Protocol of the Session on December 17, 2009

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb haben auch wir diesen Antrag in den Thüringer Landtag eingebracht und wir wollen die, die gegen diese Leitung ideenreich und demokratisch kämpfen, unterstützen. Erstens geht es meiner Fraktion in diesem Zusammenhang um die notwendigen Schritte, die juristischen Handlungsmöglichkeiten zur Verhinderung dieser Leitung auszuschöpfen.

Zweitens wollen wir vor allen Dingen auch ein politisches Signal setzen. Der Thüringer Landtag kann auch jetzt noch diese Höchstspannungstrasse ablehnen und damit mit Tausenden, die sich organisiert haben, gegen diese Widerstand leisten.

Drittens geht es uns auch darum, konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir mit einer zeitgemäßen, modernen Energiepolitik ohne Atomstrom und möglichst schnell auch ohne Kohle mit den Ressourcen, die wir hier vor Ort in Thüringen vorfinden - und dazu gehört für uns auch die Ressource Intelligenz und Wissenschaft genauso wie Sonne, Wind, Erdwärme, Holz und Wasser - den Energiebedarf decken können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor 100 Jahren waren Stahlgittermasten ein Zeichen für den technischen Fortschritt. Heute sind sie ein Relikt der Vergangenheit und werden mit Recht von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt. Das ist nicht nur so in Thüringen, das ist auch in anderen Bundesländern so, überall dort, wo es Ziel ist, solche Leitungen zu bauen. Um diesem Protest begegnen zu können, hat der Deutsche Bundestag die in einem demokratischen Gemeinwesen üblichen Wege der Meinungsbildung außer Kraft gesetzt, in die Trickkiste der Planwirtschaft gegriffen und am Ende seiner vorherigen Legislaturperiode, am 21. August dieses Jahres, das sogenannte Energieleitungsausbaugesetz beschlossen. Wir sagen, es ist ein fundamentaler Eingriff in das bundesdeutsche Rechtssystem und meine Fraktion ist nicht bereit, diese Bevormundung der Länder sowie die Einschränkung der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern und Kommunen hinzunehmen.

Wir sagen erstens, das EnLAG ist ein unzulässiger Eingriff in die Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen nach Artikel 28 des Grundgesetzes, da solche Großprojekte örtliche Projekte betroffener Gemeinden behindern und einschränken können.

Wir sagen zweitens, das Gesetz/der Gesetzestext bezieht sich ausdrücklich auf einzelne Versorgungsgroßprojekte privater Energieversorger. Der Geist des Gesetzes folgt somit lediglich den Interessen von ausgewählten Wirtschaftsunternehmen und nicht dem

wirtschaftlichen Gemeinwohl. Es handelt sich daher aus unserer Sicht um ein nach dem Grundgesetz verbotenes Einzelfallgesetz.

