sich nach einer, wie ich finde, guten Diskussion - da will ich mich ausdrücklich bei allen bedanken - nach einem zum Teil auch schwierigen Verfahren am Dienstag verständigt. Auf Grundlage dieser Verständigung werden wir in der nächsten Woche, Herr Schöning, im Kabinett beraten, verabschieden und das dem Landtag auch zuleiten. Ich will noch einmal klarmachen, damit es für alle noch einmal deutlich wird, dieses war ein mehrstufiges Verfahren. Die erste Stufe war - da will ich mich bei meinen Mitarbeitern, Herrn Andersson und anderen, ausdrücklich bedanken -, dass wir im Hause alle bundesdeutschen Vergabegesetze ausgewertet haben. Wir haben alle bundesdeutschen Vergabegesetze angeschaut und im Hinblick auf eine Frage geprüft: Wie können die Vorgaben des Gesetzes also europarechtskonform, vergabefreundlich oder mittelstandsfreundlich, aber auch klare soziale Standards - deswegen machen wir ja ein Vergabegesetz - auch berücksichtigt werden? All diese Überlegungen sind eingeflossen. Die zweite Stufe war, dass ich mit demjenigen - wenn ich das sagen darf -, der im Rahmen der Landesregierung die größte auch individuelle und persönliche Kompetenz hat, nämlich der Innenminister Prof. Dr. Peter Huber, dreimal über diesen Entwurf gesprochen habe. Ich sage klar, er ist ein hervorragender Jurist, ich glaube, er hat über das Thema auch habilitiert, hat in vielerlei Gutachten zu dem Thema Stellung genommen, und da ist ein zweiter Konsens erzielt worden. Die dritte Stufe war, dass wir aufbauend auf diesen Überlegungen dann auch mit den anderen Ressorts eine Verständigung erzielt haben, mit der Staatskanzlei, mit Herrn Carius als Bauminister, mit dem Landwirtschafsminister. Und jetzt wird in absehbarer Zeit ein guter Entwurf vorliegen.
Ich will noch einmal sagen, diese Aktuelle Stunde heißt „Dringlichkeit eines Vergabegesetzes“, ich will noch einmal an einer Stelle auf die absolute Dringlichkeit hinweisen. Ab dem 01.05.2011 haben wir Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa. Und Frau von der Leyen, Bundesarbeitsministerin, hat auf dem DGB eines klar und sehr deutlich gesagt, dass es inzwischen in Polen und anderen osteuropäischen Ländern geradezu Sammlungsbewegungen gibt von Leih- und Zeitarbeitern, die dann auf den deutschen Markt drängen werden. Und weil genau dies passiert, brauchen wir bei der Vergabe öffentlicher Aufträge klare Standards, weil es sich hier um von den Menschen erwirtschaftetes Steuergeld handelt, das wir investieren, und wir haben auch, weil es sich um Steuergeld handelt, Anrecht auf eine politische Schutzfunktion.
Wenn ich mal eine Sekunde mit Ihnen darüber nachdenke, was sind eigentlich vergabefremde Kriterien, da nenne ich mal ein Beispiel: Ist ein Kriterium, wenn ich ökologische Standards prüfe im Rahmen des
Verfahrens und feststelle, mit einer bestimmten Vergabe an ein bestimmtes Unternehmen sind dramatische ökologische Folgekosten verbunden, ist es ein vergabefremdes Kriterium? Nein. Das ist der Schutz von Mensch und Leben. Das ist Standard, den man im Rechtsstaat sichern muss.
Das Gleiche gilt, wenn ich zum Beispiel prüfe, ob denn ein Wettbewerber auch bestimmte Standards etwa bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einhält. Das erfordert unser Arbeitsrecht und, ich denke, öffentliche Aufträge müssen auch unter der Prämisse vergeben werden. Von daher sollten wir mal eine Sekunde noch darüber nachdenken, was sind eigentlich vergabefremde Kriterien, und ich sage mal ausdrücklich, ich bin im guten Kontakt mit dem Kollegen Günther, und ich finde, es gehört dazu, dass an der einen oder anderen Stelle auch erkennbar wird, was bestimmte Akteure auch in der Debatte glauben. Deswegen habe ich auch gesagt, ich habe das zur Kenntnis genommen und wir werden das weiter diskutieren und werden einen gemeinsamen Weg finden, auch in den weiteren Beratungen hier im Parlament.
