sondern zum „schärfsten“ Mittel gegriffen haben, was wir parlamentarisch haben - die Aktuelle Stunde. Da frage ich mich natürlich, was ist so aktuell an der Aktuellen Stunde. Solange ich in diesem Landtag bin - das ist seit 2004 - wird jedes Jahr mehrfach thematisiert Niedriglohn, prekäre Beschäftigung, Einsatz für Mindestlohn. Da ist es eben wirklich so - das können Sie auch nachlesen, haben Sie sicher auch schon gemacht -, dass aus den Reihen der CDU immer das ganz klare Stopp und Halt und viel mehr gekommen ist. Aber vielleicht ist das Aktuelle ja daran gekoppelt, dass 70 Prozent der Befragten in der Bundesrepublik - das ist nachweislich - sich für gute Löhne, für faire Löhne, für Mindestlohn einsetzen oder dass jetzt die 34. Tagung der CDA gewesen ist, die Bundestagung, Überschrift „Sozial gerecht - Arbeit in Würde, altern in Würde“ und dort auch ein allgemeiner Mindestlohn beschlossen wurde. Allerdings - ich darf zitieren - steht in dem Beschluss: „Dabei ist es unser Ziel, spätestens in fünf Jahren - ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung - zu einer für Ost und West einheitlichen Höhe zu kommen. Denn auch mit Blick auf die neuen und die alten Bundesländer gilt unsere Forderung: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“ Sehr schön, aber nicht erst in fünf Jahren, sondern gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss hier und heute und überall und an jedem Ort gelten,
zwischen Frauen und Männern, zwischen Ost und West und auch zwischen Menschen, die hier zu Hause sind, die hier geboren sind, und ausländischen Menschen, die zu uns kommen.
Oder Sie sagen aktuell, weil eine ganze Reihe Experten - gerade was die gegenwärtige Entwicklung angeht - darauf aufmerksam machen, dass die Arbeitnehmer ja bislang kaum von der guten Konjunktur profitieren konnten. Das DIW hat dort erklärt, dass die Inflationsrate von 2,4 bis 3 Prozent da ist und dass Lohnzuwächse durch die Inflationsrate wieder aufgefressen werden; also es wird zu einem
Reallohnverlust kommen, wenn wir nicht aufpassen. Ich glaube, dem muss entgegengesteuert werden. Das müssen wir einerseits der Wirtschaft sagen - selbstverständlich den Tarifpartnern -, aber Politik muss eben auch Rahmenbedingungen setzen, damit es Realität werden kann. Eines muss man auch noch einmal sagen: Dort, wo Tariflöhne existieren, ist eben die Lohndifferenz zwischen Ost und West nur gering; da ist der Ostlohn 96,1 Prozent vom Westlohn, während die Bruttolöhne im Westen eben immer noch 30 Prozent höher liegen. Da ist die Differenz zwischen Ost und West in Gänze noch sehr, sehr groß. Das ist unverständlich. Die Ursache ist genannt, das liegt an der geringen Tarifbindung.
Zu Herrn Mohring möchte ich noch einen Satz sagen, der das Ganze noch gleich verbinden will mit der Rentenangleichung Ost und West. Das sage ich Herrn Mohring - wenn er denn da wäre, so muss er es eben irgendwo hören -, das ist natürlich ein ganz langer Weg. Wir haben uns auf ganz was anderes einzustellen, nämlich auf Altersarmut. Das muss ich ganz klar sagen. Wer hier in prekärer Beschäftigung tätig ist, wer hier nur so wenig verdient - und wir haben jetzt gerade die Zahlen der Aufstocker noch einmal wahrnehmen können aus den Medien -, der wird keine gute Rente bekommen und die Rentenangleichung zwischen Ost und West wird ein sehr, sehr langer Weg sein. Deswegen müssen sie Ernst machen. Politik muss Rahmenbedingungen setzen. Wir brauchen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Wir müssen prekäre Beschäftigung eindämmen und wir müssen dafür sorgen, dass Tariflöhne gezahlt werden, dass Gewerkschaften gestärkt werden, damit auch starke Verhandlungspartner da sind, und wir müssen dafür sorgen, dass von der Konjunktur die Menschen auch partizipieren, die die Werte schaffen. Wir, das kann ich Ihnen versprechen, werden demnächst noch einmal einen entsprechenden Antrag dazu einreichen und dann können Sie sich auch verhalten. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Moment in der Bundesrepublik eine Lohnquote, die liegt bei 64 Prozent. Diese Lohnquote ist ein historisches Tief, dies hatten wir auch in den 20 Jahren nach der Wiedervereinigung nicht. Der eine oder andere wird wissen, dass es darum immer mal Debatten gab. Wir haben schon mal gehört, 70 Prozent ist der niedrigste
Stand. Wir liegen im Moment bei 64 Prozent Lohnquote. Insofern bin ich sehr dankbar für das, was Gustl Bergemann für die CDU-Fraktion gesagt hat und natürlich auch für die Aktuelle Stunde. Wir haben, glaube ich, bei der nächsten Aktuellen Stunde eine, die ist umschrieben von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder betitelt „Wer A sagt, muss auch B sagen“. „Wer A sagt, muss auch B sagen“ gilt natürlich nicht nur für die Energiewende, sondern „Wer A sagt, muss auch B sagen“ gilt auch für die Entwicklung der Löhne in Thüringen.
