Protocol of the Session on December 17, 2009

(Beifall SPD)

Jetzt zur Realität der Infrastruktur. Wir brauchen Infrastrukturausbau, darauf habe ich hingewiesen. Jetzt muss man eines zur Kenntnis nehmen. Es hat drei Ebenen gegeben, die an diesem Thema in den letz

ten Jahren gearbeitet haben. Das war erstens die Europäische Union. Die Europäische Union hat im Rahmen ihrer transeuropäischen Netze, ihrer Ausbauplanung diese Trasse und bestimmte Trassen als vorrangig notwendige Trassen definiert. Das kennen wir im Übrigen auch aus anderen Bereichen. Im Bereich des Straßenbaus, im Bereich zum Beispiel der Schienenanbindungen gibt es transeuropäische Netze, auf die wir angewiesen sind, weil nur - auch in den nächsten Jahren - über eine Koordinierung auf europäischer Ebene solche Dinge möglich sind. Ich gehe sogar einen Schritt weiter, damit Sie meine Position kennen. Wer in den nächsten Jahren den Ausbau der Erneuerbaren will, braucht eine stärkere Europäisierung der Planung der Infrastruktur und auch eine stärkere Europäisierung der Energiepolitik, weil wir ansonsten eines nicht erreichen werden, dass das, was Sie da im Munde führen, was ich gar nicht bestreite, dass wir in den nächsten Jahren einen Smart Grid in Europa brauchen, nur gehen wird, wenn wir endlich aufhören, bei solchen Infrastrukturinvestitionen in Kleinstaaterei zu denken. Dazu brauchen wir europäische Planungsprozesse. Genau dies findet bei diesem Projekt statt. Es ist Teil des europäischen Planungsprozesses.

Der zweite Planungsprozess, der stattgefunden hat, hat stattgefunden im Rahmen des sogenannten dena-Prozesses. Die Deutsche Energie-Agentur hat dort im Zusammenspiel mit anderen - man muss wissen, wer da gesessen hat, dort haben Energieexperten gesessen, dort haben die Ministerien gesessen, Wirtschaftsministerium, Umweltministerium, dort haben die Energieversorger gesessen, es haben Professoren dort gesessen - aufgrund der Ausbauplanung, die es nun gibt vonseiten der Bundesregierung, die dazu notwendige Netzinfrastruktur errechnet. Da hat man eines gesagt, es gibt bestimmte Projekte des sogenannten vorrangigen Bedarfs. Die sind definiert worden. Bei der Rechtsfrage, was haben wir gemacht, was einige vergessen haben, wir haben nichts anderes gemacht als das, was beim Verkehrsplanungsbeschleunigungsgesetz und bei der Bundesverkehrswegeplanung gang und gäbe ist. Bei der Bundesverkehrswegeplanung gibt es Ausbauprojekte vorrangigen Bedarfs. Gerade in Ostdeutschland hat das stattgefunden. Um die Infrastruktur entsprechend auszubauen, hat es ein Verkehrswegebeschleunigungsgesetz gegeben, das auf eines geachtet hat, dass es natürlich rechtliche Einspruchsmöglichkeiten gibt, aber dass wir nicht über mehrere Instanzen gehen müssen, damit es dann zu Ausbauverzögerungen in einem Umfang kommt, dass dies ökonomisch keinen Sinn mehr macht. Das findet hier statt. Das Verkehrswegebeschleunigungsgesetz hat niemand nach meinem Kenntnisstand infrage gestellt. Im Übrigen hat auch niemand geklagt. Dann ist dieses Gesetz oder was dort definiert worden ist, nach Abgleich mit dem Energiewirtschaftsgesetz in das Energieleitungs

