Laut Presseveröffentlichungen wurde der Nordhäuser Bürgermeister am Rande des Rolandfestes am 9. Juni 2012 durch Rechtsextreme angegriffen und leicht verletzt. Zuvor hatten fünf Maskierte ein Transparent mit der Aufschrift „Deine Demokratie bringt den Volkstod“ hochgehalten und entsprechende Flugblätter verteilt. Daraufhin wurden diese durch den Bürgermeister angesprochen. Die Aktion ist der neonazistischen Aktionsform „Die Unsterblichen“ zuzurechnen. Gegenüber der Öffentlichkeit ließ ein Polizeisprecher verlautbaren, dass „Die Unsterblichen“ keine Gruppierung der rechtsextremen Szene seien. Es sei eine Gruppe, die in Städten auftauche und urplötzlich wieder verschwinde. Meines Erachtens handelt es sich dabei offenkundig um eine Fehleinschätzung.
1. Wie stellte sich der Verlauf der öffentlichen Aktion sowie des tätlichen Angriffs der als neonazistisch geltenden Gruppierung nach Kenntnis der Landesregierung dar?
2. Wie reagierte die Polizei auf den Vorfall und welche Ermittlungsergebnisse liegen zwischenzeitlich vor?
3. Kam es im Zusammenhang mit dem Rolandfest zu weiteren Aktionen bzw. Straftaten von den der Neonazi-Szene zuzurechnenden Personen? Wenn ja, welche?
4. Wie ist aus Sicht der Landesregierung die (Fehl- ?)Einschätzung des wiedergegebenen Polizeisprechers zu erklären und welche Schlussfolgerungen, beispielsweise für die regelmäßige Information und Fortbildung von Polizeibeamten zu Strukturen und Aktionsformen der neonazistischen Szene, werden daraus gezogen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Renner beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Am 9. Juni 2012, gegen 16.00 Uhr, lief eine Gruppe von sechs bis acht Personen mit schwarzer Kleidung und weißen Masken durch die Innenstadt von Nordhausen. Vier dieser Personen trugen ein Plakat mit der Aufschrift „Diese ‚Demokraten’ bringen uns den Volkstod“, wobei das Wort „Demokraten“ in Anführungszeichen gesetzt war. Weitere Personen verteilten Flyer mit der Aufschrift „Volkstod stoppen“. Der zu diesem Zeitpunkt privat am Ereignisort anwesende Bürgermeister der Stadt Nordhausen bemerkte zwei Mitarbeiterinnen des Ordnungsamts der Stadt Nordhausen, die eine dieser Personen einer Kontrolle unterziehen wollten. Zum Zwecke der Unterstützung begab sich der Bürgermeister zu der Personengruppe und versuchte durch Festhalten des Armes einer Person, diese am Weglaufen zu hindern. Er forderte diese Person auf, sich auszuweisen. Plötzlich erschien eine weitere maskierte Person und verletzte den Bürgermeister durch einen Tritt gegen das Schienbein. Danach konnten beide Tatverdächtigen durch die Parkanlage entkommen.
Zu Frage 2: Unmittelbar nach polizeilichem Bekanntwerden des Sachverhalts um 16.38 Uhr wurden fünf Streifenwagenbesatzungen zum Ereignisort entsandt. Bei Eintreffen der Polizeibeamten gegen 16.45 Uhr hatten sich die unbekannten Personen bereits entfernt. Die sofort eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen blieben ohne Erfolg. Die Kriminalpolizeiinspektion Nordhausen ermittelt wegen Körperverletzung gemäß § 223 Strafgesetzbuch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Strafgesetzbuch sowie Verstoß gegen das Versammlungsgesetz gemäß § 17 a des Versammlungsgesetzes. Hier geht es um einen möglichen Verstoß gegen das Vermummungsverbot. Im Rahmen der Ermittlungen wurden bislang drei Zeugenbefragungen durchgeführt, zwei weitere stehen noch aus. Die ermittelnde Dienststelle stellte Videomaterial sicher; die Beschlagnahme und Durchsicht bedarf noch einer richterlichen Bestätigung. Einer
der Flyer konnte sichergestellt werden. Ein Öffentlichkeitsaufruf über die Medien wurde veranlasst. Die daraus resultierenden Hinweise aus der Bevölkerung befinden sich gegenwärtig in der Prüfung.