An einer Stelle will ich Gustl Bergemann dann doch widersprechen, der in einem Nebensatz gesagt hat, das, was man mit Niedriglöhnen verbunden hat in den letzten Jahren, hatte seine Berechtigung. Ich glaube, Kollege Bergemann, das hatte so in dieser Form nie seine Berechtigung. Das hatte seine Berechtigung in bestimmten Stufen, bestimmte Angleichungsschritte vorzunehmen in den 90er-Jahren. Wir kennen das beide aus sehr praktischer Erfahrung. Aber die Definition Thüringens als Niedriglohngebiet hatte so in seiner Form nie die Berechtigung.
Die Kollegin Leukefeld hat gesagt, wir müssen dafür sorgen, dass wir gleichen Lohn für gleiche Arbeit bekommen; wir müssen dafür sorgen, dass wir in der Zielsetzung, für gute Arbeit auch gute Löhne zu zahlen, vorankommen. Ich will das auch alles unterstützen. Ich will nur trotzdem versuchen, noch einmal ein etwas differenzierteres Bild aufzuzeigen, wo wir uns eigentlich bewegen. Wir haben auf der einen Seite natürlich die unterschiedlichen Branchen, Branchenstrukturen mit unterschiedlichen tarifvertraglichen Regelungen. Wir haben zum Zweiten das Thema der Leiharbeit mit unterschiedlichen Entgeltstrukturen zwischen den in Leiharbeit und den in Stammarbeit Beschäftigten. Wir haben 270.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Thüringen, also ein Drittel aller Beschäftigten, die ein Entgelt unter 8,50 € bekommen. Wir haben eine Vielzahl von nicht tarifgebundenen Betrieben. Gleichzeitig haben wir innerhalb der Tariflandschaft eine Vielzahl von einzelnen Tarifstrukturen, allgemein verbindliche Tarifverträge, Anerkennungstarifverträge, Haustarifverträge, Ergänzungstarifverträge, Überleitungstarifverträge, Sanierungstarifverträge und viele andere Dinge mehr. Warum sage ich das? Weil ich damit deutlich machen will, auch im Vorgriff auf das, was möglicherweise die Kollegen der FDP dazu zu sagen haben, dass wir eine sehr differenzierte Tariflandschaft haben und keineswegs ein einheitliches starres Tarifvertragssystem, wo sich alle Unternehmer irgendwie eingepresst fühlen müssen. Nein, wir haben bereits heute eine sehr differenzierte Landschaft, die es uns ermög
licht, auf dem Weg „Guter Lohn für gute Arbeit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in der Tat voranzukommen.
Die entscheidende Frage ist: Was können wir eigentlich tun? Ich will zum Abschluss zwei, drei Aspekte aufzeigen. Wir alle wissen, das haben wir auch mehrfach hier im Hohen Hause diskutiert, dass die Regierung in Umsetzung des Koalitionsvertrages die konzertierte Aktion auf den Weg gebracht hat. Da geht es natürlich genau um den Appell an die Tarifvertragsparteien und auch den damit verbundenen Versuch, gemeinsam konkrete Schritte zu mehr Tarifbindung zu vereinbaren. Zum Zweiten, auch das gehört natürlich zur Wahrheit, müssen wir die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft gestalten, das heißt, im Hinblick auf Produktivitätsfragen, aber auch auf Effizienzfragen, um Spielräume für die entsprechenden Tarifangleichungen zu bekommen. Wir müssen die Tarifverträgestrukturen im Lande stärken, das bedeutet Stärkung der Gewerkschaften beispielsweise durch eine Stärkung der Mitbestimmungsrechte im Betriebsverfassungsrecht. Wir könnten die Arbeitgeberverbände im Lande auffordern, ihre OT-Strukturen aufzulösen, die sie vor vielen Jahren gebildet haben und die kontraproduktiv zu den tarifvertraglichen Strukturen wirken. Wir könnten auch konkret überlegen, wie wir Allgemeinverbindlichkeitserklärungen für die Tarifverträge erleichtern. Ich will abschließend einen Vorschlag machen, bei dem ich mir sicher bin, dass die regierungstragenden Fraktionen das mittragen. Meine Fraktion würde hierzu auch gern die Initiative aufgreifen, ich hoffe auch, dass alle anderen Fraktionen sich dem anschließen, nämlich einen gemeinsamen fraktionsübergreifenden öffentlichen Aufruf an alle Thüringer Unternehmen, Arbeitgeberverbände, auch die Gewerkschaften zu starten und durchzuführen, mit dem Ziel, die Tarifbindung zu stärken und damit auf dem Weg „Guter Lohn für gute Arbeit“ tatsächlich und praktisch ein Stück voranzukommen. Herzlichen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Gäste. "Guter Lohn für gute Arbeit Differenzierung nach Ost- und West-Tariflöhnen beenden"
ein interessantes Thema, ein Thema, wo Herr Kuschel nicht Nein sagt, ich nicht Nein sage, sicherlich keiner im Hohen Haus Nein sagen würde.
