Protocol of the Session on May 2, 2012

Da müssten wir jetzt nicht diskutieren und müssten uns auch nicht überlegen, was die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen eigentlich wollen. Wenn Sie noch mal in andere Bundesländer gucken und die Liberalisierung der Frage der Ladenöffnungszeiten sich anschauen, was hat es denn in den Ländern gebracht? Wir haben vorhin in der ersten Aktuellen Stunde über die Frage geredet, was eigentlich gute Arbeit ist. Ist gute Arbeit, wenn wir hören, dass Konsumenten dann vor allen Dingen später einkaufen gehen und dementsprechend mehr Minijobs entstehen und Teilzeitjobs? Ist das gute Arbeit, ist es das, was wir wollen? Ich glaube, dass das ein Märchen ist, zu glauben, dass die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten dafür sorgt, dass mehr umgesetzt wird. Im Gegenteil, das erhöht die Kaufkraft nicht. Und rund um die Uhr Shopping wird es nicht ändern, dass die Leute nun mal jeden Euro nur einmal ausgeben können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von daher bitte ich, in der Debatte einfach noch mal darüber nachzudenken, wie wirklich ein arbeitnehmerinnen- - ein großes I, Herr Kemmerich, die Frauen auch immer mitdenken -, familien- und wirtschaftsfreundliches Ladenöffnungsgesetz aussieht.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP)

Herr Barth, das war jetzt nicht verständlich, aber wenn es wichtig ist, wiederholen Sie es noch mal.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Da spielen die Kundinnen auch eine Rolle.)

Kunden und Kundinnen, deswegen großes „I“. Wir können uns gern über die Schreibweise noch mal unterhalten, wenn Ihnen das so wichtig ist.

Wenn Sie nach Bayern schauen, hier nicht nur meines, sondern auch Ihres Wissens CSU-geführt, also ganz unverdächtig, wenn das eine GRÜNE hier vorn erwähnt, da kann man durchaus gut leben, weil die Ladenöffnungszeiten auf 20.00 Uhr begrenzt sind.

(Beifall Abg. Ramelow, DIE LINKE)

Und warum ist das eigentlich kein Ziel? Warum spricht das keiner aus? Herr Ramelow, wissen Sie, wie es sich in Bayern mit 20.00-Uhr-Ladenöffnungszeiten lebt?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Kein Bayer und keine Bayerin verhungert, wunderbar!)

Niemand verhungert, unfassbar.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Nach 20.00 Uhr genießen die Bayern ihr Wirtshaus.)

Das ist aber ein anderes Thema, das Wirtshausthema können wir jetzt nicht mehr anschneiden und ich sehe, ich muss zum Schluss kommen.

Wenn es denn so ist, dass die FDP - mein letzter Satz - das tatsächlich wissen müsste, wie steht es um die Akzeptanz. Suchen Sie einfach andere Wege und Mittel, da sind wir bei Ihnen, das herauszufinden und dann kommen wir auch einen Schritt weiter und lassen Sie uns nicht „Täglich grüßt das Murmeltier“ hier spielen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Taubert das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, zunächst eine Vorbemerkung. Herr Kemmerich, die Landesregierung antwortet immer ehrlich.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war eine steile Hypo- these.)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das war aber eine Schrecksekunde, bevor der Beifall kam.)

Die Frage ist nur, für wen.

Meine Damen und Herren, am 31.12.2011 ist die Änderung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes in Kraft getreten. Wie Sie wissen, musste das Gesetz auch geändert werden. Es musste zumindest verlängert werden. Es ist gerade angesprochen worden, wir haben relativ wenige Änderungen vorgenommen, es steht uns als Landesregierung natürlich gar nicht zu, wie sich am Ende auch der Thüringer Landtag entschieden hat, ein Gesetz auf den Weg gebracht hat. Es ist bereits erwähnt worden, dass wir nicht nur die eine Regelung, die von der FDP offensichtlich gemeint ist mit dem Antrag, Zwischenbilanz in dem Gesetz enthalten haben, sondern dass wir sehr wohl auf die Wünsche des Einzelhandels eingegangen sind, die sie formuliert haben, nämlich die waren im Wesentlichen gewesen einmal die Ortsteilregelung für die außergewöhnlichen Sonntagsöffnungen mit hineinzubringen, und zum Zweiten auch das Thema 2. Advent, also eine Flexibilisierung in der Adventszeit. Dass natürlich die Wünsche vom Einzelhandel weitergegangen sind, auch über den Nachadventssonntag zum Beispiel, oder auch andere Wünsche, andererseits auch von den Gewerkschaften natürlich die 20.00-Uhr-Regelung nochmals vorgebracht wurde, ist ganz verständlich.

