Protocol of the Session on May 3, 2012

Das war ein schlechtes Gesetz, Herr Mohring, das unter Führung Ihrer Partei hier in den Landtag eingebracht wurde.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das war ein Koalitionskompromiss.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mächtigen in diesem Land

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wer sind denn die Mächtigen?)

stehen diesem Gesetz entgegen, nicht nur in der Debatte, sondern auch den Inhalten nach.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das sind wir nicht.)

Die Mächtigen in diesem Lande sind - jetzt kommen wir doch noch ein bisschen zum Flachsen.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also, Herr Mohring, ich würde mal sagen, dass Sie doch ein Stückchen Macht haben und Herr Höhn dazu, dann sind Sie die Mächtigen, Sie können zumindest in Ihren Fraktionen dafür streiten, dass wir gutes parlamentarisches Handeln, nämlich sich ausreden lassen, sich mit Argumenten in eine gute Zukunft zu bewegen, das könnten Sie unterstützen, aber dem stehen Sie ja im Wege, indem Sie diesem Gesetz die Debatte im Ausschuss verweigern, die Anhörung verweigern, wie Sie das an ganz vielen Stellen machen. Insofern sind Sie damit auf dem falschen Weg

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und haben keinen guten Weg eingeschlagen. Thüringen ist an der Stelle in Ihrer Koalition in keiner guten Verfassung, das muss man hier in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP, Sie normieren mit dem Gesetz die Möglichkeit, dass sich eine kleine Kommune mit einer obersten Landesbehörde, die vorher an einem Gesetz mitgewirkt hat, auseinandersetzt, um dieser obersten Landesbehörde dann zu erklären, dass das Gesetz X in dem regionalen Bezug Y von der Kommune anders ausgefüllt werden sollte. In nur 14 von 116 Fällen hat das in Brandenburg zu einem Erfolg geführt. Wenn man in der Kommune diese Aufgabe, diese Arbeit machen will, und eine Kommune denkt, dass das sinnvoll ist, diesen langen Weg zu gehen, diesen langen Streit zu gehen, kann man ja sagen, okay, sollen sie es machen. Aber es kann nicht dazu führen, dass am Ende dann eine oberste Landesbehörde erkennt, und da bin ich noch mal bei der Erklärung, so wie Sie es in § 5 Abs. 2 normieren, dass die abweichende Genehmigung für die Kommune A oder B zum Beispiel dann aufgrund der Erprobung in eine allgemeine Gesetzlichkeit überführt wird, nämlich im ganzen Land für alle Kommunen wirken soll. Da bauen Sie nämlich genau eine Parallelgesetzgebung auf, die meiner Meinung nach nicht verfassungskonform ist.

Im Übrigen haben Sie auch, und das wollen Sie ja eigentlich immer bekämpfen, nämlich das Berichtswesen, in § 5 Abs. 1 eine Berichtspflicht genau für die Kommune, die sich erst durchsetzen muss gegen die oberste Landesbehörde, dann einen neuen Weg allein gehen muss, ohne Unterstützung wahrscheinlich, und hinterher als Belohnung der FDP auch noch einen Bericht schreiben muss. Nicht nur, dass der eine Bericht aus der erprobenden Körperschaft geleistet werden muss, nein, Sie wollen auch noch, dass die Landesregierung einen Bericht schreibt. Angesichts Ihrer Kritik an jeglichem Berichtswesen ist dieses Gesetz vor dem Hintergrund Ihrer Vorstellungen meiner Meinung nach alles andere als konsistent. Diesen Gesetzentwurf braucht die Welt nicht, die Debatte darüber brauchen wir schon, die würden wir sehr gern unterstützen. Darum werden wir GRÜNE uns heute enthalten. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erneut zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Dirk Bergner von der FDP-Fraktion.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ja nun teilweise schon recht spannend, was wir hier gehört haben und was für unsinnige Vorwürfe gekommen sind. Herr von der Krone hat uns gesagt, dass wir uns nicht mit dem Thema Kosteneinsparungen beschäftigt hätten. Ich sage einmal, wenn wir über den Abbau von Standards reden und hier auch in der ersten Lesung erläutert haben, dass es darum geht, den Rücken der Kommunen frei zu bekommen, ja worum, wenn nicht um Kosteneinsparung, geht es dann, meine Damen und Herren?

(Beifall FDP)

Manchmal frage ich mich da wirklich! Als Bürgermeister würde ich mich freuen, wenn ich den einen oder anderen Standard loswäre, Herr Kollege Bürgermeister a.D.

(Beifall FDP)

Herr von der Krone sagt uns, es sei mit einem hohen Aufwand verbunden. Natürlich ist das mit einem hohen Aufwand verbunden. Aber sind denn etwa diese ganzen überbordenden Vorschriften, sind denn diese ganzen überbordenden Standards nicht mit einem hohen Aufwand für unsere Kommunen im Land verbunden?