Drittens fehlt dem Bund für das EnLAG die nach Artikel 72 Abs. 2 Grundgesetz notwendige Gesetzgebungskompetenz. Diese bestünde nämlich nur, wenn gleichberechtigte Lebensverhältnisse in allen Bundesländern geschaffen werden sollen, und mit Blick auf die 380-kV-Leitung ist das nicht so.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen weiteren Sachverhalt dieses Gesetzes aufgreifen. Es kann doch wirklich nicht sein, dass einem privaten Versorgungsträger per Gesetz die Möglichkeit eingeräumt wird, sich auszusuchen, ob ein bereits laufendes Verfahren nach neuer oder nach alter Rechtslage zu beurteilen und abzuwickeln ist. Allein das ist schon ein Aspekt, den man im Rahmen einer Normenkontrolle überprüfen muss. Es ist auch nicht hinzunehmen, dass ohne vorherige ergebnisoffene Alternativprüfung per Gesetz bundesweit 24 Vorhaben im 380-kV-Netz, darunter auch die hier in Thüringen betreffende Leitung Halle-Schweinfurt, als notwendig eingestuft werden, und das ob der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit im Nachhinein nicht mehr infrage gestellt werden kann und so der Überprüfung der zuständigen Behörden der Bundesländer und der Kommunen entzogen wird. Genauso kritisch sehen wir die im EnLAG einhergehende Verkürzung des Rechtswegs, erst- und letztinstanzlich soll für die genannten Vorhaben allein das Bundesverwaltungsgericht zuständig sein. Nicht mit uns, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir hoffen, dass Sie mit einer Zustimmung - ich habe ja jetzt schon gehört -, zumindest eine Diskussion im Wirtschaftsausschuss weiterführen wollen und sich vielleicht auch nach der Diskussion in diesem Ausschuss unserem Antrag und unserer Auffassung anschließen können, genauso wie wir hoffen, dass Sie unsere Auffassung, diese Stromleitung zu verhindern, mittragen. Diese Leitung ist für die Übertragung von im Norden erzeugter Windenergie - Kollege Adams hat es hier auch schon sehr deutlich gemacht - nicht notwendig. Nach wie vor gilt die Aussage, die die renommierten Wissenschaftler Prof. Jarass und Obermair in ihrem von 33 Landräten, Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Bürgerinitiativen in Auftrag gegebenen Gutachten bereits vor über zwei Jahren, im Oktober 2007, gemacht haben. Diese Aussage konnte bis jetzt niemand widerlegen, keiner. Warum? Weil Jarass und Obermair anhand der Lastflussanalysen von Vattenfall überzeugend nachweisen konnten, dass die Notwendigkeit neuer Leitungen im Übertragungsnetz wesentlich dadurch verursacht wird, dass die Energieversorger bei Starkwindeinspeisung und Starklast ihre konventionellen Kraftwerke nicht angemessen zurückfahren werden. Das ist nicht nur ei

ne Aussage im Gutachten, sondern diese Aussage hat ebenfalls eine Vertreterin von Vattenfall im Juni vergangenen Jahres auf einer Energiekonferenz an der TU Ilmenau bestätigt.

Neue Leitungen werden also nur dafür gebraucht, den überschüssigen konventionellen Strom weiträumig abzutransportieren. Es geht bei dieser 380-kVLeitung nicht um Windenergie, es geht bei dieser 380-kV-Leitung nicht um Klimaschutz, es geht um Profit, es geht um nichts anderes, es geht um Maximalprofit. Und nur, weil sich der Profit am besten mit veralteten, aber eingelaufenen Technologien für die Stromkonzerne sichern lässt, hält man an dem lebensgefährlichen Atomstrom fest und ist auch nicht bereit, die welterprobten Techniken zur Optimierung der Stromnetze, wie Hochtemperaturseile und Freileitungsmonitoring, in Deutschland einzuführen. Hier, sage ich, ist die Politik gefordert, nicht die Lobbyinteressen von Vattenfall und Co. zu vertreten, sondern die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

Ich sage es ganz offen: Wir müssen hier bei uns in Thüringen Vattenfall und anderenorts E.ON, RWE und EnBW ihre Grenzen aufzeigen. Das ist nach unserer Überzeugung eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass der notwendige Klimawandel auch gelingt. Die neue Struktur der Energieversorgung wird in der Zukunft nicht von Monopolen geprägt sein, sondern wird schon durch die Vielzahl der Energieanbieter sich demokratischer organisieren müssen. Kern werden die kommunalen Stadtwerke sein und davon bin ich überzeugt, genauso wie ich davon überzeugt bin, dass wir nur so in der Lage sind, die für den Energiewandel notwendigen intelligenten Netze aufzubauen, sogenannte Smart Grids, wo z.B. der Stromverbrauch einer Erzeugung folgt, mit modernen leistungsfähigen Speichern, um die Nachteile der fluktuierenden Erzeugung von Elektroenergie aus Wind und Sonne zu überwinden. Ein weltweit agierender Energiekonzern - das will ich hier auch einmal an dieser Stelle sagen - hat offensichtlich die Zeichen der Zeit verstanden. DONG Energy hat sein Vorhaben, in Greifswald ein neues Kohlekraftwerk aufzubauen, Anfang dieser Woche aufgegeben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist doch, denke ich mal, ein beachtenswertes Signal. Warum kann das nicht auch sein mit dieser 380-kV-Leitung? Ich denke, wenn wir hier politisch agieren, wenn wir diese Leitung ablehnen, wenn wir alles dafür tun, dass diese Leitung, dass dieses Vorhaben nicht durchgesetzt wird, dann kann auch das für uns hier zum Erfolg werden.

