Protocol of the Session on May 26, 2010

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Geibert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel, vertreten durch den Abgeordneten Blechschmidt, beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Frage 1: Der Wartburgkreis kann den Opfern des Erdfalls in Tiefenort finanziell helfen, wenn es sich dabei um eine Aufgabe des eigenen oder übertragenen Wirkungskreises des Landkreises handelt. Landkreise haben das Recht, die überörtlichen Angelegenheiten, deren Bedeutung über das Kreisgebiet nicht hinausgeht, in eigener Verantwortung im Rahmen der Gesetze zur Förderung des Wohls ihrer Einwohner zu verwalten, so § 86 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung. Voraussetzung für die Zuständigkeit des Landkreises ist demnach ein überörtlicher Bezug. Der Begriff „überörtlich“ erklärt allein räumlich-geografische Gesichtspunkte für maßgebend. Überörtlich sind deshalb Aufgaben, die zwar für die Lebensbedürfnisse der Menschen an ihrem Wohnort Bedeutung haben, aber nicht durch spezifische Umstände der örtlichen Gemeinschaft bedingt sind und nach ihrem sachlichen Zuschnitt sowie den weitergreifenden Auswirkungen nur im größeren Verband wahrgenommen werden können. Solche überörtlichen Aufgaben entstehen in einem weiteren Raum als dem der Gemeinden, nämlich aus dem Kreisgebiet als einheitlichem Ganzen, füllen den Verwaltungsraum des Kreises aus, sind aber zugleich auch auf ihn begrenzt und können von den einzelnen kreisangehörigen Gemeinden nicht einmal theoretisch wahrgenommen werden, da sie sich ihrem Wesen nach nicht dagegen aus wirtschaftlichen Erwägungen oder aus Gründen mangelnder Leistungskraft nur im übergemeindlichen Raum erledigen lassen. So näher nachzulesen in einem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 20. Juli 1998 unter dem Az. 2KO143/97. Auch freiwillige Leistungen - und auf eine solche Leistung bezieht sich offensichtlich die Fragestellung - sind ebenso wie Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises nur im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit des Landkreises zulässig. Das heißt, dass es sich auch hier um eine überörtliche Angelegenheit handeln muss, deren Bedeutung über das Kreisgebiet nicht hinausgeht. Freiwillige Leistungen des Krei

ses zur Erfüllung einer Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde würden seitens des Landkreises eine unzulässige Aufgabenwahrnehmung darstellen. Ein überörtlicher Bezug ist bei der Zahlung einer Soforthilfe für die Betroffenen des Erdfalls in Tiefenort nicht erkennbar. Daher ist hier eine Zuständigkeit des Landkreises nicht gegeben. Die Zahlung der Soforthilfe durch den Landkreis würde eine unzulässige Aufgabenwahrnehmung darstellen.

Zu Frage 2: Auf eine entsprechende Anfrage des Landrats vom 24. März 2010 hat das Landesverwaltungsamt mit Schreiben vom 13. April 2010 mitgeteilt, dass gegen die Zahlung einer Soforthilfe für die Betroffenen des Erdfalls in Tiefenort durch den Landkreis rechtliche Bedenken bestehen. Dies wurde damit begründet, dass die Zahlung eine unzulässige Aufgabenwahrnehmung durch den Landkreis darstellen würde. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Zu Frage 3: Die Ministerpräsidentin hat die Erwartung geäußert, dass sich alle Beteiligten an der Lösung des Problems im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten beteiligen. Die Ministerpräsidentin hat dies als Akt mitmenschlicher Solidarität eingefordert und all denjenigen gedankt, die sich schon bisher mit Spenden und sonstiger Unterstützung engagiert haben. Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat lediglich auf die Zuständigkeiten aufmerksam gemacht und die rechtlichen Folgen aufgezeigt, die sich ergeben, wenn der Landkreis außerhalb seiner Zuständigkeit Finanzhilfen leistet.