(Beifall FDP)

Deswegen sage ich, es ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, den Weg frei zu machen dafür, dass wir Standards abbauen können, dass

(Abg. Adams)

wir hohe Aufwände in der Bürokratie abbauen können. Das ist unsere Pflicht. Und Sie sagen, es sei verfassungsrechtlich kritisch zu sehen mit der Begründung - das kam ja auch in anderen Reden -, dass wir Rechte des Parlaments abgeben würden. Ja, mein Gott, wovor haben Sie denn Angst, wenn wir die Leute vor Ort, wenn wir die Praktiker vor Ort nach ihren Erfahrungen fragen? Wo geben wir denn da Rechte auf? Es ist ja der Sinn dieses Gesetzes, es ist der Sinn des Gesetzgebers, den Menschen dort die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Erfahrungen in die Arbeit dieses Hauses einzuspeisen. Wenn wir einen solchen Vorwurf hören, dann möchte ich natürlich auch an andere Debatten hier im Hause erinnern, etwa die Polizeistrukturreform, da haben wir auch jede Menge Rechte aus dem Parlament ausgelagert, zumindest die Mehrheit dieses Hauses.

Ganz kurz zu Herrn Kollegen Kuschel: Selbstverständlich wollen wir Beteiligungsrechte nicht einschränken. Aber, ich glaube, solide ausgeübte Beteiligungsrechte müssen nicht kollidieren mit einer Beschleunigung von Verfahren. Ich glaube, dass wir im Gegenteil bei Beteilungsrechten der Bevölkerung durch mehr Transparenz, durch mehr Information der Bevölkerung auch Verfahren beschleunigen können. Ich möchte noch einmal auf die Sache Vergabegesetz kurz zu sprechen kommen. Die Praxis zeigt, dass es ein Fehlgriff war.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Herr Kollege Kuschel, Thema Denkmalschutz: Da geht es also auch nicht darum, den Denkmalschutz auszuhöhlen. Aber ich glaube, es gibt etliche, gerade auch kleine Dinge, wo man nicht immer erst Landesbehörden einbeziehen muss, wenn es darum geht, mal einen Sturz von einem historischen Gebäude zu reparieren oder ein Fenster auszuwechseln. Dort ist jede Menge Vereinfachung möglich, die natürlich auch zu Kostenersparnis führt.

(Beifall FDP)

Herr Kollege Hey hat gesagt, die Standarderprobung sei kein Beitrag zur Lösung demographischer Probleme. Natürlich ist Standarderprobung ein Beitrag dazu, dass Verwaltungen schlanker arbeiten können und damit auch ein Beitrag zur Lösung demographischer Probleme, meine Damen und Herren. Dieser Entschließungsantrag, von dem Sie gesprochen haben, den ich ja gar nicht schlecht finde, aber dieser Entschließungsantrag trifft eben nicht die Intention des Gesetzentwurfs, sondern er ist Bürokratieabbau von oben, er ist Standardabbau von oben. Unser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, ist Standardabbau, Bürokratieabbau von unten, nämlich durch die Menschen, die die Erfahrungen haben.

(Beifall FDP)

Es geht uns darum, dass Standardabbau kein Gnadenerlass von oben ist, sondern ein Rechtsanspruch, wo wir uns damit beschäftigen müssen. Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. Nur noch ein Wort zu Herrn Adams: Die Rede ist es nicht wert, dass ich mich jetzt dazu äußere. Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Der Abgeordnete Fiedler hat für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind ja heute nun wieder einmal so richtig drin und das finde ich gut. Ich danke zumindest dem Kollegen Bergner als amtierender Bürgermeister, dass er Überlegungen angestellt hat, wie kann man …

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ordnungsge- mäß gewählter!)

Ich habe doch nichts anderes gesagt. Habe ich was anderes gesagt? Du hast nicht zugehört. Du gehst schon in Konfrontation, bevor ich angefangen habe. Ich habe ihm gedankt, dass er sich Gedanken gemacht hat, wie man da rangehen kann. Aber nur das Gedankenmachen und Niederschreiben reicht noch lange nicht aus, dass am Ende etwas Gutes rauskommt. Ich gebe dem Kollegen Adams sehr ungern recht, aber ab und zu muss man ihm recht geben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Siegesmund, nicht so zeitig.

Herr Kollege Adams, Sie haben eigentlich in Ihren Ausführungen nichts anderes gesagt, als dass das Gesetz aus Ihrer Sicht inkonsistent ist, nichts taugt und so weiter und so fort, aber Sie wollen darüber beraten. Ich sage Ihnen eines, wir haben im Vorfeld das Gesetz auseinandergenommen, haben uns damit befasst und sind zu dem Ergebnis gekommen, es lohnt sich nicht, diesen Gesetzentwurf zu beraten, nicht wegen der Arroganz der Macht wollen wir nicht darüber reden. Sie wissen, dass wir in den Ausschüssen durchaus bestimmte Gesetze bereden, aber in dem Fall ist einfach das Ding nichts wert und es bringt nichts. Ich glaube daran, und darauf möchte ich noch mal verweisen, in dem Beschluss die Haushaltskonsolidierung fortzusetzen das hat der Kollege Hey, glaube ich, war es, gebracht - stehen so viele Dinge drin, die müssten nur erst mal umgesetzt werden.