Zu Frage 3: Im Zusammenhang mit dem Rolandfest sind keine weiteren Aktionen bzw. Straftaten bekannt, welche der rechten Szene zugeordnet werden.
Zu Frage 4: Bei der in der „Nordhäuser Allgemeinen“ vom 11. Juni 2012 veröffentlichten Meldung handelt es sich nicht um eine Fehleinschätzung des Polizeisprechers. Noch am selben Tag widersprach der Pressesprecher der Polizeidirektion Nordhausen dieser Darstellung.
Herr Staatssekretär, warum wurde es notwendig, dass der Pressesprecher der Polizeidirektion der Darstellung eines weiteren Polizeibeamten, der durch die Presse zitiert wurde, widersprechen musste?
Halten Sie die Aussage, dass es sich bei den „Unsterblichen“ um keine Gruppierung der rechtsextremen Szene handelt, für derartig missverständlich, dass man jetzt die Verantwortung auf die Presse schiebt und aufseiten der Medien von einem Missverständnis spricht?
Es geht nicht darum, irgendeine Verantwortung abzuschieben. Ich darf aber auch darauf hinweisen, dass es eine Richtigstellung in der Zeitung am Tag darauf gab. Im Übrigen kommt es auf die Frage an. Nach dem Bericht, den ich von der Polizeidirektion Nordhausen bekommen habe, lautet die Frage, ob es Anhänger der Nordhäuser rechten Szene seien, die sich hinter den Masken versteckten. Diese Frage konnte nicht beantwortet werden, weil ja die Personen nicht bekannt sind, ihre Identität nicht bekannt ist. Ohne Frage aber handelte es sich um Neonazis.
Wir machen weiter mit der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Leukefeld von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4548.
Aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) stehen nach Aussagen des Finanzministers Dr. Voß für die Förderperiode 2000 bis 2006 noch Einnahmen in Höhe von rund 9 Mio. € aus. Ursachen für die bislang nicht erfolgten Schlusszahlungen durch die EU seien anhaltende Prüfungen durch die Europäische Kommission sowie die gestiegenen qualitativen Anforderungen der EU hinsichtlich der Verwendungsnachweisprüfungen.
1. Welcher Stand der Verwendungsnachweisführung und -prüfung ist aktuell hinsichtlich der Abrechnung der ESF-Mittel aus den Förderperioden 2000 bis 2006 und 2007 bis 2013 zu verzeichnen?
2. Wie viele Verwendungsnachweise aus den jeweiligen Förderperioden liegen zur Prüfung vor, befinden sich in der Prüfung, müssen aufgrund der durch die EU-Kommission festgestellten Fehler nachgebessert werden bzw. bei wie vielen Verwendungsnachweisen ist die Prüfung bereits abgeschlossen?
3. Welche Konsequenzen (gegebenenfalls Wider- ruf/Teilwiderruf/Rückforderungen) für die Maßnahmeträger hat der bezüglich der Verwendungsnachweise gegebenenfalls entstandene Prüfungsstau und auf die Bewilligung neuer Projekte?
4. Wie kann nach Ansicht der Landesregierung durch die Einführung der Pauschalisierung von Projektausgaben der Prozess der Antragstellung und der Abrechnung verwendeter Fördermittel optimiert werden, damit die Fehlerquote gesenkt wird und gleichzeitig Bürokratie abgebaut werden kann?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, Herr Staatssekretär Staschewski.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld für die Thüringer Landesregierung wie folgt:
Zur Frage 1: In Bezug auf die Förderperiode 2000 bis 2006 verweise ich auf die Antwort zur Frage 94 im Rahmen der Großen Anfrage der Fraktion der
FDP, Drucksache 5/3103. Der Schlusszahlungsantrag zur Förderperiode 2000 bis 2006 enthält ausschließlich verwendungsnachweisgeprüfte Ausgaben. Zum Stand 31.05.2012 liegt in Bezug auf die Förderperiode 2007 bis 2013 eine Grundgesamtheit in Höhe von 20.796 Verwendungsnachweisen vor. Davon wurden bereits 13.872, das entspricht 66,7 Prozent, geprüft.
Zur Frage 2: Da verweise ich auch wieder auf die Antwort zur Frage 1. Die festgestellten Fehler wurden im Übrigen nicht durch die EU-Kommission, sondern durch unsere eigenen Prüfinstanzen festgestellt. Die notwendigen Fehlerkorrekturen werden durchgeführt.
