Auch diese Koalition und diese Landesregierung haben etwas gewagt. Gemeinsam waren und sind wir davon überzeugt, dass eine Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform für die Zukunftsfähigkeit dieses Freistaats Thüringen, unseres Landes Freistaat Thüringen, unverzichtbar ist. Fast auf den Tag genau drei Jahre hat diese Koalition durch politische Überzeugung und auf gesetzgeberischem Weg an diesem Vorhaben gearbeitet. Aber am Ende mussten wir feststellen, dass unsere Argumente nicht überzeugend genug waren. Im parlamentarischen Beratungsverfahren dieses Landtags wurden zudem Fehler gemacht, die nicht auf diese Koalition zurückgehen, aber das Vorschaltgesetz
unwirksam werden ließen. Übrigens anders als Sie darstellen, Herr Mohring, hat dieses Vorschaltgesetz in diesem Parlament eine glasklare Mehrheit gehabt. Erst dadurch wurde es zum Gesetz,
erst dadurch gab es für Sie die Gelegenheit, vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Sie haben heute eine bewusste, mehrfache, politische Fehl- und Missinterpretation des Verfassungsgerichtsurteils vom Juli diesen Jahres gemacht. Ehrlich gesagt – ich weiß nicht, Herr Präsident, ob mir das zusteht –, aber es zeugt von wenig Respekt gegenüber dem Verfassungsorgan Thüringer Verfassungsgerichtshof, ihn in dieser Weise bewusst für die eigene politische Agitation hier in diesem Parlament zu missbrauchen.
Aber war es denn falsch, dass wir die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform begonnen haben? War es falsch, dass wir sie angepackt haben? Nein. Ausdrücklich nein. Etwas zu wagen, auch wenn die Widerstände groß sein werden, auf die Kraft des Arguments zu vertrauen, auch wenn viele gar nicht mehr argumentieren wollen, die Hand auszustrecken und Bündnisse einzugehen, weil man gemeinsam mehr erreichen kann: Das, sehr geehrter Herr Abgeordneter Mohring, ist Politik – Politik, die nicht nur auf die Pose Wert legt oder auf kurzfristige Effekthascherei reduziert ist. Wenn Politik das Bohren dicker Bretter ist, dann mussten wir feststellen, dass unsere Bohrer nicht dick genug sind und nicht stabil genug sind. Aber wir mussten auch feststellen, dass manche Bretter vor dem Kopf robuster waren als von uns angenommen. Angesichts dessen ist diese Koalition zu der Überzeugung gekommen, das Vorhaben einer Kreisgebietsreform als Teil einer Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform nicht weiter zu verfolgen. Mit den Worten des Ministerpräsidenten, der es immer wieder gern feststellt: Man muss nicht mit dem Kopf gegen immer die gleiche Wand rennen, wenn man daneben eine Tür hat, durch die man gehen und erfolgreich sein kann.
Wenn Politik jedoch nicht das Bohren dicker Bretter ist, sondern auch das Aushandeln von Kompromissen, das Erzielen von Verständigung, dann ist es richtig, dass wir die Beendigung des Vorhabens einer Kreisgebietsreform mit dem Angebot eines Kommunalfriedens verbinden. Den Begriff des Kommunalfriedens suchten Sie, Herr Abgeordneter Mohring, mit der Feststellung lächerlich zu machen, es habe also bislang Kommunalkrieg geherrscht. Nun ja.
Ich darf Sie daran erinnern, Herr Abgeordneter Mohring, dass Sie selbst und Ihre Fraktion es waren, die seit Jahren die falsche Behauptung aufstellen, wir würden, ich zitiere Sie, „einen Angriff auf den ländlichen Raum“ führen.
Wir beide, Herr Mohring, und auch Sie, Abgeordnete der CDU-Fraktion, wissen, dass diese Behauptung nicht stimmt.
Wer sich der militärischen Sprache bedient und glaubt, sich in dieser Weise hier echauffieren zu müssen, wie Ihre Fraktion, Herr Mohring, es derzeit tut, der sollte ein Friedensangebot als solches erkennen können. Diese Koalition streckt die Hand gegenüber den kommunalen Spitzenverbänden aus, denn das Klima zwischen der Landesregierung und dem Landkreistag bzw. dem Gemeinde- und Städtebund ist – und das wissen alle, die sich mit der Materie beschäftigen, und nicht erst seit dieser Legislaturperiode – im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern nicht einfach und es ist dringend verbesserungsbedürftig.
