Protocol of the Session on May 3, 2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der LINKEN geht explizit von einer Mitbestimmung der Seniorinnen und Senioren aus. Wir wollen jedoch mit dem Gesetz der Landesregierung die Mitwirkung von Seniorinnen und Senioren vor Ort und im Land stärken. Kommunale Parlamente und das Landesparlament wollen wir dabei in ihrer Funktion nicht aushebeln und deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf der LINKEN ab und stimmen dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu. Danke.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Marian Koppe.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will meine Rede vom letzten Mal, das heißt von der ersten Beratung, an der Stelle nicht noch einmal wiederholen, wobei, ich könnte Ihnen das eins zu eins noch einmal vortragen, denn an beiden Gesetzentwürfen, die wir heute in zweiter Beratung hier auf der Tagesordnung haben, hat sich trotz Anhörung im Ausschuss und trotz intensivster Beratung nichts geändert. Das ist aber kein Lob aus meiner Sicht oder aus unserer Sicht ob der Qualität beider Gesetze, sondern eher eine nüchterne Feststellung. Ich erinnere mich jedenfalls an eine lebhafte Anhörung im Ausschuss, die aus unserer Sicht, aus meiner Sicht, genügend Anstoß gegeben hätte, hier bei beiden noch einmal tätig zu werden, aber sei es drum.

(Beifall FDP)

Lassen Sie mich kurz mit einer Reflexion auf den Gesetzentwurf beginnen, der aus unserer Sicht aller Wahrscheinlichkeit nach heute in diesem Hause keine Zustimmung finden wird. Ich sage es auch ganz deutlich, aus Sicht der FDP-Fraktion ist es richtig, weil

(Beifall FDP)

der Ansatz der Fraktion der LINKEN reagiert - und das haben wir ja schon häufig in diesem Hohen Haus feststellen dürfen - geradezu reflexartig mit Vorgabe strikter gesetzlicher Normen, ohne gesell

schaftlichen Akteuren zumindest ein Mindestmaß an Gestaltungsspielraum zu lassen.

(Beifall FDP)

Ihre Vorgaben in Ihrem Gesetz sind so strikt, dass man sich schon fragen muss, wer das alles bezahlen soll, aber das ist wie so oft nicht das Problem der Fraktion DIE LINKE hier im Landtag,

(Unruhe DIE LINKE)

sondern in diesem Falle eher das Problem der Kommunen.

(Beifall FDP)

So viel zur auch von Ihnen immer wieder geforderten richtigen Entlastung der untersten Verwaltungsebene. Nicht viel besser, auch das muss ich hier sagen, sieht aus unserer Sicht der Entwurf der Landesregierung aus, allerdings aus einer ganz anderen Perspektive. Was Sie hier vorstellen ist aus unserer Sicht ein normiertes Feigenblatt.

(Beifall FDP)

Außer Änderungen hinsichtlich der Besetzung der Seniorenbeiräte auf Landesebene bleiben Sie mit Ihrem Gesetzentwurf im Ungefähren und im Vagen. Letztlich ändert sich nichts an dem Zustand, den wir bereits heute bei Städten und Gemeinden, aber auch auf Landkreisebene vorfinden. Es können weiterhin, insofern der Wunsch besteht, Seniorenbeiräte und -beauftragte berufen werden. Ich verstehe jedenfalls in keinster Weise, weshalb dann dieser Gesetzentwurf überhaupt von Ihnen eingebracht worden ist. Ich kann mir lediglich vorstellen, Herr Mohring, dass Sie hier wieder mal einen Punkt in Ihren Koalitionsvertrag abhaken wollen und zumindest

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Genau das ist es.)

bei der Ausgestaltung des Gesetzentwurfs Vernunft gesiegt hat, weil, ich sage es noch einmal, wir in Ihrem Gesetzentwurf eine Kann-Bestimmung und keine Muss-Bestimmung haben.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Unsere Vernunft.)

Aber deswegen hätte es des Gesetzentwurfs nicht bedurft, weil das ging bisher genau schon so.

(Beifall FDP)

Denn alles, was über eine freiwillige Ausgestaltung hinausgeht, ist rundweg abzulehnen und dies aus folgenden Gründen:

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Aber dann dafür das Lob.)

