Es ist eben so, dass viele Kosten der Gemeinden Fixkosten sind und nicht mit einem stetigen Rückgang der Einwohner in Verbindung gesetzt werden können. Man könnte auch die Behauptung aufstellen, dass durch die jetzige Einbeziehung des Faktors „demographische Entwicklung“ die Flächengemeinden weiter massiv benachteiligt werden sollen, und genau dem werden wir uns entgegenstellen.
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber wir müssen das irgendwann zur Kenntnis nehmen.)
Meine Damen und Herren, ja, Kollege Adams, Sie haben gestern schon dargelegt, dass Sie genau die Forderungen, die wir genannt hatten, wie das Thema Transparenz, ebenso wenig verstanden haben wie die Situation der Fläche. Sie sollten vielleicht auch einmal den Blick aus der Großstadt herauslenken, das würde diesem Land guttun.
Sie können ja gern mal wieder in den Kreis Greiz kommen; ich wäre bereit, Ihnen das eine oder andere zu zeigen. Da würde Ihnen vielleicht auch die eine oder andere Einsicht in die Situation der Flächengemeinden erwachsen.
Meine Damen und Herren, wir vertreten die Auffassung, dass Sparen natürlich notwendig ist, aber es kann nicht einseitig zulasten der Kommunen gehen. Wir sind der Meinung, wenn das Land seine Hausaufgaben im gleichen Maße erledigt hätte, wie das die Kommunen zum derzeitigen Zeitpunkt bereits getan haben, wären wir in Thüringen ein ganzes Stück weiter. Wir werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion DIE LINKE hat sich der Abgeordnete Hellmann zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, Frau Ministerpräsidentin, Herr Prof. Huber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nur zu einem Problem sprechen und dieses Problem noch mal vertiefen. Es geht um die Darlegung, wie die finanziellen Auswirkungen des Kita
Gesetzes bei den Kommunen tatsächlich ankommen. In diesem Zusammenhang würde ich gern den leider nicht mehr anwesenden Minister Matschie aus seiner Landtagsrede vom 29. April 2010 zitieren: „Aber am Ende waren wir uns einig, das Land übernimmt vollständig die zusätzlichen Kosten durch das neue Kita-Gesetz. Wir wollen dies nicht auf die Kommunen oder Eltern abwälzen. Ich bitte hier um Redlichkeit und Ehrlichkeit in der Debatte. Wir unternehmen eine enorme Kraftanstrengung im Haushalt, um die bessere Ausstattung der Kindergärten finanzieren und absichern zu können. Die Landesregierung gibt keinen Grund für eine Erhöhung der Elternbeiträge.“
Am Dienstagabend hatte ich eine Gemeinderatssitzung; meine Kämmerin hatte in Absprache mit mir den ersten Entwurf vorzustellen. Sie musste zu den Personalkosten ausführen, dass wir um 100.000 € höhere Personalkosten haben werden als im vergangenen Jahr. Diese höheren Kosten sind nur auf die Neueinstellungen von Kindergärtnerinnen zurückzuführen. Wenn man die Ergänzungszuweisung und die Schlüsselzuweisung saldiert, dann kommt eine Erhöhung heraus, das ist keine Frage, aber zu den 100.000 € bleibt eine Differenz von 45.000 €, die an unserer Kommune hängenbleibt. Jetzt werde ich von meinen Gemeinderäten gefragt: Wo sind denn die 100.000 €, wo sind denn diese Erhöhungen?
Ich muss leider sagen, dass ich dort sehr kühn vorgeprescht bin vor einigen Wochen. Als es nämlich um die Einstellung dieser Kindergärtnerinnen ging, bin ich schon gefragt worden, wer bezahlt. Ich habe damals ebenfalls Herrn Matschie zitiert.
Herr Matschie, ich bedaure aufrichtig, aber ich nehme an, Sie wissen, was in Ihrer Rede vom 29.04. steht, ich habe eben zitiert.
Ich habe damals schon Herrn Matschie zitiert und war auch ein bisschen zuversichtlich, dass es nicht ganz so dick kommt. Die Reaktion meiner Gemeinderäte: Wir werden betrogen und belogen. Ich muss das so sagen, in meinem Gemeinderat, vor allem die Freien Wähler, zumindest ein wohlwollendes Schweigen der CDU-Abgeordneten zu den Vorwürfen der Freien Wähler. Fatal ist, mein Verwaltungshaushalt mit einem Volumen von rund 1,7 Mio. € weist noch eine Lücke von 138.000 € auf, obwohl wir schon die Hinweise von Prof. Huber weitestgehend eingearbeitet haben, Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer, sogar Erhöhung der Hundesteuer. Was wir noch nicht gemacht haben auf meine Veranlassung hin, das wäre das Ansinnen, die Kindertagesstättengebühren zu erhöhen. Das haben wir noch nicht eingearbeitet. Ich muss dazu sagen, diese Erhöhung - es sind angedacht 15 € pro Kind - würde bedeuten, dass ich im Jahr 13.500 € mehr einnehme. Das hilft sowieso nicht,
Viel schlimmer ist aber der politische Umstand, das politische Problem, was sich dahinter verbirgt. Meine Kommune ist seit mehr als zehn Jahren eine sogenannte kinderfreundliche Kommune. Wir haben dazu Auszeichnungen bekommen und wir haben seit dieser Zeit auch die Beiträge, die Gebühren Essengeld nicht - konstant gelassen.