Wir wollen mit dem Angebot einer paritätisch besetzten Arbeitsgruppe, die insbesondere Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit identifiziert und an deren Umsetzung arbeitet, unseren Anteil dazu beitragen. Es wäre schön, wenn der Landkreistag seinerseits dieses Angebot in seiner Mitgliederversammlung morgen beraten und auch annehmen würde. Denn anders als der Abgeordnete Mohring hier dargestellt hat, geht es nicht nur darum – und das ist eben auch der Unterschied in unserem politischen Verständnis –, ein Gesetz zu beschließen, sondern es auch mit Leben zu erfüllen. Und wie wir wissen, war die interkommunale Zusammenarbeit für uns – das geben wir ehrlich zu – am Beginn dieser Legislaturperiode nicht unsere erste Option, aber sie ist angesichts der Argumente und Tatsachen, die ich hier dargestellt habe, das Instrument, mit dem wir auch auf diejenigen zugehen, die gesagt haben: Verlasst den Weg der Kreisgebietsreform, lasst uns ernsthaft eine interkommunale Zusammenarbeit mit Leben erfüllen. Wir nehmen diese Bitte ernst und wir gehen auf sie zu und sagen: Dann lasst uns aber nicht nur auf ein beschlossenes Gesetz verweisen, sondern lasst uns
Auch Ihnen, nicht nur den kommunalen Spitzenverbänden und anderen Akteuren, sondern auch Ihnen, Herr Abgeordneter Mohring, und Ihrer Fraktion haben der Ministerpräsident, die Landesregierung und ich selbst von diesem Pult aus das Angebot unterbreitet, gemeinsam die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform zu gestalten. Sie haben das Angebot mehrfach ausgeschlagen. Erst müsse die Gebietsreform fallen, dann würden Sie zu Gesprächen bereitstehen. Nun ja, Ultimaten mögen jenem, der sie stellt, das Gefühl von Stärke und Tatkraft verleihen; in der Sache zielführend sind sie nicht.
Nun, Herr Mohring, die Kreisgebietsreform wird von dieser Regierung nicht mehr verfolgt. Seit dem 30.11.2017 sind zwölf Tage vergangen. Sie würden mit Timbre in der Stimme hier sagen: Heute ist Tag zwölf.
Sie hätten in den vergangenen zwölf Tagen zeigen können, wohin Sie und Ihre Partei zu gehen bereit sind, um den Freistaat Thüringen zukunftsfähig zu machen. Mitglieder Ihrer eigenen Partei wie zum Beispiel der Oberbürgermeister von Ilmenau, GerdMichael Seeber, seit 1990 Oberbürgermeister von Ilmenau, hat keine Scheu, auf dem Landesparteitag der Linken zu sprechen. Er und auch andere Mitglieder Ihrer Partei fordern den Ministerpräsidenten sogar auf, die Gemeindegebietsreform auch gegen Widerstände durchzusetzen. Ich zitiere fast wörtlich: Einfach ist so was nicht; Widerstände gibt es da immer, aber da muss man sich darüber hinwegsetzen, um die Zukunftsfähigkeit des Freistaats, unserer Heimat – wie Sie sagen würden, Herr Mohring – zu sichern.
Das heißt also: Mitglieder Ihrer eigenen Partei, Herr Abgeordneter Mohring, entziehen sich dem Mehltau Ihrer Dagegen-Partei, der sich unter Ihrer Ägide
über die CDU in Thüringen gelegt hat, die sich früher mal stolz den Titel „Thüringenpartei“ gegeben hatte.
Sehr geehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion, wenn Sie Mut hätten und die Zuversicht, dann würde Ihr Antrag lauten: Der Landtag spricht dem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow das Misstrauen aus und wählt als seinen Nachfolger den Abgeordneten Mike Mohring zum Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen. – Doch Sie haben weder den Mut, noch die Zuversicht.
Es reicht nicht nur aus, Herr Mohring, Ministerpräsident werden zu wollen, man muss auch das Format dazu haben. Deshalb heißt der Ministerpräsident des Freistaats Thüringen Bodo Ramelow, getragen von der rot-rot-grünen Mehrheit dieses Landtags. Vielen Dank!
Wir stimmen den Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 6/4821 ab. Ich bitte jetzt um das Handzeichen, wer dafür ist. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen und vom Abgeordneten Gentele. Enthaltungen? Aus der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit abgelehnt.
Mein Vorschlag wäre, dass wir 15.45 Uhr mit der regulären Sitzung beginnen. Also wir pausieren bis 15.45 Uhr.