Protocol of the Session on November 23, 2017

Ich gehe davon aus, dass er das tun wird. Insofern ist das heutige Sonderplenum eine kaum zu rechtfertigende Verschwendung von Steuergeldern.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Und von Zeit!)

Um es noch einmal zusammenzufassen: Ein Teil des CDU-Antrags wird bereits im Untersuchungsausschuss 6/3 untersucht. Der andere Teil hätte keines Sonderplenums bedurft, insbesondere wenn man bedenkt, dass die CDU während ihrer Regierungszeit die eigenen Minister nicht wegen solcher Vorfälle zum Rücktritt aufgefordert hätte. Aus diesem Grund werden wir Ihren Antrag ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Als Nächste hat Abgeordnete Walsmann für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen! Aufklärung nicht möglich, weil: Es kostet Geld. Herr Helmerich, das schlägt doch dem Fass den Boden aus. Wir leben in einer Demokratie, in einem Rechtsstaat,

(Beifall CDU)

und da ist Aufklärung Verpflichtung, wenn etwas nicht ordentlich läuft.

Frau Martin-Gehl, wir haben uns immer gut verstanden im Ausschuss, aber was Sie behaupten, dass hier Falschaussagen, falsche Dinge auf den Tisch des Hauses gelegt werden, das stimmt nicht. Fakt ist: Noch immer sucht die Thüringer Polizei den Untersuchungsgefangenen, der vor gut vier Wochen aus der Haftanstalt Suhl-Goldlauter entweichen konnte. Und Fakt ist: Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Meiningen. Der Verdacht lautet – Fakt ist –: Gefangenenbefreiung.

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Re- den Sie doch mal ein bisschen ruhiger!)

Und die Flucht, meine Damen und Herren – da können Sie hier brüllen wie Sie wollen –, war in der Tat filmreif. Das mag im Filmland Thüringen vielleicht den einen oder anderen beruhigen – aber was steht dahinter? Ich sage mal ganz deutlich – schauen wir eine Woche zurück –: Die Polizei verbucht endlich einen Erfolg gegen das Drogenkartell, was sich auch hier bildet und auch hier seine Wurzeln schlägt. Endlich werden Festnahmen getätigt, endlich ein Erfolg. Die Beamten können den Fuß in das Milieu der Drogen- und Mafiakriminalität setzen und einer der führenden Köpfe wird, nachdem er gefasst war, wieder auf freien Fuß gelassen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Woher wissen Sie das denn?)

Das scheint die Überschrift zu sein unter dem „Ist ja alles gar nicht so schlimm.“

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer hat ihn denn auf freien Fuß gelassen?)

Er ist entwichen und „entwichen“ heißt, dass es irgendwelche Pannen und Versäumnisse gegeben hat, und die müssen aufgeklärt werden.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer hat ihn denn auf frei- en Fuß gelassen?)

Und jetzt kommen wir zu dem Fall zurück, der akut ansteht: Der Gefangene verschwand in einem Kar

(Abg. Helmerich)

ton. Herr Helmerich, so lustig, wie Sie das vortragen, kann ich das nicht finden. Das ist auch nicht lustig,

(Beifall CDU, AfD)

sondern so etwas darf einfach nicht passieren. Deshalb sind wir daran interessiert, lückenlos aufzuklären und zu erfahren, warum es passieren konnte. Da sind wir uns noch einig, lieber Herr Lauinger, aber nicht mehr lange, denn die Konsequenz daraus ist eine vollkommen andere, die Sie ziehen. Denn Sie nehmen es hin und sagen: Das passiert ja überall. Und deshalb kann man damit zufrieden sein, sich der Tatsache hingeben, dass es überall passiert. Nein, das ist eben nicht so, meine Damen und Herren, und das wissen Sie auch sehr genau.

Nachdem nun der Vorgang beschrieben ist, auch zur Kenntnis gebracht wurde, muss man auch Parallelen ziehen. Eine Kiste, ein Karton, der übrigens so groß ist, dass sich ein Mensch darin verstecken kann, macht schon Nachfragen nötig, wie das überhaupt möglich ist, in so großen, konfektionierten Behältnissen Dinge nach außen zu bringen, dann noch unkontrolliert die Ausgangssperren zu überwinden, was auch in früheren Zeiten schon mal unter Ihrer Amtszeit vorgekommen ist. Denn der Petitionsausschuss, ich erinnere mich, weist auf Vorgänge in der JVA Tonna hin, wo auch nicht kontrolliert wurde, Fahrzeuge ein- und ausgefahren sind und keine Kontrolle stattgefunden hat.

(Zwischenruf Lauinger, Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz: Woher wissen Sie das?)

Warum ist das möglich? Warum ist es immer noch möglich?

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Das war doch Thema im Justizausschuss!)

