Ich habe das heute früh auch bei den Gehörlosen gesagt und ich hatte den Eindruck, sie haben das verstanden, dass in diesen Arbeitsgruppen miteinander ein gutes Gesetz formuliert wird, wo sich alle wiederfinden. Ich muss hier auch ehrlich sagen, es werden nicht alle Träume verwirklicht werden, aber es muss ein gutes Gesetz sein, mit dem die Behinderten leben können und wir auch sagen, wir haben unsere Arbeit getan. Genauso muss es sein. Wie gesagt, morgen kommt der zweite Anlauf und ich bitte herzlich, dass Sie dem noch mit zustimmen. Dann werden wir an die Arbeit gehen und ich gehe davon aus, dass die Ministerin keine fünf Jahre braucht, sondern dass im nächsten halben Jahr der Gesetzentwurf vorliegt, mit dem wir dann gut zurechtkommen.
Wenn ich Ihrem Antrag jetzt zustimme, ich habe mir den noch einmal hergelegt, da steht ganz klar und deutlich, was da schon rein muss. Wissen Sie denn, ob das die Gruppen genauso möchten?
Frau Abgeordnete Künast, es gibt den Wunsch auf eine Frage von der Abgeordneten Stange. Lassen Sie die zu?
Also ich bitte Sie ganz herzlich, dass wir dieser Entfristung zustimmen und dann gemeinsam mit den Betroffenen, mit den Verbänden das Resultat abwarten und danach ein Gesetz formulieren, von dem man sagen kann, Thüringen hat ein gutes Behindertengleichstellungsgesetz.
Danke, Frau Abgeordnete. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eigentlich fast schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem und jeder. Allen Fraktionen hier im Haus ist, glaube ich, klar, dass das Gesetz, was zur Entfristung hier anberaumt wird, veraltet ist. Wir reden über ein Gesetz, was nicht mehr auf dem neuesten Stand ist und gehen eben nicht den Weg, den klugerweise Herr Koppe vorgetragen hat, nämlich eine Frist einzuziehen, bzw. DIE LINKE per Entschließungsantrag vorgeschlagen hat, sondern wir entfristen dieses Gesetz. Was mich sehr irritiert hat an dieser Geschichte, ist, dass die Ministerin gerade sagte: Noch in dieser Legislaturperiode kommt das angepasste Gesetz.
Ich muss sagen, das irritiert mich deswegen, weil ich den Eindruck habe, dass die Arbeitsgruppen nicht schlecht arbeiten. Da habe ich einen anderen Eindruck als die Kollegin Stange. Wenn Sie sagen, in dieser Legislatur, dann heißt das, dass wir eine UN-Behindertenrechtskonvention haben, die seit Anfang 2009 gilt, und wir es nicht hinbekommen, diese innerhalb von zwei Jahren in ein Gleichstellungsgesetz zu übersetzen, was seinen Namen auch verdient.
(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Das ist eine Vermu- tung von Ihnen.)
Das, muss ich sagen, kann nicht Ziel für uns sein. Ich fände es schön, wenn Sie noch einmal die Möglichkeit fänden, zu sagen, was „in dieser Legislaturperiode“ heißt, das ist ja ein dehnbarer Begriff. Vielleicht können Sie dazu einfach noch mal Stellung nehmen.
Der Punkt ist, der Entschließungsantrag der LINKEN ist richtig, er ist gut, er ist sinnvoll, weil er diese Zeitleiste einzieht. Ich arbeite immer gern damit, was andere Bundesländer hinbekommen. Rheinland-Pfalz zum Beispiel gehört zu den Ländern, die es durchaus hinbekommen, ihr Gleichstellungsgesetz anzupassen; und wir laufen wieder hinterher. Wir waren beim Blindengeld Schlusslicht, bis wir uns so auf das letzte Drittel rangerobbt haben. Wir sind beim Gehörlosengeld ganz hinten dran und jetzt beim Gleichstellungsgesetz wieder. Ich würde mir einfach wünschen, dass der Anspruch ist, dass wir auch mal vornweg laufen. Ich weiß nicht, warum das so schwierig ist.
