Aber auch ansonsten, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist vor allem GM in der Pflicht. Es kann nicht richtig sein, dass der Staat Autos baut. Was anderes aber soll es denn werden, wenn wir Steuergelder, Geld unserer Bürgerinnen und Bürger dazu verwenden, ein Unternehmen zu erhalten, welches es ohne dieses Geld in dieser Form vielleicht gar nicht mehr geben würde. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht der deutsche Steuerzahler ist in der Pflicht, nicht die Bürgerinnen und Bürger, die in kleinen und mittleren Unternehmen jeden Tag um den Fortbestand ihrer Arbeitsplätze kämpfen, genauso wie das die Opelaner auch machen, und wegen deren Arbeitsplätzen aber übrigens niemand hier eine Sondersitzung beantragen oder Entschließungsanträge schreiben würde, diese Menschen sind nicht in der Pflicht, mit ihrem hart erarbeiteten Geld ein Unternehmen zu retten, welches nur den scheinbaren Vorteil hat, eine politikkritische Größe zu haben. GM, meine Damen und Herren, ist in der Pflicht, einen Restrukturierungsplan vorzulegen, einen Finanzierungsplan vorzulegen, ein schlüssiges Wirtschaftskonzept vorzulegen, wenn man denn staatliche Hilfe haben möchte. Da bin ich bei einigen der Vorredner, ganz besonders bei Ihnen, sehr verehrter Herr Kollege Günther, und ich bin an der Stelle wirklich gespannt, wie wir das, was Sie hier gesagt haben, in den Antrag, den Ihre Fraktion gemeinsam mit dem Koalitionspartner vorgelegt hat, dann im Ausschuss auch werden einarbeiten können. Darauf bin ich wirklich sehr gespannt. Genauso, wie es bei jedem anderen Antragsteller auch der Fall ist, der staatliche Hilfe haben will, müssen auf Grundlage dieser vorgelegten Konzepte die Prüfungen erfolgen und die entsprechenden Entscheidungen getroffen werden, ob man dann in ein normales Bürgschaftsverfahren geht oder nicht. Das wird natürlich seine Zeit dauern. Ich sehe das auch mit Blick, Herr Minister, auf das, was Sie zur Einbindung der Belegschaft gesagt haben, durchaus skeptisch. Es ist nämlich weder den Ländern noch dem Bund zuzumuten, eine Sanierung zu unterstützen, die durch GM erfolgt und damit durch den Konzern, durch dessen falsches Handeln das Unternehmen über
haupt erst in die wirtschaftliche Situation gekommen ist. Deshalb ergänze ich Sie, sehr geehrter Herr Minister, nicht nur die Konzepte sind entscheidend, sondern auch die Tatsache, dass ein dauerhafter Einstieg des Staates gerade nicht erfolgen darf, weil, Herr Kollege Ramelow,
es Aufgabe des Staates ist, Wirtschaftsförderung zu betreiben und eben nicht Wirtschaftsunternehmen selbst zu sein. Wir sind hier in Thüringen und in Deutschland und was in den USA für Entscheidungen gefällt werden, das ist an dieser Stelle weder unsere Zuständigkeit noch gerade Thema dieser Debatte. Da habe ich auch in Ihrem Antrag nichts davon gelesen.
Dass deutsches Steuergeld im Übrigen natürlich nicht in die USA abfließen darf, das versteht sich an der Stelle ja ganz von selbst.
Der Viability-Plan ist hier angesprochen worden. Ich möchte das deshalb zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass es - ich habe gerade auf die Mitarbeiter hingewiesen - natürlich gerade wegen dieses Plans fraglich ist, ob diese Einbindung der Mitarbeiter überhaupt so möglich ist, denn die Abläufe, die sich in den letzten Wochen ergeben haben, dürften die Sympathie an der Stelle kaum erhöht haben. Wenn man sich noch mal vor Augen führt, dass auch in diesem Plan die Weiterexistenz von den Standorten Bochum und insbesondere auch Eisenach infrage gestellt ist, dann dürfte auch das die Verhandlungen mit dem Betriebsrat natürlich kaum vereinfachen.
Aus all diesen Gründen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und auch an Sie, sehr geehrter Herr Minister, aus all diesen Überlegungen sind wir zu unserem Antrag gekommen. Wir müssen anerkennen, dass Opel dem GM-Konzern gehört und dass dort Entscheidungen gefällt werden, die uns möglicherweise nicht gefallen. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, was passiert, wenn es doch anders kommt, als wir es uns wünschen.
Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben von der Taskforce gesprochen. Auch mir ist egal, in wessen Wahlprogramm die steht. Ich möchte nur nicht, dass die den Weg der vielen Kommissionen und Arbeitskreise - wir alle kennen den berühmten Spruch mit den Arbeitskreisen - geht. Nein, wenn wir so eine Taskforce denn schon auch nicht „Arbeitskreis“ nennen, dann soll sie auch etwas Vernünftiges bringen. Deshalb geht es hier nicht darum, eine Menükarte auf den Tisch zu legen - da sind wir uns doch alle
einig -, aber es geht darum, Sie haben es selber gesagt, Verhandlungspositionen zu stärken. Und dann, als Sie das gesagt haben, hatte ich schon die Hoffnung, dass man aus der Vergangenheit ein bisschen was gelernt hätte. Denn gerade diese einseitige Festlegung auf Magna, dieser Ausschluss jedes möglichen anderen Weges, war ein Punkt, der, glaube ich, nicht ganz unschuldig daran ist, dass wir jetzt in der Situation sind, in der wir sind. Gerade wenn man Verhandlungsoptionen haben will, ist es wichtig, einem potenziellen Partner zu signalisieren, ich bin nicht allein auf dich angewiesen, du bist nicht meine einzige Option. Wenn das anders wäre, hätte dieser potenzielle Partner auch ein gewisses Erpressungspotenzial und das, meine Damen und Herren, kann in so einem Verfahren, wenn man es dann auch noch Verhandlung nennt, natürlich nicht gewollt und im Sinne des Erfinders sein. Ich will mal sagen, bei jeder Dorfstraße, die wir bauen, holen wir uns mindestens zwei Angebote ein und bei einem Konzern, wo es um Milliarden von Staatsgeldern geht, sagen wir: Wir schließen jede andere Option aus und stürzen uns nur auf eine einzige Variante. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, freue ich mich sehr auf die Beratungen im Ausschuss, hoffe, dass das Wort gilt, dass kein Antrag den Landtag so verlässt, wie er eingebracht wird, und einer der Redner hat das gesagt und ein bisschen unterstellt, meine Damen und Herren, es geht eben nicht um eine Alternative zum Standort Eisenach, sondern es geht um eine Alternative für den Standort Eisenach. In diesem Sinne freue ich mich auf die Verhandlungen in den Ausschüssen und schließe mich ausdrücklich dem Antrag an, die vorliegenden Anträge an den Ausschuss zu überweisen. Vielen Dank.
Danke schön. Herr Abgeordneter Barth, das war der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, ja? Gut. Das Wort hat die Abgeordnete Siegesmund.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass SPD, CDU und DIE LINKE unseren Antrag unterstützen, denn diese Krise muss eine Chance werden und es kann eine werden, wenn wir sagen, die Zukunft von Opel ist grün und unser Ergänzungsantrag deutet genau darauf hin, nicht im Sinne von politisch Grün, sondern im Sinne von zukunftstechnologisch grün. Opel muss sich an die Spitze des technologischen Fortschritts stellen und das können wir auch schaffen. Wenn Opel Mobilitätsdienstleister werden kann, dann sind wir schon
einen Schritt weiter, dann kann GM nämlich gar nicht auf Opel verzichten. Wenn wir dahin kommen, ist Eisenach auch gesichert. Es kann also - und davon sind wir als GRÜNE überzeugt - nicht einfach ein Weiterso geben. So schön, wie das ist, wenn wir hier alle Solidaritätsbekundungen von uns geben, es genügt z.B. nicht, wenn man im Koalitionsvertrag etwas von einem „grünen Motor“ schreibt, den muss man ausgestalten. Ein erster Schritt ist das, was Minister Machnig heute sagte, die Taskforce; sie ist kritisiert und für gut befunden oder für nicht so gut befunden worden. Es ist ein erster Schritt und wir begrüßen das auch.
