Protocol of the Session on June 17, 2010

Meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht wird zu klären haben - und das wird sicherlich im Eilverfahren geschehen -, ob wir auch dann eine EG-Richtlinie umsetzen müssen, wenn dadurch Grundgesetz und Landesverfassung verletzt werden. Ich sage nein. Keine Vertragstreue zur EU oder föderale Bundestreue kann das Grundgesetz außer Kraft setzen

(Beifall DIE LINKE)

und den Freistaat veranlassen, verfassungswidrige Regelungen umzusetzen. Deshalb kann man sich auch nicht darauf zurückziehen, dass es sich bei dem hier im Landtag vorliegenden Gesetz nur um ein Ausführungsgesetz handelt, und das, was ausgeführt werden soll, völlig aus den Augen verlieren oder gar von vornherein unberücksichtigt lassen. In diesem Sinne heißt es, die Erosion der Grundrechte stoppen, keine Volkszählung auf der Grundlage des Zensusgesetzes 2011 in Thüringen.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Als Nächstes spricht für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Gumprecht.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, in einer offenen Gesellschaft sind Orientierung, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit notwendig. Das gilt für Unternehmen genauso wie für Bürger. Das Wissen über seine Umgebung und Hilfsmittel zur Orientierung haben nie geschadet. Sie sind notwendig, um bei Entscheidungen den richtigen Weg zu finden und die Entscheidungen auch richtig zu treffen.

Was sind solche Orientierungshilfen? Das sind verbindliche Zahlen und Statistiken, die immer wieder - wie unsere Waage zu Hause allmorgendlich - neu justiert werden müssen. Eine solche Normierung, ein exakter Abgleich in der Statistik ist durch eine Volkszählung möglich. Die EU hat deshalb die zur Umsetzung anstehende Volks- und Wohnungszählung angestoßen. Der geplante Zensus und die hierbei zu erhebenden Informationen über unser Land sind - das zeigt sich bereits in den ersten Abschnitten der EU-Verordnung, aber auch in der Begründung des Bundesgesetzes - eng verknüpft mit dem Thema Gerechtigkeit und dem Willen zur gemeinschaftlichen Erfüllung von Aufgaben. Exakte Daten sind notwendig, nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch dort, wo sich etwa Fragen zur Einteilung unserer Wahlkreise hinsichtlich des Finanzausgleichs oder auch des kommunalen Ausgleichssystems stellen. Nicht zuletzt muss eine solide Datenbasis auch bei der Entscheidung über die Verteilung von EU-Fördermitteln zugrunde gelegt werden. In diesem Sinne geht es um Verteilungsgerechtigkeit. Oder, meine Damen und Herren, wie gehen Sie vor, wenn Sie 50 Äpfel haben, die Sie zwei Schulklassen schenken möchten? Dann fragen Sie doch sicherlich vorher, wie viele Kinder in jeder Klasse sind und geben nicht pauschal in jede Klasse 25 Äpfel. Es wäre traurig, wenn ein Kind keinen Apfel bekommt, während in der anderen Klasse Äpfel übrig sind.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Weil einer zwei hat.)

Auf wachsende Ungenauigkeit in den Daten über die bundesdeutsche Bevölkerung weist das Statistische Bundesamt in seinem Qualitätsbericht bereits 2008 hin - ich zitiere, Frau Präsidentin: „In den aktuellen Rahmenbedingungen stellt die Bevölkerungsfortschreibung zwischen zwei Volkszählungen die einzige kohärente Methode dar, um laufend die Zahl und die Struktur der Gesamtbevölkerung und ihrer Untergliederung... zu ermitteln. Jedoch erfordert die

Bevölkerungfortschreibung eine regelmäßige Neujustierung durch eine Bestandsaufnahme in Form einer neuen Volkszählung. Mit wachsendem zeitlichem Abstand zum letzten Zensus kommt es zu Ungenauigkeiten“, die korrigiert werden müssen. Soweit das Zitat.

Meine Damen und Herren, ein Zensus ist in vieler Hinsicht unabdingbar. Auch wir selbst nutzen in Vorbereitung unserer eigenen Redebeiträge oft zu verschiedenen Themen genaue aktuelle Zahlen und je genauer die Zahlen sind, umso klarer die Argumentation, denn genaue Zahlen sind notwendig für unser Verständnis, für unsere Beurteilung von Situationen und Problemen und damit auch Grundlage unseres Handelns. Ebenso sind Verwaltungen auf eine profunde Datenbasis angewiesen, die die Grundlage für ein verantwortungsbewusstes Handeln bilden.