Im Dezember wurde das Gesetz dann so verabschiedet, wie wir es jetzt haben. Wir sind als Landesregierung aufgefordert, Ausnahmeregelungen zu formulieren von diesem Regeltatbestand. Es ist relativ einsichtig, von den meisten auch gar nicht bestritten, weder von Gewerkschaften noch vom Einzelhandel, dass wir gerade im studentischen Bereich, also für diejenigen, die ausschließlich samstags arbeiten oder weit überwiegend samstags arbeiten, auch eine Ausnahmeregelung schaffen sollten. Ich denke, das ist eigentlich völlig unstrittig. Aber danach ist alles ganz strittig, und zwar innerhalb des Einzelhandels und innerhalb der Gewerkschaften. Wir haben alle möglichen Varianten aus den beiden Parteien - das sage ich es jetzt mal in Anführungsstrichen - gehabt. Und das macht es natürlich auch etwas schwieriger, dann am Ende eine Lösung zu haben, die lange trägt und die zumindest den allermeisten auch entgegenkommt. Da ist nun mal der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Schutz der Familie im Vordergrund. Ich habe sehr oft gehört, wie schwierig es ist, dass Familien mit den Öffnungszeiten auch ihr Familienleben unter einen Hut bekommen und, Herr Kemmerich, ich streite allerdings auch gar nicht ab, dass es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt, die - wie Sie es beschrieben haben sich auf die Situation eingestellt haben, gilt vor allen Dingen denen, die einen Tarifvertrag haben. Am meisten haben die Arbeitgeber geschrien, die kei

(Abg. Siegesmund)

nen Tarifvertrag haben, die ihre Arbeitnehmer unter Druck setzen und dann mit der Frage der Provision dann auch ein Druckmittel in der Hand haben. Ich denke, dem müssen wir als Freistaat nicht nachgeben. Wir wollen allerdings eine gangbare Lösung haben. Das geht nicht gegen den einen oder gegen den anderen, sondern wir wollen versuchen, eine tragfähige Lösung, also einen Kompromiss auch im Rahmen der Ausnahmemöglichkeiten zu haben.

Natürlich ist es auch verständlich, dass die inhabergeführten Läden weniger Spielraum haben als die größeren Ketten. Auch das, denke ich, ist ganz offensichtlich. Wir wollen natürlich auch nicht, dass Arbeitsplätze abgebaut werden. Das wäre das Letzte, denke ich, was die Koalitionspartner im Blick hatten, als sie den Menschen besserstellen wollten in ihrer familiären Situation. Das haben wir uns alles angehört und wir haben auch intensiv darum gestritten. Das ist auch, glaube ich, wichtig, dass wir uns intern zunächst einmal dazu eine Meinung bilden. Wir werden jetzt die Sache in die Anhörung geben. Wir sind mit der Staatskanzlei auf einem guten Weg, dass wir dieses vorgestellte Modell in die Anhörung bringen. Dazu kann ich momentan noch gar nichts sagen. Dann wird es dem Ausschuss zugeführt, so wie es im Gesetz steht. Der Ausschuss muss sich dazu eine Meinung bilden und kann nur zustimmen oder ablehnen. Auch das ist, denke ich, ein Argument dafür, dass wir ein Stück weit länger darüber beraten, um am Ende eine Lösung zu haben, die auch der Ausschuss mittragen kann, so dass wir dann eine Lösung haben, die auch längere Zeit gangbar ist.

Wir wissen, wir sind uns bewusst, dass auf Thüringen auch geschaut wird mit diesem zweiten Samstag. Ich habe natürlich zur Kenntnis genommen, dass es ein Gutachten der IHK gibt, ich war letztens auch dort, da ging es um Pflege und Beruf, und da ist das auch noch einmal vorgebracht worden. Aber ich sehe momentan aufgrund der Äußerung des zuständigen Bundesministeriums, dass wir die Möglichkeit haben, auch hier ein Gesetz geschaffen zu haben, und damit am Ende auch die Pflicht haben, ein paar Ausnahmeregelungen zu bringen. Was wir nicht haben, was wir wirklich nicht haben, ist das Recht, mit einer Ausnahmeregelung das Gesetz wieder auszuhebeln. Das Recht haben wir als Landesregierung nicht. Deswegen, ich weiß, dass Sie alle darauf warten, bitte aber um die nötige Geduld, damit wir dann auch eine Regelung haben.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Bis wann denn, damit wir einschätzen können, ob wir der Bitte nachkommen können.)

Das kann ich Ihnen jetzt so nicht sagen, es kommt auf die Anhörung an und auf die Frage, wie lange der Ausschuss sich damit beschäftigt. Dann haben wir die Regelung. Wir haben sie jetzt in Umlauf ge

bracht. Sobald sie fertig ist, abgestellt ist, können wir damit umgehen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Im Umlauf der Landesregierung?)