ausbaugesetz eingeflossen. Jetzt haben vor allem folgende Akteure geprüft: Das Bundesinnenministerium, das Bundesjustizministerium, das Bundesumweltministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und am Ende hat sogar der Bundespräsident geprüft. Auch der Bundespräsident hat geprüft, ob es denn eine verfassungskonforme Gesetzgebung ist. Im Bundestag ist auch all dies erörtert worden. Im Übrigen kenne ich niemanden, der im Bundestag während der Anhörung zum Energieleitungsausbaugesetz auch nur die Frage, den Zweifel oder die Spekulation darüber geäußert hat, ob es sich hierbei um ein nicht rechtskonformes Gesetz handelt. Von daher fordern Sie uns zu etwas auf oder Sie stellen eine Frage, die im Übrigen von niemand anderem gestellt worden ist. Ich kenne keine Position, wo dies wirklich in Zweifel gezogen wird. Im Übrigen will ich auf eines hinweisen, liebe Frau Enders und liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es zu einer Verzögerung des Ausbaus kommt, könnte Deutschland mit einem Vertragsverletzungsverfahren konfrontiert sein. Ein Vertragsverletzungsverfahren hat Konsequenzen, nämlich dass pro Tag 1 Mio. €, wenn wir die Verzögerung zu verantworten hätten, gezahlt werden müssen.

Jetzt noch mal zur Frage: Gibt es eigentlich Alternativen und wo sind wir eigentlich im Verfahren? Zunächst einmal, ich unterstütze nachdrücklich alle Optionen, die eines versuchen, Temperatur-Monitoring, Hochtemperaturseile und Ähnliches einzusetzen. Selbst wenn man das hier machen würde - das ist auch errechnet worden und man würde es auf bestehenden Strecken tun -, hätte man einen Effizienzgewinn in der Größenordnung von 30 Prozent. Das ist auch völlig unstrittig, auch in der wissenschaftlichen Diskussion. Jetzt muss man eines zur Kenntnis nehmen: Das würde bedeuten, die Leitungsoptimierung könnte etwa bei den bestehenden Leitungen 2.000 MW aufnehmen. Was wir aber zukünftig brauchen, das sagt die Planung, wir brauchen 5.000 bis 10.000 MW an zusätzlichen Kapazitäten, die durchgeleitet werden müssen. Das ist die Realität. Das heißt, über eine Netzoptimierung allein können Sie diese zusätzlichen Kapazitäten nicht zur Verfügung stellen. Deswegen brauchen wir eine Infrastrukturantwort, die für folgende Frage zur Verfügung steht: Wie bringen wir auch Strom, auch Windstrom im Übrigen, von der Nordsee oder aus dem Norden in den Süden? Wie schaffen wir es, dass zusätzliche Kohlekapazitäten zur Verfügung stehen, die auch in den nächsten Jahren an den Markt kommen? Im Übrigen darf ich mir eine Reaktion auf die Linkspartei erlauben, ihr müsst mal konsistent über Kohlepolitik nachdenken. In Brandenburg habt ihr zusammen mit der SPD in der Landesregierung das genaue Gegenteil von dem beschlossen, was ihr heute im Hinblick auf die Kohlepolitik vertretet, weil dort die Kollegen und Kolleginnen von euch wissen, dass es ohne Koh

le nicht geht und für Brandenburg, was auch strukturpolitisch von erheblicher Bedeutung ist. Deswegen bitte ich um Klärung der eigenen Position und nicht hier so und da und dort so.

(Beifall CDU, SPD)

So kann man Politik aus meiner Sicht nicht machen. Das heißt, wir werden diese Kapazitäten brauchen, um den zusätzlichen Bedarf oder den zusätzlichen Ausbau im Bereich der erneuerbaren Energien, im Bereich der Kohle und auch im Bereich von Gaskraftwerken in die Netze zu integrieren. Das ist die Realität, mit der müssen wir uns auseinandersetzen.

Jetzt zum Verfahren: Auch da finde ich, wird fahrlässig argumentiert. Wir haben ein geordnetes Verfahren; das hat ein Raumordnungsverfahren, ein Planfeststellungsverfahren, das sich anschließt. Ein Teil der Strecke ist schon gebaut, ein Teil, da gibt es ein Planfeststellungsverfahren und ein dritter Teil, über den wir gerade diskutieren, da ist das Raumordnungsverfahren eröffnet. Im Rahmen dieses Raumöffnungsverfahrens gibt es zwei Varianten, die werden im weiteren Verfahren geprüft. Im Rahmen dieser zwei Varianten gibt es dann noch Untervarianten, zum Beispiel mache ich das übertägig oder mache ich es als Erdkabel oder wenn ich eine zweite Trasse nehme, welche unterschiedlichen Streckenführungen habe ich dort. Das wird alles im Rahmen des Raumordnungsverfahrens zu klären sein. Das werden wir auch klären. Dabei werden bestimmte Indikatoren auch zu berücksichtigen sein. Dabei werden zum Beispiel naturschutzfachliche und naturschutzrechtliche Fragen zu klären sein. Im Übrigen, das Energieleitungsausbaugesetz - um es auch klar zu sagen - ist naturschutzfachlich bewertet worden vom BfN. Das BfN hat auch bei Festlegung dieser Strecken keinerlei Bedenken formuliert, weil es eben Optionen im weiteren Verfahren gibt.