Ich denke, jeder im Hohen Haus kann hier zustimmen, allerdings, Herr Bergemann hat es gesagt, letztlich verantwortlich bleiben die Tarifparteien.
Ich denke, auch dieses Hohe Haus will nicht die Axt an unser Grundgesetz und an die Tarifhoheit, die dort festgeschrieben ist, setzen; ich denke, auch Herr Lemb nicht. Denn da ist sicherlich auch ein Grundpfeiler der wirtschaftlichen Prosperität der Republik in den letzten 60 Jahren gelegt worden.
Insofern, lieber Herr Bergemann und liebe CDUFraktion, ist es kaum ein Thema für den Thüringer Landtag. Es ist und bleibt ein Thema für die Tarifparteien.
Es bleibt sicherlich ein Thema auch für wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die wir politisch befördern können, um nun mal den Grundsatz, dass letztlich Produktivität Lohn ermöglicht und damit auch Lohn zahlt, gesteigert werden kann.
Da gibt es ja durchaus Ansätze innerhalb der Wirtschaftspolitik, dass wir hier den Hidden Champion suchen, dass wir Wertschöpfungsketten ermöglichen wollen, die höhere, tiefere Wertschöpfung ermöglichen und damit den Produktivitätsnachteil von Ost zurzeit zu West aufholen.
Wir haben Branchen in Thüringen, die Löhne zahlen, die sich im Westen nicht verstecken brauchen, die teilweise sogar über den westdeutschen Tariflöhnen liegen, und hier ist die Crux. Wir können nicht mehr nach Ost-West, nach Thüringen-Sachsen, nach Thüringen-Hessen unterscheiden, sondern wir müssen sehr genau nach Branchen unterscheiden und eben Branchen fördern, ansiedeln und ermutigen, hier tätig zu werden, die andere Wertschöpfungsketten ermöglichen. Genauso müssen wir aufhören, Branchen zu fördern, die weniger Wertschöpfung ermöglichen, um zu sagen, wir konzentrieren uns auf zukunftsfähige, zukunftswillige Investitionen und auch Institutionen und Unternehmen.
Aber, meine Damen und Herren, zur Landespolitik, liebe CDU, aktuelle Themen habe ich genug und die sollten wir hier vielleicht diskutieren, die wirklich aktuell sind: Schulordnung, Reorganisation der Verwaltung, Ausschreibungen im Innenministerium, Energiepolitik, Energiesicherheit, Hochschulpolitik
und deren Finanzierung, Haushaltspolitik, Schuldenbremse, Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Bürgerrechte, Fachkräftemangel, Rechte von Asylbewerbern, Rasselisten in Hundegesetzen. Ich kann das ewig so fortsetzen und ende damit, ob wir denn auch die Spaßbäderlandschaft wieder verstärken wollen oder ob Multifunktionsarenen sinnvollerweise die Spaßbäder des nächsten Jahrzehnts werden.
wir werden sie weiter beantragen, wir werden sie hier zum Thema machen, damit wir Themen setzen und nicht andere Themen setzen lassen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kemmerich, ich glaube, die Überschrift der Aktuellen Stunde gerade lautete „Guter Lohn für gute Arbeit - Differenzierung nach Ostund West-Tariflöhnen beenden“. Ich weiß nicht genau, wozu Sie geredet haben, aber zu dem Thema jedenfalls am allerwenigsten.
Vielleicht war das auch so etwas wie die erste alternative Regierungserklärung, die Sie gern in drei Jahren halten wollen. Ich weiß es nicht. Es ging um alles Mögliche, jedenfalls nicht zum Thema.
Herr Bergemann, ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar für das Thema, weil die CDU, das sieht man an dieser Stelle immer wieder, fähig ist, einen zu überraschen, die FDP überhaupt nicht.