Protocol of the Session on March 25, 2011

alle einen guten Berufsabschluss gemacht und die haben Berufserfahrung. Genau da, denke ich, sollte unsere Forderung - und das vermisse ich in Ihrem Antrag - sein, die Bundesagentur aufzufordern, bei ihrer Vermittlungstätigkeit einfach umzusteuern und auch in der Förderung dafür zu sorgen, bei Vermittlung und Förderung, dass genau diese Menschen nicht in die Zuständigkeit des SGB II kommen, wo sich dort Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt.

(Beifall CDU)

Das muss doch unser Ansatz sein. Aber vielfach erlebt man ja, dass dort ausgesessen wird und es wird gesagt, na ja, das wird sowieso nichts, und dann rutschen sie ins SGB II und die Statistik passt dann wieder. Das ärgert mich einfach.

(Beifall CDU)

Das sind Ansatzpunkte, die muss man einfach angehen.

Ein Wort oder zwei Sätze zum Thema Leiharbeit. Zeitliche Begrenzungen; ich bin sehr dafür, für die zeitliche Begrenzung von Leiharbeit. Ich habe kein Verständnis, dass es jahrelange Zeitarbeit gibt eines einzelnen Zeitarbeiters an einer Stelle. Das gibt es einfach, dass jemand in Zeitarbeit ist und zehn Jahre in einem Unternehmen. Da muss der Unternehmer letztendlich auch sagen, den stelle ich jetzt ein, Ende der Lesung. Dafür habe ich kein Verständnis und das soll der Gesetzgeber auch regeln.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Equal Pay auch in Leiharbeit ist okay. Fasching ist vorbei, aber reimt sich. Mindestlohn im Bereich Leiharbeit - auch okay, ist aber auf dem Weg. Verzicht auf Leiharbeit, sage ich klar Nein, denn atmende Märkte brauchen Flexibilität und das bietet dieses Segment. Wir können darauf nicht verzichten, aber die Konditionen sind deutlich zu ändern und zu verbessern.

Thema - ich komme nachher noch einmal kurz dazu - ThAFF: Ich weiß jetzt nicht, wer es gesagt hat, ThAFF ist taff, okay, guter Satz. Ich bin dankbar, dass die Landesregierung reagiert hat. Genau ihrer Kritik folgend mit den 500 Menschen für 2 Mio. € Frau Leukefeld hat es, glaube ich, gesagt -, da muss man nachsteuern und muss das Konzept ändern, wenn man merkt, dass irgendwas nicht so richtig funktioniert. Aber ich möchte trotzdem sagen, wir sollten das Bemühen der Menschen, die in UFaS gearbeitet haben, auch nicht schmälern und sagen, alles Grütze. Nein, das ist nicht so. Es ist umgesteuert worden, auch ThAFF ist zwar taff, aber das ist eben nicht das Ende der Fahnenstange. Ich hoffe heute schon, Herr Staatssekretär, auf ThAFF 2.0.

Ein Wort zum Ende der Arbeitnehmerfreizügigkeit: Herr Recknagel, Entschuldigung, ich habe Sie vor

hin als Herr Bergner angesprochen, sehen Sie es mir nach. Sie sagten, hier arbeiten zukünftig Fachkräfte und zahlen Steuern. Wenn das so ist, und das wird in den meisten Fällen so sein, dann ist das okay, da bin ich völlig bei Ihnen. Aber, und hier muss ich noch einmal zum Thema Leiharbeit zurückkommen, warum es so wichtig ist, auch hier einen Mindestlohn einzubeziehen. Denn es ist durchaus möglich, dass genau über dieses Segment Menschen sittenwidrig bezahlt werden. Ich will es an einem Beispiel festmachen: Man stelle sich vor, die Kirschernte ist vorbei und Mon Chérie beginnt die wunderschönen Pralinen, die wir gern verschenken, die im Übrigen in Thüringen verpackt werden, in Mühlhausen, die suchen jetzt Kräfte zum Verpacken. Da kommen jetzt nach dem Ende der Arbeitnehmerfreizügigkeit Menschen hierher und arbeiten, weil das eben nur für eine begrenzte Zeit gemacht wird, für ganz wenig Geld. Das Unternehmen organisiert sogar die Unterkunft. Die kommen in Deutschland an, melden sich an, bekommen einen nicht auskömmlichen Lohn und das Ende des Liedes ist, diese Menschen belasten unsere Sozialkasse. Das dürfen wir nicht vergessen.