Ein Aspekt ist mir besonders wichtig: Die Krise der Automobilindustrie insgesamt ist nicht nur eine konjunkturelle Delle, die aus dem Nichts gekommen ist. Wir müssen angesichts von Tausenden gefährdeten Arbeitsplätzen ernsthaft darüber debattieren, dass das Ganze einen globalen Kontext hat. Ich meine auf der einen Seite GM, ich meine auf der anderen Seite aber Dinge, die uns immer wieder einholen werden, das sind steigende Rohstoffpreise, das sind endliche Ressourcen und viele andere Sachen. Das muss sich inzwischen auch bis Thüringen herumgesprochen haben. Ich denke, das ist so und deswegen freue ich mich umso mehr, dass dieser Aspekt heute zum Teil in einigen Reden angesprochen worden ist. Ich war heute in Eisenach und habe mit Harald Lieske gesprochen. Der erste Satz, den er bei unserem Gespräch sagte, war: Alles ist wieder offen, die Zukunft ist offen, was GM macht, ist offen. Viele von unseren Mitarbeitern zittern ihrem nächsten Arbeitstag entgegen. Einige sind besonders betroffen und stehen unter einem gewaltigen Druck. Das heißt, dass es auch unsere Verantwortung ist, diesen Druck von den Leuten zu nehmen und allen, die dort arbeiten, zu signalisieren: Wir stehen im Schulterschluss hinter euch und unterstützen Eisenach. Das ist wichtig.
Was wir nicht wollen, ist, dass wir heute hier - das ist schon mehrfach gesagt worden - über einen Plan B diskutieren, weil das das Ende wäre; das kann es nicht geben. Wir müssen eindeutig sagen, der Schulterschluss ist uns wichtig und nicht, dass wir bereits Alternativen aufzeigen, denn dann gerät Opel ins Hintertreffen. Entscheidend ist auch, dass sich GM bewegt. Das ist deutlich geworden in vielen Redebeiträgen, aber - und da hat Opel die entscheidende Chance - wenn Opel dahin kommt, Autos zu bauen, die von den Menschen natürlich gekauft werden, weil sie sparsam und effizient sind, dann macht sich Opel unverzichtbar. Der Ampera ist heute kurz genannt worden - das ist genau das, was wir brauchen. Der Corsa ist schön und gut, der Ampera muss, wenn es irgendwie geht, nach Eisenach kommen.
Wir und vielleicht auch ganz viele von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen dieses Auto dann auch fahren und nicht nur hier stehen und reden, sondern sich dann auch irgendwie damit anfreunden können, dass die Zukunft unserer Mobilität anders aussieht als übrigens der Manta, der vorhin genannt wurde. Die Geschichte von Opel ist hoffentlich nicht nur Manta, sondern mehr. Das zum Thema Verantwortung seitens der Wirtschaftspolitik, das zum Thema unsere Verantwortung hier.
Wir möchten, dass die Unterstützung für Opel auch an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Dazu gehört, dass man z.B. sagt, wenn man sich für ein Kompetenzzentrum einsetzen kann, was dort in dieser Region sitzt und viele verschiedene Cluster zusammenführt, dann ist das eine sinnvolle Lösung. Wir müssen uns auch dafür einsetzen, darüber nachzudenken, wie das mit dieser Aktiengesellschaft laufen kann. Wir müssen uns auch einsetzen dafür, dass Innovationspotenzial in Eisenach zu Opel fließt und zurück, und wir müssen uns auch einsetzen für Mitspracherechte, denn dass diese Krise einmal überwunden ist, heißt nicht, dass sie nicht noch einmal kommen kann und dass es Opel noch einmal treffen könnte.
Ich komme noch mal kurz auf den grünen Motor zurück. Jetzt steht er im Koalitionsvertrag; wir werden ihn oft bemühen können. Ich denke, dass heute ein guter Tag ist und ein guter Punkt, um zu sagen, wir wollen ihn auch mit Leben füllen, zum einen mit Solidaritätsbekundungen, zum anderen, indem wir sagen, Thüringen bewegt sich, Thüringen steht hinter Opel. Ich glaube, dass heute die Debatte ein guter Anfang dafür ist. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich frage in die Reihen der Fraktionen: Gibt es weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Doch. Bitte schön, Herr Abgeordneter Bergemann.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Opelaner, ich wollte nur ein paar wenige Bemerkungen machen, weil im Endeffekt ja schon fast alles gesagt ist.
Aber, lieber Herr Barth, Sie habe ich in Eisenach nicht gesehen vorige Woche. Fünf vor zwölf gab es Kollegen, die hier sitzen, und wir waren vor Ort, um natürlich auch das Stück Solidarität zu zeigen gemeinsam mit der Belegschaft, mit den Gewerkschaften, vor allen Dingen aber auch mit den Zulieferern. Das ist mir auch ein ganz wichtiger, entscheidender Punkt. Kollege Ramelow hat ja dankenswerterweise noch mal darauf hingewiesen, denn wer dort vor Ort ist, das wissen wir ganz genau im Umfeld, die dort wohnen, die dort leben und arbeiten, da hängt mehr daran als nur die Opelaner. Das geht bis zur Versorgung, bis zu den wirtschaftlich kleinen Unternehmen, den Mittelständlern, Gewerbetreibenden, die alle dranhängen. Deshalb geht es mir eigentlich darum, dieses Augenmerk auch noch mal ein Stückchen dorthin zu lenken.