Zu Frage 4: Eine gesetzliche Klarstellung oder Änderung der bestehenden Zuständigkeiten ist nach Auffassung der Landesregierung nicht erforderlich. Die bestehende Aufgabenverteilung zwischen den Gemeinden und dem Landkreis ist sinnvoll und hat sich bewährt. Die Begründung einer Zuständigkeit der Landkreise für alle Angelegenheiten auf ihrem Gebiet ist bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, da einer solchen Regelung das in Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz garantierte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden entgegensteht. Danach muss den Gemeinden das Recht gewährleistet werden, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Soweit die Frage darauf abzielt, die Landkreise in Thüringen zur Wahrnehmung von Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben zu ermächtigen, vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass eine solche Gesetzesänderung im Hinblick auf eine möglichst klare Zuständigkeitsaufteilung zwischen Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden nicht hilfreich wäre. § 87 Abs. 3 der ThürKO sieht vor, dass die Landkreise auf Antrag kreisangehöriger Gemeinden deren Aufgaben

des eigenen Wirkungskreises übernehmen können, wenn und solange diese das Leistungsvermögen der beteiligten Gemeinden übersteigen. Die Übernahme von Aufgaben bedarf der Zustimmung des Kreistags. Mit dieser Regelung ist in eng begrenzten Ausnahmefällen eine Übernahme gemeindlicher Aufgaben durch den Landkreis möglich. Mit dem Erfordernis eines Kreistagsbeschlusses wird auch die notwendige Klarheit bei der Abgrenzung der Zuständigkeiten gewährleistet. Vielen Dank.

Es gibt Nachfragen aus der Mitte des Hauses, Herr Abgeordneter Kummer.

Die Landesregierung hat in Bezug auf den Erdfall in Tiefenort bisher damit argumentiert, dass es sich um ein natürliches Ereignis handelt, was in der Region auch außerhalb der Gemeinde Tiefenort stattfindet und sich durchzieht. Das geht ja in der Nähe von Bad Salzungen nach den Aussagen der Landesregierung los und zieht sich durch ein ganzes Stück vom Wartburgkreis, also durch mehrere Gemarkungen der Gemeinden. Wäre in diesem Fall nicht, wenn diese Annahme der Landesregierung stimmt, von einem überörtlichen Ereignis zu sprechen?

Das zu beurteilende Ereignis bezieht sich konkret auf fünf Gebäude in der Gemarkung Tiefenort und es handelt sich dabei eindeutig um ein lokales Ereignis.

Sie haben noch eine Fragemöglichkeit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sie haben eben sehr klar argumentiert, dass die Gemeinde Tiefenort helfen könnte, das ist ja die Verantwortliche. In dem Zusammenhang meine Frage: Wäre es denn für den Kreis möglich, wenn die Gemeinde Tiefenort sich dort stärker engagiert, dass man dann einen Teil der Kreisumlage erlassen würde, um ihr entgegenzukommen?

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Das ist ja wohl ein Witz.)

Die Möglichkeit sehe ich nicht.

Es gibt keine weiteren Nachfragen. Die nächste Frage ist die der Frau Abgeordneten Leukefeld, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/926.

Interessenbekundungsverfahren "Bürgerarbeit"

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) führt gegenwärtig ein bundesweites Interessenbekundungsverfahren zur Durchführung von Modellprojekten "Bürgerarbeit" durch. Das Interessenbekundungsverfahren richtet sich an alle Grundsicherungsstellen (Arbeitsgemeinschaften, Agenturen für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung oder zugelassene kommunale Träger) und ist darauf gerichtet, die Potenziale einer Region bei der Erarbeitung von Lösungen für die (Wieder-)Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt möglichst umfassend einzubeziehen. Bis zum 27. Mai 2010 können Konzepte beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingereicht werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann und mit welchen Ergebnissen wurde die Evaluierung des Projektes "Bürgerarbeit im Landkreis Altenburger Land/Schmölln" durchgeführt?