(Beifall CDU)

Deswegen braucht es eine Regelung in diesem Segment. Ich wollte es einfach nur mal angesprochen haben.

Zu guter Letzt das Thema Sozialwirtschaft: Herr Kubitzki, wir brauchen grundsätzlich in Thüringen eine landesweite Sozialnetzplanung. Ich glaube, da sind wir uns mittlerweile alle auch Gott sei Dank einig. Für den Sozialbereich brauchen wir eine Verbesserung der Verdienst- und Arbeitsbedingungen; Tariflöhne für alle Sozialhilfeträger, Steigerung im Lohnniveau und Entlastungen im Arbeitsumfeld müssen diese Berufe schlicht und einfach attraktiver machen. Da, lieber Herr Kubitzki, ärgert es mich schon, wenn ich feststelle, dass sich Verbände, die sich „sozial“ nennen, den Pflegebereich zum großen Teil ausgliedern, um eben keine auskömmlichen Löhne zahlen zu müssen. Ich denke, hier sind gute Beispiele auch gefragt und die Kritik sollen sich diese Leute, die ich jetzt nicht beim Namen nennen möchte, aber die jeder kennt, wirklich mal zu Gemüte führen. Im Übrigen schließe ich mich meiner Kollegin Holzapfel an. Wir lehnen den Antrag ab, weil er im Wesentlichen keine neuen Aspekte enthält und die Debatte war trotzdem gut und hat zur weiteren Erhellung beigetragen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter. Herr Staatssekretär hat noch einmal um das Wort gebeten.

(Abg. Günther)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, nur noch mal ganz kurz, weil doch einige Fragen und Bitten auf mich zugekommen sind. Ich möchte dazu gleich Stellung nehmen. Aber vorab möchte ich ganz deutlich sagen und betonen: Wir in der Landesregierung arbeiten bei dem Problem Fachkräftesicherung sehr gut über die einzelnen Ministerien zusammen und, ich glaube, das ist auch das Zeichen, das habe ich auch vorher versucht deutlich zu machen, dass wir in vielen Teilbereichen einen großen Schritt weitergekommen sind. Dieses Problem ist ja sehr umfassend.

Zweitens: Ich möchte gern auf die Anforderung von Herrn Abgeordneten Kubitzki eingehen. Ich habe mit dem Kollegen Hartmut Schubert eben darüber gesprochen, was Ihre Frage anbelangt. Wir sind gern bereit, einen Termin zu finden, zu dem wir aus allen Fraktionen die Zuständigen mal einladen und über das Thema dann vertieft sprechen. Sehr gern. Da werden wir auf Sie zukommen.

Zu Frau Leukefeld: Frau Leukefeld, ich habe hier eine Kurzinformation zu ThAFF liegen. Das ist gestern verteilt worden. Das ist erst ein Vorabdruck. Den gebe ich Ihnen gleich in die Hand. Da können Sie noch einmal schauen, wie wir damit umgehen und dass wir uns selbstverständlich über die 15.000 oder mit den 15.000, die da aufgenommen worden sind, auch weiterhin kümmern und dass wir die jetzt nicht irgendwo in der Versenkung werden verschwinden lassen.

Ich möchte noch einen letzten Punkt zu der ganzen Thematik Leiharbeit sagen. Das ist mir schon ziemlich nahegegangen, wie da teilweise diskutiert wurde, insbesondere auch über Lohnhöhen und weil ich sehr persönliche Erfahrungen auch gemacht habe bei Unternehmensbesuchen. Ich möchte nur einmal eines zu dem Abgeordneten Herrn Recknagel von der FDP sagen. In Frankreich bekommen die Leiharbeiter für die gleiche Arbeit mehr gezahlt als ein Normalangestellter, und zwar aus folgendem Grund: Weil die ein höheres Risiko tragen, weil die eben nicht die Sicherheit haben, so lange eine unbefristete Stelle zu haben. Die werden dadurch aufgrund der prekäreren Situation, in der sie arbeiten, besser entlohnt. Und das ist dort selbstverständlich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einvernehmlich so ausgehandelt worden, dass die, glaube ich, 10 Prozent mehr bekommen. Ich denke, das sollte uns alle auch einmal zum Nachdenken anregen, dass es eben nicht so ist, dass wir ausschließlich jubeln können, wenn wir einen Zuwachs haben an Arbeitsplätzen durch Leiharbeit. Ich interpretiere das genau anders. Für mich ist das ein Warnsignal, wenn ich in der OTZ heute lese, dass wir hier einen deutlichen Zuwachs haben. Das bedeutet für uns ganz klar, dass wir

