Protocol of the Session on December 12, 2017

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Wissen Sie, ich lese Ihnen mal etwas vor, was der damalige Oppositionsführer Bodo Ramelow am 3. Januar 2013 zur interkommunalen Zusammenarbeit gesagt hat, die die Linke-Parteivorsitzende jetzt forcieren will. Bodo Ramelow hat im Interview in der TLZ am 3. Januar 2013 gesagt: Interkommunale Zusammenarbeit ist zum Schluss ohne jede demokratische, parlamentarische Kontrolle. Und der damalige Abgeordnete Kuschel als Oppositionspolitiker hat am 17.10.2013 auf Antrag der FDP im Landtag in der 5. Wahlperiode geredet und hat gesagt: „Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir diskutieren jetzt über eine Maßnahme der Landesregierung,“ – also kommunale Zusammenarbeit – „die vor Aktionismus nur so strotzt und wo wir der Öffentlichkeit etwas vorgaukeln, dass wir etwas ganz Revolutionäres in diesem Lande machen, was angeblich eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform ersetzen könnte und damit ‚veralbern‘ wir die Öffentlichkeit in einem Maße, das hat sie eigentlich nicht verdient.“ Da muss ich mal sagen: Was ist denn das jetzt, was Ihre Linke-Parteivorsitzende forcieren will? Ist es das Veralbern der Öffentlichkeit oder ist es ein Zug der parlamentarischen Kontrolle, wie es Bodo Ramelow gesagt hat? Sie müssen sich mal einig werden, Wort und Tat klaffen bei Ihnen ganz großartig auseinander.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Jeder andere hätte das Koalitionsausschussproto- koll zu Ende gelesen!)

Ich habe auch nachgeschaut, was der neue Staatssekretär zur Gebietsreform im Parteimagazin „Vorwärts“ der SPD Deutschland im Mai 2012 gesagt hat. Da hat er einen Namensbeitrag geschrieben. Er hat als Sozialdemokrat einen ordentlich draufgegeben und hat gesagt: „Eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit reicht nicht aus, um die Strukturprobleme des Freistaates zu lösen.“

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Wo er recht hat, hat er recht!)

Das knüpft daran an, was der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung gesagt hat. Falls aber Ihre Analyse in irgendeiner Form stimmen sollte, dass man mit Gebietsreform die Strukturprobleme und Zukunftsfestigkeit des Landes herstellen und lösen kann, dann muss ich feststellen, dann sind Sie daran einfach nur gescheitert, weil Sie nicht geliefert haben und offensichtlich auch nicht mehr die Kraft haben, liefern zu können. Wenn man an so einem Punkt ist, dann kommt der Akt der parlamentarischen Kontrolle, der sich aus Artikel 74 der Verfassung ergibt, wo man als Ministerpräsident selbst die Traute haben muss und die Vertrauensfrage stellen muss, um sich noch seiner eigenen Mehrheit zu versichern. Sie haben dazu aber nicht die Kraft, weil Sie wissen würden, dass Sie durchfallen würden, wenn Sie diese Frage stellen würden.

(Beifall CDU)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Wir ha- ben 30 Tagesordnungspunkte in vier Tagen! Was wollen Sie denn noch?)

Im Kommentar zum Artikel 74 unserer Verfassung heißt es im Übrigen auch, dass die Vertrauensfrage eine Möglichkeit ist, die bröckelnde Mehrheit hinter sich zu bringen, und natürlich auch eine gute Methode ist, um alle wieder hinter sich zu versammeln. Aber der Kommentar zum Artikel 74 sagt noch etwas Weiteres und ganz Entscheidendes: „Ob sich [aber] ein […] Zerwürfnis […] auf Dauer beheben lässt, [das] darf bezweifelt werden.“ Ich will sagen: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, es ist in den drei Jahren Ihrer Arbeit offenkundig geworden, dass Sie weder die Kraft noch die Mehrheit haben, das auf den Weg zu bringen, was Ihr zentralstes Regierungsprojekt war, nämlich eine Gebietsreform zu machen.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Langweilig!)

Ihnen fehlt die Kraft. Versichern Sie sich der Mehrheit! Und wenn Sie die Mehrheit nicht mehr haben, dann gibt es Neuwahlen. Und dann, sage ich Ihnen, treten wir gemeinsam vor den Wähler und dann soll der Wähler entscheiden, wer das Land in Zukunft führen darf. Wir sind dazu jederzeit bereit. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir momentan nicht vor. Ach so, Entschuldigung, Herr Gentele hat sich noch gemeldet. Herr Minister Hoff, wenn Sie erlauben, würde ich Herrn Gentele noch das Wort erteilen. Entschuldigung.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher! Meine Damen und Herren Abgeordneten von der Christlich Demokratischen Union, was wollen Sie denn mit Ihrem populistischen Lebenszeitverschwendungsantrag hier und heute bewirken?

