Protocol of the Session on January 26, 2011

Es ist dennoch gut, dass wir uns heute im Rahmen einer Aktuellen Stunde zur Thematik austauschen. Ein Antrag, liebe Kollegen von der SPD, wäre ein Plakatantrag geblieben. Wir nehmen ihn aber gern

auf unserem Weg, den wir mit Thüringen 2020 überschrieben haben, mit.

Ein zentraler Bestandteil dieser Gesamtstrategie ist, die Aufgaben der Kommunen auf ihre Notwendigkeit, ihren Umfang und ihre Zuordnung hin zu überprüfen und die bisherige Finanzierung des angemessenen Finanzbedarfs der Thüringer Kommunen durch eine Novelle des Finanzausgleichs neu zu ordnen. Denn im Moment scheint es - wie auch im Einzelplan 17 zu erkennen ist -, dass der Rückfluss vom Bund für Kfz-Steuern die Sonderbedarfszuweisungen infolge der Übertragung der Ertragshoheit über die Kfz-Steuer mit 230.482.200 € in das Land rückfließen lassen. Das Land lässt über den KFA 206.000 € und nimmt 35 Mio. € selbst für den Straßenbau in die Hand. Das heißt also, fast die gesamte Summe des Rückflusses vom Bund an das Land gehen über den Kommunalen Finanzausgleich in das Thema Straßenerhaltung, -unterhaltung.

Wir haben nun heute, denke ich, drei Möglichkeiten. Es sollte ja bekanntlich immer mehrere Möglichkeiten geben. Wir haben drei Möglichkeiten. a) Jeder ist für sein Gebiet, seine Aufgabe selbst zuständig und schichtet seinen Haushalt demzufolge um. Wir haben b) die Möglichkeit - jeder kennt L.A. in den Vereinigten Staaten, aber jeder kennt auch NO, das ist also Niederorschel. Falls einer NZ noch nicht kennt, das ist Niederzimmern. Dort hat der Bürgermeister Schlaglöcher bekanntlicherweise im vorigen Jahr mit Erfolg versteigert. Auch dies wäre eine Möglichkeit die Lücke im Finanzbedarf zu schließen.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Das kann doch wohl nicht wahr sein.)

Oder wir hätten c) die Möglichkeit für alle die, die Güte der Frühgeburt - also im Sinne der Frühgeburt vor 1949 geboren zu sein -, nämlich des Gegenplans. Die Gegenplanbewegung hatte ja damals folgenden Inhalt: Man weiß, man kann nur viermal, verpflichtet sich aber für achtmal. Das heißt also, ich nehme die 206 Mio. €, erkläre sie für 412 Mio. €, das ist zwar mehr Wert, aber es ist nichts, es ist nichts drin in diesem Topf außer nur 206 Mio. €.

Herr Abgeordneter, nicht mehr so viele Punkte, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Jeder nimmt sein Gebiet und seine Straßen in seine Zuständigkeit und arbeitet sie ab. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, den Winter gab es ja 1992 auch schon. Ich habe aber trotzdem nichts dagegen, dass die SPD-Fraktion den Winter von 2010 als Anlass nimmt für eine Aktuelle Stunde.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Den Witz habe ich jetzt nicht verstanden.)

(Heiterkeit CDU)

Wir finden es unehrlich und auch populistisch, nach Sondermitteln für die Schlaglöcher zu schreien, die Kommunen schreien nach dem Land, das Land schreit nach dem Bund, nach Ihrer Lesart, das ist unwürdig, es ist auch unehrlich.

