Protocol of the Session on November 23, 2017

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Durch wen festgestellt?)

Der Bundesvorstand der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands hat dies als Drogengeschäfte in einer JVA von noch nie gekanntem Ausmaß bezeichnet. Es mag schon sein, dass auch der vorherige Justizminister hier Fehler gemacht hat, er hat ja auf ihn verwiesen. Also ganz so abwegig scheint es nicht zu sein, was da vorgekommen ist. Aber als jetziger Justizminister nach drei Jahren Amtszeit auf seine Vorgänger zu zeigen und zu meinen, damit habe er alles getan, ist eine Unverfrorenheit, wie sie sich auch bei anderen Skandalen zeigt, und deshalb auch der Aufschrei des Koalitionspartners SPD. Deren justizpolitischer Sprecher hat in einer Presseerklärung zu Recht dem Justizminister auf den Weg gegeben, dass er sich seiner Verantwortung nicht entziehen kann, indem er die Schuld bei seinem Vorgänger sucht. Er spricht von einem Wegschauen und Abwälzen der eigenen Verantwortung.

(Beifall CDU)

Und mit dem Zeigen von sich weg nicht genug, der Gipfel der Unverfrorenheit ist, dass er noch eins draufsetzt und als einzige Reaktion mit dem Finger auf die Justizvollzugsbediensteten zeigt mit der Warnung, eine Beteiligung von Bediensteten sei eine Straftat, die konsequent verfolgt werde. Bei einem solchen Verhalten sind meine Ausdrücke in der Presseerklärung von Abwiegeln, Kleinreden und Relativieren noch viel zu schwach. Schon im letzten Jahr hatten wir als CDU-Fraktion im Justizausschuss Aufklärung zur Drogensituation gefordert. Die Antwort des Justizministers im Dezember 2016 war: Überwürfe, insbesondere in Tonna, sind nur schwer oder gar nicht möglich. Die Thüringer JVAs sind wie andere JVAs in Deutschland nicht vollständig drogenfrei – was für eine Antwort! Kein Wort über die Ermittlungen der StA im Bereich der organisierten Kriminalität gegen 20 Verdächtige.

(Beifall AfD)

Im Januar dieses Jahres antwortete der Justizminister dem Ausschuss, dass ihm keine Erkenntnis

se vorliegen, dass der Drogenkonsum in den Thüringer JVAs in letzter Zeit signifikant zugenommen hätte. So kann man natürlich die Brisanz des Problems auch verschleiern, bei nicht erwähntem hohen Ausgangsdrogenkonsum zu sagen, es habe nicht signifikant zugenommen. Eine Woche später behauptet der Minister im Plenum, er habe im Ausschuss erschöpfend berichtet. Das ist schlicht die Unwahrheit. Und so zieht sich die Fehlinformation des Ausschusses durch den Justizminister durch bis zur Presseveröffentlichung und dem Satz: Drogen gibt es in allen JVAs.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Das ist ja richtig!)

Ja, wenn es aber nur der einzige Satz ist, ist es nicht richtig.

Damit wieder zum Kern des Problems, dem Justizminister, zurück: Es mag ja sein, dass der Justizminister in der Flüchtlingsproblematik eine besondere Berufung sieht, aber dann hätte der Ministerpräsident ihn zum Flüchtlingsminister berufen sollen. Ein Justizminister ist das jedenfalls nicht.

(Beifall CDU)

Um die Justiz und insbesondere die JVAs hat er sich nicht gekümmert, er hat angesichts des Drogenproblems nichts getan, den Bereich JVA ausgeblendet. Seit drei Jahren hat er das Personalkonzept nicht vorgelegt, seit drei Jahren keine Maßnahmen gegen den Drogenhandel ergriffen, die über das hinausgingen, was zuvor sowieso üblich war, und jetzt versucht er das Problem wegzureden. Wir wollen keinen Grünen-Skalp, wir wollen, dass ein Justizminister entlassen wird, der sein Versagen selbst nicht sehen will oder nicht sehen kann und dafür von den Grünen auch noch gelobt wird – also keinen Dank für einen super Job, sondern Entlassung wegen des schlechten Jobs.

