Protocol of the Session on January 19, 2011

Es ist als Erstes die Fortberatung des Berichts im Sozialausschuss beantragt worden. Hier muss ich aber alle Fraktionen, die der Beratung des Berichts zugestimmt haben, fragen, ob Sie dem Antrag zustimmen? Die CDU-Fraktion signalisiert nein. Damit brauche ich diesen Antrag zur Fortberatung gar nicht abstimmen lassen.

Ich stelle allerdings fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist. Erhebt sich dagegen Widerspruch? Das ist nicht der Fall.

Nun kommen wir zur Nummer II des Antrags. Hier ist die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Die Stimmen kommen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die Stimmen aus den Fraktionen CDU und SPD sind eine Mehrheit. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit hat eine Mehrheit die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt.

Damit kommen wir direkt zur Abstimmung über die Nummer II aus dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/1528. Wer diesem zustimmt, den bitte um das Handzeichen. Das sind die Mitglieder der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen CDU und SPD. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion der FDP. Mit Mehrheit ist die Nummer II des Antrags abgelehnt.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 5 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Verbindliche Hygienevorschriften in Thüringer Krankenhäusern Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1530

Die Fraktion DIE LINKE hat signalisiert, dass Frau Abgeordnete Stange das Wort zur Begründung erhalten möchte. Bitte, Frau Abgeordnete Stange.

Danke, Frau Präsidentin. Werte Abgeordnete, stellen Sie sich folgende Situation vor und, ich denke, jeder von Ihnen hat in den letzten Wochen leider Gelegenheit gehabt, dies sich auch vorstellen zu können:

Eine rüstige Rentnerin, ein rüstiger Rentner stürzt u.a. aufgrund der Witterungsverhältnisse und bricht

(Abg. Kubitzki)

sich den Oberschenkelhals. Er oder sie kommt ins Krankenhaus, wird mit dem Bruch gut versorgt, alles scheint in Ordnung zu sein. Und dann? Dann passiert das, was man eigentlich niemandem wünscht, es kommt zu einer Infektion und gut zwei Wochen später verstirbt der Patient. Die deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene schätzt ein, dass jährlich 40.000 Patienten in Deutschland an einer Krankenhausinfektion mit gefährlichen Keimen sterben. Eine Zahl, die uns sicher alle alarmiert.

DIE LINKE legt heute mit unserem Antrag, der ja auch schon seit mehreren Monaten vor uns hergeschoben wird, noch einmal den Finger in die sogenannte Wunde und will sich dafür stark machen, dass eine Hygieneverordnung, die es ja bis heute in Thüringen nicht gibt, auf den Weg gebracht wird. Was könnten wir damit bezwecken? Wir würden damit erstens die Prävention durch den Einsatz von Hygieneärzten, Hygienebeauftragten und Fachkräften ermöglichen und zweitens natürlich auch eine regelmäßige Beratung durch diese Fachleute in den stationären Bereichen sicherstellen. Da es und das wissen sicher auch die meisten hier im Hause - momentan nicht genügend ausgebildete Hygienefachkräfte gibt, muss es also unbedingt Regelungen geben, die einen kompletten Umbau auch in der Ausbildung mit sich einher führen. Dass wir mit unserem Antrag nicht so verkehrt liegen, das hat auch Pressemeldungen zufolge in Berlin schon Wellen geschlagen, so vermuten wir, denn die Große Koalition bereitet im Moment einen Gesetzentwurf vor, den wollen wir gern mit unserem Antrag unterstützen im Interesse der Patientinnen und Patienten. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Ich eröffne die Aussprache und rufe als Ersten für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Gumprecht auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf mit einem Zitat beginnen: „Die vornehmste Aufgabe eines Hospitals ist es, Kranke nicht weiter zu beeinträchtigen.“ Diese Hygieneforderung äußerte Florence Nightingale, die Begründerin der britischen Krankenpflege, bereits 1859. Heute, 150 Jahre später, hat diese Forderung nichts an Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil, die Erreger passen sich heute besser denn je an das jeweilige Klinikmilieu an, und das in besonderer Weise so sehr, dass sie gegenüber gewöhnlichen Keimen Vorteile haben und diese sogar verdrängen. Ja, das ist bedrohlich, bedrohlich deshalb, weil der Patient der Leidtragende ist, der ohnehin durch seine Krankheit in der Immunabwehr geschwächt ist.