eben nicht Zugewinn an attraktiven Arbeitsplätzen haben, sondern dass wir dafür arbeiten müssen, dass wir attraktive Arbeitsplätze bekommen.

(Beifall SPD)

Ich möchte noch einmal eines sagen: Selbstverständlich bin ich nicht grundsätzlich gegen Leiharbeit, Herr Recknagel. Natürlich ist auch ein atmendes System wichtig. Das ist selbstverständlich und da gibt es auch viele gute Beispiele, wo wir das nachvollziehen können. Aber wir müssen genau hinschauen. In der Regel ist es eben so, dass Leiharbeiter das Nachsehen haben und schlechter gestellt sind, nicht nur in der Bezahlung, sondern auch viele andere Zusatzvereinbarungen, die in Arbeitsverträgen stehen, eben nicht gegeben sind. Da sollten wir ehrlich bleiben. Sie haben immer wieder auf das Grundgesetz in Zusammenhängen hingewiesen, die ich, ehrlich gesagt, nicht immer ganz nachvollziehen konnte. Das muss auch nicht so sein. Aber im Grundgesetz ist, glaube ich, eines sehr wichtig verankert, dass wir uns anstrengen müssen, gleiche Lebensverhältnisse für alle anzustreben. Ich glaube, das sollte für Leiharbeiter wie für Festangestellte, egal ob in Ostdeutschland, in Westdeutschland, egal wo, stattfinden. Daran sollten wir alle arbeiten. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Staatssekretär. Die Rednerliste ist abgearbeitet. Ich schaue noch einmal in die Runde. Da gibt es keinen Widerspruch. Damit schließe ich die Debatte zum Tagesordnungspunkt 16 und wir gehen in die Abstimmung.

Vorher frage ich, ob ich davon ausgehen kann, dass das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags erfüllt ist oder erhebt jemand dagegen Widerspruch? Das ist nicht der Fall.

Dann beginnen wir jetzt mit dem Teil I des Antrags der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/2382. Für Teil I ist die Überweisung und weitere Besprechung im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit beantragt. Jetzt frage ich zunächst erst einmal die Fraktionen: Widerspricht dem jemand? Ist widersprochen? Damit erübrigt sich eine Abstimmung, weil alle, die die Beratung des Sofortberichts verlangen, müssen dem zustimmen.

Also machen wir weiter mit Nummer II des Antrags. Zu Nummer II des Antrags sind drei Ausschussüberweisungen beantragt worden, und zwar die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur. In dieser Reihenfolge stelle ich das zur Abstimmung.

Wer zustimmt, den von mir genannten Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist die Zustimmung von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? Das sind die Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall, damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wer zustimmt, diesen Antrag in II an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? Das sind die Stimmen von SPD, CDU und FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Ausschussüberweisung ebenfalls abgelehnt.

Wer den Antrag an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind wiederum die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? Das sind die Stimmen von SPD, CDU und FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen somit direkt über den Antrag ab, und zwar in der Drucksache 5/2382 und hier über den Punkt II. Wer diesem Punkt in II zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen von den Fraktionen der CDU, SPD und FDP. Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag in II abgelehnt und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15

Potentiale nutzen - mehr Chancen für Menschen schaffen Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/2380

Wünscht DIE LINKE das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall und wir beginnen sofort mit der Aussprache. Als Erste hat sich zu Wort gemeldet Abgeordnete Hitzing von der Fraktion der FDP.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, in Ihrem Antrag, verehrte Kollegen der Fraktion DIE LINKE, haben Sie in der Begründung zum Aufbau neuer Beschäftigungschancen und zur Sicherung des zukünftigen Fachkräftebedarfs angemahnt und Sie fordern, dass Maßnahmen ergriffen werden sollen, die die Strukturen der beruflichen