(Beifall CDU, AfD)

Danke schön. Als Nächster hat Abgeordneter Helmerich für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Gäste! Zunächst einmal möchte ich anmerken, dass der Alternativantrag der Höcke-Fraktion völlig substanzlos ist und mit keinem weiteren Wort hier einer Erwähnung bedarf.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Antrag der CDU-Fraktion beinhaltet Verschiedenes: Drogen, Flucht, ungeschriebene Prüfung – alles in einem Topf. Das mutet so vermengt seltsam an, jedenfalls in der Version der CDU. Insofern

(Abg. Scherer)

hoffe ich auf eine sachliche Richtigstellung des Ministers.

Wenn ich mir die Vorwürfe genauer anschaue, fällt mir Folgendes auf: Da geht es zum einen um das Handeln Dieter Lauingers als Minister und als Vater, dessen Sohn trotz Zusage nicht an der sogenannten Besonderen Leistungsfeststellung teilgenommen hat. Dazu will ich nun keine Wertung vornehmen, denn als Landtag haben wir einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der sich mit diesem Thema befasst. Wir haben uns übrigens auf Wunsch der CDU mit dem Thema befasst und entschieden, dieses Thema im Ausschuss genauer zu untersuchen. Der Respekt vor dem Untersuchungsausschuss gebietet es nun, dessen Untersuchung und Ergebnisse abzuwarten.

(Beifall SPD)

Als die Union noch Regierungspartei war, hat sie parlamentarische Gepflogenheit höher bewertet und darauf geachtet, dass solche Fragen im entsprechenden Ausschuss behandelt wurden.

(Beifall SPD)

Hauptargument der CDU war dabei stets, dass im Ausschuss sensible Themen vertraulich behandelt werden können. Jetzt in der ungewohnten Oppositionsrolle zerrt Herr Mohring solche Themen plötzlich ins Licht der Öffentlichkeit. Er wäre besser beraten, hier auf das Ergebnis des Untersuchungsausschusses 6/3 zu warten und nicht jetzt schon vorgreifen zu wollen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Er soll alles auf den Tisch legen, dazu brauchen wir kei- nen Untersuchungsausschuss!)

Er läuft sonst Gefahr, den Stil der Populisten zu übernehmen. Es ist offenkundig, dass es bei dieser Vorgehensweise nicht um eine seriöse Aufklärung der Fakten geht. Damit möchte ich es mit Ausführungen zu diesen Aspekten des Antrags belassen.

(Beifall SPD)

Der CDU geht es zum anderen um die Situation im Justizvollzug. Wenn ich den Antrag der Kollegen von der CDU zusammenfasse, ist der Justizminister demnach für das Drogenaufkommen in den Gefängnissen und die geglückte Flucht eines Gefangenen verantwortlich und soll deswegen zurücktreten.

(Beifall Abg. Krumpe, fraktionslos)

Er soll sich verantworten, die Verantwortung tragen, die Letztverantwortung eines Ministers. Was verbirgt sich eigentlich dahinter? Ganz allgemein geht es um die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass alles einen möglichst guten Verlauf nimmt,

dass das jeweils Notwendige getan wird, damit möglichst kein Schaden entsteht. Verantwortung meint aber auch die Verpflichtung, für etwas Geschehenes einzustehen und sich eben zu verantworten. Und verantworten hat etwas mit antworten, mit Rede und Antwort stehen zu tun. Und das tut der Minister. Er verantwortet sich regelmäßig im Justizausschuss des Landtags, in der Strafvollzugskommission und im Plenum. Die Fragen, die Sie aufwerfen, wird er angemessen beantworten, er wird dann seiner Verantwortung gerecht.