Dabei ist klar, das Ganze muss europarechtskonform ausgestaltet sein, das heißt, bestimmte Regelungen, die ich mir wünschen würde, sage ich ausdrücklich, können wir nicht treffen. Wir können für bestimmte Branchen eben keine Lohngrenzen definieren, weil europäische Rechtsprechung dagegenspricht. In anderen Bereichen ist das anders. Ich will ein Beispiel nennen, auch wenn wir das im weiteren Verfahren zum Vergabegesetz noch einmal diskutieren. Das finde ich auch legitim im Rahmen des Anhörungsverfahrens. Aber ich will an einer Stelle auf eines hinweisen: Ich habe beim Thema, ob man denn bestimmte Tarifstandards etwa beim öffentlichen Personennahverkehr zugrunde legen kann, mich an den Kollegen Ramsauer gewandt, seines Zeichens Bundesverkehrsminister (CSU). Die Antwort von dem Kollegen Ramsauer an mich war: Ja, die Länder können dort tarifvertragliche Standards bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im ÖPNV festsetzen. Das ist die Aussage von Herrn Ramsauer, die ist übrigens deckungsgleich mit der Aussage, die einige Monate vorher noch der frühere Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee getroffen hat. Das heißt, auch dort habe ich mich zunächst mal vergewissert, wie wir das an anderer Stelle gesehen haben, und ausdrücklich kam der Hinweis, dass dies möglich ist. Deswegen wird im ersten Entwurf im Kabinett beraten, ob eine solche Regelung enthalten sei. Wir werden dann sehen, was das für das weitere Verfahren heißt.
Jetzt noch ein letzter Satz, ich will es auch nicht übertreiben mit der FDP, aber einen Satz muss ich mir dann noch erlauben. Ich finde, Ihr müsst einmal überprüfen, ob Ihr eigentlich noch in bestimmten Umlaufbahnen, die in Deutschland eine Rolle spielen, fliegt. Ich muss das mal so deutlich sagen. Es ist doch nicht bestreitbar, dass wir in den letzten Jahren eines erlebt haben: Wir haben ein massives Lohndumping erlebt, wir haben inzwischen 10 Mio. atypische Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland, wir haben Reallohnverluste. All das muss ich doch mal zur Kenntnis nehmen. Ich kann doch nicht ernsthaft so tun, als hätten wir unter dem Stichwort „Ordnung auf den Arbeitsmärkten zu schaffen“ nichts zu tun. Wer das negiert, will das entweder nicht wahrhaben, weil er verblendet ist und weil es ins ideologische Konzept nicht passt, oder er schottet sich von der Wirklichkeit ab. Ich bitte Sie, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Die Wirklichkeit ist so, dass wir eine solche Regelung brauchen. Es ist Zeit, dass auch in Thüringen, ähnlich wie in anderen Ländern, endlich ein Vergabegesetz kommt. Ich würde mir eines wünschen - ich will das noch mal deutlich sagen -, dass, wenn wir dieses Gesetz haben, wir dann auch einen breiten Konsens hier in diesem Haus und auch in der Gesellschaft organisieren. Ich glaube, das ist ein Beitrag dazu, das, was an Unordnung auf dem Arbeitsmarkt entstanden ist, in den nächsten Jahren sukzessive zu korrigieren. Ich glaube, das ist notwendig und ich würde mir wünschen, dass in den Beratungen dieser breite Konsens hier im Hause hergestellt werden könnte. Herzlichen Dank.
Ich sehe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen. Doch, es gibt eine weitere Redeanmeldung. Es sind noch 5 Minuten Redezeit. Für die FDP-Fraktion Herr Abgeordneter Bergner.
Meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte eines klarstellen, es geht hier nicht um Fragen von sozialer Kälte, es geht hier nicht um Fragen von einem Anflug von Umweltrüpelei. Es geht um die Frage: Welche Schritte gehören an welche Stelle? Da sage ich aus meiner eigenen beruflichen Praxis: Gerade das, was solche Kriterien anbelangt wie Umweltkriterien, das gehört viel zeitiger, viel früher angesetzt als im Vergabeverfahren. Das gehört in die Planungsphase, das gehört selbstverständlich in das Leistungsverzeichnis, aber es gehört nicht das Prüfverfahren damit aufgebläht, weil es jetzt schon kaum zeitlich zu schaffen ist, so, wie sie auch jetzt
in der Prüfung von Angeboten noch nicht sämtliche Materialnachweise, wie etwa Eignungsnachweise von Schottertragschichten, von Asphalt oder was weiß ich, überprüfen, sondern es ist dann selbstverständlich eine Frage der Bauüberwachung, zu überprüfen, inwieweit der Bauvertrag eingehalten wird. Das ist der eine Punkt.