Zur Frage 3: Konsequenzen für die Maßnahmeträger ergeben sich nur, wenn diese die Vorgaben aus den Zuwendungsbescheiden nicht erfüllen. Diese hängen dann vom Einzelfall ab. Aktuell liegen uns aus der GFAW keine Informationen vor, dass es zu Verzögerungen bei der Bewilligung neuer Projekte kommt.
Zu Frage 4: Die Einführung von Pauschalen für bestimmte Ausgabenkategorien erhöht zunächst in den Verwaltungen den Aufwand zur Ermittlung und Begründung dieser Pauschalen. Bei der Abrechnung der Ausgaben und deren Nachweis wird der Aufwand für die Projektträger jedoch deutlich geringer, gleichzeitig sinkt der Prüfaufwand der Verwaltung.
Danke schön. Ich habe eine Nachfrage noch einmal zu der Pauschalisierung. Wie stehen Sie denn zur Pauschalisierung von Lohnkosten? Ich frage das deshalb, weil es natürlich eine unterschiedliche Praxis gibt, also für Niedriglöhne, die gezahlt werden, bis hin zu tarifgerechter Entlohnung im Einzelfall, wenn man das pauschaliert, wird es natürlich ein Durchschnitt. Deshalb die Frage: Wie stehen Sie dazu und - wenn ja - würden Sie dann auch die 8,33 € beispielsweise als einen möglichen Mindestlohn dort in Ansatz bringen?
Also da sind wir gerade in der Diskussion, weil wir sagen, in Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof, wir wollen so viel wie möglich pauschalieren, weil es einfach erstens die Fehlerquoten senkt, zweitens die Bearbeitung schneller geht und drittens es auch freundlicher ist für diejenigen, die entsprechend mit der GFAW kooperieren. Der andere Punkt ist natürlich der, dass wir aufpassen müssen, dass wir bei dieser Pauschalierung dann nicht verstecken oder verdecken schlechtere Bezahlung,
die wir nicht wollen. Genau das ist der Diskussionsstand, den wir gerade intern führen, damit wir diese Pauschalierung vernünftig umsetzen können.
Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weber von der Fraktion der SPD in der Drucksache 5/4549.
Der Presseberichterstattung vom 1. Juni 2012 in der Osterländer Volkszeitung war zu entnehmen, dass ein bereits seit nahezu zehn Jahren auf sich wartender Bau eines Radwegs zwischen Meuselwitz und Lucka auch in diesem Jahr nicht in Angriff genommen wird. Dies habe der Thüringer Minister für Bau, Landesentwicklung und Verkehr dem Landrat des Altenburger Landes in einem Schreiben mitgeteilt. Die Absage ist in den betroffenen Kommunen auf großes Unverständnis gestoßen, hatte doch die Thüringer Ministerpräsidentin in einem Schreiben aus Dezember 2011 an den Landrat des Altenburger Landes die Durchführung der Planungsarbeiten für 2012 und einen Baustart für 2013 avisiert. Das Landratsamt Altenburger Land hatte zusammen mit den Städten Meuselwitz und Lucka zudem dem Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr den Vorschlag unterbreitet, die Planungskosten vorzufinanzieren und eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung abzuschließen. Auch dies wurde vom zuständigen Minister unter Verweis auf die Haushaltslage abgelehnt. Der Radweg von Meuselwitz nach Lucka ist im Thüringer Radverkehrskonzept 2008 als vordringlich eingeordnet worden und zudem ein Projekt der „Wachstumsinitiative Altenburger Land“.
1. Welcher weitergehender Priorisierung des Projekts als voran dargestellt bedarf es nach Ansicht der Landesregierung noch, damit in diesem Jahr bzw. spätestens im Jahr 2013 die Planungsarbeiten und sodann der Baustart erfolgen?
2. Aufgrund welcher konkreten haushaltstechnischen Hemmnisse ist es dem Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr nicht möglich, das Angebot des Landkreises Altenburger Land und der Städte Meuselwitz und Lucka zur Vorfinanzierung der Planungskosten und dem Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung hierzu anzunehmen?
3. Wie beurteilt die Landesregierung die unterschiedliche Vorgehensweise des Ministers für Bau, Landesentwicklung und Verkehr hinsichtlich des Abschlusses von Verwaltungsvereinbarungen zur