Grundsätzlich bin ich dankbar für den Prozess der Arbeitsgruppen. Ich glaube, dass das sinnvoll ist, die Akteure an den Tisch zu holen. Es macht überhaupt keinen Sinn, das allein zu tun. Das ist richtig und gut. Ich bin an der Stelle dem Sozialministerium auch dankbar für die Koordinierung. Dennoch sage ich, wenn Sie hier heute sagen, noch in dieser Legislaturperiode gibt es eine Anpassung, dann senden Sie das falsche Signal auch an die Arbeitsgruppen, wo Menschen sind, die ungeduldig sind, die gern mittun wollen, die aber nicht mittun wollen, um sich in vier Jahren mit irgendeiner Form von Gesetz abspeisen zu lassen. Ich glaube, das motiviert diejenigen auch nicht. Ich fände es einfach gut, wenn man eine Zeitleiste einführen kann, die diejenigen auch motiviert, da weiter mitzutun. Für meine Begriffe sind es vier Jahre nicht und deswegen halte ich es auch für richtig, den Entschließungsantrag der LINKEN heute nicht nur vorzulegen, sondern dem am Ende auch zuzustimmen. Vielen Dank.
Danke, Frau Abgeordnete Siegesmund. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Grob für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor fast fünf Jahren, am 16. Dezember 2005, trat das Thüringer Gesetz zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen in Kraft, ein wichtiger Tag für
die Menschen mit Behinderungen in Thüringen. Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen abzubauen und bestehende Benachteiligungen weitestgehend zu beseitigen sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft herzustellen und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen. Vor fünf Jahren haben wir mit diesem Gesetz die Rahmenbedingungen und Grundlagen für die Förderung eines gleichberechtigten Miteinanders behinderter und nicht behinderter Menschen geschaffen und einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensbedingungen für behinderte Menschen in unserem Freistaat vollzogen. Damit diese wichtigen Rahmenbedingungen über den 31. Januar 2011 hinaus weiter bestehen bleiben, ist es erforderlich, dass wir die Befristung des Gesetzes aufheben.
Sehr verehrte Damen und Herren, wir wissen, dass das Gesetz nicht perfekt ist und auch dass die Enttäuschung der Behindertenverbände groß ist, dass heute nichts weiter passieren soll, dass einzig und allein ein Datum aus dem Gesetz zu streichen ist. Doch wer damals 2005 dabei war, weiß, dass es sich bei dem Gesetz um einen Kompromiss handelte. Ehrlichkeit, Wahrheit, Klarheit und vor allem Machbarkeit spielten bei den damaligen Verhandlungen eine große Rolle, denn wie für alle Gesetzesvorhaben typisch, ging das Gesetz dem einen nicht weit genug und dem anderen viel zu weit. So hatten der Thüringische Landkreistag als auch der Gemeinde- und Städtebund damals darauf gedrängt, bei einer Ausweitung von Rechtsansprüchen gegen den Staat die dramatische Haushaltslage der Kommunen zu berücksichtigen. Die Behindertenverbände wiederum hatten sich an manchen Stellen weitergehende Regelungen gewünscht, doch nicht alles Wünschenswerte ist auch sofort machbar. Aber wir kommen dem Zeitpunkt näher, an dem auch die damals nicht gehörten Wünsche der Behindertenverbände das Ohr des Gesetzgebers erreichen.
Wie wir ja gehört haben, hat die Landesregierung das ist auch heute mehrfach angeklungen - unter Beteiligung der Behindertenverbände eine erste Auswertung der Wirksamkeit des Behindertengleichstellungsgesetzes vorgenommen. Neun Arbeitsgruppen, die sich mit dem Schwerpunkt der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention befassen, werden auch den Novellierungsbedarf dieses Gesetzes eruieren. Noch liegen die Ergebnisse der Arbeitsgruppen nicht vor, doch ich bin zuversichtlich, dass sich daraus neue Impulse für den Gesetzgeber ergeben werden.
Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes sagen: Nicht ein Gesetz allein wird zu mehr Gleichberechtigung führen können, dazu braucht es mehr.
Dazu brauchen wir die Menschen, dazu brauchen wir die gesamte Gesellschaft, denn Gleichstellung und Teilhabe bedeuten viel mehr. Sie bedeuten, den anderen anzunehmen wie er ist, die Barrieren in den Köpfen abzubauen und das Miteinander zu erleichtern, wo auch immer es geht. Es bedeutet letztlich auch, geeignete Wege zu finden, wie wir behinderte Menschen in Lohn und Brot bringen, um sie so weit als möglich in den Arbeitsprozess zu integrieren. Ich denke, wenn wir das beherzigen, würde so manche gesetzliche Regelung überflüssig. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Zu Ihrem Entschließungsentwurf oder vielmehr zum Gesetzentwurf als Entschließung kann ich nur sagen, Frau Künast hat schon dazu gesagt, dass wir diesen ablehnen werden. Ansonsten, denke ich, ist alles gesagt und lassen wir die Arbeitsgruppen arbeiten. Danke.
1. Frau Künast, ich habe nicht gesagt, dass die Ministerin von mir ein behindertenpolitisches Armutszeugnis ausgestellt bekommt, sondern dass die Landesregierung mit dem Gesetzentwurf ein behindertenpolitisches Armutszeugnis ausgestellt bekommt. Ich denke, das ist schon ein kleiner, feiner Unterschied.
2. Frau Siegesmund, ich habe gesagt, dass ich die Arbeit der Arbeitsgruppen akzeptiere und auch würdige. Ich habe aber gleichzeitig gesagt, dass ich mir in den zurückliegenden Tagen alle Protokolle, die mir zugänglich gemacht worden sind - und ich denke, das ist eine ganze Anzahl von Protokollen aus den Arbeitsgruppen -, gelesen und entdeckt habe, dass nur in einer einzigen Arbeitsgruppe einmal das Thema „Novelle Gleichstellungsgesetz“ besprochen worden ist. Dann frage ich ganz ernsthaft: Wie ehrlich kann ich dann mit dem Argument umgehen, man müsse erst alle Arbeitsgruppen zu Ende arbeiten lassen und noch zusammenfassen, wenn gar nicht zu dieser Thematik gesprochen worden ist? Das ist der Punkt, den ich kritisiere, denn die Arbeitsgruppen sind ins Leben gerufen worden, um den Aktionsplan, den wir als Auftrag erhalten haben in der Umsetzung der UN-Konvention, mit Leben zu erfüllen. Das ist der Auftrag an die Arbeitsgruppen.
se Punkte in dem Entschließungsantrag, die da lauten Nachteilsausgleich, Teilhabegeld, Fördermaßnahmen für Assistenzleistungen, Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt, Stärkung der Rechte des Behindertenbeauftragten oder das Verbandsklagerecht, nicht aus den Fingern gesaugt, das sind Forderungen von den Thüringer Behindertenverbänden, mit denen wir tagtäglich, ansonsten in wirklich regelmäßigen Abständen, im Gespräch sind. Diese Forderungen haben die Behindertenverbände seit Jahren.