Warum wird nicht reagiert? Und vor allen Dingen: Wird nicht ernst genommen, was die Bediensteten aus dem eigenen Geschäftsbereich zu den Dingen sagen, nämlich anmahnen, dass nicht genügend Personal da ist, dass nicht genügend qualifiziertes Personal nachkommt? Die Personalbedarfsberechnungen fehlen noch heute. Das ist schlicht und einfach Fakt! Schauen Sie es sich doch an, lesen Sie doch! Beim Bundesverband der Strafvollzugsbediensteten, in den Heften des Vollzugsdienstes, können Sie es nachlesen. Ich hoffe, Sie haben sie gelesen, die Artikel. Und ich hoffe, Sie kommunizieren mit den Beamten auch dazu im Strafvollzugsdienst. Es geht nicht an, dass die Verantwortung einfach immer nur auf den kleinen Beamten geschoben wird. Natürlich, menschliches Fehlverhalten, das muss man konstatieren! Aber was hat zu diesem menschlichen Fehlverhalten geführt? Was

hat es begünstigt, Herr Minister? Das ist die Frage. Das abzustellen, die Justizvollzugsanstalten in Thüringen wieder sicher zu machen, heißt eben auch, dass sie das technische und personelle Know-how und auch die notwendige Ausstattung bekommen. Da reden wir hier nicht über irgendwelche Spaßfaktoren, sondern über knallharte Faktoren.

Makaber ist auch: Zunächst wurde auch nicht über die Gefährlichkeit des Straftäters informiert, weil dies angeblich nicht bekannt war. Nach über vier Monaten weiß die JVA nichts über den Hintergrund ihres Untersuchungshaftgefangenen, von mehreren Identitäten ist die Rede. Und auf meine Nachfrage im Justizausschuss habe ich auch eine falsche Antwort zu diesem Punkt erhalten. Das sage ich ganz bewusst. Sie wissen genau, was ich meine.

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Mehr als Sie, Frau Walsmann!)

Inzwischen wird auch nicht mehr bestritten, dass es sich um einen führenden Kopf der Drogenszene gehandelt haben könnte. Das LKA bestreitet es jedenfalls nicht. In der Berichterstattung durch Sie, Herr Minister Lauinger, wird der ganze Vorgang zwar berichtet, das ist richtig, aber letztlich wird immer wieder die Last der Verantwortung auf menschliches Fehlverhalten und das Versagen einzelner Bediensteter abgewälzt. An dieser Stelle ist deutlich zu sagen: Das ist ein untauglicher Versuch des Herunterspielens eines Vorgangs, der sich wie die Chronologie eines justizpolitischen Versagens erster Ordnung darstellt.

(Beifall CDU)

Es geht auch nicht um den Einzelfall allein, sondern es geht um die Summe von Tatbeständen und die Summe von Vorgängen, die wir hier konstatieren und die in verschiedenen Bereichen, ob im Innenausschuss, ob im Petitionsausschuss, ob im Justizausschuss, immer wieder thematisiert wurden. Aber es passiert nichts. Das kann es doch wirklich nicht sein!

(Beifall CDU)

Eines sage ich auch: So wenig Beachtung, wie der Justizvollzug in Ihrer Amtszeit erfahren hat, das gab es noch nie. Das gab es wirklich noch nie!

(Beifall CDU)

Da kommt erst Migration, dann kommt ganz lange gar nichts, dann kommen Staatsanwaltschaften und Gerichte, wenn sie Glück haben, und dann kommt irgendwann der Strafvollzug. Das geht so nicht! Der Strafvollzug ist ein gleichberechtigter Teil des Justizressorts und er braucht eine besondere Verantwortung, weil die Probleme eben gravierend sind.

(Beifall CDU)

Die Probleme haben wir aus langen Zeiten vorher geerbt und wir haben viel daran gearbeitet, dass wir

sie abstellen. Und nach drei Jahren Ihrer Amtszeit gibt es, was den Vollzug angeht, keine klaren Aussagen: Personalbedarfsberechnung – Fehlanzeige! Aktionsprogramme gegen Drogen und Subkultur im Vollzug – Fehlanzeige! Zusammenarbeit mit den Vertretungen der Bediensteten – Fehlanzeige! Schutz der Allgemeinheit vor Begehung weiterer Straftaten durch Sicherheit im Vollzug – Glückssache! Das ist uns zu wenig!

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Nur Unterstellungen und Vermutungen!)

Danke schön. Es hat Abgeordneter Möller für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Ich möchte kurz noch auf Herrn Helmerich eingehen. Herr Helmerich, ich habe mich oft gefragt: Wo liegt Ihr politisches Talent? Heute habe ich es rausgefunden: Sie sind ein begnadeter Schönredner.

(Beifall AfD)

Sie reden selbst schlimmstes Organisationsversagen so hin, als ob alles in bester Ordnung wäre und als ob die berechtigte Kritik daran völlig unberechtigt wäre und völlig neben der Sache läge. Dabei ist es eigentlich atemberaubend, welche Versäumnisse und wirklich krasse Pflichtverletzungen es im Zuständigkeitsbereich von Herrn Lauinger im Justizministerium gibt. Das Beispiel des Drogenkonsums ist schon angesprochen worden. Es ist bereits vor über einem Jahr bekannt geworden, dass Häftlinge aufgrund von Drogenmissbrauch das Bewusstsein verloren haben. Es ist also klar gewesen: Es gibt ein Drogenproblem in diesen Anstalten.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat auch noch nie je- mand geleugnet!)

Es wird aber kleingeredet, Frau Kollegin.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Dieses Kleinreden führt erwartungsgemäß genau zu einem Ergebnis, nämlich dass aus einem Haufen Unordnung ein großer Haufen Unordnung wird. Genau das können wir im Justizministerium ablesen, wie so was funktioniert.