Die Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken brauchen nicht schärfere Gesetze. Sie haben ein ureigenes Interesse daran, dass ihre Patienten komplikationslos die Klinik verlassen. Die Kolleginnen und Kollegen brauchen vielmehr unsere Rückendeckung, wenn irgendwelche Gruppen sich auf ihre Kosten mit erfundenen, mit übertriebenen und mit aus dem Zusammenhang gerissenen Vorwürfen profilieren wollen.
Der vorliegende Antrag fordert nun verbindliche Richtlinien. Machen wir doch kurz eine Inventur über die geltenden Gesetze. Im SGB V regeln die §§ 135 bis 137 die Krankenhaushygiene als Teil der Qualitätssicherung. Das Infektionsschutzgesetz widmet sich in einer ganzen Reihe von Paragrafen der Krankenhaushygiene. Das Thüringer Krankenhausgesetz verpflichtet die Krankenhäuser, ich zitiere: „alle entsprechend dem Stand der medizinischen Wissenschaft, den praktisch gegebenen Umständen erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung, Erkennung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen zu treffen. Insbesondere sind die Krankenhäuser verpflichtet:
Den Stand der Wissenschaft definieren das RobertKoch-Institut und die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Die Kontrolle regelt die Verordnung zum öffentlichen Gesundheitsdienst. Die Zuwiderhandlung wird mit bis zu 25.000 € bestraft.
Sehr geehrte Damen und Herren, Begriffe wie Gesetz und Verpflichtung machen doch eine gewisse Verbindlichkeit deutlich. Hygieneverordnungen, wie sie gerade vom sechsten Bundesland erlassen worden sind, fassen all diese Gesetze in einem Text zusammen - nicht mehr, nicht weniger. Keine dieser Verordnungen geht in der Substanz über derzeit in Thüringen geltendes Recht hinaus. Natürlich bedarf jedes Gesetz der regelmäßigen Novellierung, um den sich ständig ändernden Herausforderungen gewachsen zu sein. Das Infektionsschutzgesetz auf Bundesebene wird gerade überarbeitet, das Thüringer Krankenhausgesetz, wir haben das gehört, ebenso. Natürlich müssen die derzeitigen Diskussionen in diese Überarbeitung mit einfließen, natürlich müssen wir auch schauen, wie wir die Thüringer Kliniken noch besser gestalten. Sie sind schon gut, wir können sie aber sicher vielleicht noch besser machen.
Einige Worte zur derzeitigen Diskussion: Warum kocht das Thema gerade jetzt so hoch und ist in den Medien fast jeden Tag präsent? Es ist nicht schwer zu verstehen: Wir befinden uns in Deutschland in einem gesundheitspolitischen Umbau und Sparprozess. Wer von den bitteren Sparmaßnahmen ausgenommen sein will, braucht eine gute Begründung. Öffentlicher Druck ist eine hervorragende Begründung. Ich möchte einmal eine Facette herausgreifen. Es gibt pro Jahr - ich hatte es vorhin schon gesagt - 126.000 katheterverursachte Blasenentzündungen in Deutschland. Das ist gerechnet auf die Gesamtzahl von Blasenentzündungen, die man sich in Deutschland witterungsbedingt usw. einfängt, minimal - unter 5 Prozent. Ein normaler Blasenkatheter, also die angebliche Ursache dieser Geschichte, kostet 80 Cent. Der letzte Schrei der Infektverhütung, das ist eine silberbeschichteter Blasenkatheter, kostet zwischen 15 und 20 €, aber wer will sich in der derzeitig hysterischen Debatte denn solchen notwendigen Ausgaben verweigern? Wer möchte nicht lieber die silberbeschichteten Katheter einführen, die kosten zwar 20-mal bis 30-mal so viel.