(Unruhe CDU)

Da muss ich mich jetzt einmal an DIE LINKE wenden. 30 Mio. € zu fordern, wenn man gleichzeitig den Haushalt konsolidieren will, das haben Sie bei der Haushaltsdebatte gesagt, dann sollte man wenigstens sagen, woher dieses Geld kommen soll oder wo wir die 30 Mio. € sonst nicht ausgeben wollen in diesem Haushalt. Das habe ich von Ihnen noch nicht gehört.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

SPD und FDP wollen die finanzielle Verantwortung einfach auf den Bund verlagern. Vielleicht glauben sie, dass der Bund selbst keine Schlaglöcher zu flicken hat. Wir stellen immer wieder fest, dass harte Winter ein Problem sind. Ich schlage vor, dass, wenn wir - um das Bild eines Hauses zu nehmen feststellen, dass ein Balken immer wieder durchbricht, dann sollten wir uns überlegen, ob an der Gesamtkonstruktion des Hauses vielleicht etwas nicht stimmt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein ganz kleiner Schritt ist, dafür zu sorgen, dass man die Straßenschäden in Grenzen hält. Da kann man - nicht zu einem hohen Prozentsatz, aber immerhin - über die Art des Winterdienstes einiges erreichen. Ich weiß, dass die Stadt Erfurt auf Empfehlungen von Kali + Salz zurückgreift, wenn sie ihren Winterdienst plant. Das ist zumindest fragwürdig. Wir sollten auch die Potenziale nicht verkennen, indem wir den Winterdienst mit anderen Ländern vergleichen, die an vielen Stellen nur räumen, eine feste Schneedecke liegen lassen, auf der man auch sicher mit einem Pkw fahren kann. Das hilft zumin

dest finanziell, indem man weniger Streusalz braucht, und auch für etwas weniger Straßenschäden. Ich glaube, der letzte Winter könnte dazu beitragen, aus diesen Erfahrungen zu lernen und es das nächste Mal noch besser zu machen.

Das viel Schwierigere, nämlich die Konstruktion des ganzen Hauses, dazu komme ich jetzt, zu betrachten, hieße, endlich eine realistische Verkehrspolitik zu machen in diesem Land. Das gilt sowohl für den Bund, das gilt auch für die Bundesländer. Dazu möchte ich ein kurzes Zitat vorlesen aus news.de vom 04.06.2010: „Erst ein Spatenstich, dann das Durchschneiden des roten Bandes - für Provinzpolitiker gibt es keinen größeren Erfolg als die Einweihung einer neuen Ortsumfahrung.“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So ähnlich können Sie das auch in der Wirtschaftswoche nachlesen. Sie kennen vielleicht die Ausgabe mit dem Auto, was im Schlagloch verschwindet ein hochinteressanter Artikel. Dort ist es ein bisschen anders formuliert, nämlich dass schnöde Sanierung einfach nicht so attraktiv ist wie ein Band zu durchschneiden. Da sind wir auch bei dem Problem, was der Bund hat und was auch die Länder haben, dass beim Thema Straßen einfach keine Prioritäten gesetzt werden. Wir können nicht neue Straßen bauen, diese erhalten, die Schlaglöcher flicken, einen starken ÖPNV haben und den Haushalt konsolidieren. Da müssen Sie schon sagen, wo Sie die Prioritäten setzen wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alles auf einmal geht nicht. Selbst das Bundesverkehrsministerium sagt, dass das Geld für die Erhaltung des Netzes einfach nicht reicht. Nur frage ich mich dann: Was leitet man daraus her? Was sind dann die Konsequenzen? Ich vermisse, dass endlich die lange Liste der Bauprojekte im Bundesverkehrswegeplan so priorisiert wird, dass es Sinn macht.