Wichtig scheint mir auch - und das, glaube ich, hat auch Harald Lieske mehrfach in der Öffentlichkeit betont -, wie wichtig der Kontakt ist zur Landesregierung, zu den Betriebsräten. Das sage ich auch zu den Gewerkschaften, hier Flagge zu zeigen und zusammenzustehen. Es geht einfach darum - Herr Machnig hat es, glaube ich, gesagt -, dass das auseinanderdividieren der Länder an keiner Stelle passieren darf. Nichts wäre schlimmer, als wenn jetzt angefangen wird, Standorte gegeneinander auszuspielen. Ich habe einfach die Bitte auch an die Landesregierung, wachsam zu sein, weil nämlich im Blick auf die EU-Wettbewerbskommission man schon, wenn man die Restrukturierungspläne anschaut und weiß, wie die Spanier und die Belgier sich dort geäußert haben, einfach einen Blick darauf zu werfen, dass das jetzt nicht passiert, auch auf der Ebene unterschiedliche Meinungen ins Vorderfeld zu schieben, sondern dass man hier auch versucht - Verheugen hat das ja ziemlich deutlich gemacht -, auch in der Strategie klarzumachen. Es wird natürlich immer schwerfallen, da können wir reden, wie wir wollen, wir wissen genau, welche Unterstützung Magna zugesagt worden ist, einem Konzern wie GM, der jetzt im Rennen ist, das ist die Realität, das zu verweigern und zu sagen, nein, das geht nicht. Das wird nicht ganz so einfach sein, darauf muss man ein Auge werfen. Ich glaube aber, das wird passieren, weil auch die Ministerpräsidentin - soweit es mir auch bekannt ist und man merkt es ja auch selber - immer den direkten Draht hat zu den Kollegen in Rheinland-Pfalz, in Hessen und in NRW und immer mit ihnen im engsten Kontakt steht, weil - das hat Kollege Günther gesagt - stündlich und minütlich gibt es neue Meldungen und jetzt dort dabei zu sein, um natürlich auch zu wissen, was kommt auf uns zu.
Wolfgang Lemb hat vorhin das Beispiel gebracht über die Zukunftsfähigkeit. Du hast da, glaube ich, noch mal die Nischenfahrzeuge, die Motoren angesprochen und, was mir so ein bisschen auffiel, auch der Vorteil, vor allen Dingen der Abbau von Entwicklungskapazitäten. Da muss ich sagen, danke noch mal an die Kollegen von Opel. Über Jahre - wer das mitverfolgt hat - Innovation, Technologie, Teamfähigkeit, all die Dinge, die klugen Gedanken, die in Eisenach dort geboren und von dort transferiert worden sind in die Werke nach Europa; viele haben ja von den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen dort gelebt in anderen Standorten, sie sind übernommen worden. Ich glaube, das kann und sollte auch Beispiel sein für die Wichtigkeit unseres Standorts in Eisenach. Wer die Frage der Personalentwicklung kennt, da brauchen wir uns nichts vorzumachen, beide Interessenten hatten natürlich Personalabbau vor, das ist schlimm genug an der Stelle, aber die Abbauzahlen von allen Investoren und auch von GM waren in etwa gleich, nur die Unterschiede waren andere, die Herangehensweise, an welcher Stelle will ich abbauen, an welcher Stelle nicht. Da gab es ganz klare Optionen von Magna, im Bereich des Managements sollten etwa 1.500 Stellen abgebaut werden, während die GM-Leute nur 500 Stellen abbauen wollten. Aber im Entwicklungsbereich wollte GM auch 500 Stellen abbauen, während Magna gesagt hat, in dem Bereich müssen wir versuchen, neue Wege zu gehen. Gerade das war der Punkt für Eisenach, an der Stelle zu sagen, das sind unsere Chancen, das sind unsere Hoffnungen. Da wird der Unterschied schon deutlich. Da bitte ich darum, dass man das im Auge behält.