Vorbereitung und Qualifizierung effektivieren und die Potenziale der entsprechenden Ausbildungsund Fördereinrichtungen nutzen. Ähnlich Ihrer allgemeinen Antragsüberschrift „Potentiale nutzen mehr Chancen für Menschen schaffen“ versucht Ihr Antrag allumfassend zu sein, aber es werden Probleme aufgezeigt und mögliche oder notwendige Lösungen, die aus unserer Sicht teilweise so nicht existent sind bzw. Lösungsansätze und gute Richtungen schon eingeschlagen worden sind. Ich werde mich auf einige Punkte aus Ihrem Antrag beziehen und komme sofort zum Punkt 1. Hier fordern Sie, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die den Anteil von Jugendlichen deutlich senken, die die Schule ohne Abschluss verlassen. Das ist in der Tat ein ernsthaftes Problem, denn jeder Schüler, der ohne qualifizierten Abschluss nach der Schulzeit die Schule verlässt, ist einer zu viel und das ist in unserer Situation, die wir heute schon mehrfach diskutiert haben, in Thüringen natürlich absolut nicht hinreichend und auch nicht befriedigend.

(Beifall FDP)

Ich glaube aber, Sie fordern, „die Möglichkeit der Selbsterfahrung wirtschaftlicher Praxis im Schulalltag zu verstärken“. Gestatten Sie mir bitte, noch mal darauf hinzuweisen, dass in den Schulen bereits zum heutigen Zeitpunkt sehr viel gerade in dem Bereich der Berufsorientierung getan wird. Es beginnt am Ende der Klasse 6, da werden die Schüler informiert - und zwar mithilfe des Berufsinformationszentrums der Bundesagentur für Arbeit über verschiedene Berufsfelder, die es gibt und die ihnen eventuell in der Zukunft gefallen könnten. Das ist eine erste Informationsveranstaltung. Ab Klasse 7 beginnen die verschiedenartigsten Praktikumswochen und Praktika im Laufe der Schullaufbahn bis zum Abschluss der Schule. Es beginnt in der Klasse 7 zum Beispiel mit einem Fachpraktikum. Wenn ich aus dem Bereich Nordhausen spreche, ist das das IKL, das ist eine Förderinstitution, man könnte auch sagen eine Bildungseinrichtung, die sich genau mit diesem Thema beschäftigt, den Schülern schon in der 7. Klasse innerhalb einer Woche zu zeigen, welche unterschiedlichen Berufsgruppen es zwischen handwerklichem Beruf und theoretischem Beruf gibt. In dieser einen Woche werden die Schüler zum ersten Mal mit solchen praktischen Dingen vertraut gemacht. Das zieht sich weiter in die Klasse 8, Klasse 9 und Klasse 10. Das ist Ihnen sicherlich bekannt. Es gibt dann noch in der 9. Klasse zweimal eine Woche Praktikum, in Klasse 10 einmal eine Woche Praktikum, in Klasse 8 zweimal eine Woche Praktikum und in Klasse 7 - ich sagte es bereits - einmal eine Woche Praktikum. In diesen Praktikumswochen ab der Klasse 8 suchen sich die Schüler den Beruf oder, sagen wir mal, die Firma aus, in der sie gern mal ein Praktikum machen möchten, haben in dieser einen Woche einen Einblick in dieses Berufsfeld.

(Vizepräsident Gentzel)

Manches Mal kommt dabei heraus, dass die Schüler feststellen, diesen Beruf möchte ich nicht erlernen. Wenn die Schülerinnen und Schüler das festgestellt haben, ist auch schon etwas gekonnt, denn es gibt manches Mal falsche Vorstellungen von Berufen - einfach aus der Tatsache heraus, dass man den Beruf auch vom Gedankengut und vom Klischee her falsch einschätzt. Das sind zum Beispiel auch ganz typische Mädchenberufe. Es gibt erstaunlicherweise sehr viele Mädchen, die Kosmetikerin oder Friseurin werden möchten. Wenn sie dann ein Praktikum gemacht haben, dann gibt es tatsächlich - und das ist auch sehr erfreulich -, ab und an mal die Feststellung, so richtig ist das doch nicht das, was ich wollte. Ich möchte damit nur sagen, die Schüler sind bereits erfolgreich in den, wie Sie es nennen, Selbsterfahrungen wirtschaftlicher Praxis eingebunden, nämlich in die Praktika. Aus Sicht der allgemeinbildenden Schulen wird dort sehr viel getan. Logischerweise ist es nie so, dass alles vollkommen ist und dass man Dinge verbessern kann. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass dort viel passiert.