(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Oh, darf ich das zitieren?)
Ich bitte Sie sogar darum, das zu zitieren und Sie können das gern namentlich machen. Wir sind nicht an niedrigen Löhnen interessiert, aber ich sage Ihnen auch eins: Ich bin in einer Branche groß geworden damals nach dem Studium, die so ziemlich als Erste Mindestlöhne hatte. Ich habe erleben müssen, wie leicht das ist, das zu umgehen. Sie werden es mit diesem Gesetz und mit einem solchen Gesetzentwurf nicht regeln. Adäquate Löhne erreichen Sie, indem es für die Firmen leichter wird, vernünftige Aufträge zu haben, indem Wettbewerb entsteht und in diesem Wettbewerb müssen die Firmen ihre Arbeitskräfte durch anständige Löhne gewinnen. Nur so funktioniert es und das ist meine feste Überzeugung. Ich bedanke mich, meine Damen und Herren.
Ich sehe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen und schließe den vierten Teil der Aktuellen Stunde und damit die Aktuelle Stunde insgesamt.
Die Landesregierung erklärte in Ihrer Antwort auf die Mündliche Anfrage "Alltagsradwegekonzept" im letzten Plenum, dass ein wesentliches Element zur Erhöhung des Modal Split des Radverkehrs eine Bewusstseinsänderung der Bevölkerung sei.
1. Welche Zielgröße im Modal Split hat die Landesregierung und wie befördert sie die gewünschte Änderung des Verhaltens der Verkehrsteilnehmer um dieses zu erreichen?
3. Wann wird der Radroutenplaner vorgestellt, von wem wurde er erstellt und von wem wird er in welchem Umfang betrieben?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Schubert beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Gegenwärtig beträgt der Anteil des Alltagsradverkehrs an den mit allen Verkehrsmitteln zurückgelegten Wegen in Thüringen durchschnittlich 7 Prozent. Dieser Wert ist jedoch entsprechend den topographischen, klimatischen sowie siedlungs- und bevölkerungsstrukturellen Voraussetzungen in Thüringen regional unterschiedlich. Durch Netzverdichtung, Qualitätssteigerung, z.B. durch Beschilderung, kostenlose Fahrradmitnahme im ÖPNV sowie Maßnahmen zur vereinfachten Nutzbarkeit und besseren Vermarktung soll der Radanteil im Modal Split kontinuierlich gesteigert werden. Eine konkrete Zielgröße ist dabei jedoch nicht hilfreich, schlichtweg, weil sie innerhalb der Regionen Thüringens große Unterschiede aufzuweisen haben, z.B. topografisch, Ballungsdichte.
Zu Frage 2: Der Radroutenplaner ist Bestandteil des Thüringer Radverkehrskonzepts. Er wird die kommunale Ebene bei der Entwicklung, Errichtung, Wartung und Vermarktung von Radwegen für den Alltags- und Freizeitverkehr und bei der Wegweisung unterstützen. Das schafft Transparenz über die Radfahrmöglichkeiten und setzt natürlich auch Impulse, vom Freizeitverhalten in ein entsprechendes Berufsverkehrsverhalten überzuwechseln.
Zu Frage 3: Die Freischaltung des Radroutenplaners soll in der zweiten Junihälfte erfolgen. Er wurde durch eine Projektgruppe erarbeitet, die sich aus Vertretern folgender Institutionen zusammen
setzt: dem Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr, dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, dem Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr, dem Thüringer Landesamt für Vermessung und Geoinformation, Thüringer Landesanstalt für Jagd, Wald und Fischerei, Thüringer Landesrechenzentrum, Thüringer Tourismusgesellschaft, Nahverkehrsservicegesellschaft, Thüringer Gemeinde- und Städtebund, Thüringischer Landkreistag. Dabei wurde eng mit den Landkreisen und kreisfreien Städten bei der Einpflege der notwendigen regionalen Daten zusammengearbeitet. In der gegenwärtigen Testphase werden einschlägige im Bereich des Radverkehrs tätige Interessenverbände wie ADFC einbezogen. Im Ergebnis des durchgeführten Ausschreibungsverfahrens wurde die Ingenieurgruppe IVV Aachen mit dem Aufbau und Betrieb des Radroutenplaners Thüringens beauftragt. Der Vertrag über den Betrieb des Systems wurde zunächst für die Dauer von drei Jahren geschlossen.
Zu Frage 4: Für den Erwerb der Betreiberlizenz sowie den dreijährigen Betrieb des Radroutenplaners wurden Ausgaben in Höhe von 190.000 € veranschlagt.
Frau Staatssekretärin, meine Anfrage bezieht sich auf Ihre Antwort zu Frage 1: Wenn es keine thüringenweite Zielgröße gibt, ist geplant, für die Region eine Zielgröße für den Modal Split festzuschreiben, also dann mehrere? Das ist die erste Teilfrage.
Die zweite Teilfrage: Inwieweit wird die Evaluation eines landesweiten Radwegeprogramms - so nenne ich es jetzt mal - erschwert, wenn es diese Zielgrößen gar nicht gibt, an denen man den Erfolg dieser Maßnahmen messen kann?
Grundsätzlich ist der Modal Split im Bereich des Fahrradverkehrs ausgesprochen schwierig. Ich weiß, dass es das in manchen Gebieten gibt. Tatsache ist, dass Sie natürlich große Unterschiede haben zwischen Ballungsgebieten einerseits und den mehr ländlichen Räumen auf der anderen Seite. Wenn Sie auf den Berufsverkehr abzielen, dann ist eine Erweiterung im städtischen Raum eher möglich. Da kommt es natürlich auch immer auf die städtebaulichen Gegebenheiten an. Insofern unterscheiden
sich Städte sehr extrem. Daher neige ich und auch unser Haus eher dazu, keinen festgesetzten Modal Split zu setzen, sondern natürlich zielorientiert in die Regionen hineinzuwirken, Steigerungen des Radverkehrs zu ermöglichen und entsprechende Bewusstseinsförderung nach vorn zu treiben.
Es gibt keine weiteren Nachfragen. Dann rufe ich als nächste Anfrage die des Abgeordneten Kuschel, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/899 auf. Diese trägt Herr Abgeordneter Blechschmidt vor.
Jetzt hatte ich den Abgeordneten Blechschmidt aufgerufen, da müsste der jetzt die Frage vortragen, darauf lege ich jetzt Wert.
Auf Antrag der CDU wollte der Kreistag des Wartburgkreises den Erdfallopfern aus Tiefenort finanziell helfen. Damit wurde eine Anregung der Thüringer Ministerpräsidentin aufgegriffen. Diese hatte im Zusammenhang mit der Soforthilfe des Landes für die Erdfallopfer vergleichbare Hilfen durch die Gemeinde Tiefenort und den Wartburgkreis eingefordert. Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat als Rechtsaufsichtsbehörde für den Wartburgkreis die vorgesehene finanzielle Hilfe für die Erdfallopfer als rechtlich unzulässig bewertet. Daraufhin wurde der Antrag im Kreistag zurückgezogen (ver- gleiche Berichterstattung stz Bad Salzungen vom 30. April 2010).
1. Unter welchen Voraussetzungen dürfte der Wartburgkreis den Opfern des Erdfalls in Tiefenort finanziell helfen und wie wird dies begründet?
2. Wie begründet das Thüringer Landesverwaltungsamt die Unzulässigkeit von finanziellen Hilfen des Wartburgkreises an die Opfer des Erdfalls in Tiefenort?
3. Wie erklärt sich aus Sicht der Landesregierung, dass einerseits die Ministerpräsidentin den Wartburgkreis auffordert, die Erdfallopfer ebenso wie das Land finanziell zu unterstützen, andererseits das Thüringer Landesverwaltungsamt dies untersagt?
setzlichen Klarstellung bzw. Novellierung, um die finanzielle Unterstützung der Opfer von Schadenereignissen durch Landkreise in Thüringen zu ermöglichen und wie wird dies begründet?