Zur Wettbewerbskommission habe ich was gesagt. Die wichtigste Frage ist die: Gelingt es uns, über die Arbeitnehmervertretungen den Kontakt zu halten, und gelingt es uns hier in Thüringen - und da bin ich sehr dankbar dafür, dass wir fraktionsübergreifend dieses Thema hier bearbeiten in den Ausschüssen -, dann auch die entsprechenden Richtungen zu geben, wenn wir wissen, wo die Reise hingeht? Das ist ja heute noch schwierig. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergemann. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor von der Abgeordneten Doht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben gestern den 9. November begangen als den Tag, an dem vor 20 Jahren die Mauer gefallen ist.
An vielen Orten hier in Thüringen wurde daran gedacht, wurde gefeiert. In Berlin wurde mit einem großen Festakt gefeiert.
Ich glaube, vielen Opel-Mitarbeitern, aber auch vielen anderen Eisenacherinnen und Eisenachern war gestern nicht so sehr zum Feiern zumute, sondern sie haben sich eher 20 Jahre zurückversetzt in die Zeit, als der große Freudentaumel nach der Grenzöffnung vorbei war und mit dem Automobilwerk Eisenach der erste Großbetrieb hier in den neuen Bundesländern durch die Treuhand liquidiert wurde. Mit einem Schlag standen im Automobilwerk Eisenach selbst 10.000 Arbeitskräfte auf der Straße, in der Region betraf es 50.000 Arbeitskräfte in den Zulieferfirmen, die direkt oder indirekt vom AWE abhängig waren. Mein Kollege Heiko Gentzel und ich, wir haben das selber erlebt, die Situation, als der letzte Wartburg vom Band lief und erwachsene Männer ihre Tränen nicht verbergen konnten.
Es ist schlimm, dass wir heute, 20 Jahre nach der Wende, wieder in dieser Situation sind, dass die Arbeitskräfte bei Opel, die Mitarbeiter, seit einem Jahr eine Hängepartie haben und jetzt, vier Wochen vor Weihnachten, wieder alles offen ist. Insofern kann man nur zornig und wütend sein, wie das hier gelaufen ist.
Mit der Investition Opel gab es wieder Hoffnung in der Region. Viele waren da, haben das Opel-Werk als eines der modernsten in Deutschland, in Europa gepriesen. Aber dieses modernste Opel-Werk hat einen Nachteil, es ist das Werk mit der geringsten Fertigungstiefe. Wir in Eisenach sind von anderen Opel-Zulieferwerken abhängig, von uns ist niemand abhängig. Darin besteht die große Gefahr in der jetzigen Situation. Wenn man sich all die Konzepte anschaut und das, was GM in der Vergangenheit verkündet hat, dann besteht hier schon die reelle Gefahr, dass es insbesondere Eisenach stark treffen wird. Die 10.000 Arbeitsplätze, die abgebaut werden sollen, waren ja erst gestern wieder in der Presse und sind auch bestätigt worden.
Herr Barth, die Festlegung auf Magna - jetzt ist er leider nicht da, um mir zuzuhören - war letztendlich keine einseitige Festlegung, weil man unbedingt aus irgendwelchen ideologischen Gründen Magna haben wollte, sondern das Konzept von Magna war das, welches die beste Garantie für das Fortbestehen der Opel-Werke in Deutschland bot und für Eisenach letztendlich sogar bedeutet hätte, dass man weggekommen wäre von der reinen Werkbank, sondern hier auch in Sachen Entwicklung sich einiges hätte tun können. Es war auch nicht so, dass man letztendlich zig Bewerber hatte. Es gab das Konzept von Magna, es gab das Konzept von Ripplewood, welches letztendlich vorgesehen hätte, Opel Eisenach
zwei Jahre zu schließen. Es braucht sich doch niemand etwas vorzumachen, eine zweijährige Schließung hätte bedeutet, dass das Werk weg ist vom Fenster. Nach zwei Jahren würde es nicht wieder aufgemacht werden. So ehrlich müssen wir zueinander sein. Es gab Fiat, die aber letztendlich in der Vergangenheit auch nicht die besten Erfahrungen bei den Opel-Werkern hinterlassen haben.
