Protocol of the Session on November 18, 2011

Frau Siegesmund, Sie sollten da auch mal die Brille abnehmen. Thüringen ist größer. Wir haben 7.350 Wohnheimplätze in ganz Thüringen, die beziehen sich nicht nur auf Jena.

In der Tat ist es aber so, dass wir in Jena eine spezielle Situation haben, aber Jena auch nicht abweicht, was den Grad der Auslastung der Studentenwerke angeht. Wenn Sie sich mal den Geschäftsbericht des Thüringer Studentenwerkes anschauen, werden Sie feststellen, dass der Auslastungsgrad für das Studentenwerk in Erfurt höher ist und am niedrigsten in Gera. Sie werben auch, wie andere Fraktionen in diesem Haus, für gute Bahnverbindungen nach Gera. Warum soll man nicht auch solche Kapazitäten nutzen, um zu sagen, jawohl, wir haben unterschiedliche Wohnraumsituationen. Jena hat nun mal einen Wohnraumleerstand von unter 1 Prozent. Das ist in Thüringen einzigar

tig, auch was das Preisniveau angeht, aber wir haben in Thüringen - das hat Minister Carius vorher betont - beste Bedingungen. Insofern kann man auch nach Weimar oder nach Gera pendeln oder natürlich in den schönen Saale-Holzland-Kreis, auch von Jena aus lässt es sich da gut wohnen.

Dementsprechend glaube ich, dass die Angebote, die da sind, sowohl was die Wohnraumplätze als auch die privaten Angebote angeht - und hier zitiere ich das Studentenwerk -, „dass die Wohnplätze und privaten Angebote im Verhältnis zur Nachfrage in einem Gleichgewicht in Thüringen herrschen“. Da, wo es nicht der Fall ist, sorgen wir als Landesregierung dafür, dass noch 2 Mio. € eingestellt werden, um Wohnraum und die wohnlichen Kapazitäten für Studenten zu verbessern. Ich glaube, das ist ein klares Zeichen dafür, dass wir die Prioritäten bei den Studenten und ihrer Übernachtungssituation setzen. Das ist, denke ich, auch ein Zeichen dafür, dass uns nicht nur die Rahmenbedingungen für die Hochschulen wichtig sind, sondern auch die Rahmenbedingungen für die Studenten.

Das Nadelöhr - das gebe ich zu - ist natürlich immer das Wintersemester. Das hängt damit zusammen, dass wir auf der einen Seite durch Studienreformen die Bachelor-Studiengänge häufig im Winter beginnend haben, aber im Sommersemester auslaufend. Dass häufig Studenten, die aus dem Ausland zu uns kommen, zum Wintersemester zu uns stoßen, bedeutet, dass wir manchmal eine Wartesituation in Jena und in Ilmenau von drei bis fünf Monaten haben. Das ist natürlich eine Situation, die muss behoben werden, aber ist gleichzeitig auch ein Weg, der in der Gesamtschau auf die Wohnraumsituation für Studierende eigentlich ganz ordentlich aufgestellt ist.

Wenn wir uns anschauen, die Wartezeiten für einen Wohnplatz in Thüringen sind seit dem Jahr 2007 relativ gleich geblieben. In der Regel ist zu Beginn des Wintersemesters eine Wartezeit - wie ich gerade schon gesagt habe - von drei bis fünf Monaten zu verzeichnen. Die Landesregierung hat sich den unterschiedlichen Versorgungsquoten angenommen und so ist natürlich die Schaffung von Wohnraum für Studierende im Zeitraum von 2010 bis 2012 im Gesamtumfang von 3,5 Mio. € ein deutlicher Beweis dafür, dass uns gute Wohnraumqualität für Studenten wichtig ist. Insofern glaube ich, dass die Dinge, die Sie in Ihrem Antrag vorschlagen, ausreichend aufgenommen sind bzw. sogar deutlich besser sind als das, was Sie versuchen uns da anzudichten.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein Antrag der LIN- KEN.)