Deswegen bin ich auch an einer Stelle völlig offen und entspannt. Wir sollten im Rahmen des Raumordnungsverfahrens diskutieren, wie die beiden Alternativen in der engeren Streckenführung aussehen und wo können wir dort optimieren. Können wir zum Beispiel, was eine Option wäre, eine bestehende 220-kV-Trasse oder -Schneise zum Beispiel nutzen, damit es zu keinen weiteren Einschnitten in die Natur kommt.

Das sind alles Optionen, von denen ich glaube, dass wir sie prüfen sollten. Wir sollten eines auf keinen Fall machen: Wir sollten nicht so tun, als könne man das ins Belieben stellen.

Die letzte Bemerkung ist die folgende: Auch im Thüringer Interesse brauchen wir diese Leitung, weil in den nächsten Jahren, wenn wir einen verstärkten

Ausbau von Erneuerbaren haben, müssen wir auch Speicherkapazitäten einbinden. In Thüringen gibt es entsprechende Speicherkapazitäten. Deswegen wird die Leitung auch an dem entsprechenden Pumpspeicherwerk vorbeigeführt.

Allerletzte Bemerkung: Ich finde, wir sollten alle einen Beitrag zu einem leisten - Frau Enders, Sie auch und nicht mit Begriffen hantieren, die historisch unverantwortlich sind - zur Beruhigung der Debatte und den Menschen eines signalisieren, wir machen uns die Entscheidung nicht einfach, wir stellen uns auch der Diskussion. Ich stelle mich auch persönlich der Diskussion. Im Übrigen stellen sich auch andere der Diskussion im Rahmen des weiteren Verfahrens, das habe ich Ihnen am 11.11. auch mitgeteilt. Im weiteren Verfahren - deswegen will ich zitieren, was ich dort vorgelegt habe - heißt es nämlich: Zum Abschluss des Prozesses ist grundsätzlich eine Anhörung der Betroffenen im Rahmen eines oder mehrerer nicht öffentlicher Erörterungstermine geplant. In diesem Rahmen wird die Vorhabenträgerin auch die in oben genannten Gesprächen erzielten Kompromisse vorstellen, so weit da die Betroffenheit reduziert oder diesem abgeholfen wird. Das heißt auch, im Raumordnungsverfahren besteht die Möglichkeit für öffentliche Anhörungen. Ich finde, ich greife das ausdrücklich auf, ich unterstütze auch das, was der Fraktionsvorsitzende der SPD auf der genannten Podiumsveranstaltung angesprochen hat, auch hier im Ausschuss eine solche Diskussion zu führen. Akzeptanz schaffen wir nur dadurch, dass wir uns den Argumenten stellen, dass wir diesen Argumenten begegnen können, dass wir nicht so tun, als gäbe es nur einen Gutachter der Welt, der alles besser weiß als andere Gutachter, die zu gegenteiligen Stellungnahmen kommen.

Und letztens, dass nicht der Eindruck erweckt wird, es gäbe einige wenige Industriedinosaurier, die CDU und SPD heißen, während die anderen die Braven sind, die im Sinne der Ökologie nur auf eines achten, dass die Natur nicht zerstört wird. Ich sage Ihnen klar, ich bin Ökologe. Ich habe viele Jahre auf diesem Gebiet gearbeitet, lasse mich da auch von niemandem überbieten. Aber ich weiß am Ende des Tages auch eins, Strom kommt nicht aus der Steckdose, und das haben Sie auch noch zu lernen. Deswegen brauchen wir Infrastrukturen auch für den Ausbau von Energie. Wir brauchen Infrastruktur dafür, dass die Erneuerbaren in den nächsten Jahren eine Chance haben. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. Gibt es weiteren Redebedarf? Frau Abgeordnete Enders.