Heute stehen wir wieder am Anfang, letztendlich am Punkt null. Da muss ich aber eins noch mal sagen: Nach den gestrigen Feiern zum Mauerfall, ich habe es erwähnt, in Berlin, wenn dort Vertreter der amerikanischen Regierung sind, wenn Präsident Obama selbst eine Grußbotschaft sendet, dann sage ich, dann ist die Bundesregierung auch in der Pflicht, auf die Situation hier im Land hinzuweisen, dass es hier Menschen gibt, denen nicht zum Feiern zumute ist. Eines müsste doch zumindest unter Freunden durchzusetzen sein - und es ist hier schon erwähnt worden, dass GM in den USA inzwischen zu zwei Dritteln in staatlicher Hand ist -, nämlich die Forderung, dass man uns jetzt schnellstens ein Konzept auf den Tisch legt, über das wir reden können. Ich sage sehr deutlich, wir müssen hier zusammenstehen, wir müssen für Opel kämpfen, für alle Opel-Standorte, nicht für einen allein, sondern für alle in Deutschland und europaweit. Aber wir können natürlich, ohne dass wir wissen, was GM vorhat, auch nicht sagen, wir bieten euch jetzt Geld an, dies und jenes. Hier ist GM am Zug, und zwar schnellstens.
Ich hoffe, dass wir diese Einigkeit und Solidarität, die zurzeit besteht, durchhalten auf der Ebene Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, auch europäischer Betriebsrat, auf der Ebene der Länder, parteiübergreifend, auf der Ebene der Oberbürgermeister der Opel-Standorte, denn das Schlimmste wäre, wenn wir uns jetzt auseinanderdividieren lassen. Darauf wartet GM nur, dann geht es nach dem Motto „teile und herrsche“. Dann wird das passieren, was Ferdinand Dudenhöffer befürchtet, nämlich dass Opel hier in Deutschland einen langsamen Tod sterben wird. Das wollen wir alle nicht, deswegen lasst uns hier zusammenstehen, das ist noch einmal mein Appell. Ich bin mir sicher, die Landesregierung wird, wenn ein Konzept von GM auf dem Tisch liegt, das Nötige tun, um für den Erhalt der Arbeitsplätze in Eisenach zu kämpfen, aber wir müssen genauso für den Erhalt der Arbeitsplätze in Bochum, Rüsselsheim, Kaiserslautern oder Saragossa stehen, denn nur gemeinsam - Europa gegen GM - werden wir eine Chance haben. Dann wird es vielleicht auch gelingen, eine größere Selbstständigkeit vom Mutterkonzern zu erlangen, was die Folge hätte, dass wir vielleicht dann nicht in 20 Jahren wieder über die gleichen Probleme reden. Wir brauchen endlich Sicherheit in der Region, wir brauchen die Sicherheit
für die Beschäftigten, wir brauchen aber die Sicherheit auch für die gesamte Region, denn es hängt mehr dran als nur die Arbeitsplätze bei Opel, es hängen die Zulieferer dran, es hängt die gesamte Infrastruktur in der Region bis zum letzten Bäckerladen dran.
In diesem Sinne lassen Sie uns das Ziel gemeinsam verfolgen, dass Opel wieder zu einer starken Marke in Deutschland wird und damit auch zu einem starken Standort in Eisenach.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Doht. Es hat Frau Abgeordnete Wolf, Fraktion DIE LINKE, um das Wort gebeten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von Opel, keine Angst, ich möchte nicht all das wiederholen, was schon Richtiges und Wichtiges gesagt wurde, sondern in aller gebotenen Kürze noch einige Gedanken sagen.
Frau Doht, man muss nicht so weit zurückblicken, um weinende Männer in Erinnerung zu rufen. Ich habe sie letzte Woche vor dem Opel-Werk gesehen. Ich sage das in aller Betroffenheit, denn das ging mir ganz tief durch. Wenn man sieht, was den Beschäftigten im letzten Jahr angetan wurde, dann sage ich ganz klar, das ist für mich Psychoterror. Das Hin und Her, was an dieser Stelle an Nervenkrieg gespielt wurde, ging auf keine Kuhhaut
und ist zusammengefasst in den Worten von Harald Lieske auf der Demonstration letzte Woche: „Eigentlich müsste man als Mitarbeiter von Opel für das letzte Jahr Schmerzensgeld bekommen.“
Wir wissen um die Situation unter den Beschäftigten. Wir wissen, dass das Misstrauen gegenüber GM ein ganz tiefes ist, das Misstrauen gegenüber dem Wasserkopf in Detroit, aber auch das Misstrauen gegenüber den Männern, die offensichtlich keine Ahnung von Autobau haben und das auch ganz offen zugeben, und das Misstrauen den Taschenspielertricks gegenüber. Ich will an dieser Stelle einfach sagen, wir waren oft zu Gesprächen im Werk, wir stehen hinter dem Werk. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es nötig ist, stehen wir auch meinetwegen jede Woche vor eurem Werk.