Ein zweiter Themenbereich ist der Datenschutz. Ja, Fragen des Datenschutzes sind wichtig. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben immer wieder den Finger in die Wunde gelegt und deutliche Worte gefunden, wenn es darum ging, das Recht der informellen Selbstbestimmung zu wahren. Als unabhängige Instanzen werden sie dort gehört und übernehmen eine wichtige Funktion auch im Rahmen der Gesetzgebung. Im letzten Plenum wurde das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1983 angesprochen. Die Debatte um das Zensusgesetz und seine Durchführung wurden von einer eingehenden Reflektion dieses Urteilstextes begleitet und das zuerst auf bundesdeutscher Ebene, dann aber auch hier in Thüringen. Bereits auf Bundesebene sind Fragen etwa der Repersonalisierung und der Anonymisierung oder auch der Trennung von Erhebungsstelle und Verwaltung eingehend diskutiert worden. Im Ergebnis wurde im vorliegenden Gesetzentwurf versucht, die Eingriffe in Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger zu minimieren. Gleichzeitig ist die Grundlage für eine solide Datenbasis durch eine fundierte Methode der Erhebung gesichert. Die Kommunen sind bei der Durchführung ein wichtiger Partner.

Meine Damen und Herren, ich möchte vielleicht auf die Argumentation eingehen: Ja, Landkreistag und Gemeinde- und Städtebund haben dieses Gesetz abgelehnt, aber nicht im Grundsatz, sondern in der Frage der Finanzierung. Die Frage der Spitzabrechnung ist aus Sicht eines Landrats verständlich. Sie können sich vorstellen, ich weiß, worüber ich rede. Ich wüsste auch, wie ich Wege nutze, um möglichst viele Finanzen für meine Kommune herauszubekommen - aber ist das gerecht im Sinne des Landes? Deshalb halte ich die hier gewählte Methode für richtig und lehne eine zusätzliche Aufnahme der Spitzabrechnung ab.

Im letzten Ausschuss haben wir uns darauf verständigt, dass für die Einrichtung der örtlichen Erhebungsstellen mehr Zeit gewährt wird. Dies ist in der Beschlussempfehlung, die Ihnen heute vorliegt, eingearbeitet. Die beiden Änderungsanträge beinhalten zwei völlig unterschiedliche Themenkomplexe. Das eine - der Antrag der LINKEN -, den Stopp des Zensus lehnen wir grundsätzlich ab, und den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Verschärfung der Datenbasis halten wir für nicht notwendig.

Meine Damen und Herren, entsprechend der Beschlussempfehlung bitte ich Sie, dem vorliegenden Gesetzentwurf mit den eingebrachten Änderungen zuzustimmen. Nochmals, wir lehnen die beiden Änderungsanträge ab. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht zu uns der Abgeordnete Bergner von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, wir sind in den vorangegangenen Diskussionen durchaus auch kritisiert worden, dass wir mit unserer ablehnenden Haltung zum Zensus gegen das Gesetz verstoßen würden.

Meine Damen und Herren, ich bin durchaus der Meinung, dass man im politischen Diskurs eine eigene Meinung vertreten darf, auch wenn sie vielleicht nicht einem Bundesgesetz entspricht.

(Beifall FDP)

Entsprechend ist unsere Haltung auch noch heute. Herr Kollege Gumprecht, um das Bild mit den Äpfeln aufzugreifen: Ich habe keinen Zweifel, dass wir auch mit der derzeitigen Datenbasis herausbekommen würden, wie viele Kinder welche Äpfel bekommen müssen. Als meine kleine Tochter geboren wurde, war der Bescheid des Abfallwirtschaftszweckverbands eher bei uns zu Hause als meine Tochter.

(Beifall FDP)

(Heiterkeit im Hause)

Ich denke, wenn wir sehen, welche Daten, wie viel Daten von jedem einzelnen Bürger in diesem Land erfasst sind, wenn wir an die Steueridentifikationsnummer denken, dann gibt es überhaupt keinen Bedarf und überhaupt keine Notwendigkeit, noch mehr Daten zu erfassen -

(Beifall DIE LINKE)

danke schön - und vor allem dieses Geld, das dafür veranschlagt ist, auch noch auszugeben. Im Ausschuss habe ich dem Antrag auf diese verkürzte Dauer zugestimmt mit Blick auf die Kosten, die auf die kommunale Ebene zukommen, und diese Kosten kritisiere ich auch ausdrücklich. Aber ich trage auch die verfassungsrechtlichen Bedenken, die hier geäußert worden sind, ich trage die grundsätzliche Kritik, die hier geäußert worden ist, mit. Meine Fraktion, meine Damen und Herren, ist der Meinung, dieser Zensus ist überflüssig wie ein Kropf und wir werden nicht zustimmen. Danke schön.

(Beifall CDU, FDP)

Danke schön. Als Nächster spricht der Abgeordnete Hey von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann den Gesetzentwurf zur Ausführung des Zensusgesetzes aus unserer Sicht recht unaufgeregt diskutieren. Zunächst - ich hatte das bereits bei der ersten Lesung hier im Plenum betont - sind wir sehr zufrieden darüber, dass es statt der vorgesehenen 50 Erhebungsstellen im Freistaat nur noch 23 sein werden, weil man sich darauf verständigt hat, den Kreis der teilnehmenden Kommunen deutlich einzugrenzen, nämlich nur noch die kreisfreien Städte und die Landkreise einzubeziehen. Sie haben jetzt auch Kenntnis bekommen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses mit einer eingefügten Änderung, die den Kommunen mit angegliederten Erhebungsstellen etwas mehr Zeit einräumt. Herr Bergner hat es eben schon gesagt, auch andere Vorredner sind darauf eingegangen. Demnach muss dann nämlich eine solche Erhebungsstelle statt im September erst zu Beginn des nächsten Jahres, also ab Januar 2011, voll betriebsbereit sein. Das ist aus unserer Sicht eine wirkliche Entlastung für die Kommunen, also beide Maßnahmen, die ich eben aufgeführt habe. Ich danke auch der Landesregierung noch einmal ausdrücklich dafür, dass die dementsprechenden Regelungen so getroffen wurden.

Die zweite Änderungsvorlage zum Gesetzentwurf, die heute schon hier vorgestellt wurde, kommt auch von den Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, die konsequent fordern, dass sich Thüringen an diesem Verfahren nicht beteiligt. Frau Renner hat das ja schon eingangs erläutert. Wir sind da sehr vorsichtig. Der Innenminister hat bereits nicht nur im Ausschuss darauf hingewiesen, dass das Zensus

gesetz ein Bundesgesetz ist und wir die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen haben, um die Regelungen dieses Bundesgesetzes auch in Thüringen zur Anwendung kommen zu lassen. Im Grunde muss ja auch deutlich gesagt werden, für den Zensus 2011, also für den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf, soll in Deutschland ein neues Verfahren zum Einsatz kommen. Statt alle Einwohnerinnen und Einwohner zu befragen - so war es nämlich bisher bei traditionellen Volkszählungen üblich -, werden bei dem sogenannten registergestützten Zensus hauptsächlich die in den Registern der Verwaltung vorhandenen Daten genutzt. Die scheinen zu funktionieren, Herr Bergner, wenn Sie das Beispiel Ihrer kleinen Tochter da gebracht haben. Im Vergleich zu einer traditionellen Volkszählung aber reduziert dies sowohl den Verwaltungsaufwand für die Durchführung des Zensus sowie auch die Belastung der Bürger durch Auskunftspflichten. Zur Ermittlung der benötigen Daten werden dafür in erster Linie die Melderegister der Kommunen, die Register der Bundesagentur für Arbeit und die Daten der Vermessungsverwaltung genutzt. Das ist der entscheidende Unterschied.

Natürlich gab und gibt es die Diskussion darüber, wie generell mit Volkszählungen umzugehen ist. Im Innenausschuss gab es auch bereits den Hinweis, wir haben es heute auch hier im Plenum gehört, dass gegen eben jenes Gesetz eine Verfassungsklage in Vorbereitung ist und man genau deshalb kein Zensusgesetz im Freistaat verabschieden sollte. Frau Renner hat darauf hingewiesen. Aber man muss auch wirklich so verfahren, dass - das ist zumindest unsere Auffassung - man der Rechtsverpflichtung gegenüber dem Bund nachkommt. Wenn es wirklich stimmt, dass inhaltlich das Zensusgesetz gegen die geltenden verfassungsrechtlichen Regelungen verstößt, dann werden wir auch in Thüringen sicherlich unsere Konsequenzen zu ziehen haben. Das hat nichts mit vorauseilendem Gehorsam zu tun, das ist so unterschwellig auch ein wenig durchgeklungen. Man muss das, wie ich eingangs schon gesagt habe, eher unaufgeregt betrachten. Es gibt sicher Gesetze, die werden nach ihrer Verabschiedung später von rechtlichen Instanzen gekippt; das wäre nicht das erste Mal. Zu diesem Zeitpunkt können wir nicht mit Sicherheit voraussagen, ob das auch beim Zensusgesetz der Fall sein wird. Ich bin kein Rechtsexperte, um das wirklich vollumfänglich begutachten und bewerten zu können. Ich habe mal im Internet etwas länger recherchiert, man muss nur über die Suchmaschinen „Zensus 2011“ eingeben, da kommt eine ganze Liste und die Lage dort ist, um es vorsichtig zu sagen, unübersichtlich. Ich habe da keinen wirklich unumstößlichen Beweis gefunden, dass das, was wir heute hier im Parlament tun, nämlich die Verabschiedung dieses Zensusgesetzes vorbereiten, das Recht und die Verfassung

verletzen würde. In diesem Sinne werbe ich sehr für die Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Gibt es weitere Wortmeldungen seitens der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Die Regierung hat um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister Huber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich kann da anschließen, wo der Abgeordnete Hey gerade aufgehört hat. Wir befinden uns nicht im Europäischen Parlament, wir befinden uns nicht im Deutschen Bundestag, sondern wir befinden uns - ob Ihnen das gefällt oder nicht - im Thüringer Landtag. Wir sind insoweit nur die dritte Ebene eines Mehrebenensystems, die auf das konstruktive Zusammenspiel der unterschiedlichen Ebenen, in denen wir leben, angewiesen ist. Ich komme darauf zurück, auch zu Ihrer These, Frau Renner, dass die Grundrechte weder Europa noch dem Bund geopfert werden dürfen. Dazu werde ich gerne etwas sagen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das haben Sie jetzt aber schön gesagt.)

Zunächst möchte ich den Mitgliedern des Innenausschusses für die zügige Beratung des Gesetzentwurfs danken. Es ist wichtig, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause in Kraft tritt, damit sich die kreisfreien Städte und Landkreise wie auch das Landesamt für Statistik auf einer gesicherten Rechtsgrundlage auf den Zensus 2011 vorbereiten können. Im Zensusgesetz 2011 hat der Bundesgesetzgeber die wesentlichen Grundlagen der Datenerfassung geregelt sowie den Stichtag für den Zensus auf den 9. Mai 2011 festgelegt. Das Zensusgesetz 2011 dient der Umsetzung der Verordnung, Frau Renner, VO/EG 763/2008 des Europäischen Parlaments. Verordnungen haben nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten. Sie bedürfen keiner Umsetzung. Das einzige, was den Mitgliedstaaten bleibt, ist die Festsetzung der Vollziehungsmöglichkeiten und die Bestimmung der zuständigen Behörden. Man nennt es im Jargon auch die Operationalisierung.

Der Zensus ist außerdem national wie international ein wesentliches Fundament der Statistik. Er liefert Basisdaten zur Bevölkerung, Erwerbstätigkeit und Wohnungssituation, auf denen alle politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Planungsprozesse

bei Bund, Ländern und Gemeinden sowie das statistische Gesamtsystem, die Fortschreibungsgrundlagen und die Grundlagen für die Stichprobenerhebungen aufbauen. Mit dem vorliegenden Entwurf wird ein Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 geschaffen. Es ergänzt das Zensusgesetz des Bundes, indem es die erforderlichen organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorschriften für die Durchführung der Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung in Thüringen festlegt, und zwar nur diese. Bereits in meiner Einbringungsrede habe ich darauf hingewiesen, dass bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs alles getan wurde, um ein hohes Niveau der Datensicherheit zu gewährleisten.

Zu Frau Renner und zu Herrn Adams möchte ich bemerken: Wenn Sie sich die §§ 6 und 7, die die Trennung der örtlichen Erhebungsstellen von anderen Verwaltungsstellen betreffen, und die Sicherung der Erhebungsgrundlagen anschauen, das sind mehr als drei eng bedruckte Seiten verfahrensrechtlicher Vorkehrungen, die sicherstellen sollen, dass die Daten nicht in unbefugte Hände gehen, verfängt Ihre Kritik nicht. Ich darf zwei kurze Zitate vornehmen:

§ 6 Abs. 1: „Die örtlichen Erhebungsstellen sind für die Dauer der Bearbeitung und Aufbewahrung von Einzelangaben räumlich und organisatorisch von anderen Verwaltungsstellen zu trennen, gegen den Zutritt unbefugter Personen zu schützen und mit eigenem Personal auszustatten. Die Erhebungsstelle muss aus einem abgeschotteten Bereich und einem räumlich getrennten Auskunftsbereich für Rückfragen bestehen. Zutritt dürfen nur die dort tätigen Personen … haben.“

Absatz 5: „Die in den örtlichen Erhebungsstellen tätigen Personen müssen Gewähr für Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit bieten. Während der Tätigkeit dürfen Sie nicht mit anderen Aufgaben des Verwaltungsvollzugs betraut werden.“ usw.

Dreieinhalb Seiten verfahrensrechtliche Vorkehrungen, die das, was Sie kritisiert haben, ausschließen. Natürlich ist das Gute immer der Feind des Besseren oder umgekehrt. Natürlich könnte man sich verfahrensrechtliche Vorkehrungen auf zehn Seiten vorstellen, aber dann möchte ich mir die Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistags nicht vorstellen, was die damit verbundenen Aufwendungen betrifft.

Der Gesetzentwurf wurde intensiv mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz beraten, dessen Vorschläge Eingang in den Gesetzestext gefunden haben.

Herr Minister, gestatten Sie Zwischenfragen des Abgeordneten Adams und dann des Abgeordneten Hauboldt?

Bitte.

Vielen Dank, Herr Minister. Zu Ihren eben gemachten Ausführungen möchte ich Sie fragen: Sie haben dargestellt, dass §§ 6 und 7 eigentlich die Materie hinreichend regeln. Dann frage ich, warum in § 6 Abs. 3 die weiterführenden Normen des § 20 Abs. 3 Thüringer Statistikgesetz angeführt werden, auf sie verwiesen wird, allerdings die Verweisung in Richtung des § 9 des Thüringer Statistikgesetzes aus Ihrer Sicht offensichtlich entbehrlich ist. Warum verweisen Sie einmal um weiterführende Regelungen - wenn es doch abschließend sei - und das andere Mal, wenn es um Organisatorisch-Technisches geht, verweisen Sie nicht.

Herr Abgeordneter Adams, ich habe nicht gesagt, dass es abschließend ist. Ich habe gesagt, dass wir über drei eng bedruckte Seiten verfahrensrechtliche Vorkehrungen und organisatorische Vorkehrungen entsprechend der Entscheidung im 65. Band des Bundesverfassungsgerichts hier vorgesehen haben, um die ausreichende prozedurale Sicherung des Datenschutzes sicherzustellen. Dass wir auch die Regelung des Statistikgesetzes, auf die hier in einer Verweisung Bezug genommen wird, nicht in das Gesetz aufgenommen haben, ist eine übliche Gesetzgebungstechnik, damit wir nicht zehn Seiten haben, sondern nur dreieinhalb. In der Sache bedeutet das aber nur, dass diese Regelungen zusätzlich zu den verfahrensrechtlichen Vorkehrungen hinzukommen und Ihrem Bedenken insofern noch besser Rechnung getragen wird, als wenn das nicht der Fall wäre.

Herr Abgeordneter Hauboldt.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, das noch nicht verabschiedete Zensusgesetz - das Ausführungsgesetz in Thüringen - treibt schon seltsame Blüten. Mir ist bekannt - ich gehe mal davon aus, dass die Datenerhebung kostenneutral für die Bürger sein soll -, dass Thüringer Wohnungsunternehmen