Ein anderer Webfehler in diesem Zusammenhang ist, dass die Länder einfach ihre Wunschzettel anmelden von Straßenbauprojekten; diese „WünschDir-Was-Politik“ muss endlich ein Ende haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Beispiel könnte sein: Die Länder bekommen feste Budgets, dann würde die Straßenplanung in diesem Land ganz anders aussehen, das kann ich Ihnen prophezeien. Wir wissen auch, dass die Berechnung von Nutzen-Kosten-Faktoren auf Prognosen beruhen, die zum Teil dann gar nicht eingetreten sind. Das beste Beispiel, was wir hatten, ist die B 247, die Ortsumfahrung; es ist keine Ortsumfahrung, sondern es ist eine neue Trasse Worbis-Wintzingerode. Dort ist mit 12.000 Kfz gerechnet worden; wir sind aber nur bei 6.000 gelandet, mit abnehmender Tendenz. Wir sollten erkennen, dass

wir in Thüringen steigenden Güterverkehr haben, das stimmt. Der Quell- und Zielverkehr nimmt aber ab. Für diesen Güterverkehr, der leider immer noch zu viel auf der Straße fährt, brauchen wir ein leistungsfähiges Straßennetz. Das haben wir in Form der Autobahnen. Wir sollten alles daran tun, die Laster über diese A 38, A 4, A 9, A 71 zu schicken und damit die Orte zu entlasten, vor allem auch vom Lärm. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Aus der Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Abgeordneter Kuschel gemeldet. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Schubert, zu unserem Vorschlag für dieses Sofortprogramm verweise ich auf unseren Gesetzentwurf in der Drucksache 5/2157, dort haben wir auch - aus meiner Sicht - sehr seriös die Finanzierung dargestellt, ohne uns von den Grundsätzen, die wir in der Haushaltsdiskussion formuliert haben, zu verabschieden. Dazu haben wir wahrscheinlich heute noch Gelegenheit zu diskutieren. Es ist festgelegt worden, dass die Gesetzentwürfe heute abgearbeitet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Thüringer Kommunen sind verfassungsrechtlich Bestandteil des Landes, auch mit der Besonderheit, dass die Selbstverwaltungsorgane demokratisch gewählt wurden. Insofern haben wir als Landesgesetzgeber, als Land, die Verantwortung, eine angemessene Finanzausstattung zu sichern. So sieht es auch das Verfassungsgericht und hat uns 2005 hier ganz konkrete Vorschläge gemacht. Da finde ich es wenig hilfreich, wenn Herr Wetzel hier in dem Zusammenhang einfach sagt, die Kommunen sollen einmal selbst diese Straßen finanzieren. Nein, wir sind in der Verantwortung. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Kommunen eine angemessene Finanzausstattung haben.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Möglichkeiten der Kommunen eigene Einnahmen im Bereich der Steuern und Einnahmen aus Verwaltung und Betrieb zu generieren, sind begrenzt. Die Kommunen haben kein eigenes Steuerfindungsrecht, sondern die Steuerkompetenz liegt beim Bund. Unsere Landesregierung vertritt dabei die Landes- und Kommunalinteressen. Da darf ich nur darauf verweisen, auch das wird heute noch einmal Gegenstand sein, wenn es um unseren Gesetzesentwurf geht, dass in den letzten Jahren durch Steuerrechtsänderungen dort erhebliche Eingriffe vonstatten gegangen sind. Da finde ich es schon erstaunlich, wenn Frau Doht hier so tut, als sei die

Finanzsituation der Thüringer Kommunen vom Himmel gefallen, naturgegeben. Nein, Politik hat dafür Sorge getragen, dass sich die Thüringer Kommunen in einer derart prekären finanziellen Situation befinden.

(Beifall DIE LINKE)

Und da war seit 1999 die SPD immer mitbeteiligt, zunächst in der rot-grünen Bundesregierung, dann in der Großen Koalition mit der CDU, zumindest bis zum Jahre 2009. Wenn es hier jetzt ein Umdenken der SPD gibt, dann laden wir die SPD sehr gern ein, sich unserer Kampagne „Kommunen in Not“ hier anzuschließen.

