Ich gestatte mir als Präsidentin jetzt die Anmerkung, das haben wir nicht gehört, wenn das gesagt worden ist. Gibt es jetzt einen Antrag zur Geschäftsordnung oder eine Redemeldung? Redezeit wäre noch.
Das kann man von hier aus machen vielleicht, Frau Präsidentin. Ich will nur sagen, wenn sich der Kollege Metz dazu erklärt, ist es in Ordnung. Ansonsten wäre mein Vorschlag, dass man das dann auf der Grundlage des Protokolls gegebenenfalls noch einmal diskutiert.
Diskutieren würde ich darüber nicht. Wenn sich das nachweisen lässt, ist das einen Ordnungsruf wert. Ich brauche keine weiteren Diskussionsstände dazu. Herr Abgeordneter Metz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, ich habe das gesagt, und zwar auf eine Äußerung hin von einem wirklich ungehörigen Maße, dem Kollegen Matschie und der Sozialdemokratischen Fraktion hier „Zwangsbeschulung“ vorzuwerfen. Eindeutig haben Sie gesagt, wir würden Zwangsbeschulung in Thüringen durchsetzen. Da habe ich sehr deutlich gesagt, das ist für mich goebbelsche Rhetorik. Das ist übertrieben. Dafür entschuldige ich mich sehr gerne, denn das ist natürlich kein Vergleich, der an dieser Stelle angebracht ist.
Gut, das nehme ich jetzt so zur Kenntnis. Wir sollten unseren Worten auch immer die Taten folgen lassen.
Gibt es weitere Redemeldungen? Ich hatte vorhin noch Finger oben gesehen, das hatte sich aber alles auf das Verfahren bezogen. Gut. Dann kann ich diesen Teil der Aktuellen Stunde auch schließen und rufe den letzten Teil auf
e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Auf dem Weg zur Stabilitätsunion - Folgen für die Haushaltspolitik Deutschlands und Thüringens aufgrund der Beschlüsse des Europäischen Rats vom 9. Dezember 2011“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/3689 - Neufassung
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, um zu den Beschlüssen des Europäischen Rates in der vergangenen Woche zu sprechen, weil wir sie für entscheidend halten für die Weiterentwicklung der Europäischen Union und weil wir darüber sprechen wollen, dass sie ein Ausweis sind für eine erfolgreiche deutsche europäische Außenpolitik und für das Verdienst unserer deutschen Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, die wahrlich gut in Brüssel verhandelt hat und beste Positionen erreicht hat. Deswegen wollen wir diese Aktuelle Stunde heute hier aufrufen.
Wir haben Sie deshalb aufgerufen, weil mit den Beschlüssen des Europäischen Rates insbesondere wichtige Weichenstellungen für die Stabilität der
Europäischen Union vereinbart wurden. Der wichtigste Beschluss, der gefasst wurde, ist der, dass sich 26 europäische Staaten verpflichtet haben, in ihren nationalen Verfassungen Schuldenbremsen zu verankern. Beispiel dafür ist die Bundesrepublik Deutschland, die in ihrem Grundgesetz schon länger diese Schuldenbremse für die Zukunft verankert hat. Sie wissen, dass wir in Thüringen dafür plädieren, die Schuldbremse in der Thüringer Landesverfassung ebenso zu verankern. Dass sich auf europäischer Ebene 26 Mitgliedstaaten dazu ebenfalls auf den Weg machen, ist Ausweis schlechthin unserer politischen Markenzielsetzung, dass nur durch solide Haushalte, durch stabile Haushalte, durch eigene nationale Konsolidierungspolitik auch der europäische Währungsraum gesichert werden kann. Das ist größtmöglicher deutscher außenpolitischer Erfolg, nationale Schuldenbremsen zu verankern.