Herzlichen Dank, Herr Hellmann. Eine Frage zu Ihrem Kindergarten. Sie haben das eben gerade schön ausgeführt. Wie viele Kinder aus Nachbargemeinden haben Sie im Augenblick in Ihrem Kindergarten in Betreuung und wie sind die Kindergartenbeiträge in Ihrer Gemeinde im Vergleich zu den Nachbargemeinden, aus denen Sie die Gastkinder in Betreuung haben?
Wir haben fünf Gastkinder bei etwa 80 Kindern insgesamt und drei Kinder gehen von uns in andere Kindergärten, also saldiert ein Plus von zwei. Unsere Beiträge sind extrem niedrig, das gebe ich zu. Wir haben sie auch über lange Zeit konstant gelassen. Wir verlangen von unseren Eltern ganztags 45 €. Das haben wir bisher problemlos durchhalten können - bis jetzt, das muss ich dazusagen. Wir haben das vor allem getan - ich muss das deutlich sagen -, weil wir uns vor zehn Jahren schon mit der Problematik der Bevölkerungsentwicklung befasst haben. Ich behaupte mal, da wussten andere noch nicht - ich sage das mal so ganz emotional und auch arrogant, weil es mir einfach an die Nieren geht -, wie man „Demographie“ schreibt,
Wir haben seit zehn Jahren - nun ist das in aller Munde - unseren Eltern immer gesagt, ihr könnt euch auf die Gemeinde verlassen. Wir haben versucht, Zuversicht, Sicherheit zu verbreiten, weil das
eigentlich der Schlüssel dazu ist, dass sich junge Menschen vielleicht doch dazu durchringen, Kinder großzuziehen. Was wir heute tun, ist eine kontraproduktive Politik. Ich werde zumindest zu dieser kontraproduktiven Politik genötigt. Was wir unseren Eltern sagen, ist nichts anderes; es wird keine Rücksicht genommen. Jeder Zweifler wird ein weiteres Mal überlegen, ob er Kinder großzieht. Das ist einfach an diesem großen Problem, das wir gegenwärtig haben, vorbeigeredet. Ich kann es auch noch einmal mit einer Metapher umschreiben: „Auf der sinkenden Titanic bohren wir noch ein Loch in die Bordwand.“ Das ist gegenwärtig das, was wir praktizieren.
Ich bitte die Regierung inständig und vor allem auch unseren zuständigen Minister: Weisen Sie die Kita-Gebühren gesondert aus, dann gibt es wieder eine Chance für eine Diskussion. Es ist schon viel politisches Porzellan zerschlagen worden. Es geht um Ihre Glaubwürdigkeit. Ja, Herr Matschie, es geht um Ehrlichkeit, die Sie angemahnt haben, und Redlichkeit
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Herr Minister Prof. Huber, bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein paar Bemerkungen zu der Diskussion machen.
Das Erste: Es liegt mir natürlich fern, das Hohe Haus belehren zu wollen, aber die Kritik, die von allen Fraktionen an der Zeitschiene geäußert wurde, stellt sich unter dem System unseres geltenden Finanzausgleichs etwas anders dar, als es früher der Fall gewesen ist. Die Thüringer Verfassung fordert, dass der gesamte Finanzausgleich in einer Zahl zusammengefasst wird. Das beinhaltet, dass sowohl die Leistungen aus den Ressorts als auch die in der Anlage 4 anzusetzenden freiwilligen Leistungen, auf die Herr Kuschel so häufig zurückgekommen ist, in diesem Finanzausgleich ihren Niederschlag finden müssen. Wenn aber die Anlage 3 und die Anlage 4 Bestandteil des Finanzausgleichs sind, ist es denknotwendig nicht möglich, das FAG vor dem Haushalt festzuzurren. Wenn das der Fall ist, wenn das FAG frühestens gleichzeitig mit dem Haushalt feststehen kann, weil erst dann die Haushaltsverhandlungen, insbesondere zu den freiwilligen Leis
bedeutet es - ja -, dass die Zeitgleichheit nicht funktioniert, weil nämlich der Haushalt nicht der Anhörung durch die kommunalen Spitzenverbände bedarf, während das Finanzausgleichsgesetz schon der Anhörung durch die kommunalen Spitzenverbände bedarf. Das ist auch ein Ausdruck der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Deswegen ist die Zeitgleichheit, die man früher praktiziert hat, als es den Finanzausgleich nach Gutsherrenart gab, unter dem neuen - wie Herr Kuschel zu Recht sagt - fortschrittlichen System unseres Kommunalen Finanzausgleichs nicht darstellbar. Es gibt logisch ein Nacheinander von Haushalt und FAG. Das wird sich auch in den kommenden Jahren nicht ändern. Ich danke natürlich dem Hohen Haus, dass es durch eine besondere Terminplanung die zeitgleiche Beratung möglich gemacht hat, aber in der Sache wird es diesen Konflikt auch in Zukunft geben, weil er im System angelegt ist.