Also, es ist im Prinzip tatsächlich so, diese Diskussion ist eine angeschobene Diskussion und wer auf diesen Zug der Hysterie mit falschen Zahlen und ohne sich im Prinzip mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu befassen aufspringt, macht sich zum Werkzeug von Profitinteressen. Er macht sich zum Werkzeug all derer, die gelernt haben, dass sich nichts besser zu Geld machen lässt als die Angst der Menschen. Es gehört nicht viel zu der Prophezeiung, dass wir in Deutschland zwar die geringste Infektionsrate haben, aber von allen EU-Ländern wohl das meiste Geld für die Abstellung der vermeintlichen Mängel aufwenden werden. Der vorliegende Antrag ist überflüssig. Ich sehe keine Möglichkeit, dass er im Ausschuss besser werden kann, deswegen ist er abzulehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben es schon einmal gehört, Grund oder Anlass der Diskussion in Deutschland war die Problematik im Klinikum in Mainz. 11 Säuglinge wurden vor wenigen Monaten dort mit Darmbakterien in einer Flüssignahrung infiziert, wobei in der Folge drei davon starben. Infektionen, das gehört auch zur Wahrheit, sind aller Unkenrufe zum Trotz noch keine Seltenheit in deutschen Krankenhäusern. Aus diesem Grund hat auf Drängen der FDPFraktion in Berlin die Koalition eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die eine neue - Frau Siegesmund -, bundesweit gültige Hygieneverordnung erarbeiten soll. Bis auf wenige Ausnahmen haben die eigentlich für diesen Bereich zuständigen Länder - auch das haben wir heute schon einmal gehört - keine Hygieneverordnungen für Krankenhäuser erlassen, was bei der Problemgröße durchaus als Versäumnis gewertet werden kann. Die FDP hat bereits mehrfach eine rasche Lösung angemahnt und dabei die wesentlichen Eckpunkte einer solchen bundesweit einheitlichen Hygieneverordnung postuliert. Aus unserer Sicht ist es dabei zentral, dass an jedem Krankenhaus in Deutschland Hygienebeauftragte die Verantwortung und Kontrolle für diesen sensiblen Bereich übernehmen. Nach Abschluss verschiedener Gespräche mit Experten wird auf diesem Gebiet bis zur Sommerpause eine gesetzgeberische Initiative ausgehen. Entscheidend für den Kampf gegen Infektionen ist zudem, dass die multiresistenten Erreger frühzeitig erkannt und erforscht werden. Angesichts der erheblichen Gefahren von Infektionen und zur besseren Koordinierung halte ich daher ein standardisiertes Erfassungs-, Informations- und Meldeverfahren zur früh
Eine Bundeszentrale sollte unserer Meinung nach diese Daten erfassen und das Meldeverfahren überwachen. Die Melde- und Beitragspflicht für diesen Nachweis multiresistenter Erreger bildet daher die zweite Säule für eine erfolgreiche nationale Strategie der Prävention und Bekämpfung dieser gefährlichen Keime. Nur durch eine einheitliche und zentral gebündelte Strategie kann die MRSA-, MRE-Rate in Deutschland auf ein Niveau vergleichbar - auch das hat der Kollege Hartung schon gesagt - demjenigen der Niederlande oder Dänemarks gesenkt werden. Dass sich das Risiko reduzieren lässt, zeigen eben genannte Beispiele. Grundsätzlich gehen wir ja mit dem Antrag der LINKEN konform, sehen diesen aber aus den genannten Gründen einer bundeseinheitlichen Regelung für überholt an. Im Übrigen, um dies herauszufinden, hätte es auch lediglich eines Anrufs im BMG bedurft, die aller Unkenrufe zum Trotz auch der FDP nicht nahen Organisation eine Antwort gegeben hätte. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kollege Koppe, in einem Teil unseres Antrags können Sie auch nachlesen, dass wir die Landesregierung auffordern, dass bundeseinheitliche Regelungen getroffen werden. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich begrüße zwar den Vorstoß, was da in Berlin passiert von Ihrer Seite aus, aber Druck aus den Ländern ist auch in so einer Situation schon angebracht und je mehr Partner
so eine Forderung unterstützen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass so eine Forderung auch gesetzlich umgesetzt wird.
Meine Damen und Herren, es ist heute schon das Wort „Lobbyismus“ gefallen und das Wort „Lobbygruppen“. Da muss ich recht geben, ich habe keinen Bereich in dieser Gesellschaft kennengelernt, der so von Lobbyismus durchzogen ist wie das Gesundheitswesen.
Ich muss Ihnen aber auch sagen, ich verstehe mich als Gesundheitspolitiker auch als Lobbyist - gebe ich zu, aber in erster Linie als Lobbyist für die Patienten.
Meine Damen und Herren, ich muss Ihnen auch sagen, jeder Patient eines Krankenhauses - und wenn es nur einer ist -, der an einer Infektion im Krankenhaus erkrankt oder sich diese Infektion im Krankenhaus holt, ist für mich ein Patient zu viel.