Also jetzt zum Letzten, Herr Minister, das war echt Schwachstrom,

(Beifall DIE LINKE)

das muss ich Ihnen jetzt mal ganz ehrlich sagen. Zum anderen möchte ich natürlich noch eines richtigstellen, und das möchte ich auch hier so nicht im Raum stehen lassen. Ja, ich habe in einem Interview von einem Ermächtigungsgesetz gesprochen,

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Das kann jeder machen, nur nicht Sie.)

ich habe dies aber nicht historisch gemeint, sondern ich habe es ganz einfach so gemeint, dass ich sage, es werden Energiekonzerne ermächtigt, ihre Vorhaben durchzusetzen. Das, Herr Minister, ist mit diesem Gesetz aber sehr wohl gegeben.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte auch auf ein paar weitere Aspekte noch mal eingehen. Sie stellen immer alles so dar, als wäre das alles gottgegeben, als brauchen wir diese Leitung, als brauchen wir die, um den Strom vom Norden in den Süden zu transportieren. Da muss ich Ihnen sagen, schauen Sie sich mal Gutachten an, schauen Sie sich auch mal ganz intensiv - ich verweise darauf noch mal - das Jarass-Gutachen an. Schauen Sie sich auch an, was Prof. Jarass in der Anhörung zum EnLAG im Deutschen Bundestag gesagt hat. Der hat nämlich ganz klar und deutlich gesagt: Diese 380-kV-Leitung, über die wir nämlich hier reden in Thüringen, wird für den Transport von Windstrom vom Norden nach dem Süden nicht gebraucht. Hier geht es nämlich um ganz andere Leitungskapazitäten, die wir benötigen würden, und die lassen sich mit einem normalen Drehstromnetz überhaupt nicht organisieren, überhaupt nicht transportieren, überhaupt nicht machen. Da müssen wir über ganz andere Netze reden, da müssen wir über ganz andere Dinge reden. Ich glaube, das ist auch mal eine Diskussion wert. Aber es hat mit dieser 380-kV-Leitung gar nichts, überhaupt nichts zu tun.

Dann noch etwas zur Kohle: Sie haben vorhin sehr deutlich und sehr klar gesagt, Sie sind für regenerative Energien. Das sind wir auch. Wir setzen auf dezentrale Lösungen und wir denken, dass das der richtige Weg ist, und wir denken, dass wir in Thüringen auch die entsprechenden Möglichkeiten, die entsprechenden Kapazitäten haben werden, um dieses Ziel umsetzen zu können.

Ich möchte eines noch mal zu der Anhörung sagen. Warum haben wir heute noch mal eine Anhörung oder einen Entschließungsantrag gebracht? Ja, Sie haben vorhin gesagt, es soll Anhörungen oder auch Erörterungstermine mit einzelnen Betroffenen geben. Das ist auch in der Anfrage, die ich gestellt habe, in Ihrer Antwort dazu gekommen, aber es ist nicht dazu gekommen, dass eine öffentliche Anhörung durchgeführt wird. Ich muss ganz ehrlich sagen, in bilateralen Gesprächen, in Einzelgesprächen und in Erörterungsterminen können wir die grundsätzliche Frage - und daran halten wir alle fest und die grundsätzliche Frage ist: Ist diese 380-kV-Leitung durch Thüringen nach Bayern notwendig? - nicht klären, nicht erörtern und nicht erläutern.

Ich möchte auch auf eines noch hinweisen: Dieses EnLAG hat ja diese 24 Großprojekte festgeschrieben durch die dena-Netzstudie, die als Grundlage dieses Gesetzes dient und die auch als Grundlage dafür dient, dass auch im europäischen Verbundnetz diese Leitungen mit aufgeführt worden sind. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Nicht stattgefunden - das betone ich noch mal - hat eine Kosten-Nutzen-Analyse.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Hat statt- gefunden.)