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wollen Sie dem Bürger im Land hiermit zeigen, wie gut Ihre politische Arbeit ist? Statt uns dringlichen Themen zu widmen, vergeuden wir hier unsere Zeit für einen Antrag,

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Gib doch dein Mandat zurück!)

der sowas von unnütz, nutzlos ist. Sie wissen doch selbst, dass Sie keine Mehrheit für diesen Antrag bekommen können, schon allein weil Ihre Fraktion nicht einmal vollständig ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und auch wenn und ob, obliegt es Herrn Ramelow, ob er zurücktritt oder die Vertrauensfrage stellt, und nicht diesem Antrag.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, wir alle sollten vor diesem Hohen Haus den nötigen Respekt haben und hier in Demut konstruktive Arbeit leisten.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Warum sage ich das? Weil mir dieses Kasperletheater der CDU-Fraktion auf den Senkel geht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie missbraucht dieses Hohe Haus zur Showbühne für Mike Mohring, um den Landtagswahlkampf 2019 einzuläuten und um den recht unbekannten CDU-Fraktionschef

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Und unbeliebten!)

im Land medial in Stellung zu bringen. Liebe CDUFraktion, statt ständig Sondersitzungen zu beantragen und durchzuführen, die nichts für den Bürger bringen, hätten Sie besser konstruktiv an der Verwaltungs-, Kreisund Gebietsreform mit Ihren durchaus fähigen Leuten mitarbeiten sollen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber was machen Sie? Fast nichts. Sie klagen gegen ein fehlendes Protokoll in der Gebietsreform und feiern sich, als hätten Sie eine Fußballweltmeisterschaft gewonnen.

(Abg. Mohring)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hätten froh sein können, wenn in dieser Periode die Reform umgesetzt worden wäre, denn dann hätte die CDU – wenn diese mal wieder an der Macht ist – dieses unliebsame Thema nicht mehr anpacken müssen. Leider, sehr verehrter Herr Mohring, haben Sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Bodo Ramelow hätten Sie später mal danken können, weil er den Mut hatte, dieses Thema aufzugreifen,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sie haben von der Kommunalpolitik aber auch keine Ahnung!)

auch wenn er wohl immer wusste, dass er ständig Prügel dafür einstecken würde. Aber ein Ministerpräsident muss auch unpopuläre Entscheidungen treffen, um unser Land voranzubringen. Auch wenn es keine veränderten Kreisstrukturen geben wird, geht die Reform ja trotzdem weiter. Deshalb verstehe ich nicht, wieso Sie von einem Scheitern der Reform sprechen oder ständig sagen, die Reform ist tot. Nein, sie geht weiter! Sie wird eben nur neu gestaltet.

Bitte erklären Sie uns mal, warum Herr Ministerpräsident Ramelow diese Vertrauensfrage stellen soll! Die Koalition arbeitet, sie bringt Gesetze ein und die werden auch verabschiedet. Ihre Fraktion hätte zum Doppelhaushalt 2016/2017 gegen Sie auch ein Vertrauensvotum stellen müssen, denn von Ihnen kam nicht ein einziger Änderungsantrag.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Von Ihnen auch nicht!)

Dieses Theater bringt Thüringen nicht weiter. Und eines noch: Sie werfen Bodo Ramelow ständig vor, er stehe mit leeren Händen da. Haben Sie sich schon mal gefragt, wie Sie dastehen? Was bieten Sie an? Sagen Sie das mal dem Bürger da oben! Wollen Sie sich so als möglichen Ministerpräsidentenkandidaten der CDU ins Spiel bringen – oder was soll das Ganze hier? Wenn die CDU 2019 in den Landtagswahlen gewinnen möchte, dann braucht sie einen guten Kandidaten oder eine gute Kandidatin. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir jetzt nicht vor. Ich erteile damit dem Minister der Staatskanzlei, Herrn Prof. Dr. Hoff, das Wort für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Abgeordneter Mohring, bei Ihrer Rede – Dichtung und Wahrheit, viele Worte –, aber eine Vorbemerkung: Seit vergangenem Donnerstag gibt es eine gemeinsame Erklärung von SPD und Linken und ich würde Ihnen empfehlen – um mit Ihren eigenen Worten zu sprechen –, statt mit Ignoranz zu reagieren, sich mit den Fakten zu befassen.

Aber zum Thema dieser Plenarsitzung und Ihres Antrags: Es gibt zwei Arten von Parlamentsanträgen, mit denen eine Opposition feststellen kann, ob eine Regierung über die erforderliche Mehrheit im Parlament verfügt. Die eine ist heute die von der CDU-Fraktion vorgelegte Drucksache 6/4821 mit dem Titel „Thüringer Ministerpräsident muss die Vertrauensfrage stellen“. Diese Drucksache ist seltsam mutlos, passiv.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und es ist schon rührend, wenn die Opposition die Regierung um Unterstützung bei deren eigener Ablösung ersucht, weil sie sich selbst das nicht zutraut.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber es geht auch anders. Es gibt ein historisches Beispiel dafür. Es datiert auf den 24. April 1972 und trägt die Bundestagsdrucksache VI/3380. Ich zitiere aus dieser Drucksache: „Der Bundestag spricht Bundeskanzler Willy Brandt das Misstrauen aus und wählt als seinen Nachfolger den Abgeordneten Dr. Rainer Barzel zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.“ Wie wir wissen, ist es Rainer Barzel, dem Christdemokraten, nicht gelungen, Willy Brandt zu stürzen. Aber er hat es gewagt, weil er von der Richtigkeit seines Handelns überzeugt war, selbst auf die Gefahr hin zu scheitern.

(Beifall SPD)

Auch diese Koalition und diese Landesregierung haben etwas gewagt. Gemeinsam waren und sind wir davon überzeugt, dass eine Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform für die Zukunftsfähigkeit dieses Freistaats Thüringen, unseres Landes Freistaat Thüringen, unverzichtbar ist. Fast auf den Tag genau drei Jahre hat diese Koalition durch politische Überzeugung und auf gesetzgeberischem Weg an diesem Vorhaben gearbeitet. Aber am Ende mussten wir feststellen, dass unsere Argumente nicht überzeugend genug waren. Im parlamentarischen Beratungsverfahren dieses Landtags wurden zudem Fehler gemacht, die nicht auf diese Koalition zurückgehen, aber das Vorschaltgesetz