Herr Mohring, das war kein Lob, ausdrücklich keines.

(Beifall FDP)

(Abg. Künast)

23 Prozent der Bürger in Deutschland sind heute 60 Jahre und älter. Im Jahr 2050, so Prognosen, wird mehr als ein Drittel unserer Bevölkerung 60 Jahre und älter sein. In Thüringen dürfte sich diese Folge des demographischen Wandels sogar noch beschleunigt darstellen. Noch nie gab es so viele ältere Menschen, die ihre dritte Lebensphase so aktiv, engagiert und gesund erleben können und diese auch aus eigenem Interesse eigenverantwortlich gestalten wollen. Insofern ist die Intention zur stärkeren Mitwirkung von Senioren grundsätzlich zu begrüßen, da wir sicherlich von den Erfahrungen der Älteren auch im politischen Prozess profitieren können, aber, wie ich schon sagte, das tun wir ja bereits, ob wir wollen oder nicht, man muss sich lediglich die demographische Realität im Freistaat anschauen. Ich möchte Sie auch nicht noch einmal mit meinen Beispielen vom Stadtrat Schleiz und dessen Altersstruktur hier beglücken, sondern ich denke, jeder, der das noch einmal nachlesen will, kann das im Protokoll von der ersten Beratung tun, aber auch das sind Fakten, die man nicht wegleugnen kann.

(Beifall FDP)

Herr Mohring, ich weiß nicht, ob es auf Sie zutrifft, aber wir sollten aus unserer Sicht auch die Jüngeren stärker einbeziehen

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das stimmt.)

und da darf Politik nicht nur nach Stärke der Bevölkerungsgruppe ausgerichtet sein.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, lässt sich jedenfalls festhalten: Eine aktive Mitwirkung aller Generationen, also auch der Jüngeren, ist schließlich Grundlage einer aktiven und lebendigen Demokratie.

In diesem Sinne freue ich mich jetzt schon, beispielsweise auf ein Kinderund Jugendmitwirkungsgesetz der Landesregierung unter starker Einbindung des Generationsbeauftragten.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das machen die nicht.)

Denn Sie, werter Herr Panse, sind aus unserer Sicht absolut kein Seniorenbeauftragter der Landesregierung, sondern sollten alle im Blick haben. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Deswegen haben wir auch das Amt geschaffen - gene- rationsübergreifend.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die CDUFraktion hat der Abgeordnete Christian Gumprecht das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, als Parlamentarier stellen wir uns bei Gesetzesvorhaben stets auch einige grundsätzliche Fragen. Ich möchte die hier zu Beginn gleich stellen. Müssen wir einen bestimmten Sachverhalt verbindlich regeln oder hat es bislang auch ohne ein entsprechendes Gesetz hinreichend gut funktioniert? Halten wir es für nötig, eine völlig neue Struktur zu schaffen oder sind bereits bewährte Strukturen vorhanden, auf die wir aufbauen können oder die wir stärken können? In welchem Maß wollen wir in das Leben der Bürger eingreifen? Wie groß ist unser Vertrauen, dass die Gesellschaft auch ohne unser Zutun eine gute Lösung findet?

Meine Damen und Herren, bei den beiden Gesetzentwürfen, die uns heute vorliegen, geht es im Kern genau um diese Fragen. Es geht um das Spannungsfeld zwischen Müssen und Können, zwischen Kontrolle und Vertrauen. Schauen wir uns die Fakten an. Bereits heute gibt es in zahlreichen Kommunen aktive Seniorenbeiräte, die sich in die Politik ihrer Gemeinde, ihrer Stadt oder ihres Landkreises einbringen. Allein ein Blick auf die Internetseite der Landesseniorenvertretung zeigt, 36 lokale Seniorenbeiräte oder Seniorenvertretungen sind dort als Mitglieder vertreten. Es gibt diese Gremien im Landkreis Gotha, im Altenburger Land, im Weimarer Land sowie in sechs kreisfreien Städten.

Ich will hier nur kurz klar sagen: Den ersten Seniorenbeirat habe ich im Jahre 1992 in Altenburg gegründet, damals noch ohne Satzung. Wir haben aktive Senioren aus dem Landkreis über den Kreistag berufen, die sich eingebracht haben und so ihr eigenes Feld gefunden haben.