Nein, es liegen keine Daten vor. Es liegen keine Daten zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit vor. Das ist überhaupt nicht überprüft worden. Es sind keine Alternativen überprüft worden. Wie oft haben wir immer wieder angemahnt: Freileitungs-Monitoring, Hochtemperaturseile, andere Lösungen. Wir haben aufgezeigt entsprechend auch in Gutachten, in entsprechenden Lastflussanalysen, welche Leitungskapazitäten, Mehrkapazitäten kann man erreichen. Das alles findet überhaupt keine Berücksichtigung, auch in der denaStudie nicht. Die dena-II-Studie, die bis September 2010 rauskommen soll, beschäftigt sich dann vielleicht auch mal mit diesen Fragen. Auch dieses Gesetz schreibt die Planrechtfertigung, schreibt die Notwendigkeit dieser Leitung fest. Selbst wenn Sie sagen, es laufen Verfahren, Verwaltungsverfahren werden durchgeführt, jeder kann im Prinzip seine Einwendungen hier geltend machen. Die grundsätzliche Frage der Notwendigkeit wird nicht mehr geprüft, wenn dieses Gesetz so bleibt, wie es im Moment ist. Deshalb werden wir alles tun, um dieses Gesetz auszuhebeln. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Bundesgesetz durch das Bundesverfassungsgericht kassiert wird.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Enders. Es gibt eine weitere Redemeldung von Herrn Minister Machnig.

Frau Enders, so leicht will ich es Ihnen doch nicht machen. Wer in der Politik tätig ist, der muss auch seine Worte wägen. Wer das Wort „Ermächtigungsgesetz“ in den Mund nimmt, muss wissen, was er tut. Deswegen sage ich klipp und klar, in einem Rechtsstaat gibt es keine Ermächtigungsgesetze, sondern in einem Rechtsstaat gibt es Gesetze, die aufgrund von Beratungen, auch verfassungsrechtlichen Prüfungen zustande kommen. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht im Übrigen anders entscheiden würde, ist eine solche Qualifizierung falsch. Ich finde, das sollten Sie klarstellen.

Die zweite Bemerkung, die ich noch mal machen will, ist: Ich finde - und dazu bin ich auch bereit, ich will noch mal sagen -, dass wir uns wirklich sachlich, fachlich mit dem Thema auseinandersetzen. Aber das geht nicht auf der Grundlage, dass hier Behauptungen in den Raum gestellt werden und Einzelmeinungen von Wissenschaftlern dann zur endgültigen Wahrheit erklärt werden. Sie sind auf mein Argument - das ist immerhin ein zentrales - überhaupt nicht eingegangen. Mein zentrales Argument lautet: Die ganze Technologie Heißleiter-, Temperatur-Monitor bringt wahrscheinlich 30 Prozent mehr Kapazität. Ja, das ist die Wahrheit. Dann sage ich Ihnen, das wird aber für die nächsten Jahre und für die Durchläufe nicht reichen. Mit dieser Tatsache müssen wir uns auseinandersetzen.

Das Letzte ist - und dann will ich es auch damit bewenden lassen -, ich finde, Sie sagen an einer Stelle auch die Unwahrheit. Es ist nicht wahr, dass wir in den nächsten 10, 15, 20 oder 30 Jahren eine rein dezentrale Energieversorgung in Deutschland haben. Das ist unwahr oder Sie müssten in Thüringen so viele Windkraftwerke aufstellen, die Sie planungsrechtlich und auch unter Akzeptanzgesichtspunkten überhaupt nicht bauen können. Das ist die Realität, weil Photovoltaik wird zum Beispiel in der deutschen Energieversorgung vielleicht einmal irgendwann 10 bis 15 Prozent bei der Energieproduktion realisieren können, nicht mehr und nicht weniger. Das heißt, wir werden auf andere Formen angewiesen sein. Die Wahrheit ist, die Quadratur des Kreises Ausstieg aus der Kohle, Ausstieg aus der Kernenergie, die wird nicht funktionieren, weil Strom kommt dann am Ende doch nicht aus der Steckdose, sondern dafür brauchen wir Erzeugungskapazitäten.