Ich freue mich erst einmal, dass der Antrag im Ausschuss diskutiert werden soll. Es liegt ja noch ein Entschließungsantrag vor. Auch dieser, habe ich gehört, soll noch einmal Diskussionsschwerpunkt im Ausschuss werden, das würde ich teilen. Ich war erst für eine Abstimmung heute hier, weil ich denke, dass schnellstmöglich eine öffentliche Anhörung stattfinden muss noch vor dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens für den Abschnitt Vieselbach-Altenfeld. Aber ich denke, wenn wir uns zeitnah mit dieser Problematik im Ausschuss beschäftigen, kann dem meine Fraktion folgen.

(Beifall DIE LINKE)

So, jetzt Ihre Frage.

Herr Abgeordneter Weber, bitte.

Frau Kollegin Enders, ich schätze Ihr Engagement in der Frage sehr und auch Ihr profundes Fachwissen. Deshalb erlauben Sie mir bitte zwei Fragen:

Zum einen: Sie kennen auch die weiteren Gutachten und nicht nur das Jarass-Gutachten in der Frage?

Eine weitere Frage: Sie wissen, dass es faktisch nur möglich ist, ein Normenkontrollverfahren auf den Weg zu bringen, wenn ein Genehmigungsverfahren erteilt wurde?

Das ist verkehrt. Normenkontrollantrag - das Gesetz ist rechtswirksam. Damit kann also jetzt auch ein Normenkontrollantrag durch die Landesregierung gemacht werden.

Was man machen kann als zweiten Weg, wäre, dass z.B. nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens, das gegenwärtig noch läuft, dann der Klageweg durch Beteiligte, durch Kommunen oder Bürgerinnen und Bürger gemacht wird. Das wäre ein weiterer Weg.

Ein dritter Weg, der würde auch noch gehen bis nächstes Jahr August, das wäre also die Kommunalverfassungsbeschwerde. Ich sage Ihnen, wir werden einen dieser Wege einschlagen. Die Bürgerinnen und Bürger, die Kommunen, wir werden an dieser Stelle alles tun.

Zum anderen, Sie hatten noch einmal nach dem Gutachten gefragt. Ja, es gibt noch ein weiteres Gutachten, das die Landesregierung in Auftrag gegeben hatte. Das war das Gutachten, das die Profes

soren Bellmann und Säcker auch erstellt haben. Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass dieses Gutachten - ich sage es jetzt mal so - einen juristischen Teil und einen technischen Teil hat. Man hat sich in diesem Gutachten mehr oder weniger auf juristische Fakten gestützt. Das ist erst einmal auch ein Punkt. Man hat sehr wenig oder überhaupt nicht oder ganz wenig auch die technischen Alternativen überprüft.

Ich möchte Ihnen auch noch einmal weitere Defizite aus dem Gutachten nennen - wir können gern darüber diskutieren, ich habe es gelesen, mich damit beschäftigt, Gespräche geführt mit Bellmann und Säcker, Jarass usw. Es sind da eben auch sehr unzureichende Betrachtungen zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit des Netzausbaus enthalten. Das Gutachten, was von Säcker und Bellmann erstellt worden ist, das setzt sich überhaupt nicht kritisch mit der dena auseinander. Ich sage - und ich glaube, im Moment laufen ja auch weitere Betrachtungen, das ist die dena I, die die Grundlage auch für das EnLAG darstellt -, die dena I ist technisch und juristisch veraltet. Hier sind sehr, sehr viele große Defizite auch in der dena zu finden. Man hat sich überhaupt nicht mal Gedanken z.B. zur Kosten-Nutzen-Analyse gemacht, das heißt, ist dieser Neubau überhaupt zweckmäßig. Man hat die gesetzlichen Grundlagen, was auch im EEG bzw. EnWG ganz korrekt verankert ist, dass man erst einmal den gesetzlichen Grundsatz auch überprüft, Netzoptimierung, Netzverstärkung, Netzneubau, auch das wurde nicht überprüft. Es gibt also dort sehr viele Dinge. Ich würde das gern mit Ihnen im Ausschuss diskutieren. Ich könnte Ihnen auch noch eine Abhandlung zur dena halten. Das will ich aber jetzt nicht tun, weil das doch auch technische Details in dem Zusammenhang sind.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Enders. Gibt es weiteren Redebedarf? Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist weihnachtlich, aber ich finde, es ist nicht Zeit, um hier weihnachtliche Märchen zu erzählen. Das will ich mit großem Nachdruck sagen, denn vieles von dem, was hier vorgetragen worden ist, entspricht schlicht und ergreifend nicht den Tatsachen. Deswegen lassen Sie mich ein bisschen was zur Aufklärung beitragen. Die erste Bemerkung ist die: Ich bin für eine Energiewende in den nächsten Jahren in Deutschland und in Thüringen.