Das ist nicht einfach mal etwas Aufgeschriebenes, sondern das ist Politik für Menschen mit Behinderungen. Wir haben uns als LINKE immer als verlängerten Arm der Menschen mit Behinderungen hier in diesem Landtag gesehen und wir würden nie etwas aufschreiben, was genau diese Verbände nicht wollten. Darum kann man auch diesem Punkt 1 in unserem Entschließungsantrag mit ganz, ganz gutem Gewissen zustimmen, weil genau das die Punkte sind, worauf die behinderten Menschen hier in Thüringen warten, dass das umgesetzt wird. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir müssen eins klarstellen: Frau Stange hat zu Recht gesagt, wir haben wegen des Aktionsplans die Arbeitsgruppen eingerichtet. Aber es hat natürlich Auswirkungen, was wir in den Arbeitsgruppen bereden, auch auf das Behindertengleichstellungsgesetz. Sie haben recht, es ist in einer Arbeitsgruppe ganz besonders explizit angesprochen worden, aber alle Dinge, die in den Arbeitsgruppen beraten werden, haben auch da Auswirkungen. Ich will etwas Grundsätzliches sagen, weil ich schon denke, wir machen in Thüringen viel für Menschen mit Behinderungen. Ich bleibe bei der Zahl, die Sie im FAG (Anlage 3 KFA) nachlesen können. 330 Mio. € geben wir jährlich nur aus unserem Sozialbereich in diese Thematik. Wir haben im Förderschulbereich finanzielle Mittel, die verausgabt werden, wenn wir - und auch das ist Teil dessen, was wir gemeinsam anstreben, und da beziehe ich alle Fraktionen des Landtags mit ein - eine andere Beschulung von Kindern wollen, nämlich die inklusive Beschulung, und anfangen wollen, dann haben wir einen ganz großen Schritt auch in Thüringen getan. Deswegen wehre ich mich gegen den Vorwurf auch im Namen der gesamten Landesregierung, dass es
ein Armutszeugnis ist, was in Thüringen passiert. In ganz Deutschland haben wir mittlerweile gute Verhältnisse und müssen Schritt für Schritt vorankommen. Wir wissen auch eines: Wir haben begrenzte finanzielle Mittel und deswegen sind einige Forderungen aus dem Katalog, den Sie aufgeschrieben haben, der insgesamt für uns alle ausgesprochen wünschenswert ist - ich unterstelle keinem, der sagt, ich mache das nicht, dass er es nicht wünscht -, aber was wir uns finanziell leisten können, ist ein Unterschied, das wissen alle gemeinsam, das weiß auch DIE LINKE, das wissen auch BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und deswegen werden wir Schritt für Schritt vorgehen und uns davon nicht beeindrucken lassen. Die Arbeitsgruppen beenden ihre Arbeit Ende dieses Jahres. Dann analysieren wir, was steht da drin, dann gehen wir mit den einzelnen Ministerien durch, was ist mittelfristig, was ist langfristig, was ist auch kurzfristig umsetzbar, und dann werden wir schauen, was müssen wir im Thüringer Gleichstellungsgesetz ändern, um unsere Ziele zu erreichen. Das muss nicht immer identisch sein mit dem Aktionsplan, den wir haben werden, weil der Aktionsplan auch untergesetzliche Arbeiten anfasst, die wir im Gleichstellungsgesetz nicht unbedingt regeln müssen. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Taubert. Es liegt mir kein Antrag auf Ausschussüberweisung vor. Deshalb schließe ich für heute die Beratung zum Gesetzentwurf. Außerdem liegt mir auch für den Entschließungsantrag kein Antrag auf Ausschussüberweisung vor. Da das der Fall ist, wird die Abstimmung in der zweiten Beratung am morgigen Tag erfolgen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8.
Gesetz zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes und des Thüringer Pensionsfondsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1733 ERSTE BERATUNG
Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Nein, augenscheinlich nicht. Dann eröffne ich hiermit die Aussprache und das Wort hat die Abgeordnete Keller für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, zu dem Teil „Änderung des Besoldungsgesetzes“ haben wir hier keine Anmerkungen zu machen. Erstens ist es sehr unproblematisch
geregelt und es ist auch sehr sinnvoll. Aber der Teil des Gesetzentwurfs, der eine Änderung des Pensionsgesetzes beabsichtigt, ist dafür für uns - aus unserer Sicht - umso problematischer. Da wir heute eine sehr historische Landtagssitzung haben, in der wir schon von „prähistorisch“ gesprochen haben, kann man das hier schon als modernes Raubrittertum bezeichnen. Ich möchte Ihnen das auch erklären.