Im zweiten Punkt geht es darum, dass Sie eine landeseinheitliche Regelung zum Ausbau und zur Individualisierung der Verstetigung der dualen Berufsorientierung möchten. Es geht hier vorrangig um das Programm „BERUFSSTART plus“, das flächendeckend in Thüringen eingeführt oder, wie Sie es sagen, auch besser reguliert werden soll. Ich darf Ihnen sagen, im Schulamtsbereich Worbis gibt es keine Regelschule, die nicht an diesem Programm teilnimmt. Allerdings heißen die manches Mal anders. Das Programm „BERUFSSTART plus“ wird regional unter anderem auch durch das Programm „BERUFSSTART Regio“ ergänzt. Außerdem gibt es die Berufsmessen, die regelmäßig durchgeführt werden, der Arbeitskreis Schule/Wirtschaft, Bewerbertraining mit verschiedenen Kooperationspartnern und Kollege Günther nannte vorhin gerade den Berufswahlpass, der in den Schulen vor Jahren eingeführt worden ist und von den Schulen auch genutzt wird. Ab Klasse 7 haben die Schüler diesen Berufswahlpass. In diesem Berufswahlpass - das werden Sie ganz genau wissen - können die Schüler unter anderem ihre eigenen persönlichen Eindrücke niederschreiben. Das wird dann abgeheftet, wie sie das Praktikum erfahren und erlebt haben. Es werden Bewerberschreiben probiert und geübt. Es werden die Praktikumsberichte unter anderem dort abgeheftet und dokumentiert, die von den Praktikumsfirmen kommen. Am Ende der Schullaufbahn, wenn sich die jungen Leute in einem Betrieb bewerben, fragt leider niemand nach dem Berufswahlpass oder sehr wenige. Lassen wir es mal so stehen, denn das wollen wir nicht unterstellen, dass nun alle Firmen das nicht machen. Es ist tatsächlich so, dass dieses Mittel Berufswahlpass, das über vier Jahre geführt wird, nicht ausreichend genutzt wird, um dann zu sehen, was ist denn mit den

Schülern im Laufe dieser vier Jahre ab Klasse 7 passiert. Heute ist es nun so, wir haben das mehrfach erörtert, dass die Auszubildenden weniger geworden sind. Wir haben in Thüringen mehr Ausbildungsplätze als Auszubildende. In einer Veranstaltung der IHK wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Firmen allmählich auch umstrukturieren, sie haben gelernt umzudenken. Es gab ja Zeiten, da wurde über die Hauptschüler, die Schüler mit dem Abschluss „Hauptschule“ wenig geredet. Es war auch so, die Firmen hatten den Luxus, sie konnten sich tatsächlich aussuchen, ob sie einen Hauptschüler oder einen Regelschüler, also einen Realschüler, oder vielleicht sogar einen Abiturienten einstellen. Aus meiner persönlichen Erfahrung muss ich Ihnen leider sagen, es gab Jahre, da sind unsere Absolventen der Hauptschulklassen tatsächlich übrig geblieben, weil die Betriebe einfach diesen Luxus hatten. Jemand, der einen Realschulabschluss hat und sich für einen handwerklichen Beruf bewirbt, den durchaus auch ein Hauptschüler machen könnte, dann sind oftmals die Würfel so gefallen, dass die Hauptschüler auf der Strecke geblieben sind und das war unserer Meinung nach immer irgendwie ungerecht diesen Schülern gegenüber. Aber das war nun mal leider die Realität. Das hat sich aber heute nun ein bisschen geändert in den Köpfen der Firmen, aus dem einfachen Grund, es ist nicht mehr so, dass die Auszubildenden im Überschuss da sind, nein, wir haben mehr Lehrstellen als Auszubildende. Dazu kommt natürlich jetzt, dass auch die Firmen, die Unternehmen ohne Weiteres bereit sind, zu sagen, wir nehmen Auszubildende, wir machen z.B. auch kleine Kurse, um Defizite auszugleichen, die der eine oder andere noch hat. Das ist etwas, was natürlich ein Umdenken in den letzten Jahren gewesen ist und nicht von heute auf morgen gekommen ist. Das hat natürlich auch etwas mit der demographischen Entwicklung hier in Thüringen zu tun.