Ebenso ist es ein Erfolg, dass in dem Fiskalpakt, der außerhalb von europäischem Recht verankert wurde, gesichert wurde, dass gegenseitige Hilfe von europäischen Staaten in der Zukunft nur als Ultima Ratio gelten und dass die Hauptaufgabe jeweils in den europäischen Mitgliedstaaten liegt, zunächst eigene Reformen umzusetzen, um ihre eigenen nationale Haushalte zu konsolidieren, und dann erst die gegenseitigen Hilfen der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Genau das ist der Schritt, der hilft, das Vertrauen in die Märkte zu schaffen. Das ist ein schwieriger Weg. Die Bundeskanzlerin hat zu Recht heute Nachmittag in ihrer Regierungserklärung im Bundestag darauf hingewiesen, dass es ein langer Weg der Konsolidierung ist, der weiterer Beschlüsse bedarf. Deswegen ist ganz entscheidend bei der Betrachtung der Beschlüsse des Europäischen Rates, in welcher Zeitschiene jetzt die Konkretisierung in den vertraglichen Werken erfolgt, wie die Umsetzung in nationales Recht erfolgt und wie die tatsächliche wortgenaue Ausgestaltung erfolgt, weil auch die natürlich davon abhängig ist, ob das, was vereinbart wurde, dann auch gilt. Denn am Ende geht es um folgende Ziele, die auch uns Thüringer Bürger, aber auch die Bürger der Bundesrepublik, aber auch in anderen Staaten der Europäischen Union interessieren, nämlich die, dass die Leute zu Recht Angst haben vor Wechselkurs, Instabilität, vor Inflation und damit auch vor instabilen Preisen. Dass wir sehen, dass die Krise, die wir derzeit erleben, keine Krise des Euro ist, sondern eine Krise der Verschuldung der Nationalstaaten, das macht sich daran fest, dass seit 1999, seit der Einführung des Euro, die Inflation im Durchschnitt bei 1,5 Prozent liegt. Das ist viel weniger, als jemals in den vergleichbaren Zeiträumen bei der D-Mark die Inflationsrate war, und sie zeigt, dass wir seither auch eine feste Wechselkursstabilität verzeichnen können. Mit den Beschlüssen des
Europäischen Rates ist zudem auch eine Sorge genommen worden, die viele zu Recht haben - Beobachter, die auch als Ökonomen in besonderer Weise mit Sachverstand ausgezeichnet sind -, nämlich die: Die Notenpressen bleiben ausgeschaltet, die Europäische Zentralbank bekommt keine Banklizenz und Eurobonds bleiben ausgeschlossen.
Das ist besonderer wichtiger Wert, weil das heißt, damit bleibt auch das Zinsniveau stabil. Das betrifft vor allem die Kleinsparer, die Sorgen haben müssen, was passiert, wenn das Zinsniveau sich auch bei den Kreditfinanzierungen wieder nach oben entwickelt. Ich mache keinen Hehl daraus, wenn man die Frage darüber diskutiert, wie wirkt sich das auf den Thüringer Landeshaushalt aus, dann ist nicht unentscheidend, dass bei stabilem Zinsniveau auch das Maß unserer eigenen Kreditfinanzierungsquote erträglich bleibt. Wir wissen, das ist mit 620 Mio. € per annum zu hoch, das ist nicht zu ändern, aber jede weitere Zinssteigerung würde die Konsolidierungsbemühungen im Landeshaushalt zusätzlich weiter erschweren.
Ich will schlussendlich darauf hinweisen, dass eine Einrede des Bundestagspräsidenten von besonderer Beachtung ist, nämlich die, dass das nationale Parlament, das heißt insbesondere der Bundestag, auch bei all diesen weiteren Schritten eng eingebunden sein muss. Das betrifft auch die Frage der weiteren Finanzierungsrahmen des Internationalen Währungsfonds, das geht nur mit nationaler Parlamentsbeteiligung. Wenn diese Schritte gewährleistet sind, dann sind die Entscheidungen des Europäischen Rates in der letzten Woche tatsächlich der Schritt, der notwendig ist, um eine stabile Währungsunion auf den Weg zu bringen mit festen Konditionen für die Zukunft an Hilfen und damit auch das Vertrauen in die Märkte zu schaffen, das man braucht, damit der Euroraum auch in der Zukunft stabil ist. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein ähnliches Thema haben wir im Oktober 2011 hier beraten. Auch da hat Herr Mohring versucht, für die Union unverzichtbare Haltelinien aufzuzeigen. Ich denke, die These, dass wir jetzt wahrscheinlich aller zwei Monate hier in Aktuellen Stunden über dieses Euro-Thema reden und Sie dann immer erklären, dass mit Ihnen nicht zu verhandeln ist, also um
Aber überlegen wir mal, was im Oktober war und was jetzt ist, also auch nach dem EU-Gipfel. Die Spekulation ist noch da, und diese Spekulation, die manche auch als Angriff auf den Euro verorten das ist klar, die Spekulation geht gegen den Euro -, die treibt die Zinsen hoch zunächst für die Staatsfinanzierung, aber natürlich tendenziell auch für die Finanzierung der Wirtschaft und wird deshalb zu Recht als wohlstandsgefährdend empfunden. Gleichzeitig steigt weiterhin der private Reichtum. Die öffentliche Verschuldung steigt auf der anderen Seite ebenfalls weiter und wir haben weitgehend seit dem Jahr 2008, seit Ausbruch der Krise, nach wie vor unregulierte Finanzmärkte, die diese Spekulation treiben.
Herr Mohring, erster zentraler Unterschied in dieser Frage, was Sie jetzt versuchen, als Staatsschuldenkrise zu bezeichnen, ist unserer Meinung nach keine Staatsschuldenkrise, sondern das ist eine Krise, die im Bankensystem, in der ungehemmten Spekulation, in der ungehemmten Deregulierung der Finanzmärkte durch die Politik, aber immerhin dort, ihren Ausgang hatte und sie jetzt über die Garantien, über die Rettung der Banken mit dem Geld der kleinen Leute als Staatsschuldenkrise zu definieren mit der These, die Staaten hätten alle über ihre Verhältnisse gelebt, das ist einer der entscheidenden analytischen Fehler, die Sie hier vorgetragen haben, meine Damen und Herren.
Sie führt in der Konsequenz dazu, dass Ihre Rezepte, die Sie jetzt predigen, nichts anderes sind als der Versuch, in die Krise hineinzusparen, wo es naheliegend ist, dass die Krise nicht überwunden werden kann durch steigende Steuereinnahmen, sondern dass wir tiefer noch in den Abwärtsstrudel hineingelangen werden.
Meine Damen und Herren, versucht man mal zu analysieren, was Frau Merkel erreicht hat auf dem EU-Gipfel, dann ist das zunächst vor diesem Hintergrund zu betrachten. Also nicht die Frage, waren die Briten flexibel oder nicht, haben die mitgemacht oder nicht, welche Verträge werden geändert oder nicht, sondern man muss es, denke ich, erst einmal ein Stück größer anpacken. Da kann man feststellen, dass die europäischen Regierungen den Versuch, die Finanzmärkte zu regulieren, de facto gar nicht mehr unternehmen, das ist das Entscheidende. Das heißt, sie versuchen, da sie die Finanzmärkte de facto nicht regulieren wollen, sich der Logik der Finanzmärkte unterzuordnen. Das wird dann mit solchen Zitaten von Frau Merkel deutlich: „Wir müssen schneller werden als Politik“. Das heißt, wir müssen schneller reagieren auf das, was sie von uns verlangen. Das heißt, wir müssen als Staaten mit unseren Parlamenten schneller deren
Erwartungen entsprechen. Das versucht man jetzt ein Stück weit über die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Da ist wirklich zweit- und drittrangig, ob da ein Staat dabei ist oder nicht, denn sehen Sie sich den Katalog an, was man macht. Herr Mohring hat es erwähnt: mehr Haushaltsdisziplin, Schuldenbremse in allen Verfassungen, um damit angeblich das Vertrauen der Finanzmärkte zurückzugewinnen. Die letzten Tage seit dem EU-Gipfel, wie schon im Oktober seit dem letzten Gipfel, zeigen doch, dass sich genau dieses Vertrauen mit diesen Spekulanten nicht herstellen lässt. Deren Ziel und Logik, deren Ratio ist eine andere, die bekommen sie mit ihren Maßnahmen nicht hin.