(Beifall SPD)

Dazu gehört, dass wir in den nächsten Jahren eines tun, dass wir den Anteil der erneuerbaren Energien ausbauen, dass wir aber auch hocheffiziente Gas- und Kohlekraftwerke für einen Übergangszeitraum brauchen. Ich sage ganz klar für mich, das ist ja nicht Teil der Koalitionsvereinbarung, ich stehe auch zum Ausstieg bei der Kernenergie.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer wollte bezweifeln, dass wir in den nächsten Jahren mehr Energieeffizienz brauchen, dass wir im Rahmen der Infrastrukturmaßnahmen zum Beispiel Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetze brauchen, dass wir Heißleiter-Monitoring, Temperatur- Monitoring und all diese Dinge brauchen? Das steht überhaupt nicht zur Diskussion. Was aber zur Diskussion steht, ist, dass wir in Deutschland mit der Situation konfrontiert werden, dass die Ausbauziele, die wir national im Bereich der erneuerbaren Energien verfolgen, nicht erreichen können, ohne dass ausreichende Infrastrukturen, das heißt Netzleitungsübertragungskapazitäten, zur Verfügung gestellt werden. Wer sich in Deutschland die Planungsverfahren anschaut - und ich bitte, das mal zu tun -, wird feststellen, dass solche Projekte zum Teil 10 bis 15 Jahre dauern. Das führt dazu, dass heute bereits nicht mehr sichergestellt ist, wenn es uns im Jahre 2020 gelingt, 30 Prozent erneuerbarer Energien im Strombereich zu realisieren, ob wir dann, wenn wir nicht zu einem beschleunigten Netzaufbau kommen, ausreichende Netzstabilität haben. Dabei bitte ich auch, dass endlich diese falsche Alternative, die in der Debatte aufgetaucht ist und die immer wieder behauptet wird, als gehe es um eine zentrale oder dezentrale Energieversorgung, aufgegeben wird. Wir werden - und das wird die Energieversorgung von morgen sein, bis wir noch höhere Anteile zum Beispiel im Wind- oder Solarbereich haben - eine Mischung aus zentraler und dezentraler Energieversorgung machen. Um ein Beispiel zu sagen und Ihre Fraktion DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag hat mit beschlossen, dass wir ein Ziel von 30 Prozent im Jahr 2020 im Bereich des erneuerbaren Stroms erreichen wollen. Wer das will, muss eines tun: Er muss etwa 15.000 MW Windstrom bauen. Wer mir nun erklären will, erneuerbarer Windstrom, den wir 40 oder 45 km vor der deutschen Küste auf den Weg bringen, sei eine dezentrale Energieversorgungsform, dem muss ich sagen, er weiß nicht, wovon er spricht, oder er will an den Tatsachen vorbeischauen.

(Beifall CDU, SPD)

Herr Minister, lassen Sie eine Frage zu?

Gern.