Die Frau Ministerin wird uns sicherlich noch darüber berichten, welche Maßnahmen Thüringen bereits getroffen hat und welche gerade auch hier im Lande schon vorliegen. Ich möchte aber auch darauf verweisen, dass gerade die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für alle Kliniken natürlich eine enorme Bedeutung haben, und jeder, der das Thema ernst meint, beschäftigt sich auch damit. Diese Empfehlungen des Koch-Instituts sollen eine reibungslose Umsetzung des Gesetzes zur Krankenhaushygiene und zum Bundes-Immissionsschutzgesetz für die Einrichtungen der Krankenhäuser, für die Einrichtungen des ambulanten Operierens und für die Eingriffsmöglichkeiten der Aufsichtsorgane ermöglichen. Die Empfehlungen des Robert-KochInstituts betreffen die Erstellung der Umsetzung von Hygieneplänen und viele andere Maßnahmen, darunter auch die Ausbrüche sogenannter nosokomialer Infektionen. In Thüringen - und nun konkret auch für uns bezogen - sind die Gesundheitsämter der Landkreise und der kreisfreien Städte in Verbindung mit dem Landesverwaltungsamt mit der Kontrolle der Hygiene beauftragt. Ich weiß vom Hörensagen, dass die Kontrolle in unterschiedlichster Qualität erfolgt, und zwar aus personeller Situation heraus. Die Verantwortung liegt bei den jeweiligen Landräten und Oberbürgermeistern. Ich appelliere von hier aus gerade an die Verantwortungsträger, ihrer Verantwortung nachzukommen und die personelle Besetzung in den Gesundheitsämtern zu gewährleisten. Die Sicherung der Hygiene ist nicht allein durch mehr Vorschriften möglich, sondern bedarf einer disziplinierten Umsetzung in der Kontrolle.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich als Beispiel die Hygieneordnung des Klinikums Altenburger Land anführen. Die erste Fassung - ich kenne sie - entstand im Jahr 2002. Bis 2007 wurde sie sehr intensiv überarbeitet und ist äußerst umfangreich. Wer Interesse hat, sollte die jeweilige Klinik aufsuchen und sich das vorlegen lassen. Sie regelt nicht nur die Verantwortlichkeiten, sondern auch die Frage der Desinfektion, der Sterilisation, die fachlich spezifischen Festlegungen und Maßnahmen beispielsweise bei MRSA, darüber hinaus Hygienepläne für alle Bereiche, Desinfektionspläne, Kontroll- und Überwachungsplan für die Kliniken - also eine Riesenpalette an Maßnahmen. Weitere Details möchte ich mir hier ersparen. Heute ist es bereits Standard, an Patienten mit MRSA-Verdacht bei deren Aufnahme in der jeweiligen Klinik eine Schnelluntersuchung durchzuführen. Das ist eine neue Technologie, wenn ich recht weiß, eines Jenaer Unternehmens. Bei den Hygienekontrollen in einem Krankenhaus hat man von der Luftfahrt gelernt. Checklisten werden in ähnlicher Weise wie sonst beim Flugzeug abgefragt. Das führt natürlich auch zu einer merklichen Reduzierung von Verstößen.

(Abg. Stange)

Meine Damen und Herren, wer in den jeweiligen Aufsichtsgremien der Krankenhäuser ist, kennt auch die Jahresberichte und Sie können es ja auch im Internet der jeweiligen Klinik entnehmen. Auch darin nehmen Hygienemaßnahmen inzwischen einen sehr, sehr großen Raum ein. Manch ein Patient richtet seine Entscheidung für eine bestimmte Klinik auch an der Hygienequalität der Klinik aus.

Meine Damen und Herren, mit dem Abschluss des 6. Krankenhausplans ist nun wieder die Forderung nach einer zügigen Novellierung des Thüringer Krankenhausgesetzes aktuell im Koalitionsvertrag vereinbart. Darin werden wir der Krankenhaushygiene - und da sind wir uns mit dem Ministerium und der Ministerin einig - einen hohen Stellenwert einräumen.