Darüber hinaus finden sich Beiräte weiterhin in den Städten Gotha, Nordhausen, Mühlhausen, Altenburg, Saalfeld - ich will hier nicht alle nennen. Bereits heute ist auf freiwilliger Basis vieles möglich und wie wir sehen, auch vieles bereits umgesetzt. Die Formen der Seniorenbeteiligung, meine Damen und Herren, sind ebenso vielfältig wie die örtlichen Gegebenheiten verschieden sind. Deshalb ist es richtig, dass die Kommunen über die Schaffung von Beiräten eigenständig entscheiden können, so wie wir es hier im Gesetz haben. Mir und meiner Fraktion ist die kommunale Selbstverwaltung ein hohes Gut. Wir sollten uns hüten, über Jahre gewachsene erfolgreich arbeitende Strukturen jetzt infrage zu stellen. Wir können nicht einerseits bürgerschaftliches Engagement anmahnen, aber dann bereits vorhandene Strukturen übergehen. Wir können nicht einerseits geleistete Arbeit in bestehenden

(Abg. Koppe)

Seniorenbeiräten würdigen, aber dann den Kommunen von oben etwas Neues, vermeintlich Besseres, aufzwingen.

Viele Senioren haben den Wunsch, am politischen Leben mitzuwirken und Verantwortung zu tragen. Die Arbeit der Beiräte und der Vertretungen steht und fällt mit diesem Engagement vor Ort. Das Engagement hängt wiederum stark von den örtlichen Gegebenheiten ab und ist daher auch regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Das hängt auch damit zusammen, dass sich der Wunsch nach Mitwirkung vieler Senioren vorwiegend auf die unmittelbare örtliche Umgebung bezieht.

Die Themen der Interessen, meine Damen und Herren, sind ja überwiegend wohnortbezogen. Alle Gemeinden und Landkreise oder kreisfreie Städte nun in ein festes Schema zu pressen, würde dieser Vielfalt nicht gerecht. Es wäre sogar abträglich. In vielen kleinen Gemeinden und Städten braucht es ja schlicht keine eigenständigen speziellen Beiräte, weil die Probleme und Wünsche der einzelnen Generationen unmittelbar im Gemeinderat behandelt werden, in Gemeinderäten, in denen ältere Bürger oftmals ohnehin sogar die Mehrheit stellen. Außerdem ist es zu kurz gedacht, die Seniorenfreundlichkeit einer Kommune allein am Vorhandensein von formellen Gremien und Beauftragten festzumachen. Jede Kommune soll selbst entscheiden können, welche Form der Beteiligung für sie am besten passt. Deshalb ist der gewählte Weg, den die Landesregierung im Gesetzentwurf vorgegeben hat, mit der Kannbestimmung und der Freiwilligkeit zu arbeiten, richtig. Den Gemeinden und Landkreisen entstehen somit auch keine finanziellen Verpflichtungen und kein weiterer bürokratischer Aufwand.

In der Anhörung, meine Damen und Herren, wurde natürlich auch das Spannungsfeld noch einmal deutlich - in beiden Anhörungen. Ich weiß, dass wir auf der einen Seite Zustimmung hatten, auf der anderen Seite Ablehnung. Es gab auch Forderungen, diese Kannregelung in eine verpflichtende Sollvorschrift zu wandeln. Herr Koppe, ich hätte mir gewünscht, Sie hätten nicht nur heute gegackert, sondern dies auch im Ausschuss getan, denn dort hatten Sie sich recht verhalten zurückgehalten. Ich meine, wer heute hier kluge Reden hält, sollte dies auch durch konkrete Beiträge im Ausschuss tun. Wir haben ja - wie ich vorhin berichtet hatte - nicht nur eine Sitzung im Ausschuss, sondern sehr zahlreiche Sitzungen, in denen wir uns mit diesen beiden Gesetzen beschäftigt haben.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Bild von älteren Menschen in unserer Gesellschaft beginnt sich zu wandeln. Es ist nicht mehr über Defizite im Alter definiert. Lebensqualität, altern in Würde, die Weitergabe von Wissen und Lebenserfahrungen sind ebenfalls Teil dieses Bildes wie ehren