Ja, das ist ein Antrag der LINKEN, das sage ich ja. Insofern lehnen wir den Antrag ab. Ich glaube trotzdem, dass wir, auch im Hinblick darauf, dass wir

(Abg. Hennig)

Studenten im letzten Wintersemester kampieren sehen haben, die adäquaten Maßnahmen getroffen haben, um eine sehr gute Wohnraumsituation zu schaffen. Wenn uns das weiterhin mit Vorausschau gelingt, glaube ich, sind solche Anträge nicht weiter nötig. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Siegesmund von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beginne ein bisschen mit der Innensicht. Denn obwohl Herr Dr. Voigt gesagt hat, Jena spricht nicht für die gesamte Studierendenschaft in Thüringen, lässt sich dennoch das Problem, was wir haben, weswegen ich auch der LINKEN dankbar bin für den Antrag, ganz gut beschreiben. Die Studierendenzeitschrift AKRÜTZEL hatte vor einigen Monaten einen Artikel mit der Überschrift „Klaustrophobie oder Herbstdepression“. Da ging es um nichts anderes als um die Frage: Rücken wir noch enger zusammen, also haben früher oder später klaustrophobische Anwandlungen oder gehen wir in die Herbstdepression damit, dass wir tatsächlich immer noch keinen Wohnraum zur Verfügung haben?

Jetzt wirbt unter anderem die Studierendenstadt Jena damit, dass sie eine Stadt der kurzen Wege ist, dass man Kleinstadtidylle mit Großstadtflair vermischen kann. Aber es ist tatsächlich so, dass der Wohnungsmarkt, das hat nicht allein mit den Studierenden zu tun, aber man muss das ganz deutlich sagen, sehr düster aussieht. Herr Dr. Voigt sagte etwas von ungefähr 1 Prozent Leerstand. Meines Wissens sind es 0,3 Prozent. Mit anderen Worten, man hat eine Wohnung noch nicht einmal irgendwo inseriert, da ist sie praktisch schon wieder vermietet. Das betrifft vor allen Dingen die Studierenden. Was die Quote derjenigen angeht, die beim Studentenwerk tatsächlich versuchen, eine Wohnung zu bekommen: Es lagen im vergangenen Wintersemester 3.000 Bewerbungen vor, darauf konnten nur 50 positiv beschieden werden, weil alle anderen Zimmer bereits belegt waren. Da sehen Sie, worüber wir reden. Deswegen bin ich der LINKEN, wie gesagt, dankbar für den Antrag. Es geht darum, zeitnah Maßnahmen zu finden, um die Wohnsituation für Studierende zu verbessern an allen Thüringer Hochschulstandorten, dem Landtag auch darüber zu berichten und die Einführung des Thüringentickets zu prüfen. Darauf komme ich dann noch einmal. Grundsätzlich unterstützen wir die ersten beiden Ziele ausdrücklich. Es geht darum, nicht nur

mit dem positiven Image zu werben, was wir zweifelsohne hoffentlich dauerhaft haben trotz aller aktuellen Geschehnisse. Es geht darum, gute Bedingungen zu schaffen und diese auch zu halten.

Jetzt will ich aber die Zahlen ein bisschen miteinander in Verbindung bringen, damit man auch sieht, welche Problemlagen wir haben. Wir haben im Wintersemester 2010/11 über 52.000 Studierende in Thüringen gehabt. Studentenwohnheimplätze für diese 52.000 Studierenden gab es 7.300. Da sehen Sie einmal das Verhältnis. 62 Wohnheime standen für sie zur Verfügung, das sind also 14 Prozent der Studierenden, die laut Wohnraumstatistik 2011 des Deutschen Studentenwerks zur Verfügung standen. Das sieht auf den ersten Blick gar nicht schlecht aus. Wir befinden uns da ganz gut im Schnitt. Andere Bundesländer - Berlin, Bremen, Hessen oder Mecklenburg-Vorpommern - haben nicht so einen guten Schnitt. Das muss man schon auch bekennen. Man muss an dieser Stelle auch sagen, dass das positiv zu sehen ist.

