Protocol of the Session on April 14, 2011

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hätten doch jederzeit … Eigentlich müssten Sie die Diskussion im Ausschuss doch gar nicht fürchten, aber Sie fürchten sie. Es ist die bedauerliche Situation eingetreten, dass die Koalitionsfraktionen sich einer qualifizierten Diskussion, so wie wir sie im Ausschuss führen können, mit den Fachleuten, mit Anzuhörenden verweigert haben. Sie verweigern sich der Diskussion.

(Abg. Kellner)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nicht nur hier.)

Die schmalen Argumente dagegen beweisen nur eines, dieses Gesetz wäre es wert gewesen, diskutiert zu werden. Dieses Gesetz wäre es wert gewesen, Änderungsvorschläge zu machen. Das haben Sie verhindert. Warum? Ich frage Sie, warum haben Sie das verhindert?

Ich wende mich den Kollegen der FDP zu. Bei der ganzen Unterschiedlichkeit des Pro und Kontra, das wir ja geäußert haben, als andere Oppositionsparteien zu dem Gesetzentwurf der LINKEN, wie kommen wir in der richtig von Ihnen angesprochenen Diskussion um mehr Bürokratie und bei erhöhtem Auskunftswunsch da hin, hier einen Ausgleich zu schaffen? Das ist doch ganz klar, wenn mehr Bürger fragen, bedeutet das in der Verwaltung mehr Arbeit, mehr Transparenz, mehr Dokumentation. Wie lösen wir solche Fragen auf, um ein Stück weiterzukommen, den Bürgern mehr Transparenz zu bieten? Das wäre es wert gewesen zu diskutieren. Aber die CDU hat sich verweigert, Sie haben weiterhin blockiert, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Wie wollen wir denn in diesen Schutzpflichten der Dritten weiterkommen, wenn wir immer wieder in der Gefahr sind, dass mit dem Verweis auf Daten Dritter jedwedes Auskunftsrecht verweigert wird. Wir müssen doch hier schaffen, genau das, was Kollegin Marx zu Recht angestoßen hat, die Diskussion, wie wägen wir ab, vorwärtszukommen, und nicht wie Sie zu sagen, es gibt keine Abwägung. Wir dürfen nicht abwägen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Kollegin Renner hat es doch zu Recht deutlich gemacht, wie schmal das Argument ist, das Sie da haben. Beim Zensus wurde gesagt, der Staat muss wissen, natürlich muss er manchmal auch wissen. Da wurde das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger zurückgewogen. So muss es auch eine Debatte um die Frage der Rechte Dritter bei Auskunftsrecht einzelner Betroffener geben. Sie blockieren das. Wir wollen die Diskussion gern qualifiziert führen. Vielleicht wären wir in der Diskussion im Ausschuss auch dazu gekommen, dass wir gar kein Gesetz brauchen. Das würde ich als eine Möglichkeit sehen, dass wir kein Gesetz brauchen, sondern dass wir ein Projekt brauchen, das unseren Bürgern Mut macht, Fragen zu stellen und damit uns als Staat auffordert, Informationen zu teilen, weil wir dann mehr Mitbestimmung, mehr Transparenz bekommen. Das wäre ein gutes Anliegen gewesen, auch das wäre eine mögliche Folge der De

batte im Ausschuss gewesen. Aber Sie sagen einfach Nein. Die CDU ist wieder die Neinsagerpartei und damit kommt dieses Land nicht vorwärts.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie müssen es begreifen, Sie dürfen nicht weiter die Neinsagerpartei sein. Deshalb sagen wir GRÜNE Ja.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sagen Ja zu diesem Gesetz, nicht, weil wir überzeugt sind, dass hier nicht hätte etwas besser gemacht werden können. Es hätte sogar vieles noch besser gemacht werden müssen, sondern wir sagen Ja, weil die Diskussion wichtig ist. Wir sagen Ja, weil es richtig ist, den Thüringer Landtag damit zu befassen, unsere Bürger stark zu machen in einem starken und guten Staat, in einem transparenten Staat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Marx.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das macht ja richtig Spaß heute. Wir haben ja eben eine Debatte gehabt im Tagesordnungspunkt 8 als Tagesordnungspunkt 1, in der wir uns gegenseitig gelobt haben für eine qualitativ hochwertige und konstruktive Debatte. Die ist eben auch Voraussetzung dafür, dass man zur Einigkeit kommt. Wenn Sie jetzt, Herr Adams, da bin ich jetzt doch ein bisschen enttäuscht, sagen, der Titel ist doch schon so schön „Gesetz zur Stärkung der Informationsfreiheit“, da müssen wir doch alle dafür sein, so etwas kann man doch nicht einfach ablehnen, dann muss ich Ihnen sagen, das ist aber hier ein Anzug ohne Inhalt, das ist das Problem. Wir haben das letzte Mal hier schon darüber gesprochen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Ziel.)