Für mich hat der Aufbau regionaler Netzwerke zur Problematik MRSA höchste Priorität. Der Freistaat Sachsen hat ein Projekt bereits im Sommer letzten Jahres gestartet. In Thüringen fand im November ebenfalls eine Auftaktveranstaltung - wie ich mich habe informieren lassen von unserem Gesundheitsamt - mit den Verantwortlichen der Gesundheitsämter statt, nämlich mit dem Ziel solcher regionalen Netzwerke. Die Gesundheitsämter werden darin eine zentrale Rolle einnehmen. Das sind konkrete Schritte, die auch konkrete Ergebnisse bringen. Mit dem Infektionsschutzgesetz wird sich auch der Bundesgesetzgeber beschäftigen. Wer sorgsam die Pressemeldungen verfolgt hat, kann dies entnehmen. Ein Eckpunktepapier liegt schon vor.

Meine Damen und Herren von der LINKEN, Ihr Antrag ist entbehrlich, wir lehnen ihn ab.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält Frau Abgeordnete Siegesmund das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema Krankenhaushygiene hat im Zuge der tragischen Vorfälle im Mainzer Klinikum im vergangenen Jahr einen hohen öffentlichen Stellenwert bekommen. Daraufhin wurde debattiert, diskutiert, nicht nur in Zeitungen, sondern auch hier jetzt im Landtag bzw. über eine Kleine Anfrage haben wir das Thema auf das Tableau gehoben und erachten es auch für notwendig, heute darüber zu sprechen. Ich bin Herrn Gumprecht sehr dankbar für die notwendige Sachlichkeit der Ausführungen, die ich jetzt hier erlebt habe. Das begrüße ich sehr.

Was ich auch begrüße ist die Initiative der Ministerin, die dem Ganzen eben nicht nur aufgrund der Ereignisse in Mainz die kurze notwendige mediale

Aufmerksamkeit schenkt, sondern darüber hinaus das Ganze auch thematisieren will. Sie sagten, wir beginnen mit der Gesetznovelle unmittelbar nach dem Abschluss der Arbeiten am 6. Krankenhausplan. Das ist gut so, das begrüßen wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Denn wir und Experten gehen davon aus, dass jährlich rund 800.000 vermeidbare Infektionen in Kliniken stattfinden, die natürlich, wenn es Mechanismen gäbe, wenn es andere Regelungen gäbe, nicht stattfinden müssten. Davon sind übrigens viele verschiedene Häuser betroffen. Das betrifft Universitätskliniken genauso wie kommunale Häuser, private Träger und Pflegeeinrichtungen.

Es gibt fünf Bundesländer, Bayern übrigens als sechstes seit dem 01.01.2011, die verbindliche Regelungen für die Krankenhaushygiene geschaffen haben. Denn 80 Prozent aller deutschen Krankenhäuser verfügen noch über gar keine speziell ausgebildeten Hygieniker. Man sieht in verschiedenen Ländern schlicht den Bedarf, nachzusteuern. Da ist in den vergangenen Jahren offenbar nicht viel thematisiert worden, nicht viel besprochen worden. Wenn ich mir allein § 22 mit der Krankenhaushygiene ansehe in dem entsprechenden Gesetz, und sehe, das ist eine halbe Seite von Kann- oder mehr oder minder dezidierten Bestimmungen, dann begrüße ich noch mal umso mehr, dass wir uns darüber unterhalten.

Worüber reden wir insgesamt? Wir reden insgesamt in Deutschland über rund 75 Hygienefachärzte. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was das heißt. Das ist eine lächerliche Zahl, wenn man weiß, dass wir etwa 2.000 Kliniken haben, die von diesen Ärzten entsprechend versorgt werden müssten.