(Beifall DIE LINKE)

Dazu werden Sie am Freitag wieder Gelegenheit haben und dann können auch Ihren Worten Taten folgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alternativ könnten wir den Kommunen Aufgaben entziehen, wenn wir sie nicht angemessen finanzieren können. Das hat das Verfassungsgericht als Option eröffnet. Aber was machen wir gerade im Bereich Winterdienst? Wir übertragen den Kommunen zusätzliche Aufgaben. Denn sie müssen für uns, für das Land, zum Beispiel die Ortsdurchfahrten, also die Landesund Bundesstraßen, mit räumen. In einem sehr komplizierten Verfahren können sie möglicherweise für den Abtransport von Schnee noch etwas Geld bekommen. Das hilft aber alles nicht tatsächlich weiter. 20 Mio. € für den Winterdienst sind zu wenig und hinzu kommt, dass bei der Bedarfsermittlung die Aufwendungen für die Straßensanierung überhaupt nicht mit eingerechnet sind. Insofern ist auch die Aussage des zuständigen Fachministers, Herrn Carius, an Zynismus nicht mehr zu überbieten, wenn dieser sagt, die Kommunen sollen das selbst finanzieren und sollen einfach in ihrem Haushalt etwas umschichten. Ich wiederhole noch einmal, es geht in etwa um 300 Mio. €. Das sollen Sie einmal vormachen, wie das geht.

Die Forderung nach einem Bund-Länder-Programm, die die SPD jetzt aufgemacht hat, ist ein typisches Verhalten, wie man von der eigenen Verantwortung sehr geschickt ablenken kann. Nach dem Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit schiebt man einer anderen föderalen Ebene die Verantwortung zu und sagt, aber wir nicht. Aus unserer Sicht ist die Landesregierung immer ermächtigt, mit dem Bund zu verhandeln, auch über Geld. Aber das darf nicht dazu führen, dass man sich aus der eigenen Verantwortung stiehlt. Dazu brauchen wir ein Sofortprogramm. Darüber werden wir aber an anderer Stelle heute noch zu reden haben. Im Übrigen, der zuständige Bundesverkehrsminister, Herr Ramsauer, hat noch einmal darauf verwiesen, aus meiner Sicht zu Recht, dass im Ergebnis der Föderalismusreform I und II, Bundesmittel unmittel

(Abg. Schubert)

bar an die Kommunen durchzureichen, an verfassungsrechtliche Schranken stößt. Wir haben dieses Föderalismuskonzept kritisiert, aber es ist nun einmal so.

Die SPD hat öffentlich angekündigt, heute dem Landtag einen Antrag für ein Bund-Länder-Programm vorzulegen. Das vermissen wir. Ich gehe davon aus, es wird noch ein entsprechender, vielleicht Dringlichkeitsantrag werden. Unsere Unterstützung würde dieser finden. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen seitens der Abgeordneten? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Der Minister Carius hat sich für die Landesregierung zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist in der Tat wieder sehr viel gesagt worden. Herr Kollege Untermann, zu Ihrem Wortbeitrag bleibt mir nicht wirklich viel zu sagen, außer, dass ich das Gefühl habe, es ist ein Beitrag zur Führungsdebatte in der FDP und bereichert sicher die Vielfältigkeit. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass alles das, was Sie gesagt haben, je auf einem Bundesparteitage der FDP überhaupt eine Mehrheit findet.

Insofern nehme ich das jetzt mal an dieser Stelle nicht weiter ernst und komme zu dem Punkt, den Herr Kuschel gerade eben aufgemacht hat. Jetzt will ich gar nicht sagen, dass die Kommunen sich aus der Verantwortung stehlen, aber eine gewisse Parallelität drängt sich schon auf von dem, was Sie gesagt haben. Zuerst nimmt man seine eigene Verantwortung wahr, bevor man an die nächste Ebene geht. Ich glaube, es geht völlig an den Realitäten vorbei, wenn Sie hier behaupten, wir würden die Kommunen nicht angemessen ausstatten. Wenn die Kommunen vom Landeshaushalt rund 2,7 Mrd. € bekommen, dann ist das allemal eine angemessene Finanzausstattung, in deren Rahmen sie ihre Aufgaben grundsätzlich auch erfüllen können.