Aber, dann kommt das Aber, es reicht erstens nicht und zweitens, wenn man einmal schaut, was wir in Thüringen für Inklusion tun - darüber gab es ja erst vor Kurzem wieder eine Publikation des Sozialministeriums -, sieht man, dass wir wieder einmal auf dem letzten Platz sind. Es gibt von diesen 7.354 Studierendenwohnheimplätzen exakt 14, die rollstuhlgerecht sind. 14 Wohnheimplätze, das ist relativ wenig. Wenn wir ernsthaft sagen, wir wollen eine inklusive Gesellschaft, dann sehen Sie einmal ein Problem.

Dann noch einmal, das wurde auch schon betont, die Situation der Wohnheimplätze in Thüringen ist sehr unterschiedlich. Einige Kommunen wie Gera haben gerade einmal 3,7 Prozent Unterbringungsquotenprobleme, Nordhausen 7,3 Prozent. So sehen die Leerstandsquoten aus. Da sehen Sie, da ist noch Luft nach oben. Jetzt könnte man leicht hergehen und sagen, dann pendelt doch, ihr lieben Studierenden. Viele machen das auch. Aber da muss man zwei Dinge tun. Man muss den ÖPNV in Thüringen auch wirklich stärken, so dass das attraktiv ist, und man muss dafür sorgen, dass rund um die Plätze, die in Frage kommen in den jeweiligen Städten, auch tatsächlich die Verkehrsanbindung innerstädtisch so günstig vertaktet ist, dass man da nicht 2 Stunden unterwegs ist. Ich weiß, wovon ich da rede.

Anders sieht die Situation in Jena aus, ich habe es schon betont. Die Unterbringungsquote liegt bei 11 Prozent auf die gesamte Studierendenschaft, ist damit, was Thüringen angeht, unterdurchschnittlich. Über den Wohnungsleerstand in Jena habe ich schon geredet. Laut der Beratungsgesellschaft Analyse & Konzept sind es deutlich unter 1 Prozent, die tatsächlich leer stehen. Wegen des Zu

(Abg. Dr. Voigt)

stroms weiterer Studierender kann man die Zahl wirklich durchaus noch weiter gen Null korrigieren.

Experten sind der Meinung, das will ich an dieser Stelle deutlich sagen, dass Leerstände von mindestens 3 bis 5 Prozent gesund für den Wohnungsmarkt wären, ein großes Jenaer Problem. Das zeugt übrigens von der verfehlten Wohnungspolitik in der Stadt, das will ich an der Stelle auch ganz bewusst sagen. Die Städtische Wohnungsgenossenschaft hat viel zu lange viel zu wenig getan und die Politik im Stadtrat hat sich einfach immer und immer wieder verschätzt.

Jetzt gibt es natürlich auch positive Dinge zu bemerken. Allein in diesem Jahr wurden zwei Neubauprojekte - ich nehme an, der Minister wird dazu dann auch etwas sagen - eingeweiht, der Rohbau tatsächlich eröffnet, unter anderem in der ClaraZetkin- und in der Siegfried-Czapski-Straße. Ich war dabei, als Staatssekretär Deufel die Grundsteinlegung mit Grußworten durch das Ministerium eröffnete. Es ging um Bauten, insgesamt um Mittel in Höhe von 1 Mio. €. Ich muss sagen, was mich wirklich erschreckt hat an der Eröffnung dieser Bauten, ist die Überschrift „Hauptsache billig“. Wenn man baut, dann sollte man bitte auch einen vernünftigen Energiestandard nehmen. Ich habe mich wirklich sehr darüber geärgert, dass man nicht mal darüber nachdenkt, dass man die Plätze so hinbaut, dass am Ende die Energiekosten nicht in die Höhe schießen. Das halte ich übrigens für das falsche Signal, aber da sieht man, wie kurzsichtig hier über Bauinvestitionen diskutiert wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir werden in den Haushaltsberatungen mindestens einen Änderungsantrag stellen. Wir wollen mehr Geld für Studenten und Wohnheime. Wir wollen, dass mehr Geld vom Land zur Verfügung gestellt wird. Es war eben die Rede davon, dass für das kommende Haushaltsjahr 2 Mio. € vorgesehen sind. Wenn Sie sich mit dem Studentenwerk unterhalten, wissen Sie, dass ein Wohnheimplatz neu gebaut 80.000 € kostet. 2 Mio. durch 80.000. Rechnen Sie mal aus, was da für Plätze rauskommen. Das finde ich ein bisschen dünn, davon zu reden, dass das jetzt der große Wupp sein soll in Richtung studierendenfreundliches Thüringen.

Natürlich muss es attraktive Wohnmöglichkeiten geben, damit der Studienstandort Thüringen noch attraktiv bleibt. Ich finde das ein bisschen dünn, da müssen Sie schon wirklich noch draufsatteln. Meines Wissens nach war die KTS heute auch hier, hat darüber geredet, welche Probleme sie hat. Im Übrigen ist das Problem des Kampierens in Jena mit Zelten nicht erledigt. Es ist vieles andere auch nicht erledigt. Wir wollen kein Wohnraum-Orakel, wir wollen vernünftige Wohnraumpolitik für Studierende in Thüringen.

Lassen Sie mich damit schließen: Meines Wissens hat die KTS heute dem Bauminister einen kleinen Button überreicht, auf dem steht „überbelegt“. Das ist eine deutschlandweite Aktion. Jetzt ist leider der Minister, den das noch betrifft, Herr Matschie, nicht da. Dem lege ich den Button zur Erinnerung daran, dass die Studierenden sehr wohl auch ihre eigene Lobby an der Stelle haben und sagen, hier gibt es etwas zu tun, auf seinen Platz und freue mich schon darauf, wie er das Ganze gleich einordnet und welche Maßnahmen er ergreifen will. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächster spricht für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Dr. Thomas Hartung.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Thüringen ist Bildungsland. Ein gut aufgestelltes Bildungsland braucht zwei Säulen. Die eine Säule sind hervorragend ausgestattete Hochschulen, die andere Säule ist ein vernünftiges, lebenswertes studentisches Leben. Das ist völlig klar und das wird auch zu Recht gefordert. Wenn ich mir aber die Zahlen anschaue, muss ich feststellen, dass die Studierendenzahlen in Thüringen wachsen. Im aktuellen Jahr ist es so, dass 40 Prozent der Studierenden aus den Altbundesländern kommen und das bedeutet doch, dass die Thüringer Hochschulen sich mit den Hochschulen in den Altbundesländern messen können. Aber auch die Situation kann sich mit der Situation in den alten Bundesländern messen, denn heutzutage ist es ja nicht mehr so, dass die Studenten einfach eine Expedition machen und gucken, wo sie eine Universität finden, wo sie studieren können, sondern in unserer medial vernetzten Welt weiß man doch vorher, was einen erwartet. Man kann gucken: Wie ist die Wohnraumsituation? Man kann schauen: Wie sind die Lebensumstände? Wie sind die Semesterbeiträge für das Studentenwerk und ähnliches? Trotzdem entscheiden sich 40 Prozent der Studenten, die in Thüringen studieren, dafür, aus den alten Bundesländern hierher zu kommen.

Das heißt, wir sind doch gut aufgestellt. Das heißt aber nicht, dass wir uns auf den Lorbeeren ausruhen können. Das ist völlig klar und da legt DIE LINKE mit einer gewissen Berechtigung den Finger in die Wunde. Wenn man einen guten Stand hat oder einen besseren Stand haben möchte, muss man arbeiten. Das heißt aber nicht, dass wir das nicht tun. Ich denke schon, dass wir gut aufgestellt sind, was die derzeitige Situation angeht und es wird auch weiterhin mehr gemacht. Die Sanierung, der Neubau studentischer Wohnungen läuft. Zwischen

(Abg. Siegesmund)