Sie sehen also, das eine ist, dass wir über Ärztemangel reden, das andere ist genau dieser Punkt, dass wir nämlich vermeidbare Infektionen auch personifizieren können im Mangel dieser qualifizierten Fachärzte für Hygiene. Es gibt viele Punkte, die in dem Bereich zu nennen wären, weswegen wir eine umfassendere Debatte brauchen. Diese Punkte bringen mich auch dazu, zu sagen, dass der Antrag der LINKEN, so wohlgemeint er ist, zu kurz greift. Wir brauchen eine umfassende Debatte zu diesem Bereich. Da geht es nicht nur um eine schlichte Erweiterung des Thüringer Krankenhausgesetzes, wir brauchen eine umfassende Hygieneverordnung. Das ist das, was wir uns vorstellen, eine umfassende Verordnung zur Frage der Hygiene- und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen. Da geht es mir nicht nur um die Krankenhäuser, es gehören - und da müssen wir in Thüringen auch schauen, wer gehört dazu und wer ist betroffen genauso Vorsorgeund Rehabilitationseinrichtungen dazu, Einrichtungen des Müttergenesungswerks. Es gehören Einrichtungen der ambulanten Rehabilitation, stationäre Pflegeeinrichtungen, Ein

(Abg. Gumprecht)

richtungen der Geburtshilfe usw. dazu, Medizinische Versorgungszentren, ich will das jetzt nicht zu Ende führen, aber Sie sehen, das ist eine große Palette. Ja, wir haben diese Debatte angestoßen, ich bin der LINKEN dankbar für den Anstoß, weil es im Bereich Krankenhaus diesen immanenten Mangel gibt. Aber wenn wir da etwas ändern wollen, dann lassen Sie es uns richtig ändern und die breite Palette abdecken und nicht allein bei den Kliniken verharren. Ich finde,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die Reduzierung auf Krankenhäuser greift zu kurz. Vielen Dank.

Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Dr. Hartung das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wenn ich die Antragsbegründung von Frau Stange höre, fällt mir eigentlich nur das Buch Hiob, Kapitel 13, Vers 5 ein: „Wollte Gott, ihr schwieget, so wäret ihr weise.“

(Beifall SPD)

Das von Frau Stange bemühte Bild der Schenkelhalsfraktur ist natürlich sehr beliebt, aber die eigentliche Botschaft ist doch eine andere. Vor 30 Jahren hatte diese alte Dame, die hier ausgeführt worden ist, nach der erlittenen Schenkelhalsfraktur eine fast 100-prozentige Wahrscheinlichkeit, binnen acht Wochen zu versterben, nämlich an einer Lungenentzündung wegen Immobilisierung. Heute ist die Sterblichkeit bei Schenkelhalsfrakturen unter 5 Prozent. Das ist die Botschaft, die man eigentlich in diesem Zusammenhang erwähnen sollte. Und Sie sprechen von 40.000 Toten aufgrund von Krankenhausinfektionen in Deutschland. Lesen Sie bitte noch mal nach, Frau Stange, das Europäische Zentrum für Seuchenkontrolle geht von 37.000 Toten infolge von Krankenhausinfektionen europaweit aus - europaweit.

(Beifall CDU, SPD)

Krankenhaushygiene ist unbestreitbar ein wichtiges Thema. Die öffentliche Wahrnehmung ist auch deshalb so sehr darauf fokussiert, weil sich jährlich 22 Mio. Patienten in deutschen Kliniken behandeln lassen. Davon sind 17,5 Mio. vollstationär mit mehr als 142 Mio. Behandlungstagen. Diesen Menschen schulden wir einen verantwortungsvollen, sachlichen Umgang mit dem Thema. Entsprechend der deutschen Gesetze ist das Robert-Koch-Institut für die Erfassung und Auswertung der Infektionsstatistiken verantwortlich.