Ich glaube, sie müssen grundsätzlicher anpacken neben den Risiken der Umsetzung dessen, was auf dem EU-Gipfel verhandelt wurde, nämlich juristischen, finanzpolitischen Risiken, politischen Risiken und wirtschaftlichen, ökonomischen Risiken. Sie müssen es grundsätzlicher anpacken. Ich will das stichwortartig in den letzten Sekunden nennen. Ich glaube, wir müssen in den Bankensektor eingreifen, ob uns das gefällt oder nicht. Aber Banken, die Bilanzsummen höher als 100, 200 Mrd. € haben, sind ein Risiko für die Stabilität von Volkswirtschaften. Ich glaube, hier muss es Vorschläge geben. Sie müssen in die Umverteilung hinein.
Sie müssen Reichtum begrenzen, davon bin ich fest überzeugt. Sie können nicht auf der einen Seite über 2 Bio. € Schulden jammern und nur dort ansetzen und andererseits vernachlässigen, dass auf der anderen Seite der Bilanz 6 Bio. € Vermögen stehen. Da müssen sie anfassen, sie machen nichts. Drittens in deutscher Position, sie müssen zwingend die Frage der Löhne in Deutschland anpacken.
Wir brauchen einen Mindestlohn, um in Europa überhaupt so etwas wie ein ökonomisch vernünftiges System zu schaffen. Ich komme zum Schluss. Wir brauchen mittelfristig, wir haben gar nicht mehr so viel Zeit, in Europa eine abgestimmte Sozialpolitik, eine abgestimmte Wirtschaftspolitik und eine abgestimmte Finanzpolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat den Antrag gestellt, hier über die Meisterung der Finanzkrise zu reden. Das ist ein ganz aktuelles Thema, aber es ist nicht sinnvoll, es hier zu behandeln,
vor allen Dingen, es in fünf Minuten abhandeln zu wollen. Es gab heute die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin dazu im Bundestag. Dort gehört das Thema sowieso hin. Im Antrag hat die CDU natürlich auch die Auswirkungen auf Thüringen formuliert, und insofern ist es schon gerechtfertigt, dass wir im Thüringer Landtag darüber sprechen.
Als ich den Antrag gesehen habe, habe ich mir gedacht, die CDU will ihre Theorien zur Schuldenkrise hier verbreiten und der Fraktionsvorsitzende, Herr Mohring, hat mich gerade darin bestätigt. Es ist doch gerade die Umsetzung dieser Theorien durch die Regierung unter Leitung der Bundeskanzlerin Merkel, die in den zurückliegenden Jahren erst so richtig in die Krise geführt haben.
(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Die rot- grüne Bundesregierung hat die Stabilitätskri- terien mehrfach verletzt.)
Der Verweis auf einen möglichen neuen Vertrag neben dem EU-Vertrag ist doch wirklich weiter nichts als weiße Salbe. Ich habe ernsthafte Zweifel daran, dass dieser von 26 Staaten geplante zwischenstaatliche Vertrag im Ernstfall irgendetwas bewirkt.
Mit Ernstfall meine ich die Einleitung des Verfahrens bei Überschreiten des Maastrichter Grenzwertes von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit meine ich die Verhängung besonders schwerer Sanktionen gegen einen Defizitsünder. Ich bin mir sicher, dass in diesen Fällen der AEU-Vertrag gilt und dass dann die Zustimmung des Ministerrats mit qualifizierter Mehrheit notwendig ist und dieser Vertrag überhaupt nichts bewirkt.