Auslöser unseres Antrags, wir hatten dazu auch eine Debatte im Ausschuss im September, waren die Fälle im Klinikum in Mainz.
Meine Damen und Herren, man könnte jetzt sagen, das ist schon eine Weile her und die Welt ist in Ordnung. Die Welt ist eben nicht in Ordnung! Wenn das auch kein Beispiel aus Thüringen ist - Gott sei Dank -, so hat dpa z.B. am 18.01.2011 veröffentlicht: „Entdeckung von verunreinigtem Operationsbesteck im Klinikum Fulda“. So schnell hat uns auch wieder die Wirklichkeit eingeholt.
Wenn heute auch gesagt wird, wir haben ja Strukturen zur Hygienekontrolle und das Krankenhausgesetz wird jetzt überarbeitet, da muss ich sagen, Frau Ministerin, Sie haben ein schweres Erbe übernommen, denn das letzte Krankenhausgesetz hat ja bei dem Punkt „Qualitätssicherung in Krankenhäusern“ und Hygieneverordnungen stehen, werden noch erarbeitet … hat es ja dabei gelassen. Jetzt muss diese Aufgabe nachgeholt werden.
Fakt ist eines, wenn auch festgelegt ist, die Gesundheitsämter sind dafür verantwortlich, so hat Herr Gumprecht selber auch bestätigt, dass sie personell gar nicht in der Lage dazu sind, dass allumfassend durchzuführen. Dass kann es doch nicht sein. Deshalb brauchen wir gesetzliche Regelungen, dass die Rahmenbedingungen dazu geschaffen werden. Es geht ja vor allen Dingen darum, die Ursachen von Infektionen in den Krankenhäusern zu beseitigen.
Als wir die Diskussion im Ausschuss hatten, mussten wir feststellen, als es um die Qualitätskontrolle in den Krankenhäusern ging, dass die Landesregierung keine konkreten Zahlen über Art, Anzahl und Ergebnisse der Kontrollen hat, weil die Gesundheitsämter nicht die Meldepflicht haben. Es wurde auch einiges gesagt, dass die Krankenhäuser Berichte abgeben. Darauf werde ich vielleicht an anderer Stelle noch kommen. Es wurden Beispiele anderer Länder genannt. Zahlen sind auch schon genannt worden. Ich habe auch Zahlen - wie sie hier genannt wurde - Lobbygruppe, ich habe auch Zahlen der Forsa-Umfrage. Es geht hier nicht um den Wettbewerb der Zahlen; es geht ganz einfach darum, Infektionen in Krankenhäusern zu verhindern.
Meine Damen und Herren, ich wünsche Ihnen nicht, dass Sie dieses Jahr ins Krankenhaus kommen, sondern ich wünsche allen im neuen Jahr Ge
sundheit. Aber wenn es doch passieren sollte, dann fahren Sie am besten nicht in den Urlaub nach Holland. Wenn Ihnen nämlich in Holland etwas passiert und Sie müssten in Holland ins Krankenhaus und würden bei der Aufnahme sagen, dass sie in den letzten sechs Monaten in Deutschland in einem Krankenhaus gelegen haben, dann würden Sie entweder nicht aufgenommen werden oder aber Sie würden sofort in eine geschlossene Abteilung kommen und dort behandelt werden, wo Sie abgeschottet sind von anderen Patienten. Das beweist doch schon etwas die Situation bei uns in Deutschland. Dann muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, da müssen wir auch mal davon ausgehen, warum ist das so gekommen.
Letzten Endes, dazu haben wir uns auch als Fraktion zum Beispiel mit Professor Seibt unterhalten ich weiß nicht, ob das Lobbyismus ist, er ist Professor an der Fachhochschule in Gießen, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Wundheilkunde -, er hat uns das sehr ausführlich dargestellt. Besonders mit dem Vordringen der Antibiotika als Behandlungsmethode hat sich der Prozess der Hygiene im Gesundheitswesen völlig verändert. Man hat versucht, viele Krankheiten unter Einsatz von Antibiotika zu verhindern und zu bekämpfen, was durchaus in dem Fall zu dieser Zeit vielleicht als richtig erachtet wurde. Aber die Folge war auch, dass viele Keime gegen diese Antibiotika resistent sind. Das hat man dort nicht voraussehen können bzw. nicht beachtet. Weiterhin kam dazu - das ist etwas ganz Kurioses, muss ich Ihnen sagen -, man hat auch vonseiten der Bundesregierung und hier in diesem Land die früher existierenden Hygieneinstitute abgeschafft, die sich gerade mit der Infektionslehre beschäftigt und die Ausbildung dazu auch betrieben haben. Meine Damen und Herren, man ist übergegangen, mit Fragen der Institute für Mikrobiologie und dergleichen das Screening durchzuführen, das heißt, man stellt Keime, die bei Infektionen auftreten, fest. Aber gerade dieses Screening hat einen Nachteil, es stellt zwar fest, was das für Keime sind, es stellt aber nicht fest, was oder wo die Ursachen für diese Keimbildung liegen. Deshalb brauchen wir Hygieneumsetzung in den Krankenhäusern und vor allem brauchen wir Kontrollen.