Ich beziehe mich im Folgenden auf die Zahlen des Instituts, nachzulesen im Epidemiologischen Bulletin vom 13.09.2010, also hochaktuell. Die meisten im Krankenhaus erworbenen Infektionen, etwa 225.000, sind postoperative Wundinfektionen, die nach den 13,7 Mio. operativen Eingriffen in deutschen Krankenhäusern aufgetreten sind. Das sind etwa 40 Prozent aller Infektionen. Das entspricht einem Wundinfektionsrisiko in der Folge von Operationen von 1,6 Prozent. Das ist nicht sehr viel. Weitere 126.000 Infektionen sind Harnwegsinfektionen nach Katheteranlage, 80.000 Infektionen der Atemwege und weitere 28.000 Infektionen, die alles andere umfassen. Es ergibt sich ein Infektionsrisiko in deutschen Krankenhäusern von 3,5 Prozent. Ist das viel? Ist das zu viel? Das europäische Seuchenkontrollzentrum gibt die Infektionsrisiken der Industriestaaten weltweit zwischen 3,5 Prozent, das heißt Deutschland, und 10,5 Prozent, das ist Kanada, an. Die Niederlande liegen bei 6,9 Prozent, Dänemark bei 8,7 Prozent. Der Durchschnitt liegt mit 7,1 Prozent doppelt so hoch wie in Deutschland.

Ich fasse das noch einmal zusammen: Ein Patient in einem deutschen Krankenhaus hat weltweit unter allen Industriestaaten das geringste Risiko, sich eine Infektion zu holen, verglichen mit allen anderen Staaten dieser Welt. Obwohl wir eine schwierigere Ausgangslage haben als zum Beispiel Holland, muss sich Deutschland auch auf dem Gebiet der multiresistenten Keime nicht verstecken. Das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information hat im November letzten Jahres eine Studie veröffentlicht, nach der alle bisher vorliegenden Studien zum Umgang mit zum Beispiel MRSA in den Niederlanden und Deutschland ausgewertet wurden und das deutsche Modell ist wesentlich effektiver als das niederländische, wenn auch teurer. Das sind die Fakten. Es trifft mich als Chirurg besonders hart, wenn ich nun miterleben muss, wie sich verantwortungsvolle Menschen vorwerfen lassen müssen, sie würden in Krankenhäusern keine ordentliche Hygiene einhalten, weil sich unverantwortliche Menschen bei diesem Thema profilieren möchten.

(Beifall CDU, SPD)

Da ist zum Beispiel der Lobbyverein Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. - einfach einmal nachlesen, was das für Leute sind. Er hat in einer Presseerklärung zwar eine annähernd richtige Zahl von 500.000 Krankenhausinfektionen im Jahr genannt, hat sie aber in keinerlei Kontext gestellt, dass der medizinische Laie sie irgendwo einordnen kann. Da ist der allgemeine Patientenverband, der Anfang der Woche postuliert: Im deutschen OP wird generell geschlampt. Die Infektionsraten seien in Klinken in Deutschland bei bis zu 20 Prozent, in den Niederlanden und Dänemark bei 1 bis 2 Prozent. Das ist schlicht erfunden. Deutschland

(Abg. Siegesmund)

3,5 Prozent, Niederlande 6,9 Prozent, Dänemark 8,7 Prozent - das ist die Realität.

(Beifall SPD)

Nun wird zusätzlich der EU-Kommissar John Dalli zitiert: Europaweit wäre ein Drittel der 4,1 Mio. Krankenhausinfektionen vermeidbar. Nun ja, 7,1 Prozent im Schnitt europaweit, davon ein Drittel weniger macht 4,7 Prozent - Deutschland liegt bei 3,5 Prozent, das heißt, die vermeidbaren Infektionen liegen eher nicht in deutschen Krankenhäusern. Wir haben das niedrigste Infektionsrisiko aller Industriestaaten, wir müssen also irgendetwas richtig gemacht haben. An dieser Stelle möchte ich allen meinen Kollegen in den Thüringer Krankenhäusern, den Schwestern, den Pflegern, den Ärzten für ihre hervorragende Arbeit danken, denn diese guten Zahlen sind ihr Verdienst.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Ist es nicht tragisch, dass ein Medizinstudent dieser Tage Montag in den Nachrichten hört: Die Ärzte in den Krankenhäusern wären schlampige Keimschleudern, Dienstag liest er, dass niedergelassene Ärzte Abrechnungsbetrüger sind oder mindestens Abzocker, die für ärztliche Leistungen auch noch Geld wollen und Mittwoch wird dann unisono der Ärztemangel beklagt. Das, meine Damen und Herren, ist schizophren.

(Beifall SPD)