Einen kleinen Teil von Schülern gibt es allerdings, die haben keinen Schulabschluss und für diese Schüler braucht man nach wie vor vollzeitschulische Maßnahmen, die ihnen die Möglichkeit eröffnen, später in eine Ausbildung zu kommen. Sie fordern weiter eine landeseinheitliche Regelung zum Ausbau der Individualisierung und Verstetigung der dualen Berufsorientierung. Im vierten Punkt allerdings fordern Sie, gerade diese Individualisierung bei der Berufsvorbereitung aufzugeben, da sie zu unübersichtlich geworden sei, und hier reden wir ja von diesen berufsvorbereitenden Maßnahmen. Da erschließt sich mir keine Begründung und das ist für mich auch ein Widerspruch.

Wir lehnen auch eine Zentralisierung der Schulpolitik ab. Die Landkreise und Schulämter sind sich weitestgehend einig über das Unterlaufen der Regelungen, die getroffen worden sind im Rahmen der Maßnahmen, Berufsbildungsregionen zu grün

den. Dazu kann man nicht ruhig sein. Es gibt auch genügend Beispiele schon, dass durch Verlegen von Fachklassen, wenn es denn nicht regional abgestimmt wurde, es zum Teil zu ganz komischen Entwicklungen kommt und zum Schluss alles zentralisiert wird und wir in der Region überhaupt nicht mehr die entsprechenden Fach- oder Berufsbilder anbieten können.

Im dritten Punkt fordern Sie die Zulassung aller Schulabgänger als Ausbildungsbewerber unabhängig von ihrem Abschluss. Da bin ich mir nicht ganz sicher, was Sie meinen. Ich denke, es geht in die Richtung, wie ich das gerade versucht habe auszuführen, dass alle Schüler die Möglichkeit haben sollen, sich bewerben zu können auf das entsprechende Berufsfeld, für das sie sich interessieren. Das ist heute schon der Fall, nur mit dem Unterschied, dass heute die Chancen einfach aus der Quantität heraus größer sind und sich die Firmen auch ein bisschen lang machen müssen und sich um ihre Lehrlinge bemühen müssen.

(Beifall FDP)

Das ureigenste Interesse eines Unternehmens muss es sein, sich um Nachwuchs zu kümmern. Wir sehen das hier in Thüringen und alle Unternehmen sind um den Aufbau eines beständigen Mitarbeiterstabs bemüht, es sollte zumindest so sein und da gehört natürlich der Nachwuchs dazu. Es gibt aber leider einen Anteil von Jugendlichen, die haben keine Ausbildungsreife, das sagte ich bereits, und um diese Jugendlichen muss sich in berufsvorbereitenden Maßnahmen gekümmert werden, um begleitende Lerninhalte oder Lerndefizite, die diese jungen Leute haben, ganz einfach noch auszumerzen. Da ist eben die Frage: Welche Bedeutung hat zukünftig das bestehende BVJ noch? Wie soll dieses Mittel zur Berufsvorbereitung in Perspektive weiter gehandhabt werden?

Im fünften Punkt fordern Sie die Landesregierung auf, zukunftsorientierte Berufsbilder in den sogenannten Zukunftsbranchen zu entwickeln. Dazu nur ganz kurz: Ich glaube, Berufsfelder und zukunftsbranchenorientierte Berufe entwickeln sich natürlich an den Bedürfnissen der Wirtschaft und sie finden in Abstimmung zwischen den Unternehmen und den Kammern statt. Wir sind der Meinung, die Zukunftsfelder werden auch nicht vom Staat als solche definiert, sondern sie ergeben sich aus den wirtschaftlichen Entwicklungen und den globalen Trends, die ein Staat nicht vorgeben kann. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die Wirtschaft zum Ersten und zweitens sind natürlich die Bedingungen und die Anforderungen im Wirtschaftsleben so schnelllebig, so schnell mahlen die Verwaltungsmühlen nicht. Also der Trend entwickelt sich im wahren Leben und die Wirtschaft reagiert darauf. Ich glaube, das kann eine Regierung nicht so schnell wie die Wirtschaft. Dazu möchte ich Ihnen