Herr Gumprecht, Sie haben auch die Untersuchungen von MRSA-Bakterien in Jena in einer Einrichtung genannt. Aber Ziel ist es doch nicht, festzustellen, dass diese Bakterien da sind. Ziel ist es doch, zu verhindern, dass dieses MRSA überhaupt auftritt. Wenn Sie sagen, die Krankenhäuser geben sich selbst Berichte, meine Damen und Herren, das wurde ja auch im Ausschuss gesagt, die Krankenhäuser geben Qualitätsberichte, aber das Problem ist doch - das bestätigen auch die Krankenkassen -, die Krankenhäuser kontrollieren sich selbst. Das ist
doch das Problem, was wir haben. Die Krankenhäuser kontrollieren sich selbst. Wir wollen, dass die Krankenhäuser auch in Hygienebestimmungen extern, wie sie die Bestimmungen umsetzen, extern - nachher können Sie die Frage bitte stellen - umgesetzt werden. Deshalb brauchen wir nicht bloß eine Kontrolle der Krankenhäuser, sondern wir müssen auch die Rahmenbedingungen schaffen in den Krankenhäusern.
Wir brauchen Strukturen und Rahmenbedingungen für unsere Krankenhäuser. Da will ich auch keine Krankenhausschelte oder eine Schelte für das Personal machen, was in den Krankenhäusern arbeitet, sondern es geht ganz einfach darum, das ist ja das Problem, die Mittel für Krankenhäuser werden gekürzt, die Vergütung der Leistungen der Krankenhäuser werden auch jetzt mit der Gesundheitsreform gekürzt, es liegt auf dem Personal ein unwahrscheinlicher Druck. Deshalb muss die Politik Rahmenbedingungen schaffen, dass die Hygiene umgesetzt werden kann. Dazu haben wir uns Aussagen geholt von Dr. Klaus-Dieter Zastrow - er ist Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene -, der unserer Fraktion gegenüber einige Forderungen und sinnvolle Forderungen meiner Meinung nach aufgemacht hat. Er erachtet es zum Beispiel als sinnvoll, dass pro 650 Betten in Krankenhäusern ein Hygienearzt vorgeschrieben wird. Kleine Häuser sollten in Kooperation gehen. Wir sagen eigentlich, jedes Krankenhaus braucht einen ausgebildeten Hygienearzt.
Pro 300 Betten brauchen wir eine Hygienefachkraft in den Krankenhäusern. Aber dazu brauchen wir eben auch Ausbildungskapazitäten. Diese müssen geschaffen werden. Das muss finanziell auch untersetzt werden.
Was die Kostenfrage betrifft, meine Damen und Herren, es ist doch eigentlich auch ein bisschen komisch, wenn ein Krankenhaus einen Patienten entlässt wegen einer Operation oder gleich mehr, ich sage jetzt bewusst Operation, dann wird festgestellt, er hat sich eine Infektion im Krankenhaus geholt und er kommt wieder in das Krankenhaus zur Behandlung dieser Infektion, so haben wir wieder einen neuen Fall und eine neue Fallzahl und diese Fallzahl wird vergütet.
fektionen auftreten, dann sparen wir insgesamt auch Kosten, weil die Fallzahlen von der Behandlung von Infektionskrankheiten in den Krankenhäusern eingespart werden. Aus diesem Grund haben wir diesen Antrag gestellt, weil etwas getan werden muss. Ich sage noch einmal: Jeder Patient, der an einer Infektion im Krankenhaus erkrankt, ist ein Patient zu viel. Deswegen beantrage ich namens meiner Fraktion Überweisung unseres Antrags an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zur weiteren Diskussion.