2. Wie bewertet die Thüringer Landesregierung das Interessenbekundungsverfahren des BMAS zur Durchführung von Modellprojekten "Bürgerarbeit" und wie beabsichtigt die Landesregierung solche Modellprojekte in Thüringen zu unterstützen?

3. Welche Möglichkeiten und Synergieeffekte sieht die Landesregierung hinsichtlich einer Verknüpfung von Projekten "Bürgerarbeit" mit dem Thüringer Landesarbeitsmarktprogramm?

4. Welche Position bezieht die Landesregierung zum Vorschlag des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zur Verstetigung und langfristigen Entwicklung von Beschäftigungsunternehmen im Freistaat Thüringen?

Diese Frage beantwortet Staatssekretär Staschewski.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Leukefeld für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Eine Evaluierung der Erprobung des Konzepts „Bürgerarbeit“ durch einen externen Evaluator war nach Angabe der zuständigen Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen damals nur für einen der Modellstandorte vorgesehen und finanzierbar. Die Evaluierung wurde vom Zentrum für Sozialforschung Halle daher lediglich für den Standort Bad Schmiedeberg in Sachsen-Anhalt durchgeführt. Das Projekt in Schmölln wurde nicht evaluiert.

Zu Frage 2: Die Landesregierung begrüßt das Bundesprogramm „Bürgerarbeit“ und wird sich über eine Mitfinanzierung im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) und über das Landesarbeitsmarktprogramm „Arbeit für Thüringen und Zukunft Familie“ beteiligen.

Zu Frage 3: Die Integrationsbegleiter der regional zuständigen Integrationsprojekte des Landesarbeitsmarktprogramms werden das Coaching während der Bürgerarbeit nach der Aktivierungsphase unterstützen. Die beabsichtigte Verknüpfung wird die Effektivität beider Programme unserer Meinung nach deutlich verstärken.

Zu Frage 4: Die Verstetigung von Beschäftigungsunternehmern setzt die Schaffung einer bundesgesetzlichen Grundlage voraus. Das Konzept beinhaltet die Gefahr, dass Vermittlungsbemühungen und eigene Suchaktivitäten reduziert werden oder zum Erliegen kommen. Die Förderung kann aber auch zur Stigmatisierung von Arbeitslosen führen. Meine Aussage stützt sich hier auf die Aussage der Evaluierung von Hartz IV. Favorisiert wird demgegenüber der Ausbau des sozialen Arbeitsmarkts durch die Schaffung zusätzlicher versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Wesentlich ist, dass hierdurch keine reguläre Beschäftigung verdrängt wird. Außerdem sollte die Annahme derartiger Beschäftigung auf freiwilliger Basis erfolgen und die Entlohnung so gestaltet sein, dass Hilfebedürftigkeit ausgeschlossen wird.

Es gibt eine Nachfrage durch die Fragestellerin selbst.

Danke schön. Ich habe zwei Nachfragen. Die eine Nachfrage: Haben Sie Kenntnis davon, wie viele ARGEn bzw. Grundsicherungsstellen sich in Thüringen bei dem Interessenbekundungsverfahren, was morgen endet, beworben haben? Das wäre das eine.

Das Zweite noch mal in Bezug auf Punkt 4: Ausdrücklich würde ich das unterstützen, was Sie ge

sagt haben, aber die Frage ist, wie natürlich Träger von bestimmten Projekten und Maßnahmen Planungssicherheit bekommen. Unter diesem Gesichtspunkt wäre es schon interessant, Beschäftigungsunternehmen im Sinne von öffentlich finanzierter, gemeinnütziger Beschäftigung mit den Kriterien, wie Sie sie genannt haben, zu unterstützen und dabei das SGB II möglicherweise in diese Richtung zu verändern. Meine Frage ist, wie Ihre Position dazu ist.