Das Letzte ist, gerade weil ich weiß, dass wir „grüner Motor“ werden wollen, gerade weil ich den Anteil des hier in Thüringen produzierten Ökostroms erhöhen möchte, weil die Energiebilanz für Thüringen sieht deswegen gut aus, weil wir Importeur sind. Wir importieren Strom und Ökostrom, sonst sähe die Bilanz hier völlig anders aus. Wenn wir hier Kapazitäten in den nächsten Jahren aufbauen wollen und auch auf der Produktionsseite, dann wird sie nicht allein dafür stehen, dass sie hier im Land verbraucht wird. Dazu brauchen wir Export und wer Export will, ich bin dafür, der braucht entsprechende Leitungskapazitäten, damit das auch in die Bereiche weitergeleitet werden kann, wo Menschen wohnen, die Strom brauchen. Deswegen werden wir die Anhörung machen. Wir werden auch alle Argumente noch einmal hören. Aber ich bitte dann auch, sich mal auf eines einzulassen, dass wir dann aufbauend auf dem Raumordnungsverfahren, das wir auf den Weg gebracht haben, im Rahmen der beiden Trassenführungen danach suchen, was ist die beste, was die umweltverträglichste, was ist auch die menschenverträglichste Lösung, weil am Ende, davon bin ich überzeugt, werden wir die Trasse brauchen. Ich finde, Sie sollten den Menschen eines nicht zumuten, dass Sie sie gegen ein Projekt aufbringen, das Sie am Ende wahrscheinlich nicht verhindern werden können und das gesamtwirtschaftlich und gesamtenergiewirtschaftlich von Bedeutung ist. Das sollten Sie nicht tun. Deswegen lassen Sie uns die Debatte sachlich führen auf der Grundlage des Raumordnungsverfahrens, das jetzt auf den Weg gebracht worden ist. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Gibt es weitere Redebeiträge?

(Unruhe CDU)

Moment, Herr Abgeordneter Adams, die Frau Abgeordnete Enders war etwas schneller in ihrer Wortmeldung. Frau Abgeordnete Enders, möchten Sie den Vortritt geben?

(Zuruf Abg. Enders, DIE LINKE: Ja, bitte.)

Herr Adams, bitte.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Minister - es wird auch ganz schnell gehen -, ich glaube, wir sollten

einmal eine Zielmarge feststellen. Das heißt, in Thüringen kommt in Zukunft der Strom vom Dach oder vom Hügel nebenan, wo die Windkraft sich dreht, und nicht mehr aus der Steckdose, dann haben wir dezentrale Sachen. Sie hören, wie Ihr Koalitionspartner schon wieder diese Zielvorstellung von Ihnen ablehnt.

(Unruhe CDU)

Ich glaube, Herr Machnig, mir ist das ganz wichtig, Sie haben auf Reflektiertheit abgestellt. Das will ich auch wirklich hier noch mal aufnehmen in einem ganz kurzen Beitrag. Ich glaube, wenn Sie einen Gegensatz aufbauen zwischen meiner gemutmaßten - und Sie mutmaßen da richtig - Unterstützung für OffshoreAnlagen und meinem Kampf gegen diese 380-kVLeitung. Ich sage Ihnen ganz deutlich, diese Offshore-Anlagen sind die dezentrale Energieversorgung für den Norden Deutschlands. Das Problem ist einfach nur, dass wir das nicht schaffen bei diesen 30 Prozent Steigerung, die Sie ja selbst sagen. Die 30 Prozent Steigerung der Leitungskapazität durch andere Technologien als diese Leitung plus Atomausstieg plus Energieeffizienzsteigerung wird Deutschland versorgen. Es kann sein, dass Sie das nicht so sehen wollen, weil Sie da eine andere Prozentrechnung aufmachen, aber ich glaube, dass wir darüber diskutieren können, und ich glaube, dass es Sinn macht, an diesem energiepolitischen Konzept zu arbeiten. Diese 380-kV-Leitung steht dem eher im Wege. Das ist meine Meinung und die möchte ich hier auch gern deutlich machen. Ich freue mich sehr auf die inhaltliche Debatte in den Ausschüssen, in den Anhörungen mit vielen Fachleuten, da werden wir dann noch viel mehr ins Detail gehen können. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Gibt es weiteren Redebedarf? Frau Abgeordnete Enders, bitte.

Ich mache es ganz kurz.

(Beifall FDP)

Herr Minister, ich möchte Ihnen - danke für den Applaus - trotzdem noch ein paar Worte sagen. Wissen Sie, ich sehe die Energiepolitik anders als Sie und ich habe auch noch, das sage ich auch, Zukunftsvisionen und ich glaube auch gerade an diese dezentralen Energieversorgungsstrukturen. Ich glaube, wenn ich mir anschaue, was in den Städten und