Ich will noch mal an den Punkt 3 erinnern, „nach Möglichkeit keine Gesetze in den Landtag einzubringen, die die Standards der Aufgabenerfüllung

(Abg. Bergner)

bei Land und Kommunen, die mit finanziellem Mehraufwand einhergehen, weiter zu erhöhen.“ Ganz klare Aufforderung an die Landesregierung dies zu tun. Nummer 1: Gar nicht erst weiter zu erheben. Nummer 4: Jetzt kommt das, worin ich einen Sinn sehe: „die Etablierung von Modellregionen zu prüfen, in denen die Reduktion und Aufhebung von Vorschriften erprobt werden können; Möglichkeiten der Standardöffnung, der innovativen Regionalentwicklung, wie auch eine abweichende Organisation von Aufgaben sollen hier zeitnah in die Praxis umgesetzt werden;“ das ist genau das, was wir machen müssen und wo wir ran müssen. Das steht auch in dem entsprechenden Beschluss von uns drin. Zum Beispiel im Punkt 6 „die Thüringer Katastrophenschutzordnung bis zum 31. März 2012 so zu ändern...“ und so weiter, dass die Möglichkeiten und Anfragen jeweiliger Gebietskörperschaften weiter verbessert werden können. Leider hat das die Landesregierung noch nicht vorgelegt und ich kann sie nur auffordern, das Parlament ernst zu nehmen und Zusagen bis 31. März 2012 auch einzuhalten.

Herr Abgeordneter Fiedler, der Abgeordnete Kuschel würde Ihnen gern eine Frage stellen. Darf er das?

Nein, ich ertrage heute den parlamentsunwürdigen Abgeordneten nicht, heute nicht.

So, also dass wir hier von der Landesregierung entsprechend die Zuarbeiten bekommen, Herr Innenminister, ich bitte doch ausdrücklich darum. Ich weiß, dass es in Arbeit ist, aber es steht geschrieben bis zum 31. März, und es kann nicht so sein, dass die Landesregierung hier nicht antritt, sondern Sie müssen auch die Dinge einhalten. Ich bitte herzlich darum, dass so etwas dann auch umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren, vorhin sind einige Dinge genannt worden, wegen denen ich noch mal vorgegangen bin. Ich höre dann auch gleich auf. Sie haben gerade den Jagdbergtunnel genannt, da weiß man gar nicht wohin man sich wenden muss. Sie müssen doch als Bürgermeister wissen, wie Alarmierungen und Ähnliches gehen. Also das läuft bei der entsprechenden Stelle auf und von dort aus wird gesteuert, wie das Ganze geht. Dann vielleicht Angst zu haben, dass da niemand kommt, da kann ich Sie beruhigen, das wird nicht passieren. Wenn im Jagdbergtunnel etwas ist, kommt die große Stadt Jena und es kommt die Gemeinde Bucha entsprechend, die ungefähr 70 bis 80 Feuerwehrleute vorhalten. Sie können sicher sein, Sie können ganz beruhigt sein, da kommt jemand. Deswegen, meine Damen und Herren und Herr Kollege Adams, Sie

haben gesagt, wir sind alle Realos, also wir sind hoffentlich zumindest viele hier im Hause, die der Realität ins Auge schauen, aber wenn Sie sich erst mal einig werden in Ihrer eigenen Truppe, wer sind die Realos und wer sind die anderen, da finde ich, wenn es halbe-halbe bei Ihnen ist, das könnte auch nicht schaden. Ich glaube, mein Fraktionsvorsitzender hat es heute auch schon mal gesagt, Frau Siegesmund, nicht nur einfach einen Schnitt machen wir sind uns einig, dass es so ist -, sondern Sie müssen entscheiden und Entscheidungen sind manchmal nicht einfach.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Richtig, dann entscheiden Sie doch mal!)

Meine Damen und Herren. Bitte? Wir entscheiden schon. Ich habe Ihnen doch gerade gesagt, was alles schon läuft und was alles schon geht. Sie haben wahrscheinlich vergessen, das sehe ich der Opposition nach, es gibt die Stabsstelle bei der Staatskanzlei für die Funktionalreform und alles was damit zusammenhängt. Ich glaube, dort werden genau diese Absenkungen, die dringend notwendig sind, auch auf den Tisch gelegt. Wir kommen an diesen Dingen nicht vorbei. Wir müssen Standards absenken, damit wir überhaupt ein Stück vorankommen, dass wir den Kommunen Luft zum Atmen geben, bin ich ganz dabei und ich bin mir sicher, dass unser sparsamer Finanzminister mit den kommunalen Spitzenverbänden ein vernünftiges Szenario findet, wo man auch die Gebietskörperschaften mit einbezieht, damit man gemeinsam die Standards absenkt und nicht sagt, das sind eure, das sind unsere. Nein, wir müssen gemeinsam Standards absenken. Darauf setze ich.