Herr Minister Lauinger muss dafür Sorge tragen, dass alles in seinem Geschäftsbereich einen möglichst guten Verlauf nimmt, dass möglichst kein Schaden entsteht. Das ist ganz im Sinne der Definition, die ich Ihnen eben vorgetragen habe. Als Minister kann er nicht alles selbst tun. Er muss aber dafür Sorge tragen, dass die in seinem Ressort liegenden Aufgaben erfüllt werden.

(Beifall CDU)

Er kann und muss einen Rahmen schaffen, der möglichst alle Bediensteten dazu anhält, das Richtige zu tun. Er ist verantwortlich für die Strukturen, die Regelungen, Dienstanweisungen, das nötige Personal. Im Fall des flüchtigen Gefangenen in der Kiste hat er das getan. Es gab eine Handlungsanweisung, eine Sichtkontrolle durchzuführen. Das ist der Rahmen, die Struktur, für die Justizminister zu sorgen haben. Es gab Personal, das dafür zuständig war, diese Kontrollen durchzuführen. Nur dafür können wir Dieter Lauinger als Minister verantwortlich machen, nicht dafür, dass er sich nicht auch noch danebenstellt und seine Mitarbeiter kontrolliert.

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: Er trägt die Gesamtverantwortung!)

Die Fachpolitiker und damit alle Fraktionen wissen das alles bereits genau. Der Minister hat sich im Justizausschuss zu dieser Sache verantwortet. Er hatte die Fragen, soweit zu diesem Zeitpunkt möglich, beantwortet. Und sicher wird er sich auch weiterhin zur Frage von Drogen im Justizvollzug verantworten und uns über diese Situation unterrichten. Deswegen möchte ich dem inhaltlich nicht vorweggreifen.

Würde man alle Thüringer Kabinettsmitglieder der CDU nach den gleichen Maßstäben messen, mit welchen Herr Mohring das aktuelle Kabinett misst, dann hätte eine lange Liste an Ministern und Staatssekretären ihren Hut nehmen müssen. Aber in vielen Fällen ist genau das nicht geschehen. Man denke beispielsweise an die sogenannte Kloßrevolte von Goldlauter, als die Häftlinge wegen verkochter Klöße an Weihnachten gewaltsam rebellierten. Der Justizminister damals war Hans-Joachim Jentsch von der CDU. Zurückgetreten ist er bekanntlich nicht. Weitere Beispiele lassen sich belie

big viele aufzählen. Deshalb muss sich die CDUFraktion den Vorwurf gefallen lassen, hier mit zweierlei Maß zu messen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte aber an dieser Stelle noch einmal auf die wichtige Vorarbeit seines Vorgängers Holger Poppenhäger als Justizminister in der letzten Legislaturperiode verweisen, der mit dem Justizvollzugsgesetzbuch einen Grundstein für viele Verbesserungen im Justizvollzug gelegt hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Mit dem sogenannten Professionellen Übergangsmanagement für Strafgefangene und Haftentlassene – kurz PÜMaS – beginnt die Sorge um die Wiedereingliederung der Gefangenen schon bei Haftantritt. Damit hat Herr Dr. Poppenhäger Maßstäbe gesetzt

(Beifall DIE LINKE, SPD)

als Jurist und als Minister.

Das Justizvollzugsgesetzbuch umzusetzen, ist die Aufgabe der jetzigen Minister. Ein moderner Strafvollzug ist eine konstante Aufgabe, ein Prozess über Wahlperioden und über verschiedene Justizminister hinweg.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich hatte gesagt, Verantwortung heißt auch, für etwas Geschehenes einzustehen, und ja, das erwarte ich auch von unserem Justizminister.

(Beifall CDU; Abg. Krumpe, fraktionslos)

Ich erwarte von ihm, dass er das, was in den nun fast drei Jahren seiner Amtszeit vorgefallen ist, ohne Schönung darstellt und sich verantwortet.

(Beifall CDU; Abg. Krumpe, fraktionslos)

Ich gehe davon aus, dass er das tun wird. Insofern ist das heutige Sonderplenum eine kaum zu rechtfertigende Verschwendung von Steuergeldern.