Zu den Tarifsteigerungen, Herr Kuschel: Wir haben über die gesamte angemessene Finanzausstattung die Inflationsrate gelegt, auch über die Auftragskostenpauschale, das haben Sie vielleicht übersehen. Wir haben sie darüber gelegt mit einem Zehnjahresvergleich, der deutlich höher ist als die tatsächlichen Inflationsraten, die die Kommunen zu verzeichnen haben. Dass sie hier mehr Geld bekommen, als ihnen eigentlich zusteht, darüber haben sie sich nicht beklagt, aber das gehört auch zur Wahrheit.
Es finden sich ausweislich der Anlage 4 200 Mio. € des Landes für freiwillige Leistungen. Mir ist völlig schleierhaft, wie man bemängeln kann, dass die freie Spitze der Kommunen nicht gewährleistet wird. 200 Mio. € plus der Anteil, der in der angemessenen Finanzausstattung drin ist. 200 Mio. € sind, wenn ich richtig rechne, allein zwischen 7 und 8 Prozent der kommunalen Finanzausstattung. Es ist von Herrn Bergner, von Herrn Kuschel und anderen kritisiert worden, dass das Land keine Einsparbemühungen machen würde. In der Tat, wir verlangen den Kommunen dieses Mal 220 Mio. € an Einsparpotenzial ab. Das tut weh, das fällt uns nicht leicht, es ist hart. Aber ich habe schon bei der Einbringungsrede gesagt, 333 Mio. € ist auch das Haushaltsvolumen des Landes niedriger; wenn man die zusätzlichen Aufgaben, die das Land schultern muss, hinzunimmt, sind wir bei 400 Mio. €. Da stehen wir im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel. Ich kann nicht erkennen, dass das eine unfaire Lastenverteilung ist.
Fiktive Hebesätze: Die fiktiven Hebesätze hängen nach meinem Verständnis nicht von der Größe der Kommunen ab. Wenn ich mich an Goldisthal, Sankt
Kilian, Ichtershausen oder andere kleine Gemeinden erinnere, die - ich will jetzt nicht sagen im Geld schwimmen - aber keine finanziellen Probleme haben, kann ich nicht erkennen, warum man hier nicht fiktive Hebesätze ansetzen sollte. Zudem führen die unterschiedlichen Hebesätze, Herr Bergner, zu einer Verschärfung der Stadt-Umland-Problematik, die wir auch in den Griff bekommen müssen.
Lassen Sie mich zu dem vielleicht schwierigsten Punkt, der Frage der Kita-Kosten, noch ein paar Bemerkungen machen.
Wenn es nicht passt, sage ich es auch. Bevor wir das neue Kita-Gesetz hatten, ist das Gros aller Finanzierungsanteile für die Kindertagesstätten in der Schlüsselmasse gewesen. Kein Mensch hat sich darüber aufgeregt, dass das alles verschlüsselt gewesen ist. Jetzt haben wir einen Aufwuchs von 90 Mio. €, das ist nicht mal ein Fünftel, und auf einmal
schreien die Oppositionsparteien und natürlich auch die Kommunen „Undurchsichtigkeit“, „Willkür“ oder Ähnliches. Ich muss auch an die Adresse von Herrn Fiedler und Herrn Bergner sagen: Mangelnde Transparenz - über anderthalb Seiten steht in der Begründung des Gesetzentwurfs, wie sich die Berechnung der Kita-Kosten darstellt. Da ist jede einzelne Position aufgelistet, so deutlich, dass sie auch Herr Bergner nachvollziehen und vortragen konnte. Das kann aus meiner Sicht nicht bedeuten, dass es intransparent ist, sonst hätte diese Rekapitulation nicht stattfinden können.