(Beifall CDU, SPD)

Frau Kollegin Renner, Sie haben gesagt, natürlich gibt es einige Sachen, die kann man besser machen wie in jedem Gesetz, das seien aber nur marginale Fehler. Das tut mir jetzt leid, da muss ich dann doch noch einmal ein bisschen ausführlicher werden, als ich das eigentlich heute vorhatte. Es sind keine marginalen Fehler, wenn Abwägungsprozesse hier vorgesehen werden, die schlicht verfassungswidrig sind.

(Abg. Adams)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ihre Behauptung. Überlegen Sie doch mal.)

Ich will Ihnen erst einmal versuchen zu erklären,

Am Schluss, ja?

wie eine juristische Abwägung läuft. Eine juristische Abwägung verläuft zwischen gleichrangigen Rechtsgütern. Wenn Sie aber sagen, ein Rechtsgut ist höher einzuschätzen als - was weiß ich - Leben und körperliche Unversehrtheit als ein anderes Recht - Recht auf Spielzeug -, dann finden keine Abwägungen mehr statt zwischen diesen beiden Rechtsgütern, sondern das höherrangige Recht überwiegt das andere. Das war der Punkt bei Ihrem § 5, den Sie jetzt noch mal genannt haben, der doch die Abwägung vorsieht, wo Sie gesagt haben, eine Abwägung mit höherrangigem Recht findet nur statt, wenn es erheblich beeinflusst ist. Das sind einfach richtige Klöpse und da ist es egal, ob ich jetzt 20 Jahre Anwältin oder 20 Jahre im Landtag bin oder 20 Jahre Brötchen backe, das geht einfach gar nicht. Ich habe schon das letzte Mal Ihnen versucht das zu erklären, ich versuche es jetzt noch mal: Es ist nicht hinnehmbar, dass höhere Rechte dem Einsichtsrecht - und das haben Sie ja auch noch als für jeden alles gestrickt - nur dann vorgehen sollen, wenn sie erheblich beeinträchtigt werden. Abwägung findet zwischen gleichrangigen Rechtsgütern statt und jetzt wiederhole ich das mal mit einem blöden Kalauer, aber vielleicht ist es ja dann anschaulicher: Über höher geht das, was drunter ist, nicht drüber

(Beifall CDU)

ein bisschen einfach vielleicht.

Ich hatte eigentlich gehofft, dass Sie Ihren Gesetzesvorschlag zurückziehen und ich hatte in der letzten Debatte wirklich auch gesagt, dass wir es anerkennen, dass Sie sich hier Gedanken machen und dass auch wir als SPD-Fraktion - deswegen ist es ja auch in der Koalitionsvereinbarung drin - gesagt haben, das Gesetz soll überarbeitet werden, dass wir auch damals mehr wollten. Aber es ist tatsächlich nicht brauchbar.

Ein oder der fundamentale Fehler Ihres Gesetzes ist die mangelhafte oder überhaupt nicht vorgenommene Berücksichtigung von Datenschutzrechten. Sie haben versucht, die irgendwie nach unten zu

schieben; das verstehe ich überhaupt nicht. Der Schutz der Privatsphäre von Menschen, die in solchen Unterlagen vorkommen, ist ein absolut höherrangiges Recht. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, der gestern, glaube ich, seinen neuesten Bericht vorgelegt hat, hat gesagt, das ist ein Thema, was auch mehr und mehr Leute wirklich umtreibt. Die Anfragen an seine Behörde sind um 50 Prozent gestiegen. Deswegen ist der Aufbau Ihres Gesetzes schon von vornherein falsch. Es müsste nämlich Unterschiede geben je nach dem, ob ein Antragsteller einen ihn betreffenden Vorgang einsehen möchte oder Vorgänge, die zusätzlich oder ausschließlich Dritte betreffen. Eine solche Differenzierung findet sich bei Ihrem All-inklusiveAnspruchsgesetz an keiner Stelle. Es wird allen alles zugänglich gemacht und dann sollen Abwägungen stattfinden, die aber wenig sachgerecht vorgenommen werden und manchmal ungenau und teilweise schlicht verfassungswidrig sind.

Schlicht Unverständliches gibt es auch noch in Ihrem Gesetzentwurf. Ich zitiere jetzt mal § 4 Abs. 3 Nr. 1. Da wird geregelt, soweit noch korrekt, dass ein Anspruch auf Information über noch nicht mit einer Entscheidung abgeschlossene Vorgänge nicht besteht, und dann heißt es weiter, ich zitiere wörtlich: „...nicht der Vorbereitung von Entscheidungen dienen Gutachten, Stellungnahmen und Beweiserhebungen, nicht aber deren Vorentwürfe und Notizen.“ Das können Sie einmal lesen, zweimal lesen und dreimal lesen und wissen immer noch nicht, was gemeint ist. Wenn Sie mir jetzt erklären können, ohne dass Sie wieder vier Wochen dazu brauchen, warum bei nicht abgeschlossenen Entscheidungsvorgängen Notizen und Vorentwürfe herausgegeben werden müssen, dann bekommen Sie von mir vielleicht doch noch ein Fleißpünktchen.

(Beifall SPD)

Dass es nicht hinnehmbar ist, dass höherrangige Rechte dem Einsichtsrecht - und hier bei Ihnen für jeden alles - nur dann vorgehen sollen, wenn sie erheblich beeinträchtigt werden, das ist eine Sache... Wie gesagt, es gibt doch so viele Beispiele. § 17 bei den Gebühren und Kosten, da hatte ich Ihnen das letzte Mal erzählt, dass alles, was auf Diskette, CD-Rom oder DVD geht, kostenfrei überlassen werden muss, antik, veraltet, komisch, missverständlich. Hier heißt es aber dann auch: Die ersten 100 Fotokopien werden kostenlos erstellt. Wissen Sie, wie viel Arbeit das ist, aus einer Akte, aus einem Informationsvorgang 100 Seiten herauszukopieren, aber auch bei 1.000 Seiten sollen ja überhaupt keine Gebühren fällig werden, nicht mal der Kostenaufwand,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Was wiegt denn mehr, Informationsfreiheit oder Verwaltungsvereinfachung?)

wenn der Antragsteller ein Sozialleistungsbezieher ist, wenn Initiativen zeitweiliger Personenzusammenschlüsse sagen, wir machen das zur öffentlichen Meinungsbildung, bekommen sie alles kostenlos, auch dann 10.000 oder 20.000 Seiten und können auf Antrag von der Kostenerhebung befreit werden. Hier sind die Schwellen dann auch wirklich zu niedrig und es ist ein verwaschener Schwamm. Hier wird uns ein Flickwerk vorgelegt. Also es ist ein bisschen wie des Kaisers neue Kleider, die Seiten sind nicht ganz nackt, aber das ist so ein bisschen wie ein löchriges Unterhemd. Es tut mir leid, schöner kann ich das jetzt nicht mehr ausdrücken.

(Beifall SPD)

Deswegen haben wir gesagt, es kommt nicht einmal - was wir normalerweise sonst immer tun - in den Ausschuss, weil es eigentlich nicht wert ist das muss ich jetzt einmal so brutal sagen, das ist auch meine Überzeugung -, dass wir hier für Steuergelder Sachverständige dransetzen, die diese wirklich nicht marginalen, sondern erheblichen Fehler dann hätten korrigieren müssen. Ich hatte Ihnen damals schon gesagt, wir haben das wirklich vor, wir haben es vereinbart, wir legen Ihnen einen eigenen Gesetzentwurf demnächst vor. Da werden wir etwas seriöser vorgehen und Sie werden einen durchdachten Antrag vorfinden, der der verbesserten Ausgestaltung des wichtigen Rechts auf Information und Akteneinsicht auch tatsächlich gerecht wird. Alles der Reihe nach, es kommt. Ich bin zuversichtlich und wenn Sie dann jetzt meinen müssen, Ihr Schlechtes jetzt damit zu verteidigen, dass Sie auf Mängel in anderen Bereichen hinweisen, dann spricht das ja auch für sich. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab.

Frau Abgeordnete, es gibt den Wunsch auf Nachfrage von Herrn Abgeordneten Adams.

Ja, bitte schön, gern.

Herr Abgeordneter Kuschel, war das eine Nachfrage oder eine Wortmeldung?

(Zuruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wortmel- dung.)

Gut. Und von Frau Abgeordneten Renner eine Nachfrage. Bitte schön, Herr Abgeordneter Adams.

Frau Kollegin Marx, habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie meinen Aufruf, sozusagen das, was als Ziel in der Überschrift geschrieben steht, im Titel des Gesetzes, dass das ein richtiger Anspruch ist, dass auch Sie den Informationsanspruch weiterentwickeln wollen? Das habe ich richtig verstanden?

Selbstverständlich, das steht ja in der Koalitionsvereinbarung.

Gut, dann frage ich Sie einfach: Wann dürfen wir denn mit Ihrem Entwurf rechnen?

Ja, der wird 2012 spätestens kommen.

Zum Ende der Legislatur also, okay.

Es ist doch nicht das Ende der Legislatur 2012, also die geht noch ein bisschen länger, bis 2014.