Protocol of the Session on March 25, 2011

Aber bitte, ich gestatte es.

Danke schön. In dem Zusammenhang sagten Sie, Sie seien eigentlich für die Freizügigkeit von Anfang an gewesen. Ich erinnere mich da sehr schön an einen Beitrag Ihres ehemaligen Parteivorsitzenden Lafontaine. Der sprach von Fremdarbeitern in dem Zusammenhang. Gilt das nicht mehr?

Das hat noch nie gegolten!

(Beifall DIE LINKE)

Ich wollte fortsetzen damit, dass das Problem alle angeht und es nicht nur die Angelegenheit des Wirtschaftsministeriums oder des Sozialministeriums ist. Warum sage ich das? Wir hatten in dieser Woche eine Veranstaltung in unseren beruflichen Schulen, da ging es um Berufsschulnetzplanung. Da haben Unternehmer mit teilgenommen und es war teilweise erschütternd zu hören, was die Unternehmer sagen, wie die Bewerber für Ausbildungsplätze mit welchem Bildungsniveau nach Ansicht der Unternehmer diese sich vorstellen und wollen einen Ausbildungsberuf ergreifen. Damit will ich jetzt hier keine Verbalkritik am Bildungssystem äußern oder dergleichen mehr. Aber die Kritik, die da aus der Wirtschaft kam, die darf nicht ungehört bleiben. Ich sage aber auch auf der anderen Seite, dass das nicht bloß Aufgabe der Schule ist. Wir müssen neue Formen finden der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Schulen, wie Praktika von Schülern der Regelschule usw. in Betrieben. Aber ich glaube, auch die Unternehmen müssen sich Gedanken machen, wie sie mit diesen Bewerbern trotzdem Ausbildung machen können.

Mein Beitrag war ja eigentlich der zur Frage der Sozialwirtschaft. Hätte mir einer vor zehn Jahren gesagt, dass Krankenhäuser, Pflegeheime, Pflegedienste heute händeringend Fachkräfte suchen, ich hätte sie ausgelacht. Ich selbst habe da nicht daran gedacht oder daran geglaubt. Aber jetzt im Jahr 2011 haben wir gerade im Bereich der Gesundheitswirtschaft, im Bereich der Pflege einen Wettkampf zwischen Einrichtungen um Pflegefachkräfte, weil eben nicht genügend Pflegefachkräfte vorhanden sind.

In der bei der LIGA schon vorgestellten Fachkräftestudie, die ja auch im Auftrag der Landesregierung erarbeitet wurde für den Bereich der Sozialwirtschaft, wird festgestellt, dass insgesamt 28 Prozent der Beschäftigten in Thüringen älter als 55 Jahre sind. Im Bereich der Sozialwirtschaft sind das aber 36 Prozent. Wenn wir davon sprechen, dass bis zum Jahr 2015 25.000 Fachkräfte im Bereich der Gesundheits- und Sozialwirtschaft fehlen, so werden das noch einmal zehn Jahre weiter insgesamt 43.000 Fachkräfte sein, die fehlen. Da muss ich sagen: Im Bereich der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, im Bereich der Pflege, wo wir auf der anderen Seite von einer immer älter werdenden Gesellschaft sprechen, wird es besonders schwer. Ich sehe da folgende Probleme, warum das unter anderem so ist:

1. die teilweise Unattraktivität des Berufs, die hohen physischen und psychischen Belastungen, denen die Beschäftigten dort ausgesetzt sind;

2. wird noch eine Zuspitzung kommen durch neue gesetzliche Änderungen; wenn ich jetzt z.B. den Diskussionsprozess erlebe, der im Bund geführt

(Abg. Lemb)

wird, was richtig ist und was wir auch begrüßen, dass zum Beispiel Pflegeurlaube eingeführt werden sollen für pflegende Angehörige. Das bedeutet aber, wer pflegt dann die Pflegebedürftigen in dieser Zeit des Urlaubs? Das bedeutet einen weiteren Bedarf an Pflegefachkräften.

Meine Kollegin Leukefeld hat bereits auf die unterschiedliche Bezahlung im Bereich der Pflege hingewiesen. Da hat die Politik ein ganz schlechtes Zeichen gesetzt, meine Damen und Herren, indem zwar im Bereich der Pflege Mindestlöhne festgelegt wurden, aber trotzdem Unterschiede zwischen Ost und West gesetzlich verankert wurden. Ich kann niemandem erklären, warum eine Pflegekraft im Unstrut-Hainich-Kreis weniger verdient als eine Pflegekraft 30 km weiter im Werra-Meißner-Kreis, aber der letztere Kreis hat den Vorteil, er liegt in Hessen. Das hat nichts mit Tarifen oder mit Recht zu tun, das hat ganz einfach damit zu tun, dass wir im Bereich der Sozialwirtschaft auch noch eine dritte Kraft haben. Darauf hat der Staatssekretär hingewiesen; wir haben hier nicht nur Anbieter und diejenigen, die die Leistungen bekommen, wir haben hier nämlich noch eine dritte Größe, das sind die Sozialkassen. Und ebenfalls im Bereich der Sozialkassen, was dort für Leistungen vergütet werden an die Krankenhäuser, an die Pflegeeinrichtungen, an die Pflegedienste, beginnen schon die Unterschiede zwischen Ost und West. Da haben wir noch einen ganz kleinen Unterschied, wir haben eine große Krankenkasse, die nennt sich Plus, die ist in Thüringen und Sachsen. Selbst zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Freistaat Thüringen gibt es in dieser Krankenkasse unterschiedliche Vergütungen an die Leistungserbringer, seien es die Krankenhäuser, seien es die Pflegeheime. Hier sehe ich auch noch sehr großen Handlungsbedarf. Das bedeutet für die Politik, dass es nicht nur Sache der beiden Partner, also Politik und die, die die Leistung bringen, ist, sondern es müssen in diesen Prozess, meine Damen und Herren, unbedingt die Sozialkassen, die Sozialversicherungen mit einbezogen werden. Ansonsten können wir dieses Problem nicht klären. Gerade die Sozialkassen, die Sozialversicherungen müssen Interesse haben, dass es genügend Pflegefachkräfte gibt, denn es geht ja um Ihre Versicherten.

Jetzt haben wir heute gehört und ich habe das auch beim Neujahrsempfang der LIGA erfahren, es gibt auch eine interministerielle Arbeitsgruppe, was den Bereich Sozialwirtschaft betrifft. Das finde ich gut. Ich möchte an dieser Stelle anbieten, wir wollen diesen Prozess gern mit begleiten. Ich möchte auch für unsere Fraktion sagen, wir würden dort gern mitmachen und uns mit unseren Ideen einbringen. Ich sehe gerade für den Bereich der Pflege und Gesundheitswirtschaft drei mittelfristige Probleme, die wir klären müssen.

Erstens, was die Frage der Ausbildung oder der Weiterbildung von Pflegefachkräften betrifft, das ist Bundesangelegenheit und ist mit Bundesgesetz geklärt, das weiß ich. Trotzdem sollte sich Thüringen dort stark machen für Änderungen. Die Ausbildung umfasst drei Jahre; bei Weiterbildung oder Neuausbildung, wenn jemand diesen Beruf neu ergreifen oder sich ausbilden lassen will, wird aber zum Beispiel von der Bundesagentur für Arbeit dieses nur für zwei Jahre finanziert. Unklar ist die Finanzierung des dritten Jahres. Wer könnte das machen? Soll das derjenige selber machen? Hier würde ich Lösungsansätze sehen, dass man sich zumindest Gedanken macht, wie dieses dritte Jahr finanziert werden könnte. Ich sage das hier auch bewusst. Auch die Träger, die Einrichtungen sollten und können meiner Meinung nach dort finanziell mit beteiligt werden, weil sie ja die Fachkräfte brauchen.

Die zweite Sache, über die nachgedacht werden müsste, ist, es gibt langjährig in der Pflege Tätige, die auch schon eine Ausbildung haben, zum Beispiel haben wir viele Heilerziehungspfleger, Familienpfleger, die werden aber nicht als Pflegefachkräfte anerkannt. Das heißt, hier sollten wir uns Gedanken machen, wie in einer verkürzten Form berufsbegleitend, diese Kräfte zu Pflegefachkräften ausgebildet werden können.

Eine dritte Sache ist - das ist allerdings auch wieder Bundesangelegenheit, muss ich der Fairness halber sagen -, wer in der Pflege ausbildet, ob das ein Heim ist oder ob das ein Pflegedienst ist, der hat gegenüber dem Pflegebedürftigen höhere Preise wegen der Ausbildungsumlage. Er muss ja die Ausbildungsvergütung bezahlen und das Geld der Ausbildungsvergütung, was er dafür braucht, das zahlt ihm nicht die Pflegekasse oder wer, sondern das muss er auf den Patienten umlegen. Ich hatte vor Kurzem eine Diskussion in Nordhausen in einem Altenheim. Die Bewohner haben sich bei mir beschwert, dass sie viel mehr selbst zur Pflege beitragen müssen aus eigenen Mitteln, weil dieses Heim fünf Auszubildende hat. Als ich denen gesagt habe, das fände ich richtig und gut, dass das Heim ausbildet, waren sie erschüttert. Denn im Nachbarheim, das ein paar Straßenzüge weiter ist, wird nicht ausgebildet. Dort sind die Beiträge, die die Pflegebedürftigen zahlen müssen, niedriger. Das finde ich ungerecht. Das muss aber die Politik klären.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb ist z.B. die Ausbildungsvergütung für Pflegekräfte ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, entweder es wird über Steuern finanziert oder - zumindest eine Forderung muss ich sagen - es muss dann von der gesamten Versicherungsgemeinschaft getragen werden, also von den Beitragszahlern. Ich bin mir auch bewusst - gleich in Richtung der FDP -, das kann natürlich nur mit Beitragserhöhungen verbunden sein. Aber da sagen wir als LIN

KE, wir brauchen ein ganz anderes Finanzierungssystem unserer Sozialversicherung. Aber das wäre ein weiterer Aspekt. Was nicht sein darf, ist, dass wir in den Qualitätsstandards runtergehen, das heißt die Notbremse ziehen, mit Hilfskräften in der Sozialwirtschaft arbeiten und dergleichen mehr. Das darf nicht sein. Ich bin der Meinung, die Qualitätsstandards, die wir jetzt haben, müssen erhalten bleiben.

Ich habe noch eine vierte Anregung, darüber wurde heute genug diskutiert, das ist die Berufsanerkennung von ausländischen Mitbürgern auch gerade im Bereich der Pflege. Da muss schleunigst etwas passieren. Allerdings sage ich auch, das Problem der sprachlichen Kommunikation muss dort natürlich geklärt werden. Aber dafür kann man dann auch Qualifizierung und Ausbildung machen. Ich möchte noch einmal an die beiden Staatssekretäre gerichtet unsere Bereitschaft erklären. Wir würden dort gern unsere Gedanken mit einbringen und mitmachen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat der Abgeordnete Adams.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Debatte ist sehr ausführlich gewesen. Insofern darf ich mich an der Stelle recht kurz halten. Ich möchte aber mit dreimal Danke beginnen zu diesem Antrag. Zunächst möchte ich der Kollegin Holzapfel dafür danken, dass sie sich an die Seite derjenigen gestellt hat, die eine Neuausrichtung der Integrationsdebatte in der CDU und in der Offenheit, in der Willkommenskultur angeregt und eingefordert hat. Da unterstütze ich Sie sehr und dafür möchte ich Ihnen danken. Man muss, das hat die Debatte hier ganz klar gezeigt - ich hätte das ähnlich wie Kollege Lemb nicht gedacht, dass man das sagen muss -, aber man muss der LINKEN danken, dass sie dieses Thema hier eingebracht hat. Denn wir sehen, der Diskussionsstand ist noch nicht gleich, ist noch nicht abgeschlossen. Wir müssen uns ganz außerordentlich mit der Position der FDP auseinandersetzen.

Ich möchte dem Staatssekretär dafür danken, dass er eigentlich gesagt hat, das ist ein vernünftiger Antrag - so habe ich es verstanden. Sie haben viel dazu Bericht erstattet und sich aber auch dazu geäußert, dass es durchaus - so habe ich es verstanden - vernünftige Anregungen sind, die hier gegeben wurden. Insofern freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss. Frau Leukefeld hat das ja schon beantragt, dass wir da in den Ausschuss kommen. Herr

Staatssekretär hat ausgeführt, dass man im Augenblick natürlich leider bei den unter II. angeführten Punkten nicht weiterkommt, einmal im Bundesrat, einmal hier in der Koalition. Das sind die Barrieren, die man im Augenblick noch hat. Da will ich nur einen Appell zum Dranbleiben aussprechen. Da muss man dranbleiben, um diese Barrieren, um diese Blockaden aufzulösen.

Ich würde ganz kurz etwas zu den Forderungen, die unter II. gesagt wurden und die wir Bündnisgrüne mindestens diskussionswürdig, an vielen Stellen absolut unterstützungswürdig finden, sagen wollen. Da ist ein Punkt der Punkt der guten Entlohnung. Hier muss die FDP lernen, dass wir ohne eine ordentliche Entlohnung nicht vorwärtskommen. Sie haben das selbst hinterher gesagt, wir brauchen gute Löhne.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Sie kom- men auch mit den Löhnen nicht vorwärts.)

Mit der Entlohnung kommen wir vorwärts. Ohne Entlohnung geht es ja nicht, Herr Bergner. Wir müssen mit der Entlohnung vorwärtskommen. Da will ich ganz explizit noch einmal auf den Kollegen Recknagel eingehen. Ihre Ausführungen zur Vertragsfreiheit sind absolut zynisch, weil Sie nämlich gerade mit dem Bezug auf die amerikanische Verfassung eine Sache komplett ausgeblendet haben. Diese amerikanische Verfassung ist auch dafür verantwortlich, dass man viele Hundert Jahre später einen Präsidenten braucht, der sagt, ich mache es zu meinem großen Projekt, allen eine Krankenversicherung zu besorgen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kann doch wohl nicht Ihr Ziel und Ihre Vorstellung von einer Gesellschaft sein, dahin zu kommen. Es ist auch zynisch, dass Sie hier achselzuckend dastehen und sagen: Wie, es gibt unfreiwillige Teilzeit? Es gibt jede Menge Menschen, die würden gern eine Vollzeitstelle haben und haben leider nur eine Teilzeitstelle und Sie ignorieren das.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie dann kommen und sagen, wir müssten einfach nur eine Flexibilisierung, eine Novellierung im Arbeitsrecht haben, da muss ich wirklich sagen, das sind alte Kamellen. Mit dieser gleichen Argumentation, dass die Vertragsfreiheit alles regelt, könnten Sie auch alle Arbeitsschutznormen wegmachen, das sollen doch die Leute untereinander aushandeln. Wo kommen wir denn dahin, wo kommen wir denn dahin? Es braucht gesetzliche Schranken für die Vertragsfreiheit, und nur um diese geht es hier. Gesetzliche Schranken für die Vertragsfreiheit ist etwas vollkommen Normales, es hat unserem Sozialstaat, dem Sozialstaatsgebot in unserer Verfassung immer gut getan. Wir lehnen Ihre

(Abg. Kubitzki)

Position, um das mal ganz deutlich zu sagen, ab, ganz deutlich, weil Sie nicht vorwärtskommen werden, den Fachkräftemangel abzubauen, wenn Sie nicht an die Löhne in Thüringen gehen. Wir sind Niedriglohnland und das ist unser Haupthandicap bei der Besorgung von hinreichenden Arbeitskräften.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kritisch zu diskutieren ist von meiner Seite, finde ich, die etwas zu kategorische Formulierung bei der Frage der Leiharbeit. Kollege Lemb steht dem auch sehr kritisch gegenüber, aber auch er hat anführen und zeigen müssen, diese Leiharbeit ist an manchen Stellen eine echte Alternative und sie ist ein vernünftiges Element in diesem Zusammenhang. Also ein generelles Zurückdrängen wird es mit uns dabei nicht geben. Ganz klar ist natürlich auch, dass es hier eine Gleichbezahlung geben muss und das ist relativ einfach, auch hier eine gesetzliche Grenze zu machen, indem man nämlich sagt, dort, wo derjenige eingesetzt wird, gibt es einen Durchschnittslohn für diese Tätigkeit in dem Betrieb und diesen Durchschnittslohn muss er auch bekommen. Wo ist denn das Problem, wo ist den eigentlich das ganze Problem? Ich verstehe es nicht, wo Sie Ihr Problem haben. Qualifizierung ist angesprochen worden, eine ganz wichtige Sache. Wir brauchen gute Bildung.

Jetzt will ich noch etwas sagen zu den Praktika. Es kommt ja immer sehr schnell: Ach, die Oberlehrer von den GRÜNEN. Aber wir stellen gern allen Fraktionen und für die Debatte unsere Regelungen zum fairen Praktikum zur Verfügung. Diese Regelungen begrenzen einmal die Zeit, in der man bei uns ein Praktikum machen kann. Niemand wird bei uns über ein Jahr in einem Praktikum gehalten. Es regelt klar, was die Leute an Geld bekommen müssen und es regelt ganz klar, dass es ein Projekt, eine Aufgabe gibt, so dass die Leute auch etwas lernen, dass es nicht nur darum geht, dass jemand am Kopierer eine Taste drückt oder Ähnliches.

(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: Das schicken Sie mal zum Wirtschaftsminister, das brauchen wir nicht.)

Sie brauchen es nicht, der Wirtschaftsminister braucht es noch, sagen Sie. Wenn er mir das sagt, bekommt er gern unsere Regelungen zu einem fairen Praktikum.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gute Ausbildung, gute Gehälter, alles das wird Thüringen voranbringen, allerdings die alten Kamellen der FDP nicht. Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat Abgeordneter Günther von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, fast am Ende der spannenden Debatte, Herr Adams, möchte ich auch gern noch einmal für meine Fraktion reflektieren und ich möchte mit dem Satz beginnen: Niemals waren mehr Menschen in Deutschland, insbesondere auch hier im Freistaat Thüringen, in Arbeit als gerade jetzt.

(Beifall FDP)

Trotzdem ist es richtig, Fachkräftebedarf ist ein akutes Thema und die Problemlösung ist relativ einfach. Herr Adams, das hat auch Herr Bergner gesagt: Grundsatz ist, guter Lohn für gute Arbeit. Das ist so, dazu stehen wir. Hierzu fordere ich die Unternehmen auch auf. Eines gesetzlichen Mindestlohnes bedarf es, glaube ich, dazu nicht.

(Beifall FDP)

Wir haben einen Fachkräftebedarf von rund - Frau Leukefeld hat es vorhin richtig gesagt -, 200.000 Fachkräften. Dabei geht es bei 180.000 um Neubesetzungen - haben Sie gesagt - und 20.000 Stellen sollen neu aufgrund der prosperierenden Wirtschaft besetzt werden. Auch klar, komme ich wieder dazu: Wirtschaft geht gut und wir können auch mit gutem Recht fordern, dass die Menschen, die arbeiten, auch ordentlichen Lohn bekommen, aber Löhne sind nun mal an Produkte gekoppelt. Ich muss Ihnen das alles nicht noch mal erklären, an welche Bedingungen das geknüpft ist.

Nun teile ich diese Zielgruppen mal ein in zwei Zielgruppen. Einmal in die jungen Menschen, die wir haben und die wir als Fachkräfte gewinnen wollen. Hier, sage ich klar und deutlich, müssen die vorhandenen Instrumente, die wir haben, schlicht und einfach auch viel besser genutzt werden. Wer nutzt von den Unternehmen heute den Berufswahlpass? Wer fragt bei einer Bewerbung nach dem Berufswahlpass? Sie kennen das, es macht keiner.

(Beifall FDP)

Die Instrumente liegen da und werden nicht genutzt. Also fordern wir doch die Unternehmen auf, und das wäre meine Bitte an das zuständige Ministerium, das mit zu kommunizieren. Nutzt die Instrumente im Übrigen auch in Richtung Kultusministerium. Es nützt nichts, wenn Berufswahlpässe in den Aktenschränken verstauben oder der Fachkräfteatlas für die Zukunft Thüringens, der von der IHK zu Ostthüringen entwickelt worden ist, an allen Schulen in meinem Landkreis oder in meinem Wahlkreis vorliegen und niemand kennt das Ding, niemand arbeitet damit. Damit muss man einfach umgehen. Nun nur zweiten Gruppe: Die zweite Gruppe, die wir für unsere Fachkräfte ertüchtigen müssen, das sind schlicht und einfach die älteren Menschen. Die Menschen, die älter sind als 50, die haben eine wesentliche Voraussetzung. Die haben

(Abg. Adams)

alle einen guten Berufsabschluss gemacht und die haben Berufserfahrung. Genau da, denke ich, sollte unsere Forderung - und das vermisse ich in Ihrem Antrag - sein, die Bundesagentur aufzufordern, bei ihrer Vermittlungstätigkeit einfach umzusteuern und auch in der Förderung dafür zu sorgen, bei Vermittlung und Förderung, dass genau diese Menschen nicht in die Zuständigkeit des SGB II kommen, wo sich dort Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt.