Frau Marx, ich hätte zwei Fragen an Sie, einmal ob Sie bereit wären, auch weil wir heute viele Zuschauer und Zuschauerinnen haben, eine Richtigstellung vorzunehmen. Sie sagten eben, Anzuhörende würden den Steuerzahler Geld kosten. Mir ist nicht bekannt, dass es für schriftliche oder mündliche Stellungnahmen im Rahmen der Fachausschussanhörung Honorare gibt. Daher würde ich Sie bitten, einfach das richtigzustellen, dass dadurch natürlich, wenn Anzuhörende Stellungnahmen an Ausschüsse übersenden, keine Kosten für den Steuerzahler entstehen.
Ja, Reisekosten, bei mündlicher Anhörung. Wir hätten ja, denke ich einmal, höchstens von Ihnen eine schriftliche zugestanden bekommen.
Aber wir haben ja noch nicht einmal die Innenausschuss-Sitzung bekommen. Dann würde ich Sie fragen, das wäre die zweite Frage. Also erste Frage bitte, ob Sie zu einer Richtigstellung hinsichtlich der Kosten bei einer Anhörung bereit sind.
Zeit ist Geld, okay - na ja. Dann wollte ich Sie fragen, ob Sie den Gesetzentwurf Ihrer Fraktion aus der letzten Legislatur kennen zum Informationsfreiheitsgesetz - Drucksache 4/3326 -. Auch dort wird die Frage der Rechte persönlicher Belange geregelt. Dort ist vorgesehen - und da bitte ich Sie um eine Bewertung -, dass persönliche Informationen aussortiert werden sollen durch die Behörden, also je nachdem, ist es persönlich oder allgemein. Dann gibt es in § 12 eine Regelung: Soweit und solange eine Aussonderung nicht möglich ist, besteht Anspruch auf Auskunftserteilung. Das ist für mich ja noch viel weitgehender als unsere Regelung. Das heißt, wenn eine Behörde sagt, das ist mir zu aufwendig, die persönlichen Daten herauszusortieren, dann bekommt der Antragsteller alle Daten.
Genau. Sie werfen uns vor, wir würden die persönlichen Belange nicht schützen. Ich sehe Ihren Gesetzentwurf vor Augen und frage: Kennen Sie ihn und wie stehen Sie zu dieser Regelung, verwerfen Sie diese heute auch?
Also, das ist nicht mein Gesetzentwurf, weil ich damals nicht zugegen war. Ich müsste mir es dann insgesamt ansehen. Aber in der Tat würde ich es für nicht rechtmäßig halten, zu sagen, dass es am Arbeitsaufwand der Behörde scheitert, ob Persönlichkeitsrechte preisgegeben werden oder nicht. Das würde ich dann nicht in Ordnung finden.
Diese Regelung, also ich kenne den Gesetzentwurf als Ganzen jetzt nicht. Ich war damals nicht beteiligt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne, der Gesetzentwurf liegt uns heute nun erneut vor und schneller, als sicherlich der eine oder andere gedacht hat. Trotz der inhaltlichen Mängel bin ich der Auffassung, dass man den Entwurf im Ausschuss hätte diskutieren sollen und können. Dies ist an den Fraktionen von Union und SPD gescheitert.
Herr Kollege Adams, so sehr mich Ihre Zuwendung vorhin nahezu begeistert hat, noch mehr hätte sie mich begeistert, wenn Sie bei der Wahrheit geblieben wären. Wir haben die Überweisung des Antrags an den Ausschuss beantragt
Doch, zumindest haben Sie den Anschein erweckt. Es ist jetzt auch egal. Es ist hier an dieser Stelle klargestellt und es langt.
Das Vorgehen, wie mit dem Gesetzentwurf verfahren wird, das verwundert mich schon etwas und ich will Ihnen auch sagen warum. Wir befinden uns hier alle mehr oder weniger in einem ständigen Lernprozess und am Freitag im Innenausschuss konnten wir auch wieder etwas dazulernen, denn eigentlich schieben die Koalitionsfraktionen Gesetzentwürfe der Opposition am liebsten so lange vor sich her, bis irgendwann ein eigener Gesetzentwurf vorliegt. Was dann mit dem der Opposition passiert, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Da die Landesregierung auch eine Novellierung des Informationsfreiheitsgesetzes plant, wäre das eigentlich eine erwartete Umgangsweise und konsequent gewesen, so wie bei den anderen Gesetzentwürfen auch immer wieder verfahren worden ist.
Meine Damen und Herren, der Entwurf der LINKEN hat aus unserer Sicht erhebliche Defizite, das habe ich bereits in der ersten Lesung gesagt. Er geht in bestimmten Passagen einfach zu weit, vor allem wenn es um sensible personenbezogene Daten und Rechte Dritter geht.
Im Einzelnen will ich aber gar nicht weiter darauf eingehen, da ich dieses Problem bereits in der ersten Lesung ausgiebig und hinreichend erläutert habe. Ich will nur eines dazu sagen, Frau Kollegin Renner, da Sie vorhin so ein bisschen mit kulinarischen Vokabeln operiert haben, wenn also von der Landesregierung etwas Halbgares zu erwarten ist, war Ihr Entwurf an dieser Stelle schlicht und einfach noch unreif.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin jetzt schlicht und einfach gespannt auf den Entwurf der Landesregierung. Mal sehen, was wir uns dort versprechen dürfen, was wir darin sehen und lesen dürfen und ich hoffe, dass dieser rechtlich ausgewogen ist. Wir werden sehen, Kollege Kellner, ob das Versprechen der etwas langsameren Arbeitsweise dann tatsächlich die Qualität bringt, die Sie angekündigt haben. Ich hoffe es. Denn bei dem einen oder anderen Gesetz wurde das auch versprochen und aus meiner Sicht bislang bestenfalls nur bedingt gehalten. Ich sage aber auch an dieser Stelle noch einmal eindeutig, ich finde den Gesetzentwurf, der vorliegt, trotz aller Mängel nach wie vor diskussionswürdig und wir werden uns auch heute einer Überweisung an den Ausschuss nicht verweigern. Ich bedanke mich, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Mir liegen zwei weitere Wortmeldungen vor. Als Erster hat das Wort Herr Abgeordneter Kuschel von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausführungen von Herrn Kellner haben mich veranlasst, hier noch einmal eine Erwiderung vorzunehmen, weil ich davon überzeugt bin, Herr Kellner, dass Sie weitestgehend die Realitäten in Thüringen in Ihrer Rede ausgeblendet haben.
Das ist keine neue Erkenntnis, aber sie war hier besonders massiv und ich möchte Sie auf zwei Problemkreise hinweisen, die unmittelbar auch mit dem Informationsfreiheitsgesetz zusammenhängen und die Sie als Kommunalpolitiker eigentlich kennen müssten.
Das ist zunächst das Informationsrecht von Gemeinderatsmitgliedern, Kreistagsmitgliedern. Wir haben aus meiner Sicht in Thüringen einen doch sehr merkwürdigen, manche sagen auch skandalösen Zustand, dass das einzelne Gemeinderatsmitglied gegenüber seiner Verwaltung kein umfassendes Informations- und Auskunftsrecht hat, sondern
dieses Recht nur dem Gemeinderat als Kollegialorgan zusteht und einer sogenannten qualifizierten Minderheit, nämlich 25 Prozent der Gemeinderäte, der Kreistagsmitglieder muss eine Auskunft verlangen, erst dann ist der Bürgermeister/Landrat verpflichtet, diese zu erteilen. Jetzt müssen Sie sich mal in die Situation einzelner Gemeinderäte hineinversetzen. Die sollen Beschlüsse fassen, es soll ein Wechselverhältnis zwischen Verwaltung und Vertretung zustande kommen, aber sie haben nicht einmal ein Informationsrecht. Hier den Eindruck zu vermitteln, in Thüringen wäre alles in Ordnung, ist aus meiner Sicht ein Ausblenden der Realitäten.
Ein zweites Beispiel: Was noch viel flächendeckender wirkt, ist die Informationspflicht in § 13 Thüringer Kommunalabgabengesetz, die ist 1995 in das Gesetz aufgenommen worden. Damit ist der Eindruck vermittelt worden, dass vor Investitionsbeginn beim Straßenbau, bei Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen die Betroffenen, die das anteilig alles bezahlen müssen, beteiligt werden, dass ihnen die Unterlagen zugänglich gemacht werden, dass sie Anregungen vorbringen können, dass diese abgewogen werden - und das alles vor Investitionsbeginn. Was haben Sie - die CDU trägt ja seit 1990 hier die Verantwortung, manchmal allein, manchmal mit einem Koalitionspartner - in das Gesetz hineingeschrieben? Dass diese Informationspflicht nur eine sogenannte ordnungspolitische Funktion hat. Für die Zuhörer: ordnungspolitische Funktion heißt, die Missachtung dieses Informationsanspruchs stellt zwar einen Gesetzesverstoß dar, führt aber zu keinen Rechtsfolgen. Die kommunale Praxis erleben wir, nämlich dass eine Vielzahl von Kommunen und vor allem von Zweckverbänden entweder diese Informationspflicht ganz formal machen oder überhaupt nicht. Der Bürger ist völlig hilflos. Ich habe immer mal formuliert und das kann sicherlich der Innenminister nachvollziehen, weil er gestandener Jurist ist, das wäre genauso, wenn Sie in der Straßenverkehrsordnung schreiben, innerhalb von Ortschaften darf nur 50 km/h gefahren werden; wir machen Geschwindigkeitskontrollen; am Ortsausgangsschild steht ein freundlicher Polizist aus Ihrem Ministerium und sagt, lieber Kraftfahrer, Sie sind 70 gefahren; Sie haben einen Gesetzesverstoß begangen; ich wünsche Ihnen aber eine gute Weiterfahrt.
Was wäre denn innerhalb von zwei Tagen in diesem Land los? Keiner würde sich mehr an die gesetzliche Vorgabe von 50 km/h halten. Das heißt, wenn wir schon in das Gesetz bestimmte Pflichten, zum Beispiel die Informationspflichten, hineinschreiben, dann müssen wir sie beschweren mit Rechtsfolgen. Wenn wir das nicht tun, tragen wir
die Hauptverantwortung, dass Bürger nicht informiert sind. Herr Kellner, auch das ist ein Beleg dafür, dass sich Bürger in Thüringen gerade auf kommunaler Ebene nicht ausreichend informiert fühlen. Übrigens ist die Nichtinformation der Bürger eine der Hauptursachen für Auseinandersetzungen innerhalb der Kommune. Dort, wo Bürger ausreichend informiert sind - das sind meine Erfahrungen -, haben sie durchaus Verständnis für Entscheidungen. Wenn sie aber das Gefühl haben, dass sie nicht informiert sind, nicht einbezogen werden, dann beginnen die entsprechenden Probleme.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! An die Adresse von Frau Marx: Ich habe immer gesagt, Juristen haben das Problem, dass sie das ganze Leben in Loseblattsammlungen zusammenfassen wollen. Alles, was nicht in der Loseblattsammlung enthalten ist, ist für Juristen nicht greifbar. Ich bin froh, dass das Leben vielfältiger ist und sich nicht nur in Loseblattsammlungen findet, weil dann manche Juristen früh beim Aufstehen, beim Frühstück machen, bei der Morgentoilette Probleme hätten, denn das ist ja alles nicht in Loseblattsammlungen geregelt. Ich kann mir das vorstellen: Frau Marx sitzt früh am Frühstückstisch und blättert und dann findet sie nichts. Das bringt Probleme.
Wir sollten uns zunächst erst einmal verständigen und das hat mir gefehlt -, welchen politischen Willen Sie haben, welche Zielrichtung. Dort, wo ein politischer Wille ist, findet man immer auch eine juristische Formulierung. Aber wenn Sie sich schon auf die juristische Auseinandersetzung einlassen und wir hier bedauerlicherweise eine Ausschuss-Sitzung nachvollziehen müssen, weil Sie sich verweigert haben, das im Ausschuss zu machen, dann müssen Sie schon konkret bleiben, weil Sie sonst einen falschen Eindruck vermitteln. Ich schätze Sie als eine korrekte Kollegin und insofern will ich auf zwei Dinge hinweisen, wo Sie entweder unseren Gesetzentwurf falsch interpretiert haben oder wo Sie für die Öffentlichkeit einen anderen Eindruck vermitteln wollten. Auf einen Aspekt ist Frau Renner schon kurz eingegangen in ihrer Zwischenfrage. Sie müssen natürlich beantworten, selbst wenn Sie nicht dabei waren in der 4. Legislaturperiode, warum die SPD in ihrem Gesetzentwurf bei der Güterabwägung zwischen den persönlichen Datenschutzinteressen und dem Interesse auf Informationszugang nicht mal den Versuch gestartet hat, eine Abwägung vorzunehmen oder einen Stufenplan, sondern einfach gesagt hat, die Behörde entscheidet subjektiv, was sie herausgibt oder nicht, während unsere Fraktion sich zumindest die Mühe gemacht hat, über einen Stufenplan eine solche Güterabwägung vorzunehmen. Das müssen Sie zumindest anerkennen. Ich nehme zunächst zur
Kenntnis, dass das nicht wieder in einen künftigen Entwurf reinkommt, was damals die SPD in ihrem Gesetzentwurf drin hatte. Da gestehe ich ja zu, dass man sich irren kann. Damit haben wir ja auch Erfahrungen. Deswegen ist es gut, dass es so dargestellt wird, aber Sie müssen natürlich Verständnis haben, wenn eine Regierungsfraktion vor gar nicht allzu langer Zeit ein viel unausgewogeneres Verfahren der Abwägung vorgetragen hat, dass dann Ihre Kritik gegenüber unserem Gesetzentwurf nicht ganz glaubwürdig ist.
Ein zweiter Aspekt, dort haben Sie auf den § 4 abgestellt und haben gesagt, wenn die Vorgänge noch nicht abgeschlossen sind, dann könnten Notizen herausgegeben werden. Da bitte ich Sie wirklich nochmals, sich damit zu beschäftigen. Wir haben bewusst geregelt, dass bei nicht abgeschlossenen Vorgängen eben kein Informationszugang vom Grundsatz her besteht, außer für die flankierenden Dokumente, die in diesem noch nicht abgeschlossenen Vorgang vorzufinden sind, wie z.B. ein Gutachten. Das betrifft aber nicht Vorentwürfe oder Notizen zu diesen Gutachten. Sie haben aber gesagt, wir wollen angeblich schon Vorentwürfe oder Notizen hier dem Informationsfreiheitsgesetz unterwerfen. Das ist also nicht richtig.