Der ist beendet. Wir haben jetzt eine Anhörung in der Landesregierung, die Landesregierung hört noch einmal an und danach wird das Ergebnis dem Ausschuss vorgelegt zur Zustimmung. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt noch eine Redemeldung seitens der FDPFraktion, Herr Abgeordneter Kemmerich. Mir ist gesagt worden, 4:20 Minuten ist noch Redezeit.

Frau Präsidentin, Frau Ministerin vielen Dank erst einmal. Genau das war eigentlich meine Frage. Wann ist denn damit zu rechnen? Es ist jetzt im Umlauf, wie wir gehört haben, kommt dann an den Ausschuss, so dass vor der Sommerpause zumindest parlamentarisch darüber diskutiert werden kann. So würden Sie das bejahen?

(Zuruf Taubert, Ministerin für Soziales, Fami- lie und Gesundheit: Denke ich mal.)

Sie haben ja sehr richtig Bilanz gezogen. Wichtig ist, dass wir beide Seiten berücksichtigen und tatsächlich der Student, der sagt, ich kann nur samstags arbeiten aus vielen Gründen und deshalb sollten wir da wirklich schwarz-weiß malen. Frau Siegesmund, genau darum geht es ja, wirklich ehrlich Bilanz zu ziehen. Wenn man eine Regelung hätte treffen müssen, nach dem Schutzzweck der Norm zu sagen, wen will ich eigentlich schützen. Das sollen nämlich die sein, die 40 Stunden in der Woche arbeiten und dann noch vielleicht vier Samstage, die aus irgendeinem Grund sich nicht dagegen wehren können. Das kann man ja nachvollziehen. Aber eben alle und ganz Thüringen damit zu belegen, ohne an die Endfolgen zu denken, das ist ein bisschen schwierig. Herr Gumprecht, da kann man nicht sagen, wir warten mal ab. Vier Monate sind rum, die Sommerzeit kommt. In der Sommerzeit mit Urlaubsvertretung wird die ganze Sache nur noch viel enger und ist noch weniger praktikabel. Da müssen wir an die Menschen denken auf beiden Seiten des Tresens. Es ist eine Mär, zu sagen, wir haben ja Arbeitsplätze geschaffen, nämlich gerade die, die wir nicht wollten. Frau Stange hat etwas vorgelesen, wenn ich mich da recht entsinne. Wer da nicht ganz zugehört hat, dem würde ich es gerne noch einmal sagen. Auch wenn es nur Teilzeitbeschäftigte sind. Wir haben anderen Leuten Arbeitszeit genommen aus der Vollzeit heraus, weil sie nicht mehr Vollzeit ausüben können und dafür

(Ministerin Taubert)

Teilzeit und Teilzeitbeschäftigte geschaffen. Auch an diese Folgen sollte man einfach mal denken und abwägen, soll das denn so sein oder wollen wir wirklich nur die schützen - das hätte man per Gesetz ja machen können -, die wirklich ausdrücklich wollen, unter diesen Schutz des Gesetzes zu geraten. Da könnte ja ein einfacher Antrag des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber ausreichen, um zu sagen, jawohl, bitte stelle mich zwei Samstage pro Monat frei. Das ist nicht diskutabel von der Arbeitgeberseite. Da hätte man den Schutzzweck der Norm erfüllt, aber ein Mittel in der Hand, was nicht wirklich jeden trifft und damit eine unflexible und für manche mit negativen Folgen behaftete Lösung geschaffen. Das gebe ich zu bedenken und wir freuen uns auf die Verordnung. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor.

Ich schließe damit auch diesen Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den vierten Teil

d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Neues von der 380kV-Leitung! Veränderung der Haltung der Landesregierung zur Notwendigkeit des Baus der Leitung?“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/4380

Als Erste hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Enders.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Anlass der heutigen Aktuellen Stunde sind die Verlautbarungen der Ministerpräsidentin vor wenigen Tagen in der „Süddeutschen Zeitung“, der „Neuen Presse“ und im „Freien Wort“, in denen sie ganz konkrete Zweifel an der Notwendigkeit der geplanten 380kV-Leitung durch Thüringen nach Bayern äußert.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich möchte hier kurz noch mal die „Süddeutsche Zeitung“ zitieren mit Zustimmung der Präsidentin. Dort sagt die Ministerpräsidentin: „Ich habe mich ja für die Trasse in die Pflicht nehmen lassen.“ Angesichts der neuen Pläne zur Erzeugung eigener Energie in Nord- und Süddeutschland, wolle sie jetzt noch mal die Ministerpräsidentin -, „den Sachverhalt noch einmal überprüfen“. Laut SDZ seien der Grund für ihre Zweifel die Bestrebungen von

Baden-Württemberg und Bayern, energiepolitisch autark zu werden. Ich zitiere weiter: „Wenn man dort gar keinen Transferstrom haben will, brauchen wir auch diese Leitung nicht.“

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)