2010 und 2012 fließen 3,5 Mio. € allein in diesen Bereich. 2010 gab es ein Sonderprogramm mit 2 Mio. € für den Raum Jena und ich gebe zu, Jena ist eine besondere Situation, nicht nur für Studenten, sondern auch für andere, aber interessanterweise und das möchte ich hier mal anmerken, ist Jena die einzige Stadt in Thüringen, in der das Studentenwerk tatsächlich im Moment aktuell - gerade eben nachgeschaut - freie Wohnungen anbietet. Das heißt, wir haben dort eine Größenordnung, in Gera gibt es keine freien Wohnungen; nicht viele, 15 oder so. Aber in anderen Städten gibt es gar keine. Das heißt also, es ist nicht so, wenn die freie Wohnung angeboten wird, ist sie weg, sondern es ist tatsächlich so, es ist noch die Möglichkeit da, dass man lebenswert in Jena studiert. Das heißt nicht, dass alles gut ist, Frau Siegesmund, völlig klar, aber wenn wir uns - und das haben Sie ja hier referiert - in ein bundesdeutsches Ranking einordnen wollen, dann müssen wir feststellen, dass die Unterbringungsquote in Thüringen die Zweithöchste in ganz Deutschland ist. Wir sind nicht nur besser als Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg, sondern wir haben die zweithöchste Unterbringungsquote in ganz Deutschland und ich denke, damit können wir uns sehen lassen.

(Beifall CDU)

Ich möchte damit nicht sagen, dass es keine Probleme gibt, aber der KGS findet durchaus auch die Wege zur Politik. Wir hatten heute gerade das Gespräch, Herr Voigt und ich. Da haben wir über einige dieser Forderungen durchaus reden können, zum Beispiel über die Frage der Semestertickets. Das wird da relativ nüchtern gesehen. Da wird ganz klar gesagt, dass es eher nicht so ist, dass, wenn das Fahren kostenlos ist, man damit rechnet, dass Jenaer Studenten in Größenordnungen zum Beispiel in Rudolstadt (30 Minuten Zugfahrt) oder Gera (33 Minuten Zugfahrt) tatsächlich wohnen würden, wenn doch die Fahrt umsonst wäre. Umsonst muss es nicht sein. Ich finde, ein Semesterbeitrag von 45 € für das kostenlose Zugfahren in ganz Thüringen ist ein vertretbarer Preis. Das kann man, denke ich, so sehen und jeder, der sagen möchte, das soll kostenlos für alle Studenten sein, der muss eben auch sagen: Erstens, woher kommt das Geld? Zweitens, ist dieses Geld auch tatsächlich zielführend eingesetzt? Ist das Geld, was man in ein gänzlich kostenloses Semesterticket steckt, wirklich dort gut eingesetzt oder gibt es nicht wesentlichere Stellen, wo man mit diesem Geld mehr bewegen kann?

Ich möchte auch davor warnen, jetzt ein Sofortprogramm zum Bau von Studentenwohnheimen zu fordern und aufzulegen. Das könnte nach hinten losgehen, denn jetzt im Moment ist es gut mit den Studierendenzahlen. Wie es in zehn Jahren ist, wissen wir nicht, aber Studentenheime sind Studentenheime und in zehn Jahren nützt es uns nichts, wenn

wir sie nicht weiter nutzen können. Da wäre es vernünftiger, da bin ich ganz bei Ihnen Frau Siegesmund, wenn man sagt, man muss zum Beispiel einen sozialen Wohnungsbau anschieben, der sowohl Studentenbedarf bedient als auch den Bedarf von anderen, aber das wäre ein ganz anderer Antrag als der vorliegende und deswegen will ich dazu jetzt gar nicht großartig Stellung nehmen. Ich persönlich bin der Überzeugung, es gibt sehr viel zu tun. Das ist angepackt worden. Es liegt nicht brach. Insofern halte ich diesen Antrag für aktionistisch, wie damals auch den Eilantrag. Deswegen ist die Eiligkeit auch nicht anerkannt worden. Wir werden diesen Antrag ablehnen. Er ist auf einem guten Weg und ich denke, der Minister wird dazu dann auch noch entsprechende Ausführungen machen. Vielen Dank.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das glaube ich nicht, der ist ja nicht da.)

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht für die FDP-Fraktion Frau Abgeordnete Franka Hitzing.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, eine generalisierbare Wohnungssituation oder Wohnraumsituation für die Studentinnen und Studenten in Thüringen gibt es grundsätzlich nicht. Das müssen wir erst einmal festhalten, weil die Situationen natürlich unterschiedlich sind. In Nordhausen gibt es eine andere Wohnraumsituation als in Schmalkalden oder in Weimar. Das Studentenwerk in Thüringen, die Zahl wurde heute schon einmal genannt, bietet für die insgesamt 53.000 Studenten und Studentinnen in Thüringen 7.400 Wohnplätze an. Das entspricht einer Zahl von 15 Prozent. Weitere Wohnheime befinden sich im Bau.

Die Pauschalmieten für die Wohnheimplätze liegen in etwa zwischen 99 und 299 € warm. Jetzt möchte ich sagen, für diesen Beitrag, den man bezahlen muss, werden auch durchaus auf dem privaten Wohnungsmarkt für Studentinnen und Studenten Wohnräume angeboten, z.B. in Form von WG-Zimmern. Ich möchte darauf hinweisen, dass natürlich auch die privaten Vermieter an den Studienstandorten eine Rolle spielen. Wenn wir jetzt die spezifische Situation in Jena ansehen, da ist es so: Die besondere Situation und die prekäre Wohnraumsituation, bis auf die 15 Plätze, die Herr Dr. Hartung noch rausgekitzelt hat heute, liegt natürlich daran, dass Jena ein sehr prosperierender Ort, wirtschaftlich sehr interessant, auch sehr erfolgreich und natürlich ein großer Wissenschaftsstandort ist. Des

(Abg. Dr. Hartung)

halb auch die großartige Zuwanderung für diese Stadt.

(Beifall FDP)

Damit reicht es dann aber auch. Dass diesem Zuwanderungsdruck natürlich weder durch das Angebot der Wohnheimplätze noch des privaten Wohnungsmarktes standgehalten werden kann, liegt auch ein bisschen an der geografischen Lage der Stadt Jena. Sie ist eingekesselt in einem Tal. Da ist natürlich nicht allzu viel möglich mit der Ausbreitung. Was aber interessant ist, den Abriss von preiswertem Wohnraum noch vor einigen Jahren hätte man vielleicht damals etwas ruhiger und etwas entspannter angehen können. Es waren Wohnungen da, die sind einfach abgerissen worden und jetzt fehlen sie. Die wären auch preiswert anbietbar gewesen, zumindest kann man unterstellen, dass das so gewesen wäre.

Jetzt zu dem Wohnen außerhalb des Studienorts, Frau Siegesmund, Sie waren auch darauf eingegangen. Wir haben das Semesterticket, mit dem den Studierenden ermöglicht wird, die Bahn zum Hochschulort innerhalb Thüringens zu benutzen. Wenn ich jetzt auf das Beispiel Gera-Jena eingehen darf, nach meinen Recherchen ist der Regionalexpress schon in 32 Minuten von Gera in Jena und nicht in 33 Minuten,

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Wenn er pünktlich ist.)

wenn er pünktlich ist, und von Lobeda-Ost zum Abbe-Platz in Jena ist man auch nur 10 Minuten schneller mit der Straßenbahn. Also ich will sagen, es ist nicht unzumutbar auch außerhalb von Jena zu wohnen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil dort noch mehr an Wohnraum möglich ist als in der Stadt Jena selbst. Für Jena, für diesen großen Standort, ist natürlich der Mix ganz wichtig, einmal die privat vermieteten Wohnräume, dann der Wohnraum durch die Studentenwerke und das Wohnen außerhalb von Jena, auch das muss man mit in Betracht ziehen. Ich denke, nur die Flexibilität in Gänze wird diese Wohnraumsituation, die wir jetzt hier beschrieben haben, im Endeffekt zu einer Lösung zu bringen, denn massenhaft Wohnheime zu bauen, wird nicht die Lösung werden. Danke schön.