Herr Minister Machnig, wir alle wissen, dass Sie sich bereits in den letzten Jahren und nicht erst hier in Thüringen sehr für die Förderung der Erneuerbaren eingesetzt haben. Würden Sie mir dann nicht zustimmen, dass der Ausbau der Leitungskapazität, so wie wir ihn heute hier mit der 380 kV-Leitung besprechen, die Sicherung des Zuwachses von erneuerbaren Energien, aber auch die Sicherung der bisher konventionellen Kohletechnologie oder auch dem Neubau von Kohlekraftwerken ist?

Dazu komme ich gleich.

Jetzt spitze ich zu: Die SPD und DIE GRÜNEN haben im Deutschen Bundestag vor einiger Zeit das Gesetz für den Vorrang der erneuerbaren Energien eingebracht, in dem festgeschrieben wurde, dass erneuerbare Energien vorrangig eingespeist werden sollen.

Bei der Einspeisung.

Bei der Einspeisung. Das bedeutet doch aber auch, dass ich die anderen herausnehmen muss. Wenn diese Erneuerbaren Vorrang haben, müssen die anderen raus. Wie oft werden die herausgenommen? Sehen Sie nicht, dass diese Leitung den Vorrang konterkariert?

Nein. Um noch einmal klar zu sagen, was wir brauchen, lassen Sie mich meinen Gedanken noch einmal aufnehmen, das wird die Realität sein - wir werden in den nächsten Jahren einen Mix haben aus dezentralen und zentralen Strukturen. Wie gesagt, im Jahr 2020, wenn wir unsere Ausbauziele erreichen, wird es 3.000 Windräder 45 km vor der deut

schen Küste geben. Nur so ist ein Anteil von 30 Prozent zu erreichen. Wer nun sagt, 45 km vor der Küste sei eine dezentrale Energieversorgung, dem muss ich sagen, schaut an den Realitäten vorbei. Diese Kapazitäten, die wir dort zubauen wollen, müssen dorthin gebracht werden, wo Menschen Strom in den nächsten Jahren brauchen. Dabei müssen wir eines berücksichtigen. In den nächsten Jahren wird wegen des Emissionshandels, aber auch weil es Kraftwerke gibt, die inzwischen überaltert sind, Folgendes passieren: Wir werden alte Kapazitäten zum Beispiel bei den Kohlekraftwerken vom Netz nehmen müssen. Nur, alle müssen immer eines erklären: Wenn ich im Jahr 2020 30 Prozent, vielleicht 35 Prozent Erneuerbare im Strombereich habe, woher kommen die anderen 65 Prozent? Diese Frage muss man beantworten. Deswegen brauchen wir für einen Übergangszeitraum einen Mix aus Gas, aus Kohle, aus Erneuerbarer und mehr Energieeffizienz. Das ist aus meiner Sicht völlig klar.

(Beifall CDU, SPD)

Jetzt muss ich sagen, eine Debatte über die Infrastruktur ist sinnvoll und notwendig. Ich sage auch ganz offen, nicht alle Projekte sind wirklich gerechtfertigt. Da stimme ich auch zu. Ich bin auch dafür, dass alle Möglichkeiten, die es demokratisch gibt, die im Übrigen in den Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren vorgesehen sind, da gibt es nämlich Anhörungsmöglichkeiten, auch genutzt werden. Dafür sind wir ein Rechtsstaat. Aber, Frau Enders, wo die Freundschaft aufhört, ist an folgendem Punkt: Sie haben heute in der Zeitung ein Interview gegeben. Da sprechen Sie davon, dass das Energieleitungsausbaugesetz ein von den Konzernen „diktiertes Ermächtigungsgesetz“ ist. Das ist - das muss ich wirklich sagen - historisch instinktlos, einen solchen Vergleich zu wählen. Ich will das mit allem Nachdruck sagen.

(Beifall SPD)

Ein Ermächtigungsgesetz, Sie wissen, in welchem historischen Kontext das gestanden hat. Das in Deutschland zu behaupten, dass dies hier in diesem Fall geschehe, dazu bitte ich Sie Stellung zu nehmen, das vom Tisch zu nehmen, denn das würde das, was 1933 in dem Kontext passierte, verhöhnen. Ich denke, das sollten wir uns gemeinsam nicht leisten. Von daher bitte ich Sie, dies auch entsprechend zu korrigieren.

(Beifall SPD)