist ein

(Abg. Dr. Scheringer-Wright)

glühender Glyphosat-Verfechter. Auch wir sind der Auffassung, dass kein Hausbesitzer und kein Kleingärtner glyphosathaltige Produkte verwenden muss. Das geht auch anders. Hier künftig Einschränkungen vorzunehmen, ist durchaus vernünftig oder gar geboten. Es hilft natürlich nichts, wenn ich noch das Brennverbot dazu setze und die Leute noch mehr unter Druck setze.

(Beifall CDU, AfD)

Zur Frage der Verwendung im öffentlichen, kommunalen Bereich: Hier ist die Anwendung von Glyphosat bereits nach dem Pflanzenschutzgesetz verboten. Es kann lediglich mit einer Ausnahmegenehmigung bei den zuständigen Behörden eingesetzt werden.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist so ein Bullshit!)

Auch das ist vernünftig. Und die diesbezügliche Forderung Ihrer Umweltministerin ist blanke Rattenfängerei.

Drittens: In der Landwirtschaft ist Glyphosat unverzichtbar.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht!)

Ein Verbot würde zu einem verstärkten Einsatz des Pfluges und insbesondere anderer Herbizide führen. In Europa käme es zudem zu Ertragseinbußen von 5 bis 10 Prozent, in einigen Gebieten zu noch mehr.

(Zwischenruf Abg. Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beim Hersteller!)

Um trotz der dann geringen Erträge das vorige Ernteniveau zu erhalten, müsste die EU-Anbaufläche um 2,4 Millionen Hektar ausgedehnt werden. Das ist unvorstellbar. Und eines noch für Sie, Herr Kobelt: Mitte September hat die STZ auf der Mittelseite berichtet, „Bier macht glücklich“.

Herr Abgeordneter, kommen Sie dann bitte zum Schluss.

Aber das scheint nicht bei jedem zu funktionieren, tut mir leid.

(Beifall CDU, AfD)

Vielen Dank. Als Nächster erteile ich der Abgeordneten Becker von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist schon viel zu Glyphosat gesagt worden und wir hatten auch schon – Frau Scheringer-Wright hat darauf hingewiesen – einen Antrag im September letzten Jahres dazu und haben uns auch dazu bekannt, die Bereiche einzuschränken, besonders in Kindertagesstätten, in Verkehrsflächen der Kommunen, und da sind wir auch dran. Das ist nicht so, dass wir das nicht umsetzen wollen. Doch gut Ding will Weile haben, will ich mal vorsichtig sagen. Alle wissen, dass Glyphosat nicht ganz ungefährlich ist, um das mal vorsichtig auszudrücken. Ich glaube, da sind wir uns alle in diesem Raum einig. Das ist doch gar keine Frage. Nichtsdestotrotz hätte mir der Auftritt von Minister Schmidt schon gereicht, um nicht mehr mit der CDU in Verhandlungen zu gehen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)