Zur ersten Frage: Ich habe jetzt keine genaue Zahl hier, weil wir das Interessenbekundungsverfahren insofern nicht abgeschlossen haben, weil erst mal die Rahmenbedingungen auf den bundesgesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, und für uns ist dann interessant, welche Kommunen sind dann tatsächlich bereit, sich zu bewerben oder werfen den Hut in den Ring, wenn die Rahmenbedingungen auch klar sind.

Zur letzten Frage: Soweit wir im Rahmen der Landespolitik hier Einfluss haben, kann ich Ihr Anliegen auch unterstützen.

Es gibt offensichtlich keine weiteren Nachfragen, so dass ich die nächste Frage aufrufe, und zwar die der Frau Abgeordneten Enders, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/966. Diese trägt der Abgeordnete Hausold vor.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

1000-Dächer-Programm zur Solarförderung

Nach einer Reihe von Beiträgen sowohl in der lokalen als auch überregionalen Presse führen die geplanten Kürzungen der Einspeisevergütungen für Solarstrom durch die Bundesregierung und den Bundestag zu ersten Stornierungen geplanter Investitionen in erneuerbare Energien. Mit dem verabschiedeten Landeshaushalt sind Fördermaßnahmen im Freistaat (1000-Dächer-Programm Photo- voltaik) im Einzelplan 07 des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie vorgesehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist der Stand der Umsetzung des 1000-Dächer-Programms Photovoltaik?

2. Wurde eine diesbezügliche Förderrichtlinie erlassen bzw. wann ist mit ihr zu rechnen?

3. Welche konkreten Fördermodalitäten (Zuschuss, Kreditvergabe etc.) sind dafür vorgesehen?

4. Welche weiteren Voraussetzungen müssen Antragsteller erfüllen, um die Förderfähigkeit zu erlangen?

Es antwortet Staatssekretär Staschewski.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Enders, vorgetragen von Herrn Hausold, wie folgt:

Zu Frage 1: Die Richtlinie zur Förderung von Photovoltaikanlagen in Thüringer Kommunen, kurz 1000-Dächer-Photovoltaikprogramm, liegt im Entwurf vor. Nach der Thüringer Landeshaushaltsordnung wird das Thüringer Finanzministerium um Einwilligung nun gebeten und mit dem Thüringer Rechnungshof Einvernehmen hergestellt.

Zu Frage 2: Es ist geplant, die Richtlinie im Juli 2010 in Kraft zu setzen.

Zu Frage 3: Die Zuwendung wird in Form eines Zuschusses in Form einer Anteilfinanzierung gewährt. Gefördert wird die Errichtung von PV-Anlagen auf Gebäudedächern und Gebäudefassaden, aber auch auf anderen baulichen Anlagen, z. B. Lärm- und Sichtschutzwänden, die sich im Eigentum von Kommunen, kommunalen Unternehmen oder gemeinnützigen Unternehmen befinden.

Zu Frage 4: Die Förderung soll in erster Linie ein Anreiz für Thüringer Kommunen sein, die ihren Beitrag für eine umweltgerechte Energieversorgung leisten. Gefördert werden sollen Kommunen, kommunale Zweckverbände, kommunale Unternehmen, gemeinnützige Organisationen und eingetragene Vereine sowie Genossenschaften und Betreibergesellschaften, die das Errichten und Betreiben von Bürgersolaranlagen zum Zweck haben. Unabhängig von den üblichen formalen Voraussetzungen, wie die Erbringung des Eigenanteils, muss jeder geförderte Investor sichtbar deutlich am Investitionsstandort auf einer Informations- und Anzeigetafel neben den technischen Daten der Anlage und dem Hinweis auf die Förderung auch Name und Sitz des Anlagenherstellers und -installateurs sowie die Herkunft der Anlage angeben. Dadurch soll die Vorbildwirkung der kommunalen Investoren bei der Unterstützung der regionalen Wirtschaft öffentlichkeitswirksam zur Geltung kommen. Zudem wird die umweltfreundliche Energieerzeugung durch ein digi

tales Display visualisiert, das den Anlagenertrag ständig anzeigt.