Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich frage erneut: Gibt es Wortmeldungen seitens der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Zu Wort gemeldet hat sich der Wirtschaftsminister.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordneten, Politik muss immer über Alternativen nachdenken, das ist richtig.
Wenn Sie hier eine Diskussion darüber führen, was sind denn technologische Alternativen für den Netzausbau, für die Integration der Erneuerbaren und für die Netzstabilität in den nächsten Jahren, da fallen mir viele technologische Innovationen ein, die im Antrag überhaupt nicht vorkommen. Natürlich werden wir in den nächsten Jahren auch Hochtemperaturseile nutzen. Natürlich werden wir Temperaturmonitoring einsetzen, um zu wissen, welche Kapazitäten oder Kapazitätsreduktionen können wir vornehmen. Natürlich wird es in Deutschland HGÜTechnologie geben, also Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetze. Natürlich werden wir in Deutschland eines brauchen, intelligente Netze, die sich z.B. dadurch auszeichnen, dass sie aus dem Netz heraus identifizieren können, wo es noch Speicherkapazitäten gibt. All das wird es geben und all das unterstütze ich. Ich habe z.B. im Zusammenhang mit der dena-Netzstudie I, damals noch aus dem Bundesumweltministerium, mit den EVUs und auch mit der dena den Streit darüber geführt, dass eben in der dena-Netzstudie I z.B. die Frage der alternativen Technologien von HGÜ oder Hochtemperaturseil nicht in die Betrachtung einbezogen ist, weil die EVUs das nicht wollen.
Deswegen bin ich für eines, dass wir technologieoffen sind, dass wir neue Technologie erschließen, allerdings auch ehrlich in der Debatte sind. Es ist schlicht falsch, was hier gesagt worden ist, dass so etwas heute in Deutschland vom Tisch genommen wird. Wer die dena-Netzstudie II liest, der liest auch Folgendes, der liest, dass wir einen Ausbau der Netze aufgrund von konventioneller Technik in der Größenordnung von 3.600 km brauchen, wenn wir andere Technologie einsetzen, wir den Ausbaubedarf auf 1.700 km reduzieren könnten, allerdings das gehört dann auch zu der Wahrheit - bei Verdoppelung der Kosten. Wer auf 1.700 km runter will, muss 17 Mrd. € in die Hand nehmen, statt bei 3.600 km etwa zwischen 8 und 10 Mrd. €. Jetzt will ich das nicht beklagen, ich will damit nur deutlich machen, dass bestimmte Grundannahmen, die in dem Antrag, darauf will ich eingehen, erhoben werden, falsch sind. Deswegen, Frau Enders, das kann ich den Antragstellern auch nicht ersparen: Sie versuchen eine Alternative aufzuzeigen, die am Ende des Tages eben keine ist. Sie ist keine Alternative.
Im Übrigen, dieses, was Sie als Alternative bezeichnen, haben wir - und ich habe es selber gefragt - in der Anhörung, die es im Landtag gab, abgefragt. Was habe ich dort gefragt? Wenn man bestimmte Technologien, z.B. Hochtemperaturseile, denn benützen würde, welche zusätzlichen Kapazitäten kann ich darüber mobilisieren? Die Antwort
lautete: zwischen 0,8 und knapp 2 Gigawatt. Was wir aber brauchen an Zubau, ist die Kapazität von 5 Gigawatt. Das heißt, selbst wenn ich die Technik installieren würde, komme ich nicht daran vorbei, trotzdem die Leitung zu bauen. Das ist die Realität.
Deswegen ist der Antrag falsch, weil er eine technologische Alternative beschreibt, die am Ende des Tages keine ist, weil wir einen höheren Zubaubedarf haben auch auf der Strecke, um die es hier geht.
Deswegen ist das alles sehr nett, nur Ihre Begründungen stimmen vorne und hinten nicht. Es ist im Übrigen auch falsch, dass das Ganze kostengünstiger ist.
Ich würde trotzdem den Weg mitgehen, dass man auch in solche Technologien investiert, auch wenn der Kostenbedarf entsprechend höher ist.
Jetzt mal zu den Alternativen: Herr Adams, ich kenne den Plan N auch. Ich kenne auch den DUH, ich kenne auch Herrn Baake und ich kenne auch viele Leute vom Öko-Institut. Herr Baake und größere Teile des Öko-Instituts sind diejenigen, die sagen, wer die Erneuerbaren will, der braucht in den nächsten Jahren Netzausbau.
Das sagt Herr Baake und das sagt auch das ÖkoInstitut. Der Plan N, ich sage mal, alles, was da drinsteht, kann ich in weiten Teilen unterschreiben, überhaupt gar kein Problem.
Diese Aussagen, die dort getroffen werden, helfen uns aber bei der konkreten Entscheidung über dieses Projekt keinen Millimeter weiter - das tut mir leid -, denn am Ende ist Politik immer konkret.
An dieser Konkretheit und an dieser Entscheidung kann man sich dann auch nicht vorbeidrücken. Die Alternative, die hier aufgebaut wird, ist eine Scheinalternative. Die Alternative, die da lautet, Netzumbau statt Netzausbau, ist eine falsche Alternative, ist eine Scheinalternative, denn was wir in den nächsten Jahren brauchen, ist Netzumbau und Netzausbau. Das ist die Realität in Deutschland
und das müssen wir machen. Dazu brauchen wir ganz neue Instrumente. Ich sage z.B., wir brauchen in Deutschland eine Bundesnetzwegeplanung. Dann bin ich dafür, dass ähnlich wie bei der Bundesverkehrswegeplanung eines passiert, das wird
im Parlament verabschiedet, alle wissen Bescheid, es gibt ein parlamentarisches Verfahren und wir legen die Strecken fest. Dafür bin ich und dann hätten wir auch ein transparentes, demokratisch legitimiertes Verfahren. Da bin ich sofort dabei. Da können wir uns gern auf den Weg machen im Bund. Ich weiß, auch die Bundesregierung denkt über solche Dinge nach, weil das ein Beitrag zur wirklichen Beschleunigung wäre.
Jetzt kommen wir zu meinem letzten Punkt. Das meine ich auch an diejenigen, die hier diese Debatte führen. Ich sage Ihnen eines, ich mache mir um eine Frage große Sorgen und die heißt: Die Energiewende in Deutschland kommt zum Erliegen, weil wir die Voraussetzungen, nämlich über den Netzausbau, um mehr an Erzeugungskapazität aus Erneuerbaren an den Markt zu bringen, nicht schaffen. Ja, das ist so. Schauen Sie, ich habe mit mehreren Energieversorgern gesprochen, die haben gesagt, Herr Machnig, ich will Ihnen eines sagen, da machen wir es am Ende so und wenn wir dann zu viel Bedarf haben, z.B. an Wind oder anderen fluktuierenden Energieformen, da machen wir Folgendes, dann nehmen wir die vom Netz. Ich will einmal sagen, was es heißt. Damit ist das wichtigste Instrument des EEG, nämlich dass es einen Einspeisevorrang gibt für die Erneuerbaren, in der Sekunde gekippt. Wenn das kommt, hat das dramatische Konsequenzen für die Energiewende. Das hat dramatische Konsequenzen für die Investitionssicherheit, z.B. von vielen Unternehmen. Das ist nämlich im Kern neben der Vergütung der wichtigste Faktor im Erneuerbaren Energien-Gesetz. Deswegen, wer heute keinen Beitrag dazu leistet, dass wir die notwendigen Netzkapazitäten in den nächsten Jahren schaffen, der riskiert eines, dass die Energiewende in Deutschland eben dann doch nicht kommt und dass wir gute Argumente liefern, zu sagen, wir müssen dann den Vorrang Erneuerbarer, etwa wie es im EEG geregelt ist, kippen. Ich sage eines voraus, Frau Enders, damit Sie es wissen, im nächsten Jahr haben wir turnusgemäß eine Überprüfung des EEG, was ich auch richtig finde. Ich weiß, es gibt schon den einen oder anderen, der ist schon unterwegs in Berlin, der sagt, pass auf, dann gehen wir an dieses Instrument heran und dann haben wir eines erreicht, das wichtigste Instrument zur Förderung von erneuerbaren Energien in Deutschland ist entwertet. Deswegen lassen Sie uns eines machen, lassen Sie uns nicht falsche Alternativen aufbauen. Es ist eben nicht richtig, nur vom Netzumbau zu reden, sondern wir brauchen beides.
Der letzte Satz, den ich sagen will, ist der Folgende: Ich halte es für nicht verantwortbar, die 380-kVLeitung auf die Ebene von Stuttgart 21 zu stellen.
Ich sage Ihnen auch warum. Natürlich muss man auch bei Stuttgart 21 die Frage beantworten, ist der enorme Investitionsbedarf, der mit dem Projekt verbunden ist, eigentlich verkehrswirtschaftlich zu rechtfertigen, also sind die enorm hohen Zusatzkosten, die durch das Projekt entstehen, eigentlich auch ein Zugewinn an verkehrswirtschaftlichen Möglichkeiten. Die Anhörung im Stuttgarter Landtag hat zumindest eines deutlich gemacht, die Kosten stehen nicht unmittelbar im Zusammenhang für verkehrswirtschaftliche Zugewinne. Das ist die Form von Protest, die es dort gibt. Deswegen sage ich, das halte ich für legitim.
Hier ist es anders, hier ist es so, dass wir eine Leitung haben, die nicht substituierbar ist, auch nicht durch die technologischen Alternativen. Die Zahlen habe ich doch genannt, die haben Sie auch gehört im Rahmen der Anhörung. Deswegen plädiere ich für eines - lassen Sie mich das noch sagen -, dass wir uns natürlich der Debatte weiter stellen. Sie wissen, ich habe mich z.B. mit den Bürgerinitiativen getroffen. Sie wissen, dass sowohl CDU als auch meine Fraktion mitgeholfen haben, dass wir noch einmal im Thüringer Landtag eine Anhörung zu dem Thema hatten, wo wir alle - EU, Bundesregierung usw., auch die Initiativen- am Tisch hatten. Ich finde, das macht eines deutlich: Wir stellen uns gemeinsam der Diskussion, Herr Worm oder Herr Weber, wir stellen uns doch der Diskussion jeden Tag, aber eine Diskussion muss dann auch ehrlich und auf der Grundlage von Fakten geführt werden. Das heißt dann auch, dass man bestimmte Dinge anerkennt. Deswegen würde ich für eines plädieren: Lassen Sie uns immer wieder nach Optionen, Innovationen suchen, aber lassen Sie auch mit aller Klarheit sagen, wir brauchen in den nächsten Jahren den Zubau, wir brauchen diese Leitung. Wer die Energiewende in Thüringen und in Deutschland will, der muss sich auch für diese Leitung engagieren. Ich werde das in jedem Fall tun. Ich hoffe, viele von Ihnen sind dabei. Herzlichen Dank.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Enders. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Minister, Sie haben recht, es ist eine Anhörung im Thüringer Landtag im Fachausschuss durchgeführt worden zur Notwendigkeit der 380-kV-Leitung. Meine Frage an Sie: Wissen Sie, was das Ergebnis der Anhörung war, welcher Beschluss dann von dem entsprechenden Fachausschuss getroffen worden ist?
Weil Sie dieser Anhörung eine so große Bedeutung beimessen. Das Ergebnis der Anhörung war: Der Fachausschuss nimmt die Anzuhörenden zur Kenntnis. Das war das Ergebnis der Anhörung, die einen ganzen Tag und einen ganzen Abend gedauert hat.
Ich kann Sie aber beruhigen. Es kann ja sein, dass das so beschlossen worden ist. Ich kann sagen, was ich gemacht habe. Ich habe in meinem Hause den Auftrag gegeben, dass wir diese Anhörung, und zwar schriftlich, intensiv auswerten. Alle Argumente sind in meinem Hause noch einmal zusammengetragen worden. Dann habe ich eines gemacht, ich habe die Einschätzung dieses Berichts dem Kabinett zur Verfügung gestellt. Damit das klar ist, was der Ausschuss tut, das habe ich nicht zu bewerten, aber ich sage eines für die Landesregierung und für die Kollegen der Landesregierung, wir haben auf der Grundlage eines Berichts meines Hauses, das alle Argumente gewürdigt hat, uns mit der Anhörung auseinandergesetzt und dabei eines festgestellt: Die Anhörung hat am Ende, insbesondere was die Kapazitäten angeht, die wir zukünftig für die Übertragung brauchen, keine neuen Erkenntnisse gebracht - zumindest in keinem Fall die Erkenntnis, dass ich durch den Einsatz neuer Technologien auf die 380-kV-Leitung verzichten kann. Das hat sie nicht gebracht. Diesen Anschein sollte man auch nicht erwecken. Im Übrigen können und werden Sie diesen Anschein auch mit Ihrem Antrag nicht erwecken können.
Sie haben gesagt: Sie haben die Argumente der Anzuhörenden im Kabinett ausgewertet und Sie sind zu der Auffassung gekommen, dass in keiner Weise der Bau der 380-kV-Leitung durch verschiedene Alternativen verhindert werden kann. Ich hätte gern noch einmal gewusst: Haben Sie sich einmal ganz intensiv mit den Lastflussanalysen auseinandergesetzt?
Ich kann mir das nicht vorstellen, dass Ihr Haus in irgendeiner Weise eine Bewertung vornehmen kann, was die Leitungskapazitäten anbetrifft. Hat man eine Auswertung gemacht, hat man sich mit den Lastflüssen auseinandergesetzt, hat man geschaut, hat man einmal beide Projekte gegenübergestellt den Neubau und den Netzumbau? Wenn das so wäre, könnten Sie mir das einmal zur Verfügung